EIFER
Dieses mehr in der Poesie als in ungebundner Rede gebräuchliche Wort
bedeutet nicht mehr als Liebe und Brand. Gegenwärtiges Buch ist von
solchen Bedeutungen angefüllt, die man diesen Worten beylegen muß. Man
wird mir, weil die Sache wichtig ist, die Wiederholung derselben
verzeihen. Man kann die Grundsätze eines Lehrgebäudes, welches man wohl
ins Gedächtniß fassen will, nicht oft genug vor Augen stellen. Wir
werden demnach hier noch einmal hinzufügen, daß Eifer, Liebe, Flamme,
Brand, Leidenschaft, Weichherzigkeit insgesammt nur die Bedeutung des
Wortes lieber haben.
Wir glauben nicht, daß man uns neuer Meynungen beschuldigen könne. Die
Erfahrenheit der Leser, und die großen Namen derjenigen, deren Schriften
wir uns bedient haben, werden Bürgschaft für uns stellen: man hat schon
seit langer Zeit gesagt:
Die Liebe starb, und ihre Mitgesellen
Begruben sie an Lignons feuchten Strand:
Man deckte sie zum Schutze vor den Wellen,
Mit kühler Erd und abgespielten Sand.
Jtzt hört man keinen Schall, kein Wort von ihr erklingen:
Verliebte Schmeichler pflegen nur,
Doch nicht aus Regung der Natur,
Nein, mit Betrug und List den Frauen vorzusingen,
Daß Lieb' und Gluth in ihnen sey;
Doch stimm' ich euch gar leichtlich bey,
Ihr Frauen, müsset sie fein wieder so belohnen.
Den ersten den ihr nur berückt,
Und durch verstellte Gunst bestrickt,
Den rupfet wohl, ich rathe nicht zu schonen.