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Verzeichnis der Dichter und Dichterinnen:
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Adam Krieger
(1634-1666)
Der Liebsten Herz, macht Scherz und Schmerz
Soll denn mein junges Leben,
nur stets in Ängsten schweben?
Ach! Ach! liebstes Herz.
Sein deine schöne Sitten,
denn gar nicht zu erbitten?
Ach! Ach! hartes Herz.
Willst du mich denn nicht laben
Mit deinen hohen Gaben?
Ach! ach! köstlichs Herz!
Willst du mich nicht erfreuen?
So wird es dich gereuen
Ach! ach! neidisch Herz.
Soll ich mich denn nur plagen
Mit lauter Angst und Klagen?
Ach! ach! niedlichs Herz!
Soll ich denn nichts als Schmerzen
Erweisen meinen Herzen?
Ach! ach! quälend Herz.
Soll ich denn nun nichts erlangen
Von deinen zarten Wangen?
Ach! ach! schönes Herz!
Willst du in meinen Nöten,
Mich endlich dennoch töten?
Ach! ach! grausam's Herz!
Willst du mich nicht ergötzen
Und in die Freiheit setzen?
Ach! ach! scharfes Herz!
So muß ich dennoch sterben
Und jämmerlich verderben?
Ach! ach! zornig's Herz!
Wann ich dich ehr' und liebe,
So stellst du dich ganz trübe,
Ach! ach! grimmigs Herz!
Wenn ich mein Angst andeute,
So schielst du auf die Seite.
Ach! ach! falsches Herz!
Erbarm' dich doch o Schöne,
Weil ich mich also sehne,
Ach! ach! süßes Herz!
Erfreu mich doch mein Leben,
Weil ich mich dir ergeben,
Ach! ach! stärkend Herz!
Wirst du mich nun erquicken,
Und freundlicher anblicken,
Ach! ach! lieblich's Herz!
So kann ich's noch ertragen,
Und recht mit Wahrheit sagen,
Ach! ach! treues Herz!
Aus: Denkmäler
deutscher Tonkunst
Erste Folge
Herausgegeben von der Musikgeschichtlichen Kommission
unter Leitung des wirkl. Geh. Rates
Dr. theol. und phil. Freiherrn von Liliencron
Band XIX: Adam Krieger Arien
Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig 1905 (S. 75-76)
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Daniel Casper von Lohenstein
(1635-1683)
Das Herz
Sonett
Nicht zürne, daß mein Herz so heißen Brand ausübet,
Weil deine Schönheit selbst der Flammen Zunder hegt,
Schuld und Entschuldigung in ihren Augen trägt;
Das Meer kann nicht dafür, daß sich der Himmel trübet,
Sich mit der Wolk' umarmt, der Erde Dünste liebet.
Die Sonn' ist's, die das Salz in allen Dingen regt,
Der Klüfte Gluth beseelt, den Geist der Welt bewegt,
So Schnee als Eise Brand, den Steinen Leben giebet.
Soll meine Seele nun entseelter, als ein Stein,
Mein Herze frostiger, als Eiseszapfen sein?
Es brennt und ist von Lieb', als schmelzend Erz zerronnen.
Denn Lieb' ist ja die Gluth der Seelen; sie erfüllt
Mit Feuer unser Herz, das aus den Augen quillt.
Die sind der Liebe Brunn, der Seele lichte Sonnen.
Aus: Bibliothek
deutscher Dichter
des siebzehnten Jahrhunderts.
Begonnen von Wilhelm Müller Fortgesetzt von Karl Förster
Band XIV. Auserlesene Gedichte von Christian Hoffmann
von Hoffmannswaldau, Daniel Caspar von Lohenstein,
Christian Wernike, Friedrich Rudolf Ludwig Freiherr von Canitz,
Christian Weise, Johann von Besser, Heinrich Mühlpfort,
Benjamin Neukirch, Johann Michael Moscherosch und
Nicolaus Peucker. Leipzig F. A. Brockhaus 1838 (S. 130-131)
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Heinrich Mühlpfort
(1639-1681)
Bey Ubergebung seines Herzens
Nimm Clytie zu dem Geschencke
Mein Herze / weil mir Geld gebricht /
Du siehst / daß ich auff Liebe dencke /
Die aller Schätze Schatz und Licht;
Und weil ich leben
Muß unter dir /
So will ich geben
Zur Pflicht-Gebühr
Mein Herze hier.
Erschrick nicht / das es so erzittert /
Und sich in deinen Händen rührt /
Die Brunst / von der ein Herze wütert
Das Liebesflammen in sich führt /
Wird heller brennen /
Bey dir mein Kind /
Daß man kan kennen /
Wie wir entzündt
In Liebe sind.
Verwundre nicht die grosse Hitze
Die sich in meinem Herzen regt.
Empfind ich doch der Schönheit Blitze
Wormit mich stets dein Auge schlägt.
Wilst du verdammen /
Die linde Glut /
Da ich doch Flammen
Nehr in dem Blut
Ganz wohlgemuth.
Du sprichst / der Schnee an meinen Händen
Zerschmelzt von diesem Herzens-Brand.
Er hat mir Adern / Marck und Lenden /
Ja selbst das Leben umbgewandt.
Wie eine Kerze
Sich selbst verzehrt /
So ist mein Herze
In Staub und Erd
Durch diß gekehrt.
Nur Clytie du must nicht meynen /
Daß du solst iedem zeigen an /
Wie ich mein Herze zu dem deinen
Hab aus verliebtem Sinn gethan.
Daß diß Geschencke
Man an das Ohr
Gleich Perlen hencke /
Kommt / wie ein Mor
Mir seltsam vor.
Laß andre Diamanten haben /
Du trägst ein Kleinod das mehr wehrt.
Gold / Silber sind des Glückes Gaben.
Die Liebe wird nur mit beschwehrt.
Die Zeit zerreibet
Der Perlen Zier /
Mein Herze bleibet
In Liebs-Begier
Verpflichtet dir.
Gilt doch dein Mund mehr als Corallen /
Die Lippen mehr als ein Rubin.
Kein Demant kan mir so gefallen /
Als deine Augen wenn sie blühn.
Du bist mein Leben /
Mein höchstes Gut
Der ich gegeben
In treuer Hut /
Geist / Herz und Blut.
Aus: Heinrich
Mühlpfort: Teutsche Gedichte Poetischer Gedichte Ander Theil.
Neudruck der Ausgabe Breslau und Frankfurt am Main 1686/87.
Herausgegeben und eingeleitet von Heinz Entner. Keip
Verlag Frankfurt am Main 1991
(Texte der Frühen Neuzeit. Neudrucke nach Beständen
und in Zusammenarbeit mit der Universitätsbibliothek Wroclaw / Breslau)
(Aus: Teutsche
Gedichte Vermischte Gedichte S. 15-17)
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David Schirmer
(1623-1687)
An Sein Hertze/ über selben Gruß
Sey Felsen-Art/ O Hertze! stehe fest!
weich keiner Furcht/ hoff mehr als je zu hoffen.
und hat dein Gruß das Kind nicht angetroffen/
das liebe Kind/ das mich nicht sterben läst/
so dencke du noch immerdar das best.
ist er nur nicht in Ungunst gar ersoffen/
so wird er ihr durch alle Felder ruffen/
selbst Bot und Brief/ selbst Schifman/ See und West.
Er kommet ein/ und saget der so netten
Von Brunst und Glut/ von Banden und von Ketten/
er kömmet ein und klaget deine Noth.
Ists ja/ daß er die Schöne nicht kan finden/
und etwa bleibt bey ihrer Thür dahinden;
sey Felsen-Art! nicht dein/ sein ist der Spott.
Aus: David Schirmers Poetische Rosen-Gepüsche
Von Ihm selbsten aufs fleißigste übersehen/
mit einem gantz neuen Buche vermehret
und in allem verbesserter heraus gegeben Dresden
In Verlegung Andreas Löflers Buchführers
Gedruckt bey Melchior Bergen 1657 (S. 178)
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David Schirmer
(1623-1687)
An sein
Hertze
Brenn/ Hertze/ wie du brennst/ du Zunder ihrer Gluth/
gib Hitze/ wie bißher/ mit aufgeschoßnen Flammen/
ruf alles Feuerwerck auf deiner Post zusammen/
daß sie auch brennen kann sich und ihr keusches Blut.
Brenn immer Tag und Nacht/ obschon der freche Muth
nicht also bald erkent den Quell der Liebes-Ammen/
sie macht es so mit dir/ wie der/ der auf den Dammen
mir endlich noch ein Spiel stat hoher Freundschafft thut.
Durch Hitze wird zuletzt das klare Silber rein.
Ein Feuer-Ofen zwingt den harten Eisenstein/
der König des Metalls läst sich auch feige finden.
Brenn Hertze wie du brennst. Ihr auserlesnes Gold
wird noch von deiner Gluth bergunter hingerollt.
Brenn Hertze/ wie du brennst. Sie wird sich wol entzünden.
Aus: David
Schirmers Poetische Rosen-Gepüsche
Von Ihm selbsten aufs fleißigste übersehen/
mit einem gantz neuen Buche vermehret
und in allem verbesserter heraus gegeben Dresden
In Verlegung Andreas Löflers Buchführers
Gedruckt bey Melchior Bergen 1657 (S. 198-199)
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Wilhelm Müller
(1794-1827)
Ein brennendes Herz
Liebst du mich der Schönheit wegen,
Stell' es ein!
Lieb' den goldnen Sonneschein!
Liebst du mich der Schätze wegen,
Stell' es ein!
Türkenkaiser müßt' ich sein.
Liebst du mich der Liebe wegen,
Liebe mich!
Denn zum Sterben lieb' ich dich.
Aus: Gedichte von
Wilhelm Müller.
Vollständige kritische Ausgabe bearbeitet
von James Taft Hatfield. Berlin W. 35 B.
Behr's Verlag 1906. (Deutsche Literaturdenkmale
des 18. und 19. Jahrhunderts No. 137) (S. 178)
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Aloys Schreiber
(1761-1841)
Das Herz
Es sehnt sich das Herz
Nach Lust und Schmerz,
Und nimmer kann es ruhig bleiben,
Muß auf des Lebens Wogen treiben.
Es trotzet und wagt,
Es zittert und zagt,
Will bald herab den Himmel ziehen,
Bald schüchtern in die Erde fliehen.
Um schnöden Gewinn
Gibt es oft sich hin,
Will oft ein Höheres erringen,
Und sich dafür zum Opfer bringen.
Es zürnt und vergibt,
Es glaubt und liebt,
Und seinem Sehnen, seinem Hoffen
Sind stets die Himmelspforten offen.
Heut' glühend und roth,
Und morgen todt!
In Asche ist es still versunken,
Doch glimmt noch deinem ein Götterfunken.
