Herr, erweitere mein Herz,
und fülle es aus mit Liebe, daß mein Inneres kosten möge, wie süß es sei -
lieben, in der Liebe zerfließen und schwimmen! Die Liebe halte mich fest,
wenn ich vor überströmendem Eifer und Erstaunen über mich hinausgehe. Das
Lied der Liebe möchte ich singen und dir, meinem Geliebten, in der Höhe
nachwandeln; jubelnd vor Liebe wünscht meine Seele in deinem Lobe
aufgelöst zu werden. Lieben möchte ich dich mehr als mich und mich nur um
deinetwillen, und alle, die dich lieben, möchte ich in dir lieben, wie es
das Gesetz befiehlt, das du lichthell in unsere Seele geschrieben hast.
Die Liebe ist schnell, aufrichtig, fromm, lieblich und angenehm, stark,
geduldig, treu, klug, langmüthig, männlich und sucht niemals sich selbst.
Sobald jemand sich selbst sucht, verliert er ja die Liebe. Die Liebe ist
vorsichtig, demüthig und gerade, nicht weichlich, nicht leichtsinnig,
nicht auf eitle Dinge bedacht, nüchtern, keusch, standhaft, ruhig und in
allem Sinne wohlbewacht. Die Liebe ist gegen die Obern unterthänig und
gehorsam, in ihren eigenen Augen gering und verächtlich, gegen Gott
andächtig und dankbar, immer voll Hoffnung und Zuversicht auf ihn, wenn
sie auch keinen Geschmack an Gott findet; denn ohne Schmerz lebt sich's
nicht in der Schule der Liebe.
Wer nicht entschlossen ist, Alles zu erdulden und nach dem Willen des
Geliebten in Bereitschaft zu stehen, der verdienet den Namen des Liebenden
nicht. Wer liebt, muß um des Geliebten willen alle Beschwernisse und
Bitterkeiten gern auf sich nehmen und darf durch keinen widrigen Zufall
von ihm abtrünnig werden.