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Anna Ritter
(1865-1921)
Im Lampenschein
Das ist ein lieb Beisammensein,
Wenn über uns die Wanduhr tickt
Und dir der Arbeitslampe Schein
So voll ins frohe Antlitz blickt!
Ich rühr' dich manchmal heimlich an,
Nur, daß ich weiß: ich habe dich -
Dann lächelst du, geliebter Mann,
Und nickst mir zu und küssest mich!
Aus: Befreiung Neue
Gedichte von Anna Ritter
Zweite Auflage Stuttgart 1900
J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger G.m.b.H. (S. 14)
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Stille Zeit
Die Tage rinnen leise hin …
Ein jeder bringt ein liebes Glück
Und eine liebe Sorge mit,
Und schau ich so den Weg zurück,
Den ich mit dir gegangen bin,
Da will es mir fast bange werden
Um so viel Seligkeit auf Erden. –
Aus: Befreiung Neue
Gedichte von Anna Ritter
Zweite Auflage Stuttgart 1900
J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger G.m.b.H. (S. 20)
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Geheimnis
Ich trag' ein glückselig Geheimnis
Mit mir herum,
Ich möchts allen Leuten vertrauen
Und bleib' doch stumm!
Ach, jubeln möcht' ich und singen,
Von früh bis spät -
Und rege nur heimlich die Lippen,
Wie zum Gebet!
Aus: Befreiung Neue
Gedichte von Anna Ritter
Zweite Auflage Stuttgart 1900
J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger G.m.b.H. (S. 3)
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Vom Küssen
War ich gar so jung und dumm,
Wollte gerne wissen:
»Warum ist mein Mund so roth?"
Sprach der Mai:
"Zum Küssen."
Als der Nebel schlich durch's Land,
Hab ich fragen müssen:
"Warum ist mein Mund so blaß?"
Sprach der Herbst:
"Vom Küssen."
Aus: Gedichte von
Anna Ritter
Leipzig Verlag von A. G. Liebeskind 1898 (S. 130)
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