Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: Du)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 



 

Stichwort: Du

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20. Jh.

 

16./17. Jh.
 

  • Anonyme Barockdichter

    Du blume Schlesiens / du sonne dieser welt /
    Die die annehmlichkeit auff purpur-blättern träget /
    Auff welche Venus selbst ihr ebenbild gepräget /
    Als / irrdsche göttin / sie dich kaum ans licht gestellt.
    Du bist der schönheit preiß / ein auszug aller zierden;
    Doch auch ein marmelstein an fühlen und begierden.
    _____

     


18. Jh.
 

  • Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

    [An Ulrike v. Levetzow]

    Am heißen Quell verbringst
    du deine Tage,
    Das regt mich auf zu innerm Zwist;
    Denn wie ich dich so ganz im Herzen trage,
    Begreif ich nicht, wie
    du wo anders bist.
    _____

     

  • Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792)

    An **

    In der Nacht im kalten Winter
    Wird's so schwarz und graulich nicht,
    Als in meinem armen Herzen
    Fern von deinem Angesicht.

    Aber wenn es wieder lächelt
    In die Seele mir hinein,
    Werd' ich jung und neu geboren,
    Wie das Feld im Sonnenschein.

    Du allein giebst Trost und Freude;
    Wärst
    du nicht in dieser Welt,
    Stracks fiel alle Lust zusammen,
    Wie ein Feuerwerk zerfällt.

    Wenn die schöne Flamm' erlöschet,
    Die das all gezaubert hat,
    Bleiben Rauch und Brände stehen
    Von der königlichen Stadt.
    _____

     

  • Eulogius Schneider (1756-1794)

    Das
    DU

    Wahre Liebe bindet nie
    Sich an's steife, ernste: SIE.
    Sie vergisst's, und weiss nicht wie.
    Trautes Liebchen, fraget sie,
    Bist
    du nicht mein Liebchen, du?
    Liebchen lächelt, ja, dazu.
    _____

     

19./20. Jh.
 

  • Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem (1854-1941)

    Der Frühling naht!

    Der Frühling naht, die holde Zeit,
    Schon kommt sie mit Gewalt,
    Mit Veilchenduft und Lerchenschlag
    Und grün wird Au' und Wald.
    Auch mir im Herzen grünt empor
    Der Hoffnung frohes Wort, -
    Ich hoff' auf sonnenhelle Zeit,
    Ich hoffe fort und fort!

    Und über aller Frühlingspracht
    Da lacht der Himmel blau,
    Er strahlt so hell und spiegelt sich
    Im Bache auf der Au'. -
    Und Osterglockentöne ziehn
    In meine Seele ein -
    Ich glaub' an dich und an dein Wort,
    Weil
    du der Himmel mein!

    Und Frühlingshauch und Frühlingsglück
    Auf jedem Halm sich wiegt,
    Bis daß die Welt in Sommerspracht,
    Im Rosenschimmer liegt.
    Ich lieb' dich, meine Liebe ist
    Der Welt gleich, groß und weit -
    Du bist die Sonne, die mir giebt
    Die schönste Rosenzeit.
    _____

     

  • Alexis Adolphi (1815-1874)

    Liebeswünsche

    Mein Lieb, bin ich ein See fürwahr,
    Groß, tief und sturmgehügelt:
    Sei
    Du die Sonne, die sich klar
    Auf stiller Flut ihm spiegelt!

    Bin ich die Muschel, die da ruht,
    Vom Meerschlamm trüb umfeuchtet:
    Sei
    Du der Perle reine Glut,
    Die ihr im Herzen leuchtet!

    Bin ich die dunkle Wetternacht,
    Wo dumpfer Donner dröhnet:
    Sei
    Du des Regensbogens Pracht,
    Der friedlich sie versöhnet!

    Bin ich ein Schifflein fern im Meer,
    Fast in ein Nichts verschwommen:
    Laß
    Du als Sternbild licht und hehr
    Zum Hafen heim mich kommen!

    _____

     

  • Johanna Ambrosius (1854-1939)

    Du

    Ach säh'st
    du mich nur einmal an
    Mit deinen Zaubersternen,
    Wie wollt ich freud'gen Mutes dann
    Das Leben tragen lernen.

    Für einen Kuß von deinem Mund
    Könnt' ich das Meer bewegen,
    Die schönsten Perlen aus dem Grund
    Zu deinen Füßen legen.

    Und könnt' mit meinen Liedern all'
    Ich deine Lieb' erringen,
    Ich würde wie die Nachtigall
    Mich gleich zu Tode singen.
    _____


    Du hast zu mir gehalten

    Du hast zu mir gehalten
    Als alles mich verließ,
    Als selbst die eig'ne Mutter
    Ihr armes Kind verstieß.

    Verlassen und verloren,
    So ging ich durch die Nacht,
    Ein irrend Blatt im Winde -
    Du hast an mich gedacht.

    Des Spottes Pfeile schossen
    Hernieder auf mein Haupt,
    Verachtung ohne Ende -
    Du hast an mich geglaubt.

    Bei diesem Trostgedanken
    Fand ich den Weg zur Ruh,
    O sei dafür gesegnet,
    Mein guter Engel,
    Du!
    _____


    Gefunden

    Wie lange ich gesucht dich hab',
    Nun endlich doch gefunden!
    Seit dein Wort meine Seele traf,
    Genas ich meiner Wunden.
    Des ersten Glückes feurig Rot
    Durchflammt mein ganzes Wesen,
    Hin ist das Leid, hin ist die Not,
    Nun bin ich voll genesen.

    Die Seele irrt nicht mehr umher,
    Sie liegt an deinem Herzen,
    Zieht stolz jetzt durch dein Liebesmeer
    Und kennt nur lachen und Scherzen.
    Sie schläft in deinen Armen ein,
    Küßt dich zu tausendmalen,
    Und spiegelt in den Augen dein
    Sich wie in Sonnenstrahlen.

    Das heiße Dürsten ist gestillt,
    Mein Schifflein ruht im Hafen,
    Vom Liebesmantel eingehüllt,
    Geh' ich nun freudig schlafen.
    Du mein, ich dein für alle Zeit,
    Was gäb' es, das mich quäle?
    Du meines Glückes Seligkeit,
    Mein Leben, meine Seele!
    _____

     

  • Stine Andresen (1849-1927)

    Mein Stern

    Du bist mein Stern! Und willst du's gleich nicht wissen,
    Du leihst doch unbewußt mir deinen Strahl,
    Gleich wie des Himmels Sterne leuchten müssen
    Den armen Sterblichen im Erdenthal.

    Einst trieb das Schicksal dich in meine Nähe,
    Und stolz und strahlend zogst vorüber
    du.
    That auch dein Stolz mir tief im Herzen wehe,
    Du sandtest doch dein segnend Licht mir zu.

    Und werden nie sich unsere Wege einen,
    Und bleibst
    du mir auch ewig, ewig fern,
    Stets wird dein Licht in meine Seele scheinen
    Voll heil'gen Glanzes, denn
    du bist mein Stern.
    _____

     

  • Elsa Asenijeff (1867-1941)

    FLEHEN

    Mein Herz ist einfach
    Wie ein Kinderherz
    Verzeih ihm nur und zürne nicht:
    Es kann nicht zweie lieben,
    Nur einen immerzu
    Und – ja – der eine –
    Der bist
    du!
    _____


    HINGEBUNG

    Du,
    Der allen Glanz meiner Seele gibt,
    Lass mich nur manchmal wie ein kleines Kind –
    Meine Hand in deiner gehen, –
    – – – Gläubig dir lauschend!
    Demütig in deine Augen sehen
    Und tun, wie
    du mich heisst . . .!

    Doch, wenn sie dir weh tun wollen,
    Tückischer Feind sich naht,
    Werd ich wie zehntausend Engel
    Mit flammenden Schwerten
    Schützend um dich stehen
    Und gegen deine Feinde gehen . . .!
    _____

    Mich zerreisst die Sehnsucht nach dir! Berstet Wände!
    Sturm trag mich zu ihm!
    O Süss – Einziger, sei da, nimm mich hin!
    Nur einen lichten Morgen, nur eine helle Stunde –
    Denn
    Wo
    du nicht bist, ist Nacht und Hölle!
    _____

    Du bist so schön,
    Ob
    du sinnst oder lachst,
    Dass
    du zittern machst!
    Verzeih der Schwachen,
    Die sich ganz in dir vergisst,
    Weil
    du so wunderbar und köstlich bist!
    Jedwedes Leid wollt ich künftig ertragen
    Wär es über ein Glück an deiner Brust gegangen!
    _____


    FASZINATION

    Du bist berauschend
    Wie die blassen Hyazinthen
    In schlanker Vasen
    Bleichem Perlenglanz.
    Das Blut verliert die Einfalt,
    Wenn es dich erbebend fühlt
    – Jeder Halt
    Ist weg;
    In Terzen, Quinten
    Girrt es durch Adern,
    Die wie Saiten sind
    Zur Liebe heissem Qualgesang
    – – – – – – – – –
    Du duftest
    Wie die blassen Hyazinthen
    Verwirrend in mein Sein hinein!
    O tauch die Blutgier deiner roten Lippen
    In meine weissen Brüste ein . .!
    _____


    DEM EINEN INS OHR

    Ich schaue nicht zurück
    Und juble nur
    O welches reiche Glück: –!
    Ich bin ein Weib
    O
    du! o du!
    Mann, Herrlichster, Blutgerufener –!
    Küss mir ein Englein in den Leib!
    _____


    DEM EINZIG-GELIEBTEN INS OHR

    Wie bist
    du mir angenehm!
    Deine Züge sind so schön
    Und brennend deine Augen
    . . . ich kann nicht widerstehn!

    Ich berge ratlos mein erglühendes Gesicht
    In Beben
    An deinem Hals –
    Verurteile die Liebend-Schwache nicht!
    So süss ist Liebe – –
    – – – – – – – – – – – - - - -
    Und kurz das Leben
    Und ach!
    So lange, lange ist man tot . . .
    _____


    EIN AUFSTRAHLEN –!

