SCHÖNHEIT
Socrates nannte sie eine Tyranney oder eine Regierung von weniger Dauer,
Plato einen Freybrief der Natur, Aristoteles eines der kostbarsten
Geschenke der Natur, Theophrastus eine stumme Beredsamkeit, Diogenes
eine viel nachdrücklichere Recommendation als alle Arten von Briefen
geben können, Carneades eine Königin ohne Soldaten, Theocritus eine
unter den Blumen verborgene Schlange, und Bion ein Gut, welches uns
nicht zugehöret, weil es unmöglich ist, sich Schönheit zu geben und zu
erhalten. Wenn es uns erlaubt ist, unsere Definition bey so großer
Männer ihren herzusetzen, so werden wir sie ein Zuggarn für die tummen
nennen. Die Schlange schmeichelte der Eva wegen ihrer Schönheit, und
erhielt ihren Zweck. Aus diesem Grunde gehet die Methode auch noch bey
aller ihrer Nachkommenschaft wohl von statten, so daß wenn man einmal
eine Frau überreden kann, daß man sie für schöne hält, man versichert
ist, daß sie gewonnen sey: diese Ueberredung hat solchen Einfluß in das
weibliche Gemüthe, daß es selten dasjenige anschlägt, warum man es
ersucht, so bald es nur so schwach und eitel gewesen die Lobeserhebungen
anzuhören, welche man ihm in diesem Stücke giebt, hingegen aber eine
Frau demjenigen niemals verzeiht, welcher die Verwegenheit hat, daß er
sie für häßlich und unangenehm hält.
Kurz das vornehmste Verdienst der Frauen ist, daß sie schön sind, allein
Man kann es kurze Zeiten seyn,
Hernach verliehrt sie allen Schein.