Aus: Aloys Schreiber's Gedichte
Erster Theil Neueste Auflage
Wien 1817 Bey B. Ph. Bauer (S. 187-188)
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Gottfried August Bürger
(1747-1794)
An das Herz
Sonett
Lange schon in manchem Sturm und Drange
Wandeln meine Füße durch die Welt.
Bald den Lebensmüden beigesellt,
Ruh' ich aus von meinem Pilgergange.
Leise sinkend faltet sich die Wange;
Jede meiner Blüten welkt und fällt.
Herz, ich muß dich fragen: Was erhält
Dich in Kraft und Fülle noch so lange?
Trotz der Zeit Despotin Allgewalt
Fährst du fort, wie in des Lenzes Tagen,
Liebend wie die Nachtigall zu schlagen.
Aber ach! Amanda hört es kalt,
Was verblühte Lippen Holdes sagen. -
Herz, ich wollte, du auch würdest alt!
Aus: Bürgers
Gedichte
Herausgegeben von Arnold G. Berger
Kritisch durchgesehene und erläuterte Ausgabe
Leipzig und Wien 1891. Bibliographisches Institut (S. 328)
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Johann Gottfried Herder
(1744-1803)
Das menschliche Herz
In Ein Gewebe wanden
Die Götter Freud' und Schmerz.
Sie webten und erfanden
Daraus ein Menschenherz;
Du armes Herz, gewebet
Aus Lust und Traurigkeit,
Weißt du, was dich belebet?
Ist's Freude? ist es Leid?
Die Göttin selbst der Liebe
Sah es bedauernd an;
O zweifelhafte Triebe,
Die dieses Herz gewann!
Im Wünschen nur und Sehnen
Wohnt seine Seligkeit,
Und selbst der Freude Thränen
Verkündigen ihm Leid.
Schnell trat ihr holder Knabe
Hinzu mit seinem Pfeil;
Auf, meine beste Gabe
Sie werde ihm zu Theil!
Dein unbezwingbar Streben
Sey Liebe dir, o Herz,
Und Liebe sey dein Leben,
Und Freude sey dein Schmerz.
Aus: Johann
Gottfried von Herder's Gedichte
Herausgegeben durch Johann Georg Müller
Stuttgart und Tübingen
in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1836 (S. 252)
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Jakob Michael Reinhold Lenz
(1751-1792)
An mein Herz
Kleines Ding mit Müh und Leiden
Hier in dieser Brust gepflegt,
Herz! wenn sich dein Sturm nicht legt,
Herz! wo sind denn deine Freuden?
Deine Schläge! wie so selten
Mischt sich Lust in sie hinein!
Und wie schnell sind sie, mit Pein
Jede Lust mir zu vergelten!
Phillis! ach nur Augenblicke
Lacht, was jeden Unmut stillt,
Lächelt dein geliebtes Bild
Es von ew'gem Gram zurücke.
Ganz gewandelt, neu geboren
Fühl ich dann mich, Göttern gleich:
Und die Welt ein Himmelreich,
Das du dir zum Sitz erkoren.
Ja ein Blick von dir zerteilet
Der Verzweiflung Nacht in mir,
Daß mit Riesenschritt zu dir
Meine Hoffnung siegreich eilet.
Alles sind mir deine Augen,
Was der Erde Sonnenschein,
Wo die Trauben ihren Wein,
Die Geschöpfe Leben saugen.
Könnt ich dir zu fühlen geben,
All' die Wohltat deines Blicks!
Schöpfer meines ganzes Glücks,
Spricht er über Tod und Leben.
Aber Angst und Furcht und Schröcken
Ueberfällt im höchsten Wohl
Mich auf einmal: Phillis! soll
Diesen Blick einst Nacht bedecken?
Sollen diese Zaubermienen,
Wo der Liebe ganze Macht
Mir das Herz hinweg gelacht,
Einst dem trüben Unmut dienen?
Dieser Busen, der mir Triebe
Banger Lust entgegen schwoll,
Soll er schwinden? Himmel! soll
Ihn kein Wunsch empören, Liebe?
Phillis, soll sogar dein Feuer
Und dein schöner Witz dich fliehn?
Ungetreue - sieh mich knien,
Dennoch bleibst du, bleibst mir teuer.
Fährt dein Herz nur fort zu schlagen
Für das Herz, das dich verehrt,
Dem du diese Glut gelehrt,
Sie bis in sein Grab zu tragen.
Ach ich will dich mit Entzücken,
Wenn dein Herz nur fühlbar ist,
Selbst wenn du es nicht mehr bist,
An des Greisen Schneebrust drücken.
Auf verwelkten Lippen schweben
Unsre Seelen noch vereint,
Wenn das Auge nicht mehr weint,
Soll es doch zu weinen streben.
Zitternd falten wir die Hände
Ineinander, halb vertaubt,
Stützen wir noch Haupt an Haupt,
Und erwarten so das Ende.
Aus: Gesammelte
Schriften von Jacob Mich. Reinhold Lenz
Zweiter Band: Gedichte
Verlegt bei Paul Cassirer Berlin W 1909 (S. 33-35)
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Jakob Michael
Reinhold Lenz
(1751-1792)
An das Herz
Kleines Ding, um uns zu quälen,
Hier in diese Brust gelegt!
Ach wers vorsäh, was er trägt,
Würde wünschen, tätst ihm fehlen!
Deine Schläge, wie so selten
Mischt sich Lust in sie hinein!
Und wie Augenblicks vergelten
Sie ihm jede Lust und Pein!
Ach! und weder Lust noch Qualen
Sind ihm schrecklicher als das:
Kalt und fühllos! O ihr Strahlen,
Schmelzt es lieber mir zu Glas!
Lieben, hassen, fürchten, zittern,
Hoffen, zagen bis ins Mark,
Kann das Leben zwar verbittern;
Aber ohne sie wärs Quark!
Aus: Gesammelte Schriften von Jacob Mich. Reinhold Lenz
Zweiter Band: Gedichte
Verlegt bei Paul Cassirer Berlin W 1909 (S. 39)
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Ludwig I. von Bayern
(1786-1868)
An mein Herz
Im Jahre 1805
Gefühlvoll Herz, sehnst dich nach Liebe,
Die stets dein Inneres durchwühlt.
Der edlen, besten, schönsten Triebe
Erwied'rung wirst du immer fodern,
Bis deine Glut die Erde kühlt,
Empfindend Herz, bis du wirst modern.
Nie wird Erfahrung dich belehren,
Daß Liebe sey bethörend Spiel,
Nach Liebe gehet dein Begehren,
Und sollt' Erfüllung es nicht krönen,
Vergeht doch niemals das Gefühl,
Mag auch die Welt dasselbe höhnen.
Betrogen kannst du nicht betrügen,
Nur Wahrheit geb' das Aug' zurück,
Die Wahrheit nur soll in mir siegen,
Aufrichtig wird mein Herz es halten,
Blos was es fühlet sag' der Blick,
Die Offenheit soll in mir walten.
Der Jugend Frohsinn mag verwehen,
Vernichtet seyn, was mich erfreut,
Nur in der Liebesglut Bestehen
Kann sich das Leben mir bewahren,
Zu lieben niemals mich gereut,
Ich lieb' in jung und alten Jahren.
Aus: Gedichte
Ludwigs des Ersten Königs von Bayern
Erster bis Vierter Theil Dritte Auflage
München im Verlage der Liter. Artist. Anstalt
der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1839 (Band 1 S. 88-89)
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Ludwig I. von
Bayern
(1786-1868)
Auf mein
Herz
Ist mein Herz denn abgestorben?
Nicht belebt's der Liebe Licht;
Herzen habe ich erworben,
Doch das meine liebet nicht.
Von der Liebe ist's umschlungen,
Zärtlich Alles zu ihm spricht;
Alles ist von ihr durchdrungen;
Doch das meine liebet nicht.
Kalt in mir wie in dem Norden,
Fühle schwer der Zeit Gewicht;
Alles ist dem Herz' geworden,
Doch das meine liebet nicht.
Oftmals hatte es geglühet,
War auf Gegenlieb' erpicht,
Sich vergebens nur bemühet,
Jetzt geliebt, kann's lieben nicht.
Aus: Gedichte
Ludwigs des Ersten Königs von Bayern
Erster bis Vierter Theil Dritte Auflage
München im Verlage der Liter. Artist. Anstalt
der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1839 (Band 4 S. 20)
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Karoline von Fidler
(1801-1874)
Herz
In Lieb' und Dank sich selig auszudehnen
Ist meines Herzens heiligster Beruf!
Ob Himmelslust, ob ungestilltes Sehnen
Den feuchten Strahl im Seelenspiegel schuf,
Er thauet kühlend auf die heiße Brust,
Die der Bedeutung Tiefe sich bewußt.
Wenn stolz der Geist im kühnen Flügelschlagen
Zum Aether dringt und sich mit Göttern mißt,
Wenn die Gedanken ihn zur Sonne tragen,
Geschieht es leicht, daß er das Herz vergißt;
Dann klopft's verlassen, arm, sich müd' und matt,
Und bleibt doch einsam, macht's nicht Liebe satt.
Aus allen Pulsen sehnt sich's hinzufließen
Ein Liebesmeer, des Lebens warme Fluth,
Und für die Theuren freudig auszugießen
Den letzten dieser reinen Gluth;
Der Liebe Dauer zeigt sein Schlag mir an,
D'rum lieb' ich auch, so lang' es klopfen kann!
Und wie der Geist die Götterschwingen breitet,
So breite du die Menschen-Arme Herz!
Wie er sich füllend ewig neu sich weitet,
So habe Raum für Liebes-Lust und -Schmerz!
Und wenn er dir in solchem Kampf entschwebt,
Dann schlafe nur, du hast genug gelebt!
Aus: Gedichte von
Karoline Fidler
Als Handschrift [Berlin] 1844 (S. 48-49)
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Maria Clementine François
(1823-1844)
Mein Herz
Sonett
Nicht immer war mein Herz so kalt und still;
Einst schlug es freudig dieser Welt entgegen.
Viel Blumen pflückte ich auf meinen Wegen;
Die schönsten aber ließ die Liebe blühn.
Und einen Göttertraum hab' ich durchträumet.
Da plötzlich ward der heit're Himmel trübe:
Verrath vergalt vertrauensvolle Liebe,
Und alle Freudengenien sah ich fliehn.
Und blutend starb die Liebe, Seufzer haben
In meinem Herzen still sie eingegraben;
Der Todtengruft nun gleicht seitdem mein Herz.
Und ausgetobt nun hat der wilde Schmerz.
Mit Wehmuth nur kann ich den Leichnam sehn -
Der lebend so entzückend war, so schön!
