Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Vincenz Ritter von Rosenzweig-Schwannau)


Aus: Buchstabe He

16.

Ihm vereint zu sein ist besser
Als Unsterblichkeit erstreben;

Herr der Welten, wolle immer
Das was besser ist mir geben!

Zwar Er schlug mich mit dem Schwerte;
Doch kein Mensch soll es erfahren;

Besser ist's, des Freund's Geheimniss
Nicht dem Feind zu offenbaren.

Sei, o Herz, in Seinem Gaue
Stets ein Bettler und begehre!

Denn es heisst ja: »Besser ist es
Dass ein Glück beständig währe!«

Fruchtlos würdest du, o Frömmler,
Mich im Paradies erwarten:

Ist der Apfel dieses Kinnes
Besser doch als jener Garten.

 Mit der Knechtschaft Maal bezeichnet
Hier an diesem Thore sterben,

Ist - bei Seiner Seele! - besser
Als das Reich der Welt erwerben.

Eine Rose die mit Füssen
Mein Zipressenbaum getreten,

Ist, zu Staub verrieben, besser
Als das Blut von Ergwan-Beeten.

Wollt - ich bitt' um Gotteswillen -
Freundlich meinen Arzt befragen!

Wann denn endlich dieser Schwache
Besser werde, mög' er sagen.

Wende dich nicht ab, o Jüngling,
Räth dir eines Alten Zunge:

Denn es ist der Rath des Alten
Besser als das Glück, das junge.1

Nachts einst sprach Er: »Hat doch sicher
Nie ein Sterblicher geschauet

 Eine bess're Perl' als jene
Die mir auf das Ohr gethauet.«

Worte aus dem Mund des Freundes
Gleichen zwar den Edelsteinen:

Aber was Hafis gesprochen
Muss als besser noch erscheinen.
 

1 Ein junges Glück heisst so viel als ein glänzendes, ein lange währendes.

 

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