    Du bist meines Lebens
    Halt und süsser Sinn,
    Mann der Sonne!
    Wonne
    Reisst mich hin . . .
    _____

     

  • Hugo Ball (1886-1927)

    Ewige Liebe

    O wüsste ich nicht, dass die Sterne verbluten,
    O wär es nicht wahr, dass die Sonne lischt,
    O dürft ich Dich lieben mit flammenden Gluten,
    Ach, und sie stürben, sie stürben nicht!

    O könntest
    Du bleiben, o könntest Du weilen,
    O liessest
    Du niemals mich, nie allein,
    O dürfte ich ewigen Traum mit Dir teilen,
    O dürftest
    Du ewig mein eigen sein!
    _____


    Tausend Saiten hat meine Laute

    Tausend Saiten hat meine Laute
    Tausend Töne hatte mein Herz
    Seit Deine Liebe mir Träume spann
    Seit mir Dein Ich in die Seele schaute
    Harfen sie himmel und himmelwärts.
    Bist
    Du mein Licht,
    Das die Hände faltet?
    Bist
    Du der Tag,
    Der mir Blüten küsst?
    Bist
    Du die Sonne
    Die über mir waltet?
    Sage mir, ob
    Du
    Ein Engel bist?
    _____


    Du bist mein Engel -

    Du bist mein Engel,
    Du bist mein Blut.
    Mein Leben bist
    Du,
    Du bist mein Flammen,
    Bist meiner Seele Glut.

    Du bist mein Glück, mein Elend,
    Mein Jubel
    Du, mein Leid.
    Du kniest an meinem Lager,
    Du weckest meine Schläfe,
    Gehst stumm an meiner Seit.

    Du bist mein Stern, mein Heimweh,
    Du bist dereinst mein Traum,
    Wenn mich das Grab umnachtet,
    Wenn meinen Sarg umklammert
    Die Liebe Dein und ein Totenbaum. -
    _____


    Entrückt und nah

    Entrückt und nah, belebend und doch Schein,
    So seh ich, Liebste, Dich vor mir errichtet.
    Ein Umriß, der vor meinen Blicken flüchtet
    Und dem es doch bestimmt ist, Bild zu sein.

    Die Hände haben längst darauf verzichtet,
    Zu fassen nach Gestalt von Fleisch und Bein.
    Genug zu wissen, daß
    Du Brot und Wein
    Und zartes Feuer bist, das mich belichtet.

    Die Augen werden einst in Moder fallen.
    Was war ich ohne Dich? Ein irres Lallen,
    Ein Dunkel und ein Rausch der Bitternisse.

    Laß wehen durch mein Wort die lichten Küsse.
    Laß sinken in mein dämmerndes Gedicht
    Vom Brunnenrande her Dein Angesicht.
    _____

     

  • Frida Bettingen (1865-1924)

    Wenn sie Dich nennen

    Dein Name!
    Mein Geliebtes,
    Du! – Du fragst mich, wie das sei?

    Wie ein Komet am Himmelsrande
    flammt er auf.

    Fern allem irdischen Gewühl,
    auf Wolkenbahnen, die sich selbst nicht kennen
    steht mein entzücktes Herz.

    In seines Schicksals hirtenfrommen Glanz gehüllt.

    Dann sammelt es heimatlich
    langsam – langsam -
    Goldbrand und Glitzerstaub
    in seine Tiefen ein.

    Süßester Friede ruht.
    _____

     

  • Otto Julius Bierbaum (1865-1910)

    Liebe

    Es ist ein Glück zu wissen, daß
    du bist,
    Von dir zu träumen hohe Wonne ist,
    Nach dir sich sehnen macht zum Traum die Zeit,
    Bei dir zu sein, ist ganze Seligkeit.
    _____


    "Frauenhaar"

    "Frauenhaar" trag ich am Hute,
    Wie Flachs so weich, wie Seide so fein,
    Flirrfädelnd spinnt's im Sonnenschein,
    Flott flattert's in den Wind hinein,
    Ich trag es mit fröhlichem Mute
    Und denke dein,
    Mein Seidenhaar,
    Die meine Sonne, mein Sehnen war,
    Mein Leben im bebenden Blute,
    Du Weiche, du Feine, du Gute.
    _____


    Amor-Vampyr

    Im hellen Herbstwald auf buntem Laub
    Waren wir wie Kinder und küßten uns
    Unschuldig in linder Liebe.

    Bubenmädel, Bubenmädel,
    Wie lachten deine Augen, die hellen, braunen,
    Wie lag dein liebes Köpfchen so leicht auf dem Laube,
    Und leicht auch lagen meine Lippen auf deinen.

    Aber die Nacht kam auf Katzenpfoten,
    Die schwarze, schwere, schweigende Nacht,
    Und schwül wars im Zimmer.
    Das gelbe Licht der schwebenden Lampe lag
    Wie leuchtender, feuchter Nebel über dem Raum,
    Und deine Augen fragten ängstlich aus dem gelben Dämmer.

    Braune, brütende, unselige Augen.
    In ihnen braute, tief unten, tief,
    Brodelnder giftiger Gischt.

    Oh
    du, du, du!

    Und über dich hin warf mich die Wut der Liebe.

    Und unsre Lippen lasteten aufeinander,
    Wie alle schmerzlichen, sehnsuchtschmachtenden Sünden zweier Sterne,
    Die sich im wirbelnden Weltall treffen
    Und klagegellend sich umklammern.

    Oh
    du, du, du!

    Und meine Augen gruben sich in deine,
    Und meine Arme wanden sich um deinen Leib wie Raubtierpranken;
    Und es stöhnte deine Brust,
    Und deine Augen irrten wie verflogene Tauben.

    Sie suchten den hellen Herbstwald
    Und die Kindheit unsrer Liebe
    Im bunten Laube.

    Und fanden nicht und wurden schmerzenstarr
    Und höllebrünstig heiß und hackten in mein Herz
    Wie schwarze Adlerschnäbel.

    Oh
    du!

    Oh
    du!

    Matt sank mein Haupt dir in den Schooß.
    Du bebtest.

    Dann sprachst
    du leise wirre Worte und weintest.

    Und deine Augen wurden wieder hell.

    Weißt du es wohl, was zwischen uns geschehn?

    Der Haß hat uns gepaart in wildem Kampf,
    Der Haß von Mann zu Weib und Weib zu Mann,
    Die heiße Gier, sich einzusaugen das fremde Herz
    Und jeden Tropfen Blutes und jeden Atemzug.

    Mein Herz und dein Herz haben sich geschaut im Kampfe,
    Und kämpfend sich durchdringend sind sie in Eins geflossen.

    Du bist nun ich, doppelt ist meine Seele.

    Wird sie je leben
    Können ohne dich?
    _____


    Du, mein Glück

    Meine Seele, eine Taube,
    Lang verflogen und verirrt,
    Regt nun zwischen lauter Blüten
    Auf dem schönsten Frühlingsbaume
    Ihre Flügel leis vor Glück.

    Du mein Baum voll lauter Blüten!
    Du mein Glück! Du meine Ruh!
    Meiner Sehnsucht weiße Taube
    Regt die Flügel, regt die Flügel
    Dir im Schoße. Süße! Süße!
    Welch ein Wunder: Ich und
    du!
    _____


    Reichtum

    Perlen gleiten durch meine Hand -:
    Das war Wasser, das verschwand;
    Gold kam über mich hergelaufen -:
    Wolkenberge, Wolkenhaufen;
    Nichts ist mehr in meiner Hand,
    Und ich kann mir garnichts kaufen,
    Und mir blieb nur, was ich fand:
    Ein Herz für mich, ein Glück für mich,
    Zwei Augen, die leuchten: Ich liebe dich,
    Und eine Wärme innerlich:
    Du, du und ich ...
    _____

     

  • Rudolf G. Binding (1867-1938)

    Bild der Freundin

    So schön bist
    du die mir das Herz bewegt,
    daß selbst der Quelle Spiegel welchen
    du befragt
    dein Ebenbild zurückzugeben nicht gewagt
    und zitternd brach.

    So lieblich
    du daß deiner Lieblichkeit
    selbst die Meduse hätt ein Lächeln nicht versagt,
    als ob durch deinen Zauber sei das Graun verjagt
    das aus ihr sprach.

    So edel
    du wie wenn selbst die Natur
    den Heimfall deines Wesens an den Staub nicht litte,
    die Schöpfung selbst für Unvergänglichkeiten stritte
    in deinem Bilde.

    So freudig
    du auf Erden und glückmächtig
    daß Kraft und leuchtend Blühen folgen deinem Tritte
    und wo
    du schreitest ist's als ob der Morgen schritte
    durch die Gefilde.
    _____

    Wie leicht mein Herz da
    du es hebst;
    wie leicht das Leben da
    du lebst;
    da
    du ihn stirbst ist wohl der Tod
    ein heiterer Morgen über fremden Meeren
    die wir durchziehn auf sonnbeglänztem Boot.
    _____

    Wirst
    du die mir noch jeden meiner Tage
    - und seist
    du noch so ferne - hilfst beginnen
    einst mit mir gehen an das Tor der Frage
    vor dem nicht Umkehr ist und kein Entrinnen?

    Vielleicht, wenn stumm wir vor dem großen Leer
    des Schweigens stehen, dann erst wissen wir
    daß unser beider Leben war nicht mehr
    als ein Geraune zwischen mir und dir.
    _____


    Liebe

    Nun stehn die Hirsche still auf dunklen Schneisen,
    die Löwen stehen still im Felsentor;
    nun schweigen Nachtigallen ihrer Weisen
    und Sterne, Sterne hören auf zu kreisen
    und aus den Sonnen tritt kein Tag hervor.

