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Theodor Storm
(1817-1888)
Ich bin mir meiner Seele
Ich bin mir meiner Seele
In deiner nur bewußt,
Mein Herz kann nimmer ruhen
Als nur an deiner Brust!
Mein Herz kann nimmer schlagen
Als nur für dich allein.
Ich bin so ganz dein eigen,
So ganz auf immer dein. - -
(S. 279)
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Dämmerstunde
Im Sessel du, und ich zu deinen Füßen -
Das Haupt zu dir gewendet, saßen wir;
Und sanfter fühlten wir die Stunden fließen,
Und stiller ward es zwischen mir und dir;
Bis unsre Augen ineinandersanken
Und wir berauscht der Seele Atem tranken.
(S. 122)
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Laß mich zu deinen
Füßen liegen
Laß mich zu deinen Füßen liegen,
Laß mich dich anschaun immerdar,
Laß mich in den geliebten Zügen
Mein Schicksal lesen mild und klar,
Damit ich fühle, daß auf Erden
Die Liebe noch zu finden ist,
Damit ich fühle, daß die Liebe
Um Liebe noch die Welt vergißt.
(S. 283)
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Liegst wohl noch
im Traum befangen
Liegst wohl noch im Traum befangen,
Hast im Traume mein gedacht.
Denn so früh ist noch die Stunde,
Kaum entwich die lange Nacht.
Um mich her noch in der Kammer
Webt ein nächtlich Dämmergrau -
Oh, wie muß ich dein gedenken,
Süße, heißgeliebte Frau!
(S. 280)
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O süßes Nichtstun
O süßes Nichtstun, an der Liebsten Seite
Zu ruhen auf des Bergs besonnter Kuppe;
Bald abwärts zu des Städtchens Häusergruppe
Den Blick zu senden, bald in ferne Weite!
O süßes Nichtstun, lieblich so gebannt
Zu atmen in den neubefreiten Düften;
Sich locken lassen von den Frühlingslüften,
Hinabzuziehn in das beglänzte Land;
Rückkehren dann aus aller Wunderferne
In deiner Augen heimatliche Sterne.
(S. 131-132)
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Wer je gelebt in
Liebesarmen
Wer je gelebt in Liebesarmen,
Der kann im Leben nie verarmen;
Und müßt er sterben fern, allein,
Er fühlte noch die sel'ge Stunde,
Wo er gelebt an ihrem Munde,
Und noch im Tode ist sie sein.
(S. 132)
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Aus: Theodor Storm,
Sämtliche Werke Gedichte Märchen
und Spukgeschichten, Novellen Aufbau Verlag Berlin und Weimar, 1972
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