Aus: Marie Clementine François
Gedichte einer früh Verklärten in chronologischer Folge
Eine Erinnerungsgabe. Trier 1844 (S. 28)
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Nina Güthner
(1835-1905)
Mein
Herz
Mein Herz ist wie ein Friedhof,
So voll und doch so leer,
So viele, viele Lieben,
Und keine Liebe mehr!
Aus: Unsere Frauen
in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 154)
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Ida von Hahn-Hahn
(1805-1880)
Einsamkeit des Herzens
Was die Hand auch mag ergreifen,
Wohin meine Blicke streifen,
Einsam steh' ich und allein.
Gleich dem Alcyon fortgezogen
Von des Meers bewegten Wogen,
Find' ich nie die Heimat mein.
In der Menschen Lustgewühle,
Bei dem Tanz, beim frohen Spiele,
Muß ich ewig einsam steh'n;
Denn im lauten Glanz der Tage
Können sie nicht meine Sprache
Und mein Wollen nicht versteh'n.
Die Natur in ihrer Stille
Faßt nicht eines Herzens Fülle,
Das voll Sehnsucht zu ihr spricht.
Blumen blühen, Sterne scheinen; -
Wie die Menschen lächeln, weinen, -
Wissen Blum' und Sterne nicht.
Daß der Leier Saiten klingen,
Daß sich Lieder ihr entschwingen,
Nimmer mir den Sinn verklärt.
Denn sie sind im Schmerz gesungen,
Wie der Pelikan die Jungen
Mit dem eignen Herzblut nährt.
Großer Geister Hochgedanken
Heben über Raumes Schranken,
Sind uns ewig lieb und nah'.
Aber in den hehren Kreisen
Stehe zitternd zwischen Weisen
Ich mit meiner Thorheit da.
Wohin flüchten? – Was beginnen? -
Ach, umsonst wär' all' mein Sinnen,
Tönte nicht dein süßes Wort.
Deiner Liebe reiche Fluten
Löschen meiner Sehnsucht Gluten,
Tragen friedlich mich zum Port.
Aus: Gedichte von
Ida Gräfin Hahn-Hahn
Leipzig F. A. Brockhaus 1835 (S. 210-211)
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Lydia Hecker geb. Paalzow
(1802-?)
Mein Herz
Mein Herz ist nur klein,
Schließt Wenige ein,
Die ruhen geborgen
Am Abend, am Morgen.
Mein Herz ist nicht groß,
Kein mächtiges Schloß,
Wo Hunderte wallen
Und Hundert gefallen.
Mein Herz ist ein Feld,
Für dich nur bestellt,
Da blüht es im Stillen,
Blüht nur deinetwillen.
Mein Herz ist ein Steg,
Nicht Jedermanns Weg,
Seit du es betreten,
Ist Niemand von Nöthen.
Mein Herz ist ein Kind,
Gar freundlich gesinnt,
Nicht rasch im Betrüben,
Nicht langsam im Lieben.
Mein Herz ist allein
Ganz einzig nur dein.
Du kannst es bezeugen -
Nun halt' es auch eigen!
Aus: Deutschlands
Dichterinnen
von H. [Hermann] Kletke
Zweite vermehrte Auflage Berlin 1882 (S. 192-193)
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Minna Kleeberg
(1841-1878)
Das Menschenherz
Wie bist du schwach! - Schon zweier Augen Strahl
Versenkt dich tief in's Meer von Lust und Qual;
Du bist so schwach, daß jählings dich durchbebt
Ein leiser Hauch, der von der Lippe schwebt.
Ein Wort schon schafft dir endlos Glück und Schmerz -
Wie bist du schwach, du armes Menschenherz!
Und doch so stark! - Wenn deine Kraft erwacht,
Verstummt, verweht die süße Zaubermacht.
Das Herz, das nur sich selber nicht verlor,
Es tritt verjüngt aus schwerem Kampf hervor.
Die Schuld wird Tugend, Wonne wird der Schmerz;
Stark ist und groß das reine Menschenherz!
Aus: Gedichte von
Minna Kleeberg
Louisville: Henry Knöfel
New York Willmer u. Rogers News Co. 1877 (S. 34)
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Auguste Kurs
(1815-1892)
Nur das Herz
Sinkt ein Mensch zum letzten Schlummer nieder,
Wenn des Lebens Gluten ausgeflammt,
Scheidend giebt er dann der Erde wieder
Das gedankenvolle Haupt, die Glieder,
Alles, was der Erde nur entstammt.
Aus des Himmels Thor, dem morgenroten,
Schweben lichte Engel dann herab,
Weilen auf der Erde, Gottes Boten,
Bis die Saat vertraut dem Feld der Toten,
Den Geschied'nen deckt das stille Grab.
Nur das Herz, das voll und reich geschlagen,
Das erglüht in Wonne, Lust und Leid,
Darf nicht vor der dunklen Erde zagen,
Von den Engeln wird es heimgetragen
Auf zu Gott und seiner Herrlichkeit.
Aus: Ausgewählte
Gedichte von Auguste Kurs
Berlin Vossische Buchhandlung (Strikker) 1894 (S. 230)
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Angelika von Marquardt
(1849-1893)
Des Menschen Herz
Wie ist des Menschen Herz unendlich weit;
Wie birgt es Freuden ohne Maß und Zahlen,
Wie viel nicht auch des Leids, der Bitterkeit!
Es faßt ein Meer der Wonne und der Qualen!
Doch bricht es nicht; es kennt den wilden Kampf,
Es kennt das langsam schleichende Vergehen;
Todmatt beginnt es oft aufs neu' den Kampf
Und lernt in Lieb' und Leid sich kaum verstehen!
Aus: Deutsche Dichterin[n]en und Schriftstelerin[n]en
in Wort und Bild
Herausgegeben von Heinrich Groß
III. Band Berlin 1885 (S. 306)
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Kathinka Zitz-Halein
(1801-1877)
Das Frauenherz
Nicht reinres giebt es als der Frauen Herz,
Mit Engelsmilde dienen sie dem Mann,
Und tragen gern allein den Theil der Schmerzen,
Den dieser nicht wie sie ertragen kann.
Sie saugen Freude nur aus seinen Freuden,
Ist er beglückt, so ist ihr Schmerz verweht,
Und willig leeren sie den Kelch der Leiden,
Der an des Mannes Mund vorüber geht.
Wo sie ein ruhig glücklich Loos erharrten,
Wird oft ihr Leben ohne eigne Schuld,
Zur Todesangst in dem Olivengarten,
Doch tragen sie's mit Lieb' und mit Geduld.
Und jede Schattenseit' in ihrem Leben,
Gab nicht der Wille, gab ihr nicht Natur,
Des Mannes Falschheit hat sie ihr gegeben.
Er führte sie auf der Verderbniß Spur.
Drum wird euch einst ein Engel Kränze winden,
Ihr armen Frauen, giebt's ein Paradies.
So werdet ihr den besten Platz dort finden,
So ist euch eures Gottes Huld gewiß.
Und sind die Todten aus dem Grab gestiegen,
Und wenn der Engel dann die Waag' erfaßt,
So werden Männerfehler schwerer wiegen
Als eure ganze Sündenlast.
aus: Herbstrosen in
Poesie und Prosa
von Kathinka Zitz
Mainz 1846 (S. 203)
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Kathinka
Zitz-Halein
(1801-1877)
Das todte
Herz
Was ist für den, der sich um Lieb' bewarb,
Das Leben noch, wenn ihm die Liebe starb?
Was ist das Herz, in stummer Brust erstarrt,
Das hinterlistig hingemordet ward,
In dessen Wunden eine Frevlerhand,
Den Dolch mit Wollust noch herumgewandt,
An dessen Windungen im Todeskampf,
An dessen Zuckungen im Schmerzenskrampf,
Ein Auge sich in wilder Lust ergötzt,
Ein and'res Herz gelabt sich und geletzt? -
Es ist ein Leichnam in dem Grab der Brust,
In dem es still verweset und vermodert,
Doch bleibt es seines Schmerzes sich bewußt,
Der selbst im Tod noch in ihm glüht und lodert.
Es gleicht auch einem unerlösten Geist,
Der nächtlich seufzend um die Stätten kreist,
Wo's ihm erlaubt war, glücklich einst zu sein,
Und die es jetzt gespensterhaft durchschreitet,
Bis es dann wieder der Verdammung Pein
In grauser Höllenfeuerglut erleidet,
Durch alle Ewigkeiten fort und fort. -
Doch könnt' es wiederkehren von dem Ort,
Wo es erträgt so namenlose Plagen,
Könnt' aus dem Grab es wieder aufersteh'n,
So würd' es doch kein Friedenshauch umweh'n,
Denn alle Wundenmale würd' es tragen,
Die ihm die Hand geschlagen,
Aus welcher einst sein sehnendes Verlangen
Gehofft, des Lebens Segen zu empfangen.
Und wär' es auch erlöst aus Höllenpein,
So würd' es ja doch nie mehr fähig sein,
Noch einmal Glück im Leben zu empfinden -
Denn solche Wunden sind nicht zu verbinden,
Kein Wundenbalsam heilet je sie aus,
Drum laß das Herz in seinem stillen Haus
Gestorben sein, gestorben und begraben.
Es sollte ja hienieden,
Statt Glück und Frieden,
Nur Schmerz und Leiden haben.
Nun ruht es unter'm Leichenstein,
Der ist ein ruhig lächelndes Gesicht,
Und wer es sieht, der ahnet nicht,
Was es bedeckt an Schmerz und Pein.
(1850)
Aus: Dur- und Molltöne
Neuere Gedichte von Kathinka Zitz
Mainz 1859 (S. 51-52)
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Kathinka
Zitz-Halein
(1801-1877)
An eine
junge Dame mit einer goldnen Uhr
In der Freude, in dem Schmerz,
Gleichet einer Uhr das Herz;
So in Nächten wie an Tagen,
Hört man beide Tik-Tak schlagen,
Wenn das Werk geregelt ist,
Und man's Aufzieh'n nicht vergißt.
Ruhig schlägt das Menschenherz,
Wenn die Stunde friedlich scheidet,
Und auf Lust und heitern Scherz
Der Minutenzeiger deutet.
Aber wenn die Leidenschaft
Ungestüm in's Herz sich dränget,
Dann wird durch die wilde Kraft,
Kett' und Feder leicht zersprenget.
Läßt man aber beide geh'n
Wie sie mögen, ohne Pflege,
Wird die Uhr bald stille steh'n,
Wird das Herz schwerfällig-träge.
Drum, mein Kind, vergiß ja nicht,
Dich alltäglich zu bemühen,
Mit dem Schlüssel treuer Pflicht,
Herz und Uhrwerk aufzuziehen.