    In gleiche Nacht sind wir nun eingetaucht,
    in gleichen Tag und wieder Tag und Nacht,
    ein gleiches Sterben hat uns angehaucht,
    zwei Leben sind im Augenblick verraucht
    und gleiches Wissen hat uns stumm gemacht.

    Es ist als ob die Welt sanft von uns wich -.
    Die Löwen stehen still im Felsentor
    und Sterne, Sterne - Mond und Stern verblich
    und alles starb, als
    du und ich
    und ich und
    du sich Herz in Herz verlor.
    _____

     

  • Friedrich von Bodenstedt (1819-1892)

    Ich singe dich, liebes Mädchen,
    du!

    Ich singe dich, liebes Mädchen du!
    Du Herrliche, du Süße!
    Dir jauchzen all meine Gedanken zu,
    All meine Liebesgrüße!

    Das Glück, das
    du mir im Leben bescheert,
    Sing' ich im Liede wieder -
    Und ist mein Singen auch deiner nicht werth:
    Du adelst meine Lieder!

    Du funkelst darin, wie ein Diamant,
    Mit wunderbarem Feuer,
    Und wären die Worte selbst nichtiger Tand:
    Du machst sie werth und theuer!

    Wie das dunkele niedere Gras im Thal
    Vom nächt'gen Thau befeuchtet,
    Selbst funkelt und blitzt in hellem Gestrahl,
    Sobald die Sonne leuchtet.

    Dir jauchzen all meine Gedanken zu,
    Dir alle meine Lieder!
    Der Sonne gleich strahlest und lächelst
    du
    Verklärend darauf nieder!
    _____

     

  • Udo Brachvogel (1835-1913)

    O sprich, denn wenn
    Du redest, erfaßt Entzücken mich;
    O sprich Musik
    Du Einz'ge, willst Du beglücken mich.
    Ein Wort aus Deinem Munde ist wie ein Blumenstern,
    Nach ihm will tausend Male ich freudig bücken mich.
    Mein Antlitz lehne schweigend ich an die schönste Brust,
    Und Himmelsphantasien, sprichst
    Du, berücken mich.
    Ein einzig Wort, - denn schweigst
    Du, so fürcht' ich Deinen Groll,
    Und grenzenlose Bangniß und Angst zerstücken mich;
    Doch ganze Lenze weh'n mir aus Deinem Wort, drum lass'
    Von Deinem Munde Rosen der Liebe pflücken mich.
    In einem einz'gen Falle nur darfst
    Du schweigen, - willst
    Du unter tausend Küssen an's Herze drücken mich!
    _____

     

  • Helene Branco (Ps. Dilia Helena) (1816-1894)

    Alles in dir

    Du lehrest mich die Lieder singen,
    Du hauchest den Gesang mir ein,
    Du leihst der Seele höhre Schwingen;
    Wer giebt mir Lieder? du allein.

    In dir empfind' ich nur das Leben,
    Du rufst die Seele aus dem Nichts,
    Du giebst mir Glauben, giebst mir Streben,
    Trägst mich hinauf in's Reich des Lichts.

    O sage mir, mein hoher Meister,
    Was ich dir opfernd weihen mag!
    Im unermessnen Reich der Geister
    Zieht dir, nur dir mein Wesen nach.

    Befiehl, ich gehe in's Verderben,
    In Nacht und Graus und Tod hinein;
    Dir will ich tausend Tode sterben,
    Du giebst mir tausendfaches Sein.
    _____


    Ergebung

    Mein ganzes Sein, es neigt in Liebe,
    In Sehnsucht neigt es dir sich zu,
    Und der Gefühle Blumentriebe,
    Sie wurzeln tief in deinem
    Du.

    Wenn Lichtgedanken aus dir klingen,
    In mir sie nehmen Traumgestalt,
    Und wandeln sich in leises Singen,
    Das aus mir strömt und nach dir wallt.

    Nur Eins bin ich mit deinem Streben!
    Ich ruh' in dir wie in dem Glück,
    Und alles führt im tiefsten Leben
    Mein sinnend Sein in dich zurück.
    _____

    Mit jedem Pulsschlag leb' ich dir,
    Du mein geliebtes Leben!
    In alle Träume will sich mir
    Dein holdes Bild verweben.

    Und jeder Atemzug ist nur
    Dir eine Liebesweihe,
    Und jeder Seufzer ist ein Schwur
    Unwandelbarer Treue.

    Und ewig sind von dir erfüllt
    Die sehnenden Gedanken,
    Die sich um dein geliebtes Bild
    Wie weiche Reben ranken.

    Und wird mir schwer, und wird mir bang:
    Gedenk' ich dein, wird's Friede;
    Es löst das Leid sich im Gesang
    Und wallt zu dir im Liede.
    _____

     

  • Bess Brenck-Kalischer (1878-1933)

    Im Urgrund wuchsen wir ...

    Im Urgrund wuchsen wir.
    Blaue Blüten
    Immer Nur
    Du.
    Verschlungen, verweht
    rankt unser Blut an fremden Hüften empor.
    Wildes Gesproß.
    O
    Nur im Traum
    Rühren wir uns noch
    Du und Du.
    _____


    Du

    Wie fühlte ich mich tief.
    Neige du deinem Kelch
    Dringe.
    Die sieben zitternden Hüllen
    Litt ich um dich.
    Du.
    _____

     

  • Clemens Brentano (1778-1842)

    Du

    Die Erde war gestorben
    Ich lebte ganz allein
    Die Sonne war verdorben,
    Bis auf die Augen dein.

    Du bietest mir zu trinken
    Und blickst mich nicht an
    Läßt
    du die Augen sinken
    So ist's um mich getan.

    Der Frühling regt die Schwingen
    Die Erde sehnet sich
    Sie kann nichts wiederbringen
    Als dich,
    du Gute, dich.
    _____

     

  • Karoline Bruch-Sinn (1853-1911)

    Ich weiß nicht, wie es gekommen

    Ich weiß nicht, wie es gekommen,
    Daß
    du mein ganzes Sein
    Zu eigen hast genommen,
    Nur
    du, nur du allein.

    Zu dem nur aus weiter Ferne
    Mein Liebesgrüßen dringt,
    Wie sich zum höchsten Sterne
    Ein Traum der Sehnsucht schwingt;

    Wie ein Gesang, der leise
    Im hohen Dom verhallt,
    Indes die fromme Weise
    Empor zum Schöpfer wallt.

    Ich weiß nicht, wie es gekommen,
    Daß
    du mein ganzes Sein
    Zu eigen hast genommen,
    Nur
    du, nur du allein.
    _____

     

  • Carl Busse (1872-1918)

    Ich und
    du ...

    Rebhahnruf und Glockenlaut,
    Ich und
    du im Heidekraut.

    Wandernde Marienseide
    Macht den Kuppler für uns beide.

    Weiße Fäden uns umschlingen,
    Glocken läuten, Glocken klingen,

    Immer leiser, immer linder,
    Ich und
    du - zwei Sonntagskinder.
    _____


    Du

    War es die wolkenlose,
    Goldklare Frühherbstluft?
    War's einer gelben Rose
    Entströmter Blütenduft?

    War es des fremden Kindes
    Sonniger Atemzug,
    Oder des südlichen Windes
    Müde gleitender Flug?

    War's eines himmlischen Reiches
    Blitzende Funkenschaar?
    War es dein seidenweiches,
    Wehendes Lockenhaar?

    War's einer Strahlenwelle
    Flutend-flimmerndes Licht?
    Kam widerscheinend die Helle
    Von deinem Angesicht?

    Ach, wenn ich's jetzt auch hehle:
    Wohl konnt' es alles sein,
    Weiß doch in tiefster Seele,
    Du warst es ganz allein.
    _____


    Du!

    Wenn sich mein Leben einst zu Ende neigt,
    Wenn längst mein Mund und bald mein Herze schweigt,
    Wenn bittre Not mir jäh den Atem raubt
    Und Glied um Glied mir still wird und erkaltet,
    Bis über mich und mein verloren Haupt
    Der ernste Engel seine Flügel faltet -

    Dann wünscht' ich nur, daß jene Liebeskraft,
    Die mich durchdringt, sich noch Erlösung schafft.
    Daß sie vermöchte dir zurückzugeben
    In einem Wort, das Erd' und Himmel faßt,
    Was
    du an mich in einem reichen Leben
    An Lieb' und Güte je verschwendet hast!
    _____

     

  • Ada Christen (1839-1901)

    Nur
    Du allein

    I
    Nur
    Du allein, Du schautest wie ich litt,
    Nur
    Du allein hast meiner Qual geglaubt,
    Du schirmtest die Gedanken mir im Haupt -
    Als Nacht mit Licht in meiner Seele stritt.

    Nur
    Du allein, Du lieh'st mir Deine Hand,
    Als ich einst kam, geschmähet und bedroht -
    Als sich kein heimathlicher Heerd mir bot,
    Als ich allein auf weiter Erde stand....

    Nur
    Du allein, Du hast mich nie betrübt,
    Seit
    Du erschaut, wie ich so tief verarmt -
    Nur
    Du allein hast Dich einst mein erbarmt,
    Hast mich beschützt - und hast mich nie geliebt ...

    II
    Sag' nicht, ich soll Dich meiden
    Und nimmer sehn,
    Wollt' ich Dich auch verlassen,
    Wohin sollt' ich gehn? -
    Du weißt es ja, ich habe
    Keine Heimath dann -
    Kein Glück - und keine Stätte,
    Wo ich ruhen kann....
    _____

     

  • Peter Cornelius (1824-1874)

    Du meiner Seele schönster Traum

    Du meiner Seele schönster Traum!
    Du meiner schönsten Träume Seele!
    Du Herz, dem ich mein Heil befehle!
    Du Heil, wie ich es ahnte kaum!

    Du meines Lebens schönstes Lied!
    Du schönes Leben meiner Lieder!
    Aus Lied und Leben klingen wieder,
    Was deine Liebe mir beschied.

