VERSE
Galante Verse, gereimte Lügen. Wenn die Poeten, so wohl als die Maler
einen Freybrief haben alles zu unternehmen, so bedienen sie sich dessen
hauptsächlich in der Liebe: Die lebhaften Beschreibungen, die kühnen
Schilderungen beweisen alsdann nur die Schönheit der Einbildungskraft,
man sagt dasjenige was angenehm ist, nicht was man empfindet.
Wie heftig lügen die Poeten,
Wenn sie zu sagen nicht erröthen,
Daß sie der Liebe Qual verletzt.
Hätt' ein Betrüger nur empfunden,
Was er in seinem Reim gebunden,
Er hätte ganz gewiß die Feder abgesetzt.
Dieser Gedanke ist darinnen gegründet, weil man ein sehr ruhiges Gemüthe
haben muß, wenn man sich so nett ausdrücken will.
Man weiß daß es nicht nöthig, daß der Verliebte ein Poet sey, damit man
von ihm Wünsche empfange, die durch den Sack der Musen gebeutelt worden.
Es giebt Trödelbuden, wo man Verse von allerhand Gattung, auf alle
Gelegenheiten und um jeden Preis findet. Ein verliebter Haushälter weiß
eine eingezogene, eine Verliebte und eine Agnes mit einem einzigen
Madrigale zu beschenken.
Siehe die Comoedie des Chevaliers der Mode.