Mög' in allen Lebenstagen
So gleichmäßig richtig nur,
Dir das Herz im Busen schlagen,
Wie die Unruh in der Uhr. -
Wenn Verdruß dein Herz umziehet,
Soll der Zeiger vorwärts geh'n,
Doch wenn dir ein Glück erblühet,
Soll es darauf stille steh'n.
(1853)
Aus: Dur- und Molltöne
Neuere Gedichte von Kathinka Zitz
Mainz 1859 (S. 141-142)
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Karl Siebel
(1836-1868)
Mein Herz
Es ist mein Herz ein kleines Haus,
Mitten, mitten im Walde;
Viel Vöglein fliegen wohl ein und aus,
Wohl über Flur und Halde.
Sie fliegen hin, sie fliegen her,
Singen trauliche Lieder;
Ziehn über Berge, fliehn über's Meer
Und kommen singend wieder.
Sie pflücken sich im Morgenschein
Gold'ne, glänzende Rosen;
Sie lernen von dem Zephyr im Hain
Mit Veilchenblüthen kosen. -
Wohl ist mein Herz ein glücklich Herz;
D'rin thront eine Königinne,
Die macht zur Wonne jeglichen Schmerz
Mit ihrer süßen Minne.
Ihr fliegen all' die Vöglein zu,
Kosen mit ihr und küssen,
Und sie, - sie wird in lächelnder Ruh'
Wohl Alles leiden müssen.
Ach, seit im Haus die Königin,
Ist's d'rin so licht und helle; -
Mich dünkt, es ist so traulich darin,
's ist ein Waldkapelle.
Aus:
Gedichte von Carl Siebel
Zweite vermehrte Auflage Iserlohn
Julius Bädeker 1859
(S. 199-200)
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Franz Stelzhamer
(1802-1874)
Heimkunft
I.
An mein Herz
Sieh doch, mein
Herz, wie sonderbar
Du bist, als ich noch ferne war,
Da triebst du ohne Rast und Ruh',
Kaum bin ich da, so schweigest du.
Ich wandle Säle ein und aus,
Besuche Hof und Gartenhaus,
Die Laube, sonst so lieb und traut -
So brause doch, Herz, schlage laut!
Jüngst hieß es, daß Sie frägt nach mir,
Da sprangst du aus dem Busen schier;
Nun bin ich da und du vergißt
Zu fragen, wo Herzliebchen ist!
Der Rappe stand in Schaum und Schweiß,
So jagt' ich ihn auf dein Geheiß;
Und nun du bist am Gnadenort,
Ist all dein heißes Sehnen fort.
***
Sieh, Quell und Bächlein drängt und eilt
Und Fluß und Strom geht unverweilt;
Selbst noch im weiten, weiten Meer
Kämpft rastlos fort das Wellenheer!
II.
Des Herzens Antwort
Mir ist es ja schon
Hochgenuß,
Wenn ich nur bin, wo Liebchens Fuß
Die Gräser sanft und Blümlein bog,
Wo Es geblickt und Odem sog.
Ach, Berge, Bäume, Busch und Strauch,
Ach, Blumen, Gräser, Kohl und Lauch,
Seid mir willkommen, seid gegrüßt
An mich gedrückt und heißgeküßt!
Mein Liebchen hing die lange Zeit
An euch mit Lieb' und Zärtlichkeit,
Seid gut, und gebt ein kleinstes Stück
Mir eures großen Glück's zurück!
"Zurück, zurück!" scholl's fern und nah,
Und Berg' und Bäume nickten: Ja!
Es nickte Blümlein, Lauch und Kohl,
Das that dem Herze herzlich wohl! -
***
Ei, Quell und Bächlein drängt und eilt
Und Fluß und Strom geht unverweilt -
Dem Meere zu, dem Meere zu,
Darein versenkt - ist Ruh', ist Ruh'!
Der ems'ge Schlängelgang ist aus,
Man sieht sich um im großen Haus,
Das kleine Würmlein wird zum Wurm
Und kennt hinfort nur mehr den Sturm:
Da freilich ist es fürchterlich,
Bäumt zischend auf gen Himmel sich,
Sonst wiegt und wogt es nur in Lust
Und drückt den Himmel an die Brust.
Aus: Gedichte von Franz Stelzhamer
Stuttgart und Augsburg
J. G. Cotta'scher Verlag 1855 (S. 166-168)
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Richard von Volkmann
(1830-1889)
Willst du denn, mein altes Herz, ewig jung verbleiben?
In des Winters langer Zeit
Wähnt' ich es gelungen,
Daß mein Herz nach hartem Streit
Nieder ich gerungen.
Ach, zum Unglück oder Glück,
- Ich entscheid' es nimmer, -
Kehrte noch einmal zurück
Mir des Lenzes Schimmer!
Und in all der Blütenpracht
Schwellendem Getriebe
Fühl' ich wieder deine Macht
Alte Jugendliebe!
Willenlos durch Lust und Schmerz
Laß ich hin mich treiben -
Willst du denn, mein altes Herz,
Ewig jung verbleiben?
Aus: Richard Leanders [Richard von Volkmann]
Sämtliche Werke Leipzig 1899
Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel (S. 274)
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Vincenz Zusner
(1803-1874)
Wünsche
Wenn mein Herz ein Täubchen wär',
Möcht' es Dir an's Fenster fliegen,
Sich in Deine Arme schmiegen,
Und sich schaukeln hin und her,
Wenn mein Herz ein Täubchen wär'.
Wär' mein Herz ein Frühlingshauch,
Möcht' es Dir die Wangen kühlen,
Mit den weichen Locken spielen,
Und Dich manchmal küssen auch,
Wär' mein Herz ein Frühlingshauch.
Wär' mein Herz ein Wiesenquell,
Möcht' es Dir zum Spiegel dienen,
Und Dein Bild, das strahlte d'rinnen,
Wie im Leben, rein und hell,
Wär' mein Herz ein Wiesenquell.
Wär' mein Herz ein Flötenlaut,
Möcht' es Dir im Schlummer tönen,
Deine Träume zu verschönen,
Alle Nächte süß und traut,
Wär' mein Herz ein Flötenlaut.
Wär' mein Herz ein Sternenlicht,
Möcht' es Trost Dir niederleuchten,
Wenn Dein Aug' die Thränen feuchten,
Und der Gram die Hoffnung bricht,
Wär' mein Herz ein Sternenlicht.
Wär' mein Herz ein Leichenstein,
Möcht' es still zum Himmel ragen,
Und die Grabschrift würde sagen:
"Auch dort oben bleib' ich Dein!"
Wär' mein Herz ein Leichenstein.
Aus: Gedichte von Vincenz Zusner
Zweite Auflage Schaffhausen
Verlag der Fr. Hurter'schen Buchhandlung 1858 (S. 24-25)
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Eduard Paulus
(1837-1907)
An das Herz
Was willst du zagen, wunderbares Herz,
Noch keine Kraft hat deine Kraft bezwungen,
Und immer wieder hat dein Lied geklungen,
Wie sturmbewegt der Glocke stolzes Erz.
Wohl ist der Grundton deines Lieds der Schmerz,
Doch durch der Erde tiefste Dämmerungen
Hast du zum Frieden dich hindurchgerungen
Und blickst nun freudig hoffend himmelwärts.
Halt aus, daß dir das Leben nicht die Glut,
Die reine Glut von deiner Liebe töte,
Von deiner Liebe, welche nimmer ruht
Im Kampf und Schmachten nach der Morgenröte
Des ewigen Geist's, von dem ein blasser Funken
Auch auf mein irdisch Angesicht gesunken.
Aus: Gesammelte
Dichtungen
von Eduard Paulus
Stuttgart 1892
Friedrich Frommann's Verlag (E. Hauff) (S. 212)
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Ferdinand Sauter
(1804-1854)
Gestilltes Herz
Ob Morgenglanz die Welt umfängt,
Ob Sternenmantel drüber hängt,
Ob sie erglüh' im Mittagsschimmer,
Des Herzens Glut erlöschet nimmer.
Ob Sturm die dunklen Wolken jagt,
Und Bergen gleich die Woge ragt,
Des Herzens Wellen höher steigen,
Sich tiefer seine Wolken neigen.
Der Erde Rund sich rastlos schwingt,
Und schnell die Jahreszeiten bringt,
Doch eil'ger Herzensschwingen ziehen,
Und schneller seine Blumen blühen.
Hat Liebverrath dich schier erstarrt,
Und Freundestreue nicht beharrt;
Will Schicksalstücke dich erdrücken,
Sie können nicht die Glut ersticken.
Und brach die Zeit des Körpers Kraft,
So blieb das Herz doch unerschlafft,
Es zehrt noch von vergangner Fülle
Und fragt nicht nach der morschen Hülle.
So ruht das rege Herze nicht,
Bis es die dunkle Schranke bricht,
Bis deine ewig trunk'nen Augen
Aus Gottes Anblick Ruhe saugen.
Aus: Gedichte von
Ferdinand Sauter
Mit des Dichters Lebensskizze
aus dem Nachlasse herausgegeben
von Julius von der Traun
Wien Verlag von Tendler und Comp. 1855 (S. 117-118)
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Georg Scheurlin
(1802-1872)
Mein Herz und du
Mein Herz und du: - so ruhet überwacht
Vom lichten Mond die traumbeglückte Nacht.
Wie dir mein Herz - so folgt der Abendstern
Dem Gang der Sonne einsam, sehnend, fern.
Mein Herz und du - so küssen unbewußt
Sich Aug' und Thräne bald in Leid, in Lust.
Wie dich mein Herz - so wiegt den süßen Klang
Die Aeolsharfe bei der Lüfte Gang.
Mein Herz und du: - die Sehnsucht und ihr Bild;
Es blüht ihr Schmerz, doch ewig ungestillt!
Aus: Heideblumen
Gedichte von Georg Scheurlin
Heidelberg Universitätsbuchhandlung von Karl Winter 1858 (S. 143)
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Ludwig Seeger
(1810-1864)
O mein Herz, du schweigst so lange
Wenn sich zweie
lieben sollen,
Braucht man sie nur zu scheiden.
Göthe
O mein Herz, du schweigst so lange,
Ewigkeiten harr' ich schon.
Ach, wie sind in trägem Gange
Tag' und Wochen mir entflohn!
Rauschend zog durch alle Sinne
Mir der kurzen Tage Lust,
Wo wir in verstohlner Minne
Selig lagen Brust an Brust.
Wo ich, nach zersprengten Gittern,
Deine Seele fühlbar nah,
Wo ich dir im Aug' sie zittern,
Taumeln, ach, vor Liebe sah!
Und des letzten Kusses Flammen
Morgens früh, noch eh's getagt!
Wie ich dann mein Herz zusammen
Pressend bin davon gejagt!
All die heißen Liebesfunken
Brannten mir im Blute nach.
All die Lust, die ich getrunken,
Sie verdämmert allgemach!
