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Emanuel von Bodman
(1874-1946)
Nacht
Nun schläfst du leis.
Ich schreite, schreite.
Es ist so weiß
In alle Weite.
Noch glüht dein Kuß.
Die Dächer blinken,
Es will mein Fuß
In Licht versinken.
(Band 1 S. 250-251)
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Der Mund
Ich hab nur deinen Mund gesehen,
Da überwallte schon mein Blut.
Er glüht in unverstandnem Flehen,
Er glüht in lang verhaltner Glut.
Ich fühl's, daß er in warmen Nächten
Mehr, als er's ward, geküßt sein will.
Nun löse deine dunklen Flechten
Und halte still!
(Band 1 S. 332-333)
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Die Liebe
Was ist's, daß wir uns auf den Mund
Aus tiefer Seele küssen
Und aneinander oft so wund
Am Herzen leiden müssen?
Und doch beseligt uns in Glut
Und Qual ein sichres Wissen.
Und was uns wohl und wehe tut,
Wir möchten's nimmer missen.
(Band 2 S. 102)
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Der Himmel der Liebe
O wunderliche, süße Stunde,
Da wir die Liebe vollbewußt
Erfuhren! Mit verstummtem Munde
Erfüllte eins des andern Brust.
Keins sprach ein Wort mehr. Nachtumflossen
Fühlten wir uns, vom Leben weit,
Ganz aufgetan und auferschlossen
Im Himmel ewiger Seligkeit.
(Band 2 S. 109)
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Feier
Liebfraue mein,
Nimm mich ins süße Herz hinein,
Will dir auf seinem reinen Schrein
Ach eine reine Kerze weihn!
(Band 2 S. 109)
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Fest
Wenn ich nur an dich denke,
Überrauscht mich ein Meer.
Wenn ich an dein Wesen mich schenke,
Ist Frühling ringsumher.
Ich könnte vor Freude weinen,
Daß ich dich auf der Erde fand.
Seh ich dein Bild erscheinen,
Glänzt sie bis zum Himmelsrand.
(Band 2 S. 280-281)
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Aus: Emanuel von
Bodman
Die Gesamten Werke Band 1 und Band 2
Im Auftrage von Clara von Bodman
Herausgegeben von Karl Preisendanz
Philipp Reclam jun. Stuttgart 1960
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