EHRERBIETUNG

Ehrerbietung und Liebe können nicht beysammen stehen.

Ich halte zuviel Ehrerbietung für sie: in dem Munde einer geschickten Mannsperson bedeutet dieses: Ich habe allzuviele Erfahrung, als daß ich ohne Ursache verwegen seyn sollte;
In dem Munde eines unwissenden: Ich bin gar zu furchtsam.
Ferner bedeutet dieses: Ich halte sie zu verächtlich, als daß ich ihnen sagen sollte, ich liebte sie.
In diesem Verstande nimmt es die Gräfin in der Comoedie vom Spieler, wenn sie sagt:

Die Ehrerbietung ist hier übel angebracht,
Und wer hat wohl gedacht,
Mir ins Gesicht zu sagen,
Er würde künftighin für mich viel Ehrfurcht tragen.

Dorante
Ihr Alter und Gesicht pflegt solche zu erwecken.

Also ist Ehrfurcht erwecken nichts anders, als nicht mehr liebenswürdig seyn.