Keine Zeile, die mir klagte!
Was dein Herz nun einsam fühlt,
Keine, die ein Wort mir sagte,
Das den Schmerz der Trennung kühlt!
Spräch's von Kummer, von Entzücken,
Hätt' ich nur ein Blatt von dir
An den heißen Mund zu drücken,
Besser würd' es schon mit mir.
Tiefer täglich schlägt in's Leben
Mir der Gram den giftgen Zahn.
All der Qual zu widerstreben
Ohne dich, wie fang' ich's an?
Todt bin ich, von dir verlassen,
Todt und taub für alle Welt;
Nichts im Haus und auf den Gassen,
Was mein Herz mit Trost erhellt.
Morgens nach der Nacht verlangen,
Müd' von der, die ich durchwacht;
Stumpf', wenn nun der Tag gegangen,
Bang vor dem, der sich entfacht -
O mein Leben, so in Qualen
Und in Angst um dich versenkt,
Frag' ich mich zu tausend Malen,
Ob ich dich wohl gar gekränkt?
Dir, die tausend Sorgen, Schmerzen
Heiter lächelnd niederschlägt,
Wehthun könnt' ich diesem Herzen,
Das so schwer, so männlich trägt?
Sprich ein Wort, gib nur ein Zeichen,
Heile meinen kranken Muth!
Aus der schlimmste Geist muß weichen,
Sprichst du: "Alles wird noch gut!"
Aus: Ludwig Seeger's gesammelte Dichtungen I. Liederbuch
Stuttgart Druck und Verlag von Emil Ebner 1863 (S. 171-173)
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Ludwig Seeger
(1810-1864)
Dein Herz
Dein Herz wie eine Glocke hängt
Dir stumm seit Jahren in der Brust;
Nun klopft's daran - zu läuten fängt
Sie an - o schaurig süße Lust!
Aus: Ludwig
Seeger's gesammelte Dichtungen I. Liederbuch
Stuttgart Druck und Verlag von Emil Ebner 1863 (S. 225)
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Wilhelm Ritter von Hertz
(1835-1902)
Mein Herz
Mein Herz ist ein stiller Tempel,
Eine Domhall' düster und hehr,
Da knieen wie bleiche Beter
Die trüben Gedanken umher.
Es hauchen unsichtbare Orgeln
Gar wundertiefen Klang,
Es wallet von Geisterlippen
Ein dumpfer Schlummergesang.
Und unten in Grabeshallen,
Da schlafen im Sterbekleid
Die alten Tage der Liebe
Aus ferner, schöner Zeit.
Aus: Gedichte von
Wilhelm Hertz
Hamburg Hoffmann und Campe 1859 (S. 38)
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Albert Knoll
(1809-1843)
An mein Herz
Herz,
So tief verletzt,
So matt gehetzt,
Was hörst du nicht auf zu schlagen?
Den Tod in dir
Und willst doch zu leben wagen?
Herz,
Und willst doch zu leben wagen?
Herz,
Mit dem Todespfeil,
Und hoffst noch Heil?
Und hörst nicht auf zu schlagen?
Blickst so voll Schmerz
Noch himmelwärts,
Und meinst das Leben zu tragen?
Herz,
Und meinst dies Leben zu tragen?
Herz,
Der Raum ist karg
In einem Sarg,
Gönnt nicht das weitende Schlagen.
Poch zu, poch zu;
Er oder du
Bricht in dem weitenden Schlagen.
Herz,
Brich oder lerne entsagen.
Aus: Gedichte eines
Österreichers
Leipzig F. A. Brockhaus 1845 (S. 149-150)
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Heinrich von Levitschnigg
(1810-1862)
Liebesghasel
Wie Lerchen haßte Fesselzwang mein Herz,
Bis deiner Locken Netz umschlang mein Herz.
Als Kahn auf hoher See der Liebe zog,
Vor Sturmgefahr nicht scheu noch bang, mein Herz;
Doch deines Flammenblickes Brander flog,
Geentert ward als Kaperfang mein Herz.
Verschlungen hat der Wonne Meeresschlund
Als Taucher, der zur Tiefe drang, mein Herz;
Korallenklippe ward dein Nelkenmund -
Wie hing an dieser Klippe lang mein Herz!
Als Falter zog hinaus zur Blumenwahl,
Den kleinen Fittig rastlos schwang mein Herz,
Da schaute deines Busens Liljenthal,
Da hemmte seinen Reisegang mein Herz.
Ein Heimatloser zog durch alles Land
Gleich einem, der der Haft entsprang, mein Herz.
Zu deinen Füßen seine Heimat fand,
Landstreicherlieder nie mehr sang mein Herz.
Aus: Gedichte von
Heinrich Ritter von Levitschnigg
Wien Verlag von Pfautsch & Compagnie 1842 (S. 139-140)
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Heinrich von
Levitschnigg
(1810-1862)
Liebesghasel
Du hast
vertraut zu unbedacht mein allzurasches Herz;
Der Treue Haus steht abgedacht mein heimatloses Herz.
Die Liebe kam, so kehrt der Lenz ins Blumenthal zurück;
Ihr Sonnenblick hat dir gelacht mein leichtgeblendet Herz,
Der Lenz ist kurz, doch kürzer noch der Liebe Lust und Glück,
Da ward in Dir es freilich Nacht mein schmerzzerrißnes Herz,
Was klagst du bang dein Leid der Welt? die Welt hat kaltes Blut,
Ihr hat noch immer Spaß gemacht, ein gramgebrochnes Herz.
Was staunst du doch und wunderst dich, daß sie nicht theilt die Glut,
Die Liebesküsse angefacht mein allzuwarmes Herz?
Sei ruhig, poche nicht so laut; die Rosen sind verblüht,
Nicht hoffe, daß Bülbül erwacht, mein wahnbefangnes Herz!
Was lärmst du so? S'ist lächerlich, wenn man umsonst sich müht,
Ich hätte stiller mir gedacht, ein todtgeschlagnes Herz.
Aus: Gedichte von Heinrich Ritter von Levitschnigg
Wien Verlag von Pfautsch & Compagnie 1842 (S. 144-145)
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Hieronymus Lorm
(1821-1902)
Das Herz
Das Herz, so klein in seinem Raum,
Das Herz, so groß in seinem Traum,
Es schlägt in enger Menschenbrust
Und faßt des Erdballs Schmerz und Lust.
Beständig spricht's mit seinem Pochen,
Was Menschenweisheit nie gesprochen;
Hätt's für sein stummes Wort den Mund,
Es gäb das Weltgeheimniß kund.
Aus: Gedichte von
Hieronymus Lorm
Siebente, vermehrte Auflage
Dresden und Leipzig
Verlag von Heinrich Minden 1894 (S. 389)
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Otto Ludwig
(1813-1865)
Reines Herz
Selig dem
Die Götter geben
Ein reines, edles Herz.
Er trägt den Zauber in der reichen Hand,
Was er berührt, mit Wonne zu durchschwellen.
Die enge Hütte dehnt sich zum Olymp,
Wohin er seine Brust voll Götter bringt.
Nur dem ist arm das Leben,
Der es mit armen Augen sieht.
Ihm schmilzt der Dinge Frühling
Unter der gierigen Hand.
Drum, gütige Götter, erhaltet
Ihm, dem Glücklichen, dem ihr sie gabt,
Die selige Gabe, erhaltet ihm
Im Busen das reine, edle Herz.
Aus: Otto Ludwigs gesammelten Schriften.
Erster Band: Biographie, Zwischen Himmel und Erde, Gedichte
Leipzig Fr. Wilh. Grunow 1891
(Hrsg. von Adolf Stern und Erich Schmidt) (S. 14-15)
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Albert Möser
(1835-1900)
An mein Herz
Mein armes Herz, ich höre bang dich klagen,
Daß Lieb' und Glück dem Zeitenflug erliegen;
Doch glaub: der Schönheit Born kann nicht versiegen,
Und Holdes blüht auch in der Zukunft Tagen.
Glanzvoll wird manch ein Frauenbild noch ragen,
Noch manch ein Leib in Ebenmaß sich wiegen,
Der Anmuth Reiz wird dich noch oft besiegen
Und lichtumstrahlt dich ganz in Fesseln schlagen.
Und mag auch nie ein Weib sich traut dir gatten,
Magst nie du ruhn in brünstigem Vereine,
Mein Herz, laß nimmer Gram dich drob verzehren!
Enttäuschung folgt der Liebe stets als Schatten,
Und Weisheit ist's: beglückt vom schönen Scheine
Das Holde schaun und niemals es begehren.
Aus: Nacht und Sterne
Neue Gedichte von Albert Möser
Halle Verlag von G. Emil Barthel 1872 (S. 189)
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Albert Möser
(1835-1900)
Das Herz
O Menschenherz,
du bist der Schöpfung Krone!
Was ist wie du so tief und unergründlich?
Dich faßt kein Sinn - Lust, Leid, sie wechseln stündlich,
Gleich Wettern in des Aethers luft'ger Zone.
Bald bebst du bang, bald - einer Welt zum Hohne -
Der Schönheit Sklav, erglühst du leicht entzündlich,
Jetzt grollst du tief, doch rasch dünkt Groll dich stündlich,
Schon liebst du neu, ob sich's auch nie dir lohne.
Und Wonnen, drin entzückt die Seele badet,
Und Leiden, die des Busens Mark verzehren,
Nur du, o Herz, nur du kannst sie bescheeren;
Wen du durchglühst, er dünkt mich gottbegnadet;
Wer dein enträth, ob Wissensqualm ihn fülle,
Er bleibt ein Nichts in eines Menschen Hülle.
Aus: Gedichte von
Albert Moeser
Erste Sammlung
Dritte sehr veränderte und vermehrte Auflage
Hamburg Verlagsanstalt und Druckerei Actien-Gesellschaft 1890 (S. 4)
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Ludwig Gottfried Neumann
(1813-1865)
Das Herz
Unser Herz, mit seinem Hoffen
An geheimen Wünschen reich,
Mit den tausend zarten Keimen,
Ist es nicht der Rose gleich?
Und ein froher Knab zerpflücket
Diese Ros in wilder Lust
Und die Welt, sie ist der Knabe,
Der so grausam unbewußt.
Aus: Gedichte von
Ludwig Gottfried Neumann
Wien 1846 Verlag der C. Haas'schen Buchhandlung (S. 58)
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Ernst von Feuchtersleben
(1806-1849)
Herz
Das seltsame, thörichte, fragende Herz,
Im Glücke so bang, so glückselig im Schmerz -
Was mag es nur ewig so klopfen?
Es klopft, ach! nicht ewig; es bebet, es harrt,
Bis das Blut in den Gängen des Lebens erstarrt,
Allmählich, von Tropfen zu Tropfen.
