L I E B E S - L E X I K O N

Die entdeckte Sprache der Verliebten
oder reelles Liebes-Lexikon
aus dem Jahre 1749

 



 




TROTZIG ANREDEN

Es giebt gewisse Zufälle, da man trotzig anreden muß!
das ist: man muß, seinen Zweck zu erhalten, bisweilen die Furcht und Ehrerbietung bey Seite setzen.
Wir wollen diese Klugheitsregel durch die Worte des vornehmsten Staatsklugen bestätigen. Nach meiner Meynung, spricht er, ist es besser aus gar zu vieler Freyheit einen Fehler zu begehen, als aus gar zu vieler Furchtsamkeit.
Das Glück ist eine Frau, man muß sie trotzig anreden:
sie räumet denjenigen mehr Sieg ein, welche von einem lebhaften und aufwallenden Gemüthe sind, als denjenigen, welche niemals von ihrer Behutsamkeit ablassen; daher kommt es, daß diese Göttin, wie die Weiber, (denn auf dieser Vergleichung beruht seine ganze Lehre) jungen Leuten günstiger ist, weil sie mehr Kühnheit und Feuer haben als die alten.

Ein anderer Italiener hat einen Gedanken von dem Trotze, welcher gar zu niedlich ist, als daß wir uns nicht damit schmücken sollten.
Eine Frau, spricht er, glaubt, daß es ihrer Ehre gemäß sey, wenn man machen kann, daß sie sagen müsse: Jo non volea.

Du wirst geliebt und hast viel Süßigkeit;
Und Iris würdest du zu Seufzern bringen.
O möchtest du sie mir zu sagen zwingen:
Was machen sie? o nein das ist mir leid.

Die Schönen werden uns die Abhandlung dieser Klugheitsregeln verzeyen, man erklärt sie nur deswegen, damit das schöne Geschlechte im Stande sey, die Deutung auf sich zu vermeiden.

 


zurück zum Stichwort-Verzeichnis
 

zurück zur Startseite