    Du meines Lenzes Blüt' und Duft!
    Du Lenz, dem reich mein Herz erblühet!
    Du Stern, der mir am Himmel glühet,
    Mein Himmel
    du voll Glanz und Luft!

    O laß um deine Stirne gern
    Der Liebe Glorie mich weben,
    Mein Himmel
    du, mein Lenz, mein Leben!
    Mein Heil, o
    du mein Lied, mein Stern!
    _____


    Der Mut, der wieder mir die Brust erhebt, bist
    du

    Der Mut, der wieder mir die Brust erhebt, bist
    du,
    Das Blut, das neu die Adern mir belebt, bist
    du!
    Der Labetrunk aus tausend süßen Blumenkelchen,
    Von dem beseelt mein Herz zum Himmel strebt, bist
    du!
    Der Kuß der Phantasie, von dem mein Geist im Rausche
    Aufs neu sich bunte Märchenbilder webt, bist
    du!
    Der Zauber, der die ganze Welt mir zeigt in bunten
    Glutfarben, daß sie heiter vor mir schwebt, bist
    du!
    Der frohe Trieb, daß lachend ich die Welt durchschreite,
    Daß nicht mein Fuß an jeder Scholle klebt, bist
    du!
    Bist
    du, du selbes Frauchen, das mir bald das Leben
    Wegküßt und dann mich an der Brust begräbt, bist
    du!
    Die Seele meiner Lieder, die in jeden Klange
    Dem Falter gleich im Netze flatternd bebt, bist
    du!
    _____

     

  • Max Dauthendey (1867-1918)

    Du und ich

    Du und ich!
    Wunschlose Seligkeit
    Strömt deine Nähe über mich.
    Der Alltag wird zur Sonntagszeit,
    Unsterblich schlingt das Leben sich
    Um uns. Und Menschengöttlichkeit
    Fühl' ich bei dir durch dich.

    Was einst gewesen, weiß ich kaum.
    Die enge Welt wird weiter Raum.
    Und Holz wird Eisen, Eisen Holz
    Und Stolz wird Demut, Demut Stolz.
    Gar wunderbare Weisen
    Singt dann bei seinen Kreisen
    Mein Blut im Paradies für mich.
    Es haben alle Wünsche Ruh', -
    Ich weiß nicht mehr, wer bist dann
    du.
    Ich weiß nicht mehr, wer bin dann ich.
    _____

     

  • Richard Dehmel (1863-1920)

    Die Getrennten

    Nie mehr bin ich allein,
    gleich bebt in mir deine Stimme:
    Du, wie ist dir ums Herz?
    Du, wie ist dir ums Herz?

    Wie dem Schwanenpaar damals,
    das wir beim Nestbau belauschten,
    Beide wie Ein Herz bewegt,
    Beide wie ein Herz bewegt.

    Oh, jetzt bin ich allein,
    jetzt bebt in mir deine Stimme:
    Oh, wo bist
    du, mein Herz?
    Du, wo bist du, mein Herz!
    _____

     

  • Carl Ferdinand Dräxler-Manfred (1806-1879)

    Ich eile fort aus dem lärmenden Schwarm
    Zu Hause, zu Hause zu dir,
    Und bist
    du gleich fern und nicht bei mir,
    Ruh' ich doch ewig in deinem Arm.
    Mein Herz, mein Gedanke, mein Geist, mein Sinn
    Liegt an deinem Lilienhals,
    Und zieht meine Seele zu dir hin,
    So thut's der Körper ebenfalls.
    Wie dem Lenze die Erde, der Sonne das Feld,
    Wie die Knospe dem blühenden Segen,
    Wie der Auferstehung die Todtenwelt,
    So sehn' ich mich dir entgegen.
    Ich muß zu dir, muß bei dir sein,
    Einathmen und fühlen dein Leben,
    Dein Blick ist wie Thau und Mondenschein
    Der Nacht meines Lebens gegeben!
    Einlösen kannst nur
    du allein,
    O Mädchen, den Schuldschein des Glückes,
    Mit den Lippen und Küssen dein,
    Mit den Diamanten deines Blickes.
    O lös' ihn ein! Der Himmel selbst hat ihn
    Mir an dich gestellt,
    Weil reicher an Reizen und holdem Sinn
    Kein Wesen auf der Welt.
    Lös' ein, und mit einem einzigen Kuß
    Gib so viel Glück Einem Mann,
    In dessen göttlichem Überfluß
    Sich eine Schöpfung berauschen kann.
    Denn was da kommt von dir, von dir,
    Sei's Kuß, Blick, Hauch oder Wink,
    Es wird zum schaffenden "Werde" in mir,
    Es erregt, belebt, erweitert den Ring
    Meines Lebens, meines Willens, meiner Kraft:
    Es gibt Begeisterung und Stärke,
    Und läßt Entschlüsse riesenhaft
    Gedeih'n zum vollendeten Werke.
    Du des Morgens in meinem Gebete,
    Des Tages du mein Handeln und Thun,
    Du mein Glück bei des Abends Röthe,
    Du mein Wunsch zu Nacht, wenn alle ruh'n:
    Du Stundenmaaß meines Lebens,
    Das ich nur nach deinen Küssen zähle,
    Hafen und Segel meines Strebens,
    Himmel meiner Seele!
    Hin schreib ich's auf weiche Lilienblätter
    Mit zartem Nachtigallenblut,
    Auf die finstere Wolke der Wetter
    Mit rother Blitzesflammenglut,
    Hin schreib ich's in's ewige Buch der Götter
    Mit kühnem entschlossenem Muth:
    Ich liebe dich ewig!
    Und auf dem Lilienblatt das Blut der Nachtigall
    Erwacht noch einmal zum Leben und Schall,
    Und lispelt nach die Worte
    Gleich einem Engelakkorde.
    Und in der Wolke die Schrift der Flammen
    Zaubert die brausenden Donner zusammen,
    Die rufen mit ehernem Echomunde
    Hinab in die Welt des Gelübdes Kunde;
    Und vor dem Götterbuche mit meinen Zügen,
    Da steht ein Engel mit stillem Vergnügen;
    Er sieht, er staunt ob meinem Wagen,
    Dann lächelt er mild, als wollt' er sagen:
    Erfüllst
    du, wozu du dich hier verbunden,
    So hast
    du auf Erden den Himmel gefunden.
    _____


    Unaussprechlich

    Wie ich dich liebe dir zu sagen
    Vermag ich nicht,
    du süßes Weib,
    Die Seele denkt es nur mit Zagen
    Und süß durchzittert es den Leib.

    Es ist kein Wort, das aus es drückte,
    Ein Schauen nur und Fühlen dann,
    Ein Herz, das sich an dir entzückte
    Und still in sich nun jubeln kann.

    Kein Laut, der andern Welt verständlich,
    Kein Mienenzug, der es verräth,
    Und ein Gefühl doch so unendlich,
    Wie's je die Menschenbrust durchweht.

    Ein Stern durchleuchtest
    du mein Leben,
    Es hängt an deinem Glanz und Licht,
    Und schaut mit Lust und süßem Beben
    In dein liebreizendes Gesicht.

    Es nährt sich nur von deinem Blicke,
    Der es begeistert und verklärt,
    Und läutert still sich in dem Glücke,
    Das deine milde Huld gewährt.

    O dieses Leben, ein verfehltes,
    Erfüllt von Gram, bedeckt mit Nacht,
    Es ist ein frisches, neubeseeltes,
    Seit ihm dein klares Auge lacht.

    Vergessen hab' ich was vergangen,
    Und an die Zukunft denk' ich kaum,
    Glückseligkeit hält mich umfangen
    Und mich berauscht der Wonnetraum.

    Ein Weib wie
    du, so lieb und innig,
    An allen süßen Gnaden reich,
    Das Herz so tief, der Geist so sinnig,
    Das Aug so klar, der Mund so weich -

    Ich ahnte nichts von solchen Wesen,
    Da zuckt der Blitz, ich sehe dich,
    Und fromm wird, der ein Saul gewesen,
    Und fleht zu dir: O liebe mich!

    Du Inbegriff des Lieb- und Guten,
    Mein All, mein Gott, mein Himmel
    du,
    Laß mich zu Füßen dir verbluten,
    Doch lächle mir nur liebend zu!

    _____

     

  • August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

    Du bist die Sonne, die nicht untergeht;
    Du bist der Mond, der stets am Himmel steht;
    Du bist der Stern, der, wenn die andern dunkeln,
    Noch überstrahlt den Tag mit seinem Funkeln;

    Du bist das sonnenlose Morgenrot;
    Ein heitrer Tag, den keine Nacht bedroht;
    Der Freud und Hoffnung Widerschein auf Erden -
    Das bist
    du mir, was kannst du mehr noch werden?
    _____

    Ja,
    du bist mein!
    Ich will's dem blauen Himmel sagen,
    Ich will's der dunklen Nacht vertraun,
    Ich will's als frohe Botschaft tragen
    Auf Bergeshöhn, durch Heid und Aun.
    Die ganze Welt soll Zeuge sein:
    Ja,
    du bist mein!
    Und ewig mein!

    Ja,
    du bist mein!
    In meinem Herzen sollst
    du leben,
    Sollst haben, was sein Liebstes ist,
    Du sollst, von Lieb und Lust umgeben,
    Ganz fühlen, daß
    du glücklich bist.
    Schließ mich in deine Arme ein!
    Ja,
    du bist mein!
    Und ewig mein!
    _____

     

  • Johann Georg Fischer (1816-1897)

    Die
    du mein Alles bist

    Du weißt es wohl, daß du mein Alles bist;
    O wende nicht dein schönes Aug' von mir,
    Red' ich von unsrer Liebe Glück mit dir,
    Die
    du mein Alles bist!

    Du weißt es wohl, daß du mein Alles bist;
    O sieh beneidend nicht den Blumen nach,
    Die früh im Lenz die Hand des Todes brach,
    Die
    du mein Alles bist!

