THRÄNEN
Glaubst du meinen Thränen,
Seufzern und dem Sehnen?
In dem Munde einer Schönen bedeutet dieses: Die Thränen sind die
Beredsamkeit meines Geschlechtes, sie rühren auch den unempfindlichsten,
sollten sie noch fester seyn als ein anderer? Dieses ist ein Fallstrick,
aus welchem sich ein Verliebter schwerlich ziehen kann: denn die Frauen
haben eine wunderbare Gabe von freyen Stücken zu weinen. Die Spanier
haben ein Sprichwort hiervon: Lagrimas des Mageres valen mucho, y
cuestan poco. Die Thränen der Frauen richten viel aus, und kosten wenig.
Werden sie meinen Thränen Glauben beymessen.
Wenn man dabey wirklich Thränen vergießt, so bedeutet solches: Wenn
sie sich auf meine Worte nicht ergeben, so werden vielleicht die Thränen
ihr Herz bewegen.
Keine Comoedie spielet ihre Rolle besser, als ich die meinige, zu ihren
Füssen spielen will.
Man wird beyläufig bemerken, daß, ob man schon glaubt, die Thränen
könnten viel helfen, man dennoch gestehe, daß sie nicht sehr
gebräuchlich sind.
I. Deswegen:
Ein Todter, der noch liebt, ist nicht mehr nach der Mode;
Man hält die Weinenden für Narren in dem Sode;
Und wer anitzo weint, ist der Verachtung wert.
II. Weil die grausamen zu unsern Tagen den Aufwand versparen.