Dann schweigt es; dann ruht es; Dämonen der Welt
Sie tragen's ins Haus, das nicht Helios hellt,
Das die Schatten Persephone's schwärzen;
Doch die darin pochte, die selige Kraft,
(Die Hülse zerstiebte) - sie hat sich entrafft,
Und fliegt an das Herz aller Herzen.
Aus: Gedichte von
Ernst Freiherrn von Feuchtersleben
Stuttgart und Tübingen
in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1836 (S. 21)
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Emanuel Geibel
(1815-1884)
Wenn ich an
dich gedenke
Bei stiller Nacht allein,
Das geht mir durch die Seele
Wie lichter Mondenschein;
Das geht mit durch die Seele
Wie lieblich Harfenspiel,
Mir ist, ich hatte nimmer
Der Freuden also viel.
Mein Herz ist wie ein Ringlein
Von eitel güldnen Glast,
Du bist die klare Perle,
Und bist darein gefaßt.
So wie die Perl' im Golde,
So funkelst du darin,
Und trägst auch mich beschlossen
So fest in deinem Sinn.
O dank' dir's Gott, Herzliebste,
Viel tausend, tausendmal,
So viel als Veilchen blühen
Zu Ostern tief im Thal!
So viel als Veilchen blühen,
So oft gedenk' ich dein;
Das geht mir durch die Seele
Wie lichter Mondenschein.
Aus: Emanuel Geibel
Gesammelte Werke
in acht Bänden. Stuttgart
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1883 (Band 2 S. 21-22)
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Julius Grosse
(1828-1902)
Ein treues Herz
Weißt du ein Herz dir schlagen,
Das treugesinnt dir ist,
In deinen trübsten Tagen
Fühlst du, wie reich du bist.
Es kommt wie Sonnenlächeln
Dir in der tiefsten Nacht,
Wie milden Westwinds Fächeln
In eisiger Winterpracht.
Wem solch ein Schatz beschieden,
Kann nicht verloren sein.
Du wandelst still in Frieden
In Sturm und Wetterschein.
Fern über rollenden Meeren
Winkt dir ein sichres Land,
In drohenden Feindesheeren
Beschirmt dich Geisterhand.
Sie zieht mit leisen Sorgen
Doch endlich dich zurück,
Wo deine Jugend geborgen,
Gegründet ist dein Glück.
Bis zu den spätsten Tagen
Fühlst du, wie jung du bist,
Weißt du ein Herz dir schlagen,
Das treugesinnt dir ist.
Aus: Gedichte von
Julius Grosse
In neuer, durchgesehener und vermehrter Auswahl
mit einer Zuschrift von Paul Heyse
Berlin G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung 1882 (S. 65)
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Karl Egon Ebert
(1801-1882)
Herz und Blume
Hörte oft das Herz vergleichen
Einer Perle zart und hell,
Dem Demant, dem feuerreichen,
Himmelsklarem Silberquell.
Oft hört' ich den Zorn auch sagen:
"Herz, du mußt ein Eisball sein!"
Und die Wehmuth wieder klagen:
"Herz, du bist ein harter Stein!"
Schmetterling und goldne Falle
Nannten Manche es im Scherz,
Doch mir däucht, sie irrten Alle -
Eine Blume ist das Herz.
Blumen keimen auf in Lenzen,
Herzen in der Jugend Glanz,
Blumen einen sich zu Kränzen,
Herzen sich zum Liebeskranz.
Blumen stolz im Warmen blühen,
Warmer Blick gibt Herzen Kraft,
Blumen sengt des Mittags Glühen,
Herzen glüh'nde Leidenschaft.
Blumen ist der Thau ein Segen,
Milde Thrän' erfrischt das Herz,
Blumen knickt der wilde Regen,
Herzen bricht der wilde Schmerz.
Blumen froh am Tage sprießen,
Herzen da, wo Liebe lacht,
Blumen Nachts die Kelche schließen
Herzen schließt des Hasses Nacht.
Schnee muß Tod der Blume geben,
Herz verwelkt, wenn Alter droht,
Und so lebt's ein Blumenleben,
Und so stirbt's den Blumentod.
Aus: Gedichte von
Karl Egon Ebert
Vollständige Ausgabe in drei Büchern
in dritter stark vermehrter Auflage
Stuttgart und Tübingen
J. G. Cotta'scher Verlag 1845 (S. 12-13)
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Eduard Ferrand
(1813-1842)
Die Knospe
Mein Herz ist eine Knospe,
Die still verborgen keimt,
Und in dem Sturm des Winters
Von schönren Lenzen träumt.
Mein Herz ist eine Knospe,
Durchwallt von süßem Duft:
Sie kann ja nicht erblühen
In eisig kalter Luft.
Mein Herz ist eine Knospe,
Und wenn es liebend bricht,
Entfaltet sich die Blüthe
Dem ewgen Sonnenlicht.
Aus: Der neuhochdeutscher Parnaß 1740 bis 1860
Eine Grundlage zum besseren Verständnisse unserer Litteraturgeschichte
in Biographien, Charakteristiken und Beispielen unserer
vorzüglichsten Dichter
von Johannes Minckwitz
Leipzig Arnoldische Buchhandlung 1861 (S. 124)
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Guido Eckardt
(1843-1906)
Träumende
Herzen -
Träumende Herzen -
Wer nimmt sie in Acht,
Früh wann der klingende
Morgen erwacht?
Flammende Herzen -
Wer hält sie in Hut,
Rings in der zitternden
Mittagsglut?
Bebende Herzen -
Wer lindert die Pein,
Läuten die Glocken
Den Abend ein?
Schlafende Herzen -
Freundlich bewacht,
Ruhen in stiller
Grabesnacht. -
Aus: Dichterstimmen
aus Baltischen Landen
Herausgegeben von Eugen Richter
Leipzig August Neumanns Verlag 1885 (S. 52)
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Johanna Ambrosius
(1854-1939)
Vor Gericht
Ein kleines Herz ward vor Gericht gebracht,
Weil es nicht länger wollt' der Pflicht mehr dienen,
Und sah mit seiner dunkeln Augen Macht
Bang in des Schicksals schwarzumflorte Mienen.
Zur Seite stand die Pflicht, ein Riesenweib,
Mit Augen farblos, daraus Thränen bluten,
Die Unermüdliche, zum Zeitvertreib
Schnitt sie ein Bündel scharfer Eisenruten. -
"Was," hub des Schicksals Donnerstimme an,
"Fehlt dir zu deines Hauses vollem Segen?
Hebt nicht die Pflicht dich bis zum Himmel an,
Schützt vor Versuchung dich auf allen Wegen?
So wie der Stab der Blume Haltung giebt,
Daß sie nicht werde jedem Wind zum Raube,
So blüht ein Herz, das treu die Pflicht nur liebt,
Zur vollsten Schönheit auf in Hoffnung, Glaube."
Ein Schauder flog bei diesem Wort durchs Herz,
Die Lippen zuckten im verhalt'nen Weinen:
"Gieb mir das Glück," so fleht's in heißem Schmerz,
"Auf einen Augenblick, nur einen, einen!
Mich friert doch ewig in dem dünnen Kleid,
Das mir die Pflicht gemacht, ich kann's nicht tragen,
Es ist zu eng, und bringt mir großes Leid,
Und doch darf ich's niemals zu ändern wagen.
Schau her, wie schön sie es mir hat gefärbt,
Mit meinem Blute ist es jüngst geschehen,
Ein jedes Wort ist mir ins Fleisch gekerbt,
Da kannst du ewig ihre Sprüche sehen.
Wie eine Wüste ist ihr Angesicht,
Und unaufhörlich peitscht sie mir die Hände,
Siehst du den Dornenkranz auf meiner Stirne nicht?
Er schmerzt, wo ich auch nur das Haupt hinwende,
Und Ketten hängt sie an des Kleides Saum.
Die müden Füße tragen sie kaum weiter,
Frei werd' ich nur des Nachts im tiefsten Traum,
Dann hebt das Glück mich auf die Rosenleiter.
Dann grüßt der Palmenhain herüber lind
Und Harfenklänge ziehn mich in den Reigen
Der Glücklichen, dann bin ich auch ihr Kind
Und geb' der Freude voll mich dann zu eigen.
Nur einmal laß mich off'nen Auges sehn,
Was mir der Traum enthüllt in mattem Glanze,
Laß trinken mich den Göttertrank der Feen,
Den sie kredenzen jeder Braut im Kranze.
Nur einmal laß mich meine heiße Brust
Ins Meer der süßen Liebesgluten tauchen,
Nur einmal laß des Glückes volle Lust
Mir seinen Kuß auf meine Lippen hauchen.
Nimm meine Seligkeit, ich geb' sie dir,
Will ehrlos sein für alle Ewigkeiten,
Nur öffne einmal mir des Glückes Thür,
Dann kannst erbarmungslos du über mich hinschreiten."
Und bitter weinend warf das Herz sich hin,
Umschlang den Thron mit seinen schwachen Armen;
"O änd're, Schicksal, deinen harten Sinn,
Und habe mit dem kleinen Herz Erbarmen!"
Das Schicksal winkt: Es sei. – Ein Windesstrom
Voll Weihrauchduft zieht um des Hauses Stufen,
Und mahnend her vom nahen Kirchendom
Die Abendglocken leis' zur Andacht rufen.
Still geht die Pflicht dem frommen Klange nach,
Im heil'gen Feuer sich die Wangen röten,
Da tönt ein Schrei laut gellend durchs Gemach;
"Halt!" ruft das Herz, "ich gehe mit zu beten."
Wirft in die Arme sich der strengen Frau
Und drückt den Dornenkranz sich wieder fester,
"Fahr' wohl, mein Glück, mit deiner Märchenau' -
Ich bleibe bei der grausam schönen Schwester!"
Aus: Gedichte von
Johanna Ambrosius
Herausgegeben von Karl Schrattenthal 34 Auflage
Königsberg i. Pr. Thomas & Oppermann 1897 (S. 62-63)
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Johanna
Ambrosius
(1854-1939)
Mein Herz
Mein Herz ist stark wie ein Eichenbaum
Mit knorrigen Ästen und Zweigen,
Es strebt hinaus zum sonnigen Raum
Und kann sich nicht bücken noch neigen.
Ein stolzes Schiff mit Flaggen und Mast,
Zieht's kühn durchs Wellengebrause,
Das findet auch nirgends Ruhe und Rast
Als im Hafen drüben zu Hause.
Oft gleicht mein Herz einem Feuerstein,
Liegt kalt und starr wie versunken,
Doch schlägst du mit edlem Metall darein,
Umsprühen dich Flammen und Funken.
Doch wird der Liebe allmächtiger Strahl
Es fassen mit allen Gewalten,
Wird's weicher noch als der Schnee im Thal,
Als die Eiche, vom Blitz zerspalten.
