MITBUHLER
Wenn man auch mit einer Verliebten wohl umgeht, so hat er doch allzeit
Mitbuhler zu bestreiten. Ein Nebenbuhler wird alsdenn als ein sicheres
Mittel angesehen, ein Gemüthe in Action zu erhaten, und ihm
Lebhaftigkeit zu verschaffen, oder einen unempfindlichen aufzumuntern,
welchen in allzugroßer Sicherheit leben zulassen gefährlich wäre.
Bisweilen ist er auch ein Findelkind, welches man deswegen aussetzet.
Damit sich ein Verliebter zu der Hochzeit entschliessen möge. Dieses ist
eine Art von Dämmen, so man einem Strome entgegen setzt, um seine Gewalt
zu vermehren.
Mitbuhler ist auch bisweilen ein gleichgeltendes Wort von einer
Person, die uns bereichert. Eine Göttin der Opera ist mit einem
teutschen Baron in Unterhandlung: der Pacht kommt ihm zu theuer vor, er
geht schwer daran, er ist ungewiß, er handelt. Ihn zu einem Entschlusse
zu bringen, läßt man einen Nebenbuhler kommen, welcher auf seine Sprünge
geräth. Er glaubt, daß seine teutsche Zärtlichkeit durch die Ehre
gereitzt werde, nicht nachzugeben. Er macht des Handels durch seine
Einwilligung ein Ende. Er macht sich durch viele rührende Arten bey ihr
beliebt. Die Göttin kann ihrem lieben Baron nicht widerstehen, da sie
sein Vorgebäude empfängt.