    Du weißt es wohl, daß du mein Alles bist;
    O bald, ich fühl's, wirst
    du geschieden sein,
    Und lässest dieses arme Herz allein,
    Dem
    du sein Alles bist!
    _____

     

  • Cäsar Flaischlen (1864-1920)

    Du bist alles . .

    Du bist alles, was ich habe,
    was ich träume, laut und leis,
    Wunsch und Fülle,
    Sturm und Stille,
    was ich bin und was ich bete,
    was ich will und was ich weiß!

    Über uns in wieder grünen
    Wipfeln rauscht das Lied des Mai's . .
    lass, o lass mich knien, und leise
    lass mich dir die Hände küssen
    und dir danken, ach, mit allem,
    was ich bin und was ich habe . .

    lass mich knien und nimm mein Leben!
    nimm es wie das Lied des Mai's!
    nimm es wie ein blühend Reis!
    dir zu Preis!
    du bist alles, was ich bete,
    was ich will und was ich weiß!
    _____

     

  • Marie Laura Förster (1817-1856)

    Denk' ich dein!

    Daß ich an dich denke immerdar,
    Daß
    du bei mir weilest Tag und Nacht -
    Noch ist's meinem Herzen selbst nicht klar,
    Ob es schwer, ob leicht mein Leben macht!

    Denk' ich dein in kummervoller Zeit,
    Wird sie hell und jeder Gram entweicht
    Vor den Wonnen der Vergangenheit,
    Denk' ich dein, wird mir das Leben leicht.

    Denk' ich dein, wenn es mir Rosen streut,
    Ohne dich sind's, ach, nicht Rosen mehr,
    Und zur Qual wird, was mich sonst gefreut -
    Ohne dich - wird mir das Leben schwer!
    _____

     

  • Emanuel Geibel (1815-1884)

    Ich bin der Sturm, der fährt dem Norden zu,
    Du bist die mondbeglänzte Meeresruh -
    Wie stimmt ein solches Ich zu solchem
    Du!

    Du bist der Strahl, der sich auf Lilien wiegt,
    Der Hagel ich, der aus der Wolke fliegt -
    O ew'ge Kluft, die zwischen beiden liegt!

    Ich unstät, wild, der Erde düstrer Gast,
    Du himmlisch heiter, wie die Engel fast -
    Nun zeig', o Liebe, daß
    du Allmacht hast!
    _____

    Ich bin die Rose auf der Au,
    Die still in Düften leuchtet;
    Doch
    du, o Liebe, bist der Thau,
    Der nährend sie befeuchtet.

    Ich bin der dunkle Edelstein,
    Aus tiefem Schacht gewühlet:
    Du aber bist der Sonnenschein,
    Darin er Farben spielet.

    Ich bin der Becher von Krystall,
    Aus dem der König trinket;
    Du bist des Weines süßer Schwall,
    Der purpur ihn durchblinket.

    Ich bin die trübe Wolkenwand,
    Am Himmel aufgezogen;
    Doch
    du bist klar auf mich gespannt
    Als bunter Regenbogen.

    Ich bin der Memnon stumm und todt
    Von Wüstennacht bedecket;
    Du hast den Klang als Morgenroth
    In meiner Brust erwecket.

    Ich bin der Mensch, der vielbewegt
    Durchirrt das Thal der Mängel;
    Du aber bist's, die stark mich trägt,
    Ein lichter Gottesengel.
    _____

     

  • Felix Grafe (1888-1942)

    Wundervoll gestirntes Schweigen
    atmet süß in meine Ruh -
    sieh: mir wird die Welt zu eigen
    und ihr ganzer Sinn bist
    du.

    Wie in kindischem Vergeuden
    fing das Leben leuchtend an -
    wie in Schmerzen, wie in Freuden
    mir das klare Spiel verrann!

    daß ich nun sie wiederbringe,
    Stunden, Stimmen, tot im Wind,
    lausche ich verschlungner Dinge
    rätselhaftem Labyrinth -

    fühle diesen rätselvollen
    Klang von Gassen, Wald und Zeit -
    ach: so lange war's verschollen
    tief im Meer der Ewigkeit.

    Niemals wieder, niemals wieder
    kehrt verlornen Lachens Kraft -
    und die Stimmen, und die Lieder
    bleiben ewig rätselhaft.

    Wie in wundervollem Kreise
    spiegelnd diese Nacht verrann
    und
    du stehst und schauerst leise:
    fremdes Antlitz starrt dich an.

    Ja, ich lag an jungen Brüsten
    und die Nacht war tief und klar -
    nicht in Leiden, nicht in Lüsten
    war die Welt mir offenbar -

    und ich wollte nicht erwachen,
    aber ach, ich bin erwacht.
    Stark wie ein korallnes Lachen
    drang es in die stillste Nacht.

    Schwer an Schmerzen, reich an Lasten
    geh ich durch die Welt dahin -
    und gleich närrischen Fantasten
    such ich sinnlos ihren Sinn.

    Lachen, lachen - strahlend nieder
    braust der Sonne großer Tanz -
    niemals wieder, niemals wieder
    kehrt vergeßnen Lachens Glanz.

    Wie aus wachgeküßten Zweigen
    spiegelnd diese Nacht verrinnt -
    wundervoll gestirntes Schweigen -
    rätselhaftes Lied im Wind -

    Bin ich noch ein Kind der Erde?
    Sonne stieg aus süßer Nacht -
    und mit trauriger Gebärde
    grüß ich, die mir göttlich lacht.

    Herbst ist durch den Wald gegangen
    als ein Mädel, zart und bleich.
    Und an ihren jungen Wangen
    wird mein dunkles Leben reich.

    Ja, an ihren kühlen Brüsten
    werden Schmerzen holdes Spiel -
    und an ihren nie geküßten
    Lippen glänzt ein neues Ziel.

    Tausendfach gestirnte Nächte
    hüten meine heilige Ruh:
    All das Gute, all das Schlechte,
    sieh: ihr ganzer Sinn bist
    du.
    _____

     

  • Theresa Gröhe (Ps. T. Resa) (1853-1929)

    Du!

    Du bist ja selber Poesie!
    So sieghaft schön, so strahlend heiter!
    Holderes sah mein Auge nie,
    Und was ich denke, spät und früh -
    An dich, an dich - und sonst nichts weiter.

    An dich - an dich! und sonst nichts mehr!
    Ach! auch der beste der Entschlüsse,
    Wo ist er - blickst
    du zu mir her?!
    Gleich Schnee schmilzt er im Flammenmeer,
    Beim ersten deiner süßen Küsse!
    _____


    Bei dir

    "Ich habe dich gar zu, gar zu lieb!"
    Du flüsterst es leise mit lächelndem Mund.
    Gieb deine Lippen! Deine Seele gieb
    In dieser seligen Stund'.

    Pflicht - Ehre - Leben und jäher Fall -
    Was ist's, das nicht mein Herz vergißt,
    Gleich leerer Worte flüchtigen Schall,
    Wenn deine Lippe mich küßt!?
    _____


    Rosen

    Welch' leuchtende, eisige Nacht!
    Tiefer Schnee auf Wegen und Stegen,
    Doch
    du kommst mir entgegen,
    Und der sonnigste Frühling lacht.
    Deine Lippen, wie heiß
    Von heimlichen Küssen und Kosen!
    Glühende Rosen
    Mitten im Schnee und Eis.
    _____

     

  • Alfred Grünewald (1884-1942)

    Trennung nach erstem Besuch

    Kann es denn sein, daß ich dich wiedersehe?!
    Dies Zimmer war verzaubert. Deine Nähe

    gab leise Glorie jedem Ding und war
    schon fast Erinnerung. Dein helles Haar

    berührte diese Kissen. Fänd ich doch
    die Schmiegung deines schönen Hauptes noch!

    Dies Glas, das eingereiht im Schranke steht,
    du trankst daraus. Welch heiliges Gerät!

    Du hieltest dieses Buch in deinen Händen.
    Nur zitternd kann ich seine Seiten wenden.

    Durch jene Türe tratst
    du schüchtern ein.
    Der Spiegel fing dein Bild. O blieb' es mein!

    Dort saßest
    du und dort. - Ich fass' es kaum:
    Altäre standen im vertrauten Raum.
    _____

     

  • Otto Friedrich Gruppe (1804-1875)

    Du bist der Fluß, der breit vorüberfließet,
    Der nie versiegt und nie verdirbt;
    Ich bin die Blume, die den Thau genießet,
    Die Blume, die an ihrer Blüte stirbt.

    Du bist die Sonne, die mit Lichte segnet,
    Und die sich ewig neu verklärt;
    Ich bin die Wolke, welche zieht und regnet,
    Und die in linden Thränen sich verzehrt.
    _____

     

  • Robert Hamerling (1830-1889)

    Du

    Noch zarter, als die ich dir sang, die Lieder,
    Noch süßer als ein Kuß, von dir gegeben,
    Ist jenes holde
    Du, mein süßes Leben!
    Das traulich zwischen uns geht hin und wieder.

    Ein Vöglein scheint es mir im Glanzgefieder,
    Dess' gold'ne Schwingen leise zu mir streben;
    Mein Ohr berührt's in wunderholdem Schweben,
    Und läßt zuletzt sich mir im Herzen nieder.

    Zu künden das Geheimnis ganz, das süße,
    Versuchten wir mit Worten leeren Schalles:
    Nun fanden wir den sprechendsten der Grüße.

    Was braucht es noch des Reims und Silbenfalles?
    Was selbst der Liebesblicke, Thränen, Küsse?
    Mit einem Wörtchen sagen wir uns Alles.
    _____

     

  • Walter Hasenclever (1890-1940)

    Wenn manchmal in den wünschetollen Nächten
    Mein Blut mich quält, weil
    Du es zu Dir riefst,
    Dann greife ich in Deines Haares Flechten,
    Und küsse sacht die Stelle, wo
    Du schliefst.

    Und höre, wie
    Du träumst, und werde selig,
    Und weiß:
    Du bist wie ich. Und ich wie Du.
    - - - - - - - - - - - -  und mählich
    Singt sich mein Herz zur Ruh.
    _____

    Eine Nacht voll Angst und Verlangen -
    So geht die Welt zur Ruh.
    Auch der Mond ist niedergegangen.
    Wir aber wandern -
    Du!

    Zuweilen ein Baum mit dunkeln
    Ästen, ein Haus, ein Licht -
    Zuweilen ein fernes Funkeln
    Von Sternen in Deinem Gesicht.

    Und Deine Augen - laß mich!
    Dein Gott ist nah und der meinige weit.
    Deine Augen leuchten - faß mich!
    Wir stehn über Raum und Zeit.

    Wir stehn hoch oben. Wir gleiten.
    Und sieh, jener Stern, der uns trägt,
    War seit urdenklichen Zeiten
    Schon in mein Leben gelegt.

    Und seltsam - der Stern ist gefunden!
    Andre Sterne schauen zu.
    Gott mit seinen Menschen steht unten;
    Wir aber wandern -
    Du!
    _____

     

  • Friedrich Hebbel (1813-1863)

    Ich und
    du

    Wir träumten von einander
    Und sind davon erwacht,
    Wir leben, um uns zu lieben,
    Und sinken zurück in die Nacht.

    Du tratst aus meinem Traume,
    Aus deinem trat ich hervor,
    Wir sterben, wenn sich eines
    Im andern ganz verlor.

    Auf einer Lilie zittern
    Zwei Tropfen, rein und rund,
    Zerfließen in eins und rollen
    Hinab in des Kelches Grund.
    _____

     

  • Max Herrmann-Neiße (1886-1941)

    Psalm für Leni

    Deine Ohren sind Glocken, darin meine Zunge schwingt,
    Blühende Lauben, in die meine Lippen schlüpfen,
    Darin meine Zähne wie Vögel hüpfen,
    Muscheln, in die mein Mund sich singt,
    In ihnen nistet alles, was aus meinem Blut sich ringt:
    Alle Klänge, die Romeos Strickleiter knüpfen,
    Jeder Wind, der unsere Wege weiter winkt - - -

    Dann blühn die Knospen deiner Brust in meinem Mund wie Klee,
    Ich werde weit wie eine Welt und schmelze hin wie Schnee,
    Und plötzlich sind wir eines Sommersüdens stiller See - - -

    Du gibst mir Erde, Licht und Regen, welcher reift,
    Du bist die Hand, die Früchte von den Zweigen streift,
    Du bist des Schnitters Krug, des Bettlers Brot,
    Des Pilgers Morgentrunk und Abendrot,
    Du bist der Turm, von dem man Länder übersieht
    Du bist des Heiligen Gebet, der Hure Lied,
    Alles, was tröstet und in Himmel hebt,
    Das Wort, in welchem Wert und Wesen lebt,
    Alles, was geliebt wird und wieder liebt,
    Was dem Fisch Flossen und dem Vogel Gefieder gibt,
    Kinder, die nicht mehr weinen - Greise, die sicher sind,
    Abende, die schön und voller Gekicher sind,
    Reisen mit der Geliebten, in Hotelzimmern wonnige Nächte,
    Melodie der Steppen, der Städte, der Bergwerksschächte,
    Veranden am Wasser mit Lampions, schmale Raine,
    Wo zwei sich küssen, Wangen erhitzt vom Weine,
    Genesung in Krankensälen, der erste Gang in den Garten,
    Nelken, früh ans Bett gebracht - bei einem Stelldichein Warten,
    Gedichte, die man nie vergißt und leis' vor sich hinsagt im Wandeln,
    Süße von Pfirsich und Erdbeer, Duft von Myrrhe und Mandeln,
    Feste in Fahnen, Freudenfeuer, Böllergeknall -
    Des Menschen Glück, Mutter, Schwester, Ewigkeit und All!
    _____


    Süßapfelspiel in meiner Hände Hallen ...

    Süßapfelspiel in meiner Hände Hallen,
    Du allerlei Gelüst zur Abendzeit,
    Laß dich in meinen Schoß jetzt wieder fallen
    Mit deiner leichten, zieren Zärtlichkeit!

    Sei
    du der Falke mit dem Fliederzweige,
    Der holde Nacht auf falbem Fittich bringt,
    Und segle wieder königlich und steige
    Zur Morgensonne hell und schönbeschwingt!

    Sei
    du der Luftpiloten leises Schweben,
    Sei
    du der Stein, der von der Schleuder springt,
    Sei
    du geschürzter Lippen lindes Beben,
    Sei
    du der Stern, der durch die Himmel singt!

    Sei
    du das weiße, weiche Niederfallen
    In Kleinsstadtnächten, wenn es ewig schneit!
    Süßapfelspiel in meiner Hände Hallen,
    Du allerlei Gelüst zur Abendzeit!
    _____


    Du bist Erfüllung leuchtender Legenden

    Wie
    Du sänftigst meiner Seele Stürme,
    läßt den Abgrund meiner Nerven blühn,
    führst mein Dunkles auf die Morgen-Türme,
    wo die Wälder weit zu Gott verglühn,

    wie
    Du meine schwersten Wochen leidest,
    und Dich opferst für mein Auferstehn,
    Dich von allem, was Dich schön macht, scheidest,
    wenn es meine Augen nicht mehr sehn,

    wie
    Du weiß in Abendwiesen schimmerst,
    daß mein Herzweh keinen Stachel hat,
    wie
    Du all Dein Glück für mich zertrümmerst:

    solche Liebe wird in den Legenden
    einer zukunftshohen Sternenstadt
    ihres Gottes Testament vollenden.
    _____


    Liebeslied vor Weltuntergang

    Ich schreibe "
    DU", ich sprech' es laut,
    ich spür' den Herbstduft deiner Haut,
    als ob
    du mir den Griffel lenkst,
    malt er mir auf, was
    du jetzt denkst.
    Dies Haus gleicht deinem Elternhaus,
    der Mann dort mit dem Blumenstrauß
    bin ich, der so zu dir einst kam,
    im Wind küßt
    du mich wundersam,
    im Wagen, der vorüber fährt,
    hast
    du ein Stelldichein gewährt,
    und wenn die Turmuhr sieben schlug,
    sie mich zu deiner Liebe trug.
    Das Zimmer dort im Lampenschein
    ist dein und mein, für uns allein,
    und unten rauscht die Großstadt fort,
    die Magd tauscht mit der Magd ein Wort,
    bevor sie schließt des Hauses Tor,
    noch schlüpf' ich durch, zu dir empor,
    wo wir in unserm Leuchtturm sind
    wie Gotteskind bei Gotteskind.
    Der Großstadt wildes Sintflutmeer
    rauscht draußen leer, nirvanaleer:
    trieb Haus und Zelt nicht längst zerschellt
    in die Unendlichkeit der Welt?
    Eisschollen trugen Hof und Hort
    zum Orkus der Ozeane fort,
    Turm ward Ruine, Trümmersand -
    nur wir auf diesem Zauberland
    umarmen uns, Flut flieht und flieht,
    wir wissen nicht, was rings geschieht:
    schwankt unser Dach, tanzt unser Stern?
    Der Zimmerkäfig, die Latern',
    die noch vor unserm Fenster hält,
    vielleicht beim nächsten Anprall fällt,
    wie schon der Baum im Garten fiel,
    Plakatzaun ist der Winde Spiel,
    schwand doch Balkon, barst Keller schon,
    das Telefon gibt keinen Ton,
    und näher sinkt der Decke Druck,
    Kronleuchter stürzt und Wändeschmuck,
    und Schutt der Ewigkeit begrub
    Napoleon und Engelsbub.
    Noch standen wir schweigend umarmt:
    ob unser sich kein Tod erbarmt.
    Schlug letzte Uhr, reißt Gottes Hand
    hinüber uns zum andern Strand?
    _____


    Du bist mein See Genezareth ...

    Du bist Gott meinem greisen Gebet.
    Du bist mein See Genezareth.
    Legst
    du deine schmale, braune Hand
    auf meinen Arm,
    blüht heimatwarm
    um mein Herz das Morgenland.

    Du bist ein Wald, in dem sich mein wehes Verlangen
    wie ein Echo fängt.
    Du bist Asphalt, darüber mein Liebesbangen
    als Bogenlicht hängt.

    Meine Finger krümmen sich vor Lust
    wie Schlangen,
    träumen sie von deiner braunen Brust
    und deinen seidenen Wangen.

    Die Haarnadeln, die
    du auf meinem Spiegel vergißt,
    sind mir ein seliges Segenssiegel aus Amethyst.

    Die Briefe und Karten
    und das Stück von deinem allerheiligsten Strumpfenband,
    o Sancta Christ!,
    sind mir ewiges Glück und ein Duften von Morgenland
    und ein grüßender Garten,
    darin ich alles leuchten fand,
    kehrt ich zurück, von irrenden Fahrten,
    zerzaust, im Pilgergewand - -
    O deiner Augen Blaublumen Brand!
    O berückendes Rund
    deiner Knie!
    So zart blüht dein Mund, wie
    von Mozart eine Melodie ...

    Deine duftenden Röcke sind wie eine lockende Laube!

    O, die Sehnsucht nach dir umweht
    immer und immer meinen verirrten Geist,
    wie der Wind um das Gebet
    segelnder Luftpiloten kreist.

    Sonne meinen weißen Boten!
    Du mein See Genezareth!
    Meine Inbrunst schwebt über dir als silberne Taube ...
    An deinen Ufern kniet im Staube
    schluchzend dein Prophet.
    _____


    Bleib
    du mir treu!

    Wenn ich die ganze Welt verlöre -
    daß
    du nur bliebst! daß du nur bliebst!
    Wenn ich nur noch dies eine höre,
    daß
    du mich liebst! daß du mich liebst!

    So einsam hatt' ich nie zu tragen,
    als wie an dieser Tage Last,
    da meine Schläfen Schlachten schlagen,
    noch wenn
    du mich am Herzen hast!

    Gehetzt, verstoßener als Steine
    und ausgeschütteter denn Spreu,
    weiß mein Gebet nur noch das eine:
    bleib
    du mir treu! bleib du mir treu!
    _____

     

  • Paul Heyse (1830-1914)

    Seit
    du nun schweigst...

    Seit du nun schweigst, sind mir die Dinge stumm.
    Mit seelenlosen Augen sehn mich an
    Die liebsten Menschen. Jedes Heiligtum
    Find’ ich verschlossen, poch’ ich je daran.

    Gab deine Stimme doch die Melodie
    Zu meines Lebens Lied.
    Du warst das Maß,
    Das Wert und Unwert meiner Welt verlieh;
    In dir genoß ich erst, was ich besaß.

    Nun
    du mir fehlst, bin ich mir selbst entrückt,
    Mißklang mein Denken, mein Empfinden Streit.
    Das Schöne spielt mit mir, das Wahre drückt
    Dies Herz zusammen, das es sonst befreit.

    Des Lebens Krone fiel aus meinem Haar,
    Jedwede Herrschgewalt ist mir entrungen,
    Und selbst das Lied, das noch mein eigen war,
    Hat mir der Schmerz tyrannisch abgezwungen.
    _____

     

  • Mia Holm (1845-1912)

    Endlich

    Träumerisch ergossen
    Liegt das Meer,
    Sonnenlichter funkeln
    Drüber her.

    Gleich dem Meer, dem stillen,
    Liegt mein Sinn,
    Liebesstrahlen zittern
    Drüber hin.

    Kam nach all den Stürmen
    Endlich Ruh,
    Endlich eins geworden
    Ich und
    du.
    _____

     

  • Ludwig Jacobowski (1868-1900)

    Du

    Und schaue ich offenen Auges
    Hinaus in den Junitag,
    So grüßen mir deine Augen
    Still aus dem sonnigen Tag.

    Und schließ' ich die Augenlieder,
    Ich banne den Zauber nicht,
    Ich sehe ja immer wieder
    Dein liebes, liebes Gesicht.
    _____


    Tanz

    Wenn
    du dein Köpfchen an mich legst,
    Dann hör ich kaum die Geigen spielen.
    Ich seh nur dich und kann nur fühlen,
    Wie
    du mich ganz in Händen trägst.

    Und weiß nicht hin mit meiner Lust
    Und nehm die ganze Kraft zusammen,
    Denn Flammen strömen jetzt in Flammen,
    Und heimlich drängt sich Brust an Brust.
    _____


    Du bist ...

    Du bist für meine arme Seele
    Wie treuer Stab dem Sinkenden,
    Wie Wein dem gierig Trinkenden,
    Wie Himmelstrost in Falsch und Fehle.

    So lebt mein Herz, das ängstlich-zage,
    Beglückt im Schatten deiner Mächte
    Das halbe Leben meiner Tage,
    Das ganze Leben meiner Nächte.
    _____


    Du

    Immer wieder denk ich dran,
    Wie ich's früher schlimm getrieben,
    Wenn an mir was gut geblieben,
    Du, mein Lieb, bist schuld daran.

    Und beruhigt fühle ich
    Deines Wesens holde Stille.
    Unerschöpflich und in Fülle
    Senkst
    du Frieden über mich.
    _____


    Adam und Eva

    Presse deinen Arm in meinen,
    Und
    du trägst gehälftet Leid;
    Will dir keine Sonne scheinen,
    Lieb' ich deine Dunkelheit. -

    Und dann wandern wir mit reinen
    Blicken in die Ewigkeit,
    Ich mit Lächeln,
    du mit Weinen,
    Wir in Ungebrochenheit ...
    _____

     

  • Isabelle Kaiser (1866-1925)

    Du

    Du bist die Helle meines Lebens,
    Im Dunkeln ging mein Lauf -
    Ich suchte lange dich vergebens:
    Da ging dein Stern mir auf.

    Du bist die Laute meiner Tage,
    Mein heimlicher Gesang,
    Verstummt ist meine düstre Klage
    Bei deiner Stimme Klang.

    Du bist die Ruhe meiner Nächte,
    Mein Wiegenlied bist
    du -
    Ich halte betend deine Rechte
    Und schließ' die Augen zu.
    _____


    Zum letzten Mal ...

    Komm, setze dich nieder an meiner Seite,
    Du liebster Mann im Erdental!
    Und deine beiden Hände breite
    Mir über das Haupt, zum letztenmal ...
    Daß ich, zum Abschied, heimlich klage,
    Was dir mein stolzer Sinn verschwieg:
    Das wunde Sehnen, das schluchzend zutage
    Um dich aus Abgrundtiefen stieg ...
    Wie Balsam auf die Todeswunde,
    Die deine Freundeshand mir schlägt,
    Schenk mir nur eine einzige Stunde,
    Die noch des Glückes Siegel trägt - -
    Zieh mich, in deiner milden Güte,
    Noch einmal still an dich heran,
    Und dann ... daß Gott dich mir behüte:
    Du, meiner Sehnsucht lichter Schwan,
    Du, meines Kranzes letzte Blüte!
    _____


    Es war ...

    Ich kann doch nie vergessen in alle Zeit
    Bis an des Todes mohnumblühte Pforte,
    Den stillen Zauber deiner Zärtlichkeit
    Und deine lichten, liebdurchbebten Worte!
    Du warst mein Freund! und zogst du heimlich aus,
    Weithin gelockt vom heißen Glück der andern,
    Ich gönnte dir den roten Freudenstrauß ...
    Dein Leiden nur soll pilgernd zu mir wandern.
    -
    Du warst mein Freund! Als deine weiche Hand
    Liebkosend strich durch meine braunen Locken,
    Da klangen unsre Seelen wahlverwandt
    Wie reingestimmte sonntägliche Glocken!
    Du warst mein Freund! .. In deiner Arme Haft,
    Fand ich das Heil für alle Lebenswunden,
    Ruhvolle Rast nach langer Wanderschaft,
    Nach siechen Tagen seliges Gesunden ...
    _____

     

  • Eleonore Kalkowska (1883-1937)

    Rückkehr

    Du bist mir heut ganz nah, ich sitz an dich geschmiegt,
    Wie in der Zeit, da uns das Glück gewiegt.

    Mein Herz schlägt leise unter deiner Hand,
    So ist ein jeder Schlag dir zugewandt.

    Und meine Seele schauernd nicht begreift,
    Daß einstmals sie seitab von dir geschweift.

    Und jenes Wort, an dem Vergangenes hängt,
    Es ist von meinen Lippen ganz verdrängt.

    Sie finden mehr kein Ich, ein Wir und
    Du
    Nur flüstre ich und juble ich dir zu.
    _____

    Die Lieder, die meinen Lippen entfließen,
    Sind Blumen, die lenzlich der Erde entsprießen
    Nach kahler Wintersruh.

    Aber die Sonne, die ihnen Leben
    Und Duft und Blüte und Farbe gegeben,
    Bist
    du!
    _____

     

  • Siegfried Kawerau (1886-1936)

    Du

    Es ist im tiefsten Grunde doch nur
    Du,
    nach der sich meine Nächte bangen,
    nach der die Tage hastig langen;
    und wenn des Dämmerns weiche Arme mich umfangen -
    es ist im tiefsten Grunde doch nur
    Du.
    _____


    Du und Ich

    Du bist der See, ich bin der Strahl,
    der glitzernd steigt aus Dir zum Glück
    und immer schimmernd fällt in Dich zurück;
    Du bist der Wald, ich bin der Stern,
    der zwischen allen Ästen steht
    und durch das Dunkel wie die Hoffnung geht;
    Du bist die Hostie, ich der Priester,
    der stündlich Dich zerbricht und spendet
    und ewig neu an alle Welt verschwendet;
    Du bist die große Gottesstille
    und ich ihr Wille.
    _____

     

  • Justinus Kerner (1786-1862)

    Verlör' ich ganz der Augen Licht,
    Würd' dennoch mich nicht Nacht umgeben,
    Solange
    du, mein lichtes Leben,
    Du, meine Sonne! scheidest nicht.

    Dein Herz treibt meines Herzens Schlag,
    Weil es das meine ganz umfangen,
    Und meine Augen blind empfangen
    Von deinen Augen ihren Tag.

    Nicht Nacht, ein lichtes Morgenrot
    Wird, weil
    du lebest, vor mir stehen;
    Werd' einst statt dessen Nacht ich sehen,
    Werd' ich erkennen, daß
    du tot.
    _____


    Wie dir so mir

    Wie dir geschah, so soll's auch mir geschehn,
    Nur wo
    du hinkamst, will auch ich hingehn:
    Ich will ins Licht nur, wirst im Licht
    du sein,
    Bist
    du in Nacht, so will ich in die Nacht,
    Bist
    du in Pein, so will ich in die Pein.
    Von dir getrennt hab' ich mich nie gedacht,
    Zu dir, zu dir will ich allein, allein!
    _____

     

  • Hedwig Kiesekamp (1844-1919)

    Du

    Du bist der Frühling meines Lebens,
    Das Mondlicht meiner öden Nacht:
    Du, - was das Leben werth des Lebens,
    Und dieses Leben selig macht.
    _____


    Antwort

    Fragst
    du mich, warum ich liebe?
    Trauter Freund, - o glaube mir:
    "Meine Liebe kommt vom Himmel,
    Und der Himmel kommt von dir!"

    Ohne dich - verlass'ne Wüste
    Wäre mir das Himmelreich!
    Aber dir am Herzen rastend
    Fühl' ich mich den Engeln gleich.

    Du allein bist sel'ges Ewig
    Aller Himmelswonne mir!
    Und vom Himmel kommt die Liebe!
    Sieh', - die Liebe kommt von dir.
    _____


    Abendlied des Liebenden

    Wie sich die Zweige neigen
    Im sanften Abendwind,
    So beugt sich meine Seele
    Vor dir,
    du fernes Kind!

    Und wie die Berge flammen
    Im letzten Abendschein! -
    So glühet meine Seele
    Nach dir, nach dir allein!
    _____

     

  • Klabund (Alfred Henschke) (1890-1928)

    Die kleinen Verse für Irene

    Gott hat uns leicht und schwer gemacht.
    Du hast geweint. Ich hab gelacht.
    Du hast gelacht. Ich hab geweint.
    So Sonn und Mond am Himmel scheint.
    _____

    So setzt ich ohne Ruh
    Schlaflos hier Strich um Strich.
    War nichts so gut wie
    du,
    War nicht so bös wie ich.

    Nichts war so schwarz wie ich,
    Nichts war so blond wie
    du.
    O bleibe, ewiglich,
    Ruhlose, meine Ruh!
    _____

     

  • Minna Kleeberg (1841-1878)

    Heilig Geliebter
    du!

    Es thront ein Bild im Heil'genschrein
    Und schirmt des Hauses Ruh',
    So thronst
    du tief im Herzen mein,
    Heilig Geliebter
    du!

    Wohl brandet an der Seele Port
    Versuchung sonder Ruh',
    Du schirmst mich treu, mein Schutz und Hort,
    Heilig Geliebter
    du!

    Und in die bange Seele kehrt
    Auf's Neue Glück und Ruh',
    So bin ich dein und deiner werth,
    Heilig Geliebter
    du!
    _____

     

  • Karl Ernst Knodt (1856-1917)

    Im Dom

    Ein stiller Dom. Die Wände himmelblau.
    Darinnen lauter Licht, lauter lebend Licht;
    und niemand sonst, als
    Du, geliebte Frau
    - und unsre Andacht, die kein Wörtchen spricht.
    _____

     

  • Alma Johanna Koenig (1887-1942)

    Du gibst mir Heimat, du gibst mir ein Haus,
    nimmst Friedlosigkeit von mir.
    An deiner Brust weint das Weh sich aus
    und Angst verzittert bei dir.
    Nun kommt meines Lebens Erntezeit
    und nun erst lern ich verstehen
    den Jubel des von der Vogelweid:
    "Ich hân min lêhen - min lêhen!"

    _____


    Über mich

    Über mich, über mich
    ist die Liebe gekommen,
    gab mir Glück, gab mir dich,
    hat mir mich genommen.

    Bin gekniet und bin klein,
    mußt mich hoch erheben.
    All mein Leben ist dein,
    du, mein Leben ...
    _____

    Du weißt mich häßlich, lang verbrannt vom Gram,
    du weißt dich selbst erzengelschön und jung.
    Warum dies Wunder jäher Huldigung,
    warum dies Glück, das mir den Atem nahm?

    O, welche Frau auch solche Blicke träfen,
    von wildem Blau, aus rasch erschlossnen Lidern,
    sie wäre dein, erschlafft an allen Gliedern,
    sie wäre dein, Blutpochen in den Schläfen.

    Da
    du mich bittest, möcht ich vor dir knieen.
    Da
    du mich küßt, möcht ich an dir vergehen.
    Da
    du begehrst, - wie muß erst ich begehren.

    Dein ist der Mai,
    du hast ihn mir geliehen,
    du bist mein Glück - dies lernt ich schnell verstehen.
    Doch daß
    du mein bist, mußt du erst mich lehren.
    _____

     

  • Emil Kuh (1828-1876)

    Frühling im Sommer

    Das ist die schönste Stunde
    Wo
    du mich still bewegst,
    Gleich einer Himmelskunde
    Mich rein und tief erregst;

    Wo jede Frucht des Baumes
    Zur Blüte sich verkehrt,
    Und nur die Welt des Traumes
    Die Wünsche wieder nährt;

    Wo meinem Liebesdrange
    Ein Blick zu reichlich lohnt!
    Wo ich den Kuß verlange,
    Doch wie das Kind den Mond;

    Wo ich mit nichts mich quäle,
    Mit allem freu', was ist,
    Und selig mir erzähle,
    Daß
    du auf Erden bist.
    _____

     

  • Gustav Kühne (1806-1888)

    Unisono

    Ich bin nicht ich mehr, wenn ich Dich erblicke,
    Du bist nicht Du mehr, schaust Du mir in's Herz,
    Und ach! in diesem süßen Wechselglücke
    Zerfliegt die stille Seele himmelwärts.

    Im Rausch der Liebe zähl' ich keine Stunden,
    Im Rausch der Seele giebt es keinen Raum.
    Vergangenheit und Zukunft sind verbunden,
    Und Alles, selbst die Gegenwart, ist Traum.

    Und ist es aus mit unsrem Traumesleben,
    Auch jenseits finden wir nicht Raum noch Zeit,
    Kein Ich, kein
    Du, - in Gottes Schooß entschweben
    Wir alle still in alle Ewigkeit.
    _____

    Du mein Buch, Du meine Fibel,
    Einzig Alphabet,
    Du mein Koran, meine Bibel,
    Und ich Dein Prophet.

    Kann ich's fassen, treu behalten,
    Wie Dein Athem weht,
    Was in Deinen Herzensfalten
    Still geschrieben steht?
    _____

    Ach, flattre um mich überall
    Von früh bis spät zur Ruh
    Mit morgendlichen Lerchenschall,
    Mein süßer Vogel
    Du!

    So wie
    Du zwitscherst, wie Du lachst,
    Hebt sich die Sonne mir
    Mit all den Fackeln, die
    Du fachst,
    Und glühend leucht' ich Dir.

    Und hängt das Herz mir nächtlich schwer:
    Du singst Dein Morgenlied
    Und wirbelst fröhlich vor mir her,
    Sieh, meine Wolke flieht!

    Du morgendlicher Vogel Du,
    Halt' aus den schwühlen Tag;
    Sonst schließt sich mir der Himmel zu
    Mit Wolkenwetterdach.

    Und wenn ich endlich müde bin,
    Alsdann fein still und sacht
    Setz'
    Du Dich mir zu Häupten hin
    Und ruf' mir: Gute Nacht!
    _____

     

  • Heinrich Leuthold (1827-1879)

    Wenn
    du nahst, leichtfüßiger als die Horen,
    Träumerisch im eigenen Reiz verloren:
    Alle Blicke, die dir am Munde hangen,
    Nimmst
    du gefangen.

    Wenn
    du sprichst, verbreitet sich Wohlgefallen,
    Wenn
    du singst, verstummen die Nachtigallen,
    Wo
    du weilst, entsprießen dem kargsten Boden
    Sapphische Oden.
    _____

     

  • Hermann Lingg (1820-1905)

    Dir

    Im Anschau'n deiner Schönheit nur versunken,
    Vergess' ich, daß die Welt mich höhnt und schmäht,
    Ich bin zu sehr von deiner Liebe trunken,
    Als daß ich's merkte, wenn mich wer verräth.

    Den Lorbeer selbst, um den ich heiß gerungen,
    Entbehren könnt' ich ihn, wie leicht, da
    du
    Mir Alles bist und gibst - die Huldigungen
    Des höchsten Ruhms und mehr - dein Herz dazu.
    _____

     

  • Ernst Lissauer (1882-1937)

    Aufs Buch gebeugt mein Angesicht

    Aufs Buch gebeugt mein Angesicht,
    Mit meinen Augen seh' ich dich nicht,
    Ich sehe dich nicht mit Blicken.

    Deine Wimper blinkt, dein Lid zuckt fein,
    Du atmest aus, du atmest ein,
    Ich spüre es mit Entzücken.
    _____


    Du meine stark' und holde Lieblingin!

    Du meine stark' und holde Lieblingin!
    Auf kräft'gen Nacken mächt'ges Haupt gebaut,
    Du linde Wange, wollend festes Kinn -,
    Die meinem Blute auf den Boden schaut
    Und deutet seines Laufes Ziel und Sinn,
    Du Großgeäugte,
    An Urbrust wirkender Natur Gesäugte,
    Du meine stark' und holde Lieblingin!
    _____


    Gewalt

    Ich dachte heut mit Lust und Kraft an dich
    Und wünschte stark: durch Mauern und geschlossne Türen
    Soll sie Gewalt von meiner Liebe spüren.

    Ich saß, geballt die Hand; ich sah, ich fühlte dich.
    Da tratst
    du ein:
    "Mir war,
    du riefest mich."
    _____

     

  • Feodor Löwe (1816-1890)

    Glaubst
    du wirklich, daß ich fern von dir?
    Ewig, ewig, weilest
    du bei mir.

    Du mein Mond bei stiller Abendruh;
    Meines Tages lichte Sonne
    du.

    Wie ein Vogel durch die Lüfte zieht,
    Mein Gedenken stets zu dir entflieht.

    Wie von keinem Schlummer weiß der Bach,
    So ist meine Sehnsucht immer wach.

    Ach, so fern von dir und doch so nah!
    Nur wer liebet, weiß, wie mir geschah.
    _____

    Mein Inn'res hast
    du umgeschaffen,
    Es ward ein and'rer Mensch aus mir,
    Du nahmst mein vorig' Herz, das wilde,
    Ein neues bess'res dank' ich dir.

    Ein Engel hast
    du meine Schritte
    Vom falschen Pfad hinweggelenkt,
    In des Vergessens dunkle Tiefe
    Der wilden Wünsche Glut gesenkt.

    Mein Gnadenbild bist
    du geworden,
    Dahin die wunde Seele zieht.
    O blicke freundlich auf den Pilger,
    Der betend dir zu Füßen kniet!
    _____

    Du bist nicht todt, ruhst du im Grabe auch,
    Du lebst für mich - mir bist du nicht geschieden;
    Du schwebst um mich als duft'ger Frühlingshauch,