Aus: Gedichte von Johanna Ambrosius
Herausgegeben von Karl Schrattenthal 34 Auflage
Königsberg i. Pr. Thomas & Oppermann 1897 (S. 100)
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Eleonore Kalkowska
(1883-1937)
Mein Herz ist wund ...
Mein Herz ist wund ...
O, leg drauf deine Hände,
Die weißen, niemals staubberührten Hände.
Bei deiner zarten Finger Strahlenspende,
Vielleicht wird es gesund. ...
Mein Herz ist wund ...
O, leg drauf deine Hände,
O, laß mit sachtem Drucke sie verweilen, ...
Die Wunde wird sich schließen, sie wird heilen,
Gewiß — es wird gesund!
Aus: Die Oktave
Gedichte von Eleonore Kalkowska
Egon Fleischel & Co. Berlin 1912 (S. 95)
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Anna Karbe
(1852-1875)
Bitte um ein fröhliches Herz
Herr, gieb mir auch im tiefsten Schmerz,
Ein frohes Kindergottesherz,
Ein fröhlich Herz, das nicht verzagt
Und nimmer über Schmerzen klagt;
Ein fröhlich Herz, das singen kann,
Wenn Deine Hand ihm weh gethan,
Dem jeden Tag ein frohes Lied
Auch selbst im tiefen Leid erglüht,
Ein fröhlich Herz, das immer grün
In allen Leiden möge blühn;
Ja, laß in Deinem Sonnenschein
Mein Herz ein fröhlich Blümlein sein.
Aus: [Anna Karbe]
Immergrün
Lieder einer früh Heimgegangenen
Mit einem Vorworte von Emil Frommel
Berlin Verlag von Wiegandt & Grieben [1876] (S. 67)
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Anna Karbe
(1852-1875)
Um ein stilles Herz
Herr, ich weiß nicht, was ich will,
Müde bin ich und gedrückt;
Nimm mein Herz und mach' es still,
Daß es frei nach oben blickt!
Lege Deine Segenshand
Auf mein Herz, so matt und krank,
Leite Du mich unverwandt,
Jetzt, und all' mein Lebelang!
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Wenn ich geduldig warten lerne
Auf das, was mir Dein Wort verspricht,
Wenn ich mein Herz von dem entferne
Was Deine Hand für mich zerbricht;
Wenn die Gedanken sich verbinden,
Hinauf, wohin mein Herz gehört,
So werde ich die Ruhe finden
Die meine Seele so begehrt.
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Herr, nimm mein Herz in Deine Hände,
Und mach' es still in Deiner Huld;
Gieb mir die Heimath einst am Ende,
Und für die Reise gieb Geduld!
Aus: [Anna Karbe]
Immergrün
Lieder einer früh Heimgegangenen
Mit einem Vorworte von Emil Frommel
Berlin Verlag von Wiegandt & Grieben [1876] (S. 71)
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Hans Schiebelhuth (1895-1944)
Hätt ich ein Herz, blank von geschmolzenem Stolz und gehärteter
Demut;
Hätt ich ein Herz, frei, nicht ufergebunden, erdgeengt;
Hätt ich ein Herz, fest, nicht wie meins verworren, verworfen,
um die Gunst von Stunden verbuhlt;
Hätt ich ein Herz und nicht tausend zerschmetterte Herzen -
Von denen täglich eins stirbt und ein anderes ahnungslos aufwacht
Und deren ich keins je kenn . . .
Aus: Hans
Schiebelhuth Gedichte 1916-1936 / Übertragungen
Agora Darmstadt Zürich
Diese Ausgabe wurde aufgrund der Originalhandschriften
herausgegeben von Manfred Schlösser
Mit Unterstützung des Magistrats der Stadt Darmstadt gedruckt
1966 (S. 281)
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Hans Schiebelhuth
(1895-1944)
Verschenkt Herz
Du bist nicht Gast. Du wohnst in mir.
Hast nicht nur Rast. Hast Bleibe hier.
Hier steht deine Wiege. Hier zäunt dein Geheg.
Hier steilt dir Stiege. Hier mündet dein Weg.
Hier hält dich Helle. Hier hüllt dich Nacht.
Im Brunn quickt Quelle. Speicher füllt Fracht.
Geh aus. Geh ein. Sei unverhofft.
Dein Haus dir offen. Komm gern. Komm oft.
Aus: Hans
Schiebelhuth Gedichte 1916-1936 / Übertragungen
Agora Darmstadt Zürich
Diese Ausgabe wurde aufgrund der Originalhandschriften
herausgegeben von Manfred Schlösser
Mit Unterstützung des Magistrats der Stadt Darmstadt gedruckt
1966 (S. 26)
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Georg Trakl
(1887-1914)
Das Herz
Das wilde Herz ward weiß am Wald;
O dunkle Angst
Des Todes, so das Gold
In grauer Wolke starb.
Novemberabend.
Am kahlen Tor am Schlachthaus stand
Der armen Frauen Schar;
In jeden Korb
Fiel faules Fleisch und Eingeweid;
Verfluchte Kost!
Des Abends blaue Taube
Brachte nicht Versöhnung.
Dunkler Trompetenruf
Durchfuhr der Ulmen
Nasses Goldlaub,
Eine zerfetzte Fahne
Vom Blute rauchend,
Daß in wilder Schwermut
Hinlauscht ein Mann.
O! ihr ehernen Zeiten
Begraben dort im Abendrot.
Aus dunklem Hausflur trat
Die goldne Gestalt
Der Jünglingin
Umgeben von bleichen Monden,
Herbstlicher Hofstaat,
Zerknickten schwarze Tannen
Im Nachtsturm,
Die steile Festung.
O Herz
Hinüberschimmernd in schneeige Kühle.
Aus: Georg Trakl
Dichtungen und Briefe
Herausgegeben von Walther Killy und Hans Szklenar
2. Auflage 1971 Otto Müller Verlag Salzburg
(Diese Ausgabe bringt vollständig den Text
des erstes Bandes der historisch-kritischen Ausgabe
1969 und 1970) (S. 87-88)
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Herwarth Walden
(1878-1941)
Herzen zittern im Geschweig deiner Augen
Eine Lerche hebt die beiden Flügel weit zum Himmel
Alle Bäume neigen die Köpfe zusammen
Grünrieselnde Luft
Moos glüht
Herzen springen zu Stein von Stein
Herzen fallen ins Moosglühen
Aber mein Herz zaudert im Geschweig deiner Augen
Aber mein Herz glüht die neigenden Bäume auf
Aber mein Herz breitet die Flügel auf zum Himmel
Sucht mein Herz den Ton deines Schweigens
Sage
Mein Herz zwitschert im Vormorgen
Mein Herz saugt den Schrei alles Hallenden
Alles Verhallenen
Alles Verhaltenen
Mein Herz hält den Schrei daß er tonhell zwitschert
Mein Herz schwingt Verhalten
Blut rauscht auf daß der Himmel glüht
Mein Herz ist eine Träne im Geschweig deiner Augen
Fällt sie zu Boden tief ins Moosglühen
Nun ist sie ein Stein im Spiel der Herzen
Zu Stein von Stein
Verloren
Sucht nun dein Auge im Geschweig meines Herzens
Alle Himmel glühen
Deine Augen leuchten durch alles Glühen
Suchst Du mein Herz im Glühen des Schweigens
Alle Herzen zittern
Aber mein Herz ruht tief im Geschweig deiner Augen
Aus: Im Geschweig der Liebe. Gedichte
Herwarth Walden
Verlag Der Sturm Berlin W 9 / 1925 (S. 47)
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Paul Wertheimer
(1874-1937)
Das begrabene Herz
Ich hab' mein Herz verscharrt in den Sand.
Scharf pfaucht der Wind; es fröstelt der Strand. -
Da spieltest du einst mit Blumen und Band.
Da riefst du mich lieb und da ruht' ich mit dir.
Nun trieb dich des Blutes Welle von mir.
Trieb dich in fremdes, kaltes Revier.
War uns die ganze Welt nicht ein Tag
Voller Jubel und Lerchenschlag? -
Noch summt dein Lachen über dem Hag.
Was webt uns zusammen und scheidet uns so?
Aus meinem Leben liefst du mir froh,
Neuem Glück nach von irgendwo ...
Ich hab' mein Herz verscharrt in den Sand.
Weht es der Wind wohl über das Land,
Weht es dir in die lässige Hand.
Und es durchfröstelt dich sonderbar.
Fliegt ein Erinnern, wie einst es war,
Wie dort im Schnee der Dohlen Schar,
Schwarz dir vorüber, zerrüttet das Haar? ...
Aus: Im Lande der
Torheit. Neue Verse
von Paul Wertheimer Wien und Leipzig 1910 (S. 58)
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Oskar Wiener
(1873-1944)
Mein Herz
Mein rothes Herz,
Mein totes Herz
Soll endlich Ruhe haben;
Ich hab es sacht
In dunkler Nacht
Im tiefen Schnee begraben. -
Im weichen Schnee,
Im bleichen Schnee
Erblühten rothe Sünden;
Mein altes Herz,
Mein kaltes Herz
Kann keinen Frieden finden.
Aus: Gedichte von
Oskar Wiener
mit Titellitographie von H. Steiner
Berlin Schuster & Loeffler 1899 (S. 15)
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Jakob Haringer
(1898-1948)
Der liebe Augustin
Mein Herz es klopft, mein Herz es klopft,
Als ob ein Hausknecht Teppich klopft.
Das Herz, der alte Esel bockt,
Das Herz, das alte Pumpwerk stockt,
Mein Herz, es prasselt, rasselt als
Ein altes Fallbeil übern Hals,
Wie Pestgaleerenruderschlag,
Galgenaufzimmern früh vor Tag.
Wer hackt da Holz in tiefer Nacht?
Es ist mein Herz bloß, das so kracht!
Verstorben alle Melodie -
Der Metzger kommt zu jedem Vieh.
Mein Herz, voll Schimmel ganz vergraut,
Hart wie ein alter Klöppel haut,
Wie einer einen Sarg zuklopft -
Unnütz die Not bei Gott anklopft;
So wie ein leckes Schiff hinkeucht,
Wie Rinder würgen, die verseucht.
Das Herz wie eine Hündin weint
Und ist in Wehmut ganz versteint.
Kein Efeu um sein steinern Bild -
Der Trauer Pest zerfraß es wild.
Mein Herz, es schreit, mein Herz, es schreit,
Wie Kinder arm im Sterbekleid.
Mein Herz, es schnarrt wie tausend Narrn,
So wie ein alter Schinderkarrn;
Mein Herz, der arme Totenwurm,
Ächzt wie ein alter Glockenturm . . .
So wie ein Hausknecht Teppich klopft -
Kein Engel, der ihm Balsam tropft!
