Weil es der Liebe Natur und
Wesen ist, daß sie sich selbst mittheilt und schenket, darum läßt sich die
rechte Liebe nicht halten: Sie gibt sich selbst und theilet sich mit. Und
weil die Liebe nicht kann erzwungen werden, wie denn Niemand einen
zwingen kann zu lieben, so ist sie eine freiwillige Gabe, die sich von ihr
selbst gibt und mittheilt. Was nun einem Andern gegeben ist, das ist in
seiner Gewalt. So ist denn also die Liebe dessen, dem sie gegeben wird,
und wird dessen eigen, den man liebt. Weil nun der Mensch nichts mehr
Eigenes hat, denn seine Liebe, darum, wem er seine Liebe gibt, dem gibt er
sich selbst, und so wird denn der Liebende mit dem Geliebten vereinigt und
wird ein Ding mit ihm, und aus zweien eins, und eins in's andere
verwandelt. Diese Verwandlung ist nicht genöthigt, noch erzwungen, und hat
nicht Pein, sondern ist freiwillig, lieblich und süß, und verwandelt den
Liebenden in das Geliebte, also daß die Liebe ihren Namen von dem
Geliebten bekömmt.