L I E B E S - L E X I K O N

Die entdeckte Sprache der Verliebten
oder reelles Liebes-Lexikon
aus dem Jahre 1749

 



 




SCHWÖREN

Ich schwöre ihnen, ich betheure ihnen, daß ich beständig seyn werde etc.
Wird nur unter gewissen Bedingungen verstanden, wie folgende sind:
So lange sie mir neues Vergnügen verschaffen werden, so lange sie mir die Zeit angenehm vertreiben werden, so lange sie Reizungen für mich haben werden, denn sonst verlange ich mir eben keinen Zwang anzuthun.
Ich bin der Meynung, welche alle verständige Leute hegen, und halt es mit dieser Maxime:

Gefällt ein Gegenstand nicht mehr,
O so betrübt man sich nicht sehr.
Der Eydschwur bindet nicht die Hände,
Man macht des Liebens bald ein Ende:
Er war zu unsrer Lust erdacht,
Und da wir diese nun vollbracht,
So sind wir wieder frey gesprochen,
Und haben ihn ja nicht gebrochen.

Schon seit langer Zeit her hat Schwören diese Bedeutung gehabt, welche wir ihm geben.
Sappho sagt, da sie sich über die Unbeständigkeit ihres Liebhabers beklagt, daß er ihr geschworen hätte treu zu seyn, daß aber die Eydschwüre der Verliebten nicht bis zu den Ohren der Götter kämen: sie wußte dieses, und ließ sich doch dadurch fangen.
Ein Römer, der als ein berufener Lügner bekannt war, that dem Volk ein Versprechen, welches er durch einen erschrecklichen Eyd bekräftigte. Die Versammlung antwortete auf seinen Eydschwur durch einen andern noch stärkern Eyd, als sie glaubte, daß seiner gewesen wäre.
Die Schönen können mit gutem Gewissen eben dergleichen thun; dieses ist ein Exempel für sie, man schmeichelt sich gar nicht, daß sie dieses nachthun werden, allein man hält davor, daß dieses das Beste ist, so man ihnen vorlegen könnte.

 


zurück zum Stichwort-Verzeichnis
 

zurück zur Startseite