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Siegfried Kawerau
(1886-1936)
Du
Es ist im tiefsten Grunde doch nur Du,
nach der sich meine Nächte bangen,
nach der die Tage hastig langen;
und wenn des Dämmerns weiche Arme mich umfangen -
es ist im tiefsten Grunde doch nur Du.
(S. 5)
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Du und Ich
Du bist der See, ich bin der Strahl,
der glitzernd steigt aus Dir zum Glück
und immer schimmernd fällt in Dich zurück;
Du bist der Wald, ich bin der Stern,
der zwischen allen Ästen steht
und durch das Dunkel wie die Hoffnung geht;
Du bist die Hostie, ich der Priester,
der stündlich Dich zerbricht und spendet
und ewig neu an alle Welt verschwendet;
Du bist die große Gottesstille
und ich ihr Wille.
(S. 11)
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Aus: Lieder aus dem
Dunkel
von Siegfried Kawerau
Verlegt bei Max Schildberger
Berlin 1910
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