Das Unglück rauscht, das Unglück rauscht -
Keine Mutter auf deine Schritte lauscht . . .
Wenn's Herz - ach, einmal Ruhe hätt
In deinem alten Puppenbett -
O wär's ein roter Abendtand
In deiner kleinen Kinderhand . . .
Aus: Haringer Das Fenster
Pegasus Verlag Zürich 1946 (S. 22-23)
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Anton Noder (Ps. A. de Nora)
(1864-1936)
Das Lied der Liebe
Oft trägt ein Herz mit Schweigen
In sich schon lang
Sein Lieben, wie die Geigen
In sich den Klang.
Bis endlich drüber gleiten
Wird eine Hand,
Die plötzlich alle Saiten
Zum Spiele spannt -
Und weckt das stumme Sehnen,
Das drinnen schlief,
Und läßt sie bebend tönen,
So voll, so tief,
So wild und doch so leise,
So stark und müd -
Es ist die alte Weise,
Das alte Lied!
Mein Herz hat es gesungen
Wie Sturmgebraus!
- Die Saiten sind gesprungen -
- Das Lied ist - aus ...
Aus: Stürmisches
Blut. Hundert Gedichte von A. De Nora
Leipzig Verlag von L. Staackmann 1905 (S. 30-31)
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Emil Alphons Rheinhardt
(1889-1945)
Das Herz
Wie pochst du, mein vergangenes Herz,
Durch diese armen Tage!
In meinen Schläfen schlägst du mit,
Im Halse mir, im gräßlichen
Heutigen Herzensschlagen.
Da pochst du mit, vergangnes Herz,
Die Nöte mit, die ich durchlitt
In Warten ohne Rettung,
In dir schlägt noch der Nachmittag,
In dem ich wartefiebernd lag,
Bis ein Schritt auf der Treppe ging
Und ich vor Glück zu Tod erschrak,
Der schlägt noch mit, da ich schon litt . . .
O Schritt, o Nimmerwieder!
Im Pochen ist der Abend noch,
Da ich gebannt im Bahnhof stand,
(Verkrampft die Hand - o, wie ich stand!)
Wie rastest du in die wallende Wand,
Wenn ein Licht aufsprang, ein Pfiff mich durchdrang!
O, wie ich mich vorbog, o, wie ich Gewalt,
Uralte Sehnsuchtsgewalt in mir fand -
O Abend, wie ich die Ferne verstand
Und das Warten, du Herz, das Warten!
Noch rüttelst du Rhythmen der seligen Fahrt
Aus Gnade-Jahr in die Gegenwart,
Wie wunderbar, daß ich der junge Mensch war,
Der taumelnd in alle Gesichter gestarrt,
Der von einer Stimme, einem Kleide, von Haar
Im Suchen unter den Menschen genarrt,
Laut vor sich hinsagte: Das ist nicht wahr -
Ich muß sie finden! Daß ich es war,
Der sie in der Allee draußen fand . . .
Aus Glück schlägst du her groß und atemschwer,
O rettungslos Heute und Nimmermehr!
O dein Zögern aus Abschied, dein wehvolles Gehn
Aus dem vielen Abschied muß weitergeschehn.
O Wiedersehn und o Wiedergehn -
O was bliebst du nicht stehn! Die Blutbrandung stößt
Das Kommen und Gehen unerlöst
An das finstere pontische Heute.
O Briefe, aufflackerndes Herz, wieviel!
Und Gesang - o wie bang ist dein alter Gang,
Wenn fremd ein geliebter Gesang mir aufklang . . .
O Blumen, Torheiten, o Namen, wieviel!
O Gedicht und zärtlich geschenktes Ding -
O "Rat was ich bring!" . . . Weh, daß ich für lange ging -
Und wiederkam - und dann war es ein Ring!
Du schlägst es mit, wie ich Heimweh litt
Kanonenumschrien im Kolonnenschritt.
Wie ich todumstellt in der stürzenden Welt
Von Schreien durchgellt um sie Heimweh litt.
O erlösender Schlag, da ich todbereit lag,
Aus Fieber aufwimmernd, wenn mir der Tag
Keinen Brief gebracht - und unendliche Nacht,
So schaudernde, schaudernde Sterbenacht,
Da ich Leib an Leib mit dem Seuchentod lag.
Weh Wiederkommen! Was lieg ich nicht
Bei dem Bergkloster unter Platanenwald!
Weh immer noch trag ich dieselbe Gestalt
Durch die Welt ohne sie. Warum ist mein Gesicht
Nicht schwarze Erde geworden im Wald?
Ihr ungeheuren Nächte, da Tod,
Mein Tod, mein williger Tod geballt
In mir wartete! O meine völlige Not!
Du fingst wieder an, mein Herz, wenn Frührot,
Wenn wieder ein letzter grausiger Tag
Auf den schneeblauen Dächern lag.
Du fingst wieder an und schlägst deinen Schlag,
Deinen heißen, schönen vergangenen Schlag,
Mein vergangenes Herz im Heute.
Aus: E. A.
Rheinhardt Die unendliche Reihe Gedichte und Aufrufe
Ed. Strache Verlag Wien Prag Leipzig 1920 (S. 43-44)
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Joachim Ringelnatz
(1883-1934)
Umweg
Ging ein Herz durchs Hirn Güte suchen,
Fand sie nicht, doch hörte da durchs Ohr
Zwei Matrosen landbegeistert fluchen,
Und das kam ihm so recht rührend vor.
Ist das Herz dann durch die Nase krochen.
Eine Rose hat das Herz gestochen,
Hat das Herz verkannt.
In der Luft hat was wie angebrannt
Schlecht gerochen.
Und das Wasser schmeckte nach Verrat.
Leise schlich das Herz zurück,
Schlich sich durch die Hand zur Tat,
Hämmerte.
Und da dämmerte
Ihm das Glück.
Aus: Joachim Ringelnatz
Das Gesamtwerk in sieben Bänden
Herausgegeben von Walter Pape
Diogenes Verlag AG Zürich 1994
(Band 1 S. 264-265)
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Ernst Goll
(1887-1912)
Ich hab mein Herz in deine Hand gelegt
Ich hab mein Herz in deine Hand gelegt,
Nun ist ihm gut -
Horch, wie es ruhvoll und beseligt schlägt
In deiner Hut.
Vielleicht ermattet sein gelinder Schlag,
Von Glück betört,
Dann hat es noch den letzten Lebenstag
Dir angehört.
Aus: Ernst Goll Im bitteren Menschenland
Das gesammelte Werk
Herausgegeben von Christian Teissl
Igel Verlag 2012 (S. 96)
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Alma Johanna Koenig
(1887-1942)
Schlaflied für ein krankes Herz
Schlaf ein, mein Herz, schlaf nur ruhig ein,
es wird - wie das Fallen von Sternschnuppen sein.
Fürcht keinen mit deinem Scheiden zu kränken,
es wird kein andres Herz an dich denken.
Schlaf ein, mein Herz, schlaf nur selig ein,
dein Los war Sehnsucht und große Pein,
du ließest dies Leben an dir vollstrecken
und willst vor der Nacht voller Sterne erschrecken?
Schlaf ein, mein Herz, schlaf auf ewig ein.
Nur nicht Urständ und Wandlung und neues Sein!
Gott weiß wohl, was dich dazu verleitet.
Er hält schon weit seine Arme gebreitet ...
Aus: Alma Johanna Koenig Liebesgedichte
F. G. Speidel'sche Verlagsbuchhandlung Wien und Leipzig 1930 (S. 19)
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Amalie Senninger
(1866-1921)
Mein Herz
Mein Herz ist ein Schiff auf hohem Meer
Es branden die Wogen wohl drüber her,
Weiss nicht ob je ein Port ihm winkt,
Ob es nicht draussen im Kampf versinkt.
Ich will bis zum letzten am Steuer stehn,
Mit dem sinkenden Schiffe untergehn.
Nur Eines erbitt ich: "Am Himmelsrand
Erscheine noch, Liebe vom Jugendland!" —
Aus: Gedichte von
Amalie Senninger
Staufen Verlag Bad Reichenhall 1913 (S. 102)
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Ilse von Stach
(1879-1941)
Das Herz
Wie liegst Du da so märchenhaft
Und strahlst in Deiner Zauberkraft,
Du herrliche Natur!
Ach, könnte ich ergründen
Und könnte finden
Deines Zaubers Spur!
Ich seh' das Meer und hör' das mächtige Brausen,
Vernehme stumm des starken Windes Sausen,
Seh' wiederum der Sonne lieblich Licht.
Ich hör' die Vögel, hör' der Räume Rauschen,
Muß andachtsvoll des Waldes Stimme lauschen,
Doch das geheime Wirken kenn' ich nicht.
Wie bist Du sturm- und sonnenreich,
Wie bist Du klein und göttergleich,
Du Herz, wie die Natur.
Wer könnte Dich ergründen?
Wer könnte finden
Deines Zaubers Spur?
Ich fühle selbst die Folgen der Gedanken,
Den wilden Thatendrang, das bange Schwanken,
Wie ein Begriff sich schon am nächsten bricht;
Bald schmerzt der Mißerfolg im steten Kriege,
Bewund're bald des Herzens hohe Siege,
Doch das geheime Wirken kenn ich nicht.
Aus: Ilse Stach von Goltzheim
Wer kann dafür, daß seines Frühlings Lüfte weh’n! Gedichte
E. Piersons's Verlag, Dresden und Leipzig, 1898 (S. 12)
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Alfred Wolfenstein
(1883-1945)
Das Herz
Vergessen lag das Herz in unsrer Brust,
Wie lange! ein Kiesel in des Willens Lust,
Nur mit den wasserkühlen spiegelnden Händen
Manchmal berührt, unbewußt.
Einsiedlerisch in sich geschweift, so klein
Und überflüssig dem verzerrten Stein
Der Bauten und des Geldes stählernem Throne,
Nie greifend in die spitzen Räder ein.
Doch seht, wie leiser die Maschine raucht,
Und endlich ist das Schneegebirg verbraucht,
Der kalte Strom wütet vorüber -
Denn glühend blüht das Land, das nun auftaucht,
Das Herz - das schmal wie eine Sonne brennt,
Doch Sterne nun nach seinen Strahlen nennt,
Das kleine Herz blickt unermeßlich
Aus seines offenen Hauptes Firmament!
O Stirn, das Zeichen dieses Herzens trag,
Und Nacht, steh heller auf von seinem Schlag!
Es faßt die breite Erde um - und über die Ränder
Der Welt hinaus strahlt er den Tag.
Aus: Alfred
Wolfenstein Werke
Erster Band: Gedichte
Herausgegeben von Günter Holtz
v. Hase & Koehler Verlag Mainz 1982 (S. 189)
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