STILLE
Der Zustand eines Gemüths ohne Leidenschaft. Die Schönen mögen diese
Ruhe so sehr erheben, als sie wollen, so ist sie ihnen doch weit
unerträglicher als alle Beschwerlichkeiten der Liebe, wenn sie also
sagen: Ich liebe die Stille eines ungebundenen Gemüthes.
Sich darüber zu beklagen, daß man keinen Liebhaber habe, ist dem
weiblichen Geschlechte völlig verbothen, man würde hiermit gestehen, daß
man keine Anreizung hätte, man würde zugeben, daß man keine Verdienste
habe, man muß sich verstellen.
Hat man vorhero geliebt, so ist diese Stille desto verhaßter.
Wer sollte wohl ein Stein und unempfindlich bleiben,
Die Ruhe kann ja nicht der Triebe Sturm vertreiben.
Damit man daraus gesetzt werde, mischt man sich mit aller Gewalt in neue
Händel, und in alles das, was man Gemüthsunterhandlungen nennt.