Friedrich Müller (Maler
Müller)
(1749-1825)
Amor und Bacchus
Aus der Nacht der Myrthenwälder
Führt durch offne Liljenfelder
Amor seine Mädchenschaar.
Fröhlich schwankt der Gott der Traube,
Aus der kühlen Epheulaube
Her mit der berauschten Schaar.
Amor und der Gott der Freude
Sehn einander, kommen Beyde
Aus dem Schwarm hervorgerannt.
Amor schwingt den goldnen Köcher,
Bacchus den bekränzten Becher,
Beyde schlagen Hand in Hand.
Bacchus
Dich, o
holdgeschmückter Knabe,
Schöner Amor, küss' ich, labe
Dich mit diesem Becher Wein.
Ha, wie deine Lippen fließen
Voll Entzückung, von dem süßen
Honigsüßen Cyperwein!
Amor
Bacchus mit dem
Thyrsusstabe,
Hochgekrönter Götterknabe,
Heute wollen wir uns freun!
Laß mich dich, mein Bacchus küssen,
Laß die Wollust in dich fließen,
Süßer, wie dein Cyperwein!
Bacchus
Knabe, mit den
goldnen Pfeilen,
Willst mein stolzes Herz zertheilen?
Ha, es schwillt in süßer Pein!
Amor, Amor! Deine Küsse,
Knabe Amor, brennen süße,
Süßer, wie mein Cyperwein!
Amor, schwing' heut meinen Becher!
Amor
Bacchus, trag' heut
meinen Köcher!
Bacchus
Bruder, hier um deine
Brust
Wirf dies Fell voll bunter Flocken!
Amor
Bind' die Ros' in
deine Locken!
Beyde
Wechseln laß uns heut
in Lust!
Bacchus
Ha, du blinkst durch
Traubenblätter
Herrlich, Amor! Nein, die Götter
Sahn Lyäen nie so schön!
Amor
Herrlich glühst du
durch die Myrthen,
Neuer Amor! Nein, die Hirten
Sahn Cupido nie so schön!
Bacchus
Jauchzt, ihr
taumelnden Mänaden,
Schlagt die Trommel, ihr Thyaden,
Weiht den süßen Amor ein!
Stampft, ihr Faunen, Ringeltänze,
Windet um ihn Epheukränze,
Amor soll heut Bacchus seyn!
Amor
Singt, ihr
goldgelockten Schönen,
Laßt die Liebesharf' ertönen,
Weiht den wackern Bacchus ein!
Tanzt, ihr Nymphen, Schmeicheltänze,
Windet um ihn Myrthenkränze,
Bacchus soll heut Amor seyn!
Aus: Mahler Müllers Werke Zweyter Band
Heidelberg bey Mohr und Zimmer 1811 (S. 346-348)
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