Ein Wahrzeichen der Liebe
Gottes ist die Vollbringung der Gebote; denn Liebe gebiert
Gleichförmigkeit, macht Ein Herz, Einen Willen, Eine Seele. Steiget sie
über sich, so bildet sie sich nach dem Willen des Geliebten; fällt sie
unter sich, so bildet sie alle Dinge nach ihr und schätzet kein Ding nach
seiner natürlichen Güte, sondern nach ihrem Selbstgefallen, und macht also
böse, was in Wahrheit von Gott gut erschaffen ist. Wer Gott über alle
Dinge liebt, der lässet sich Alles wohlgefallen, was Gott wohlgefällt, und
hat Mißfallen an Allem, was Gott mißfällt; darum liebt er die
Gerechtigkeit und hasset die Bosheit. Das Ende des Gesetzes ist die Liebe
zu Gott über alle Dinge, damit reimt sich nicht: übel thun. So hält denn
der Mensch, der recht liebet, Alles, was ihm Gott geboten hat, Alles, was
in den göttlichen Worten verborgen liegt nach der Lehre des h. Augustinus,
der sagt: Liebe und thue, was du willst. Schweigst du, so schweig aus
Liebe; redest du, so rede aus Liebe; strafst du, so strafe aus Liebe.
Behalte die Wurzel in dem Herzen, die rechte göttliche Liebe, dann kann
nichts denn Gutes aus dir kommen, nichts denn Seliges von dir geschehen.
So werden die Menschen nirgends denn in der Schule der Liebe Gottes recht
unterwiesen; in ihr allein werden Wirker des göttlichen Wortes geschaffen,
alle andern Gotteskünste machen nichts, denn Hörer. Zu dieser Kunst der
Liebe Gottes sollen die Ältern ihre Kinder, die Meister ihre Jünger, die
Geistlichen ihre oder vielmehr die Schäflein Christi anleiten; was sie
sonst lernen, ist nichts denn Arbeit und Peinigung des Geistes. Es bedarf
keiner andern Kunst zur Seligkeit; es ist aber auch wahr, daß sie Niemand
anders, denn Gott selbst lehren kann. Darum verbietet uns unser HErr Jesus
Christus, daß wir zur Kunst der Seligkeit einen andern Meister suchen,
denn Ihn allein.