Moritz Graf von Strachwitz
(1822-1847)
Sei still!
Bringt Wein mir her, rotleuchtenden Wein,
Stimmt an die weichste Musik!
Mein träges Herze will trunken sein,
Denn es denkt nicht gerne zurück,
Nicht gerne zurück an den besseren Tag,
An das frische Blut, an den volleren Schlag,
Nicht gerne zurück, nein, nein!
Bringt Wein!
Mein schönes Lieb, schneebusiger Schwan,
O küsse mich stets aufs neu,
Daß ich alles, was du mir angethan,
Vergesse und selig sei,
Vergesse, daß ich einmal war jung,
Voll That und frischer Begeisterung;
Gieb lodernde Küsse, mein Lieb!
O gieb!
Auf Blumen und Seide laßt mich ruhn!
Bringt Wein und Musik stimmt an!
Ich bin ein weichlicher Knabe nun
Und war schon einmal ein Mann.
So küsse doch heißer, du schöne Frau,
So rinne doch schneller, du Purpurtau,
Und Du mahnendes Hirn, das reden will,
Sei still!
Aus: Gedichte von Moritz Graf Strachwitz
Gesamt-Ausgabe Halle a. d. S.
Druck und Verlag von Otto Hendel 1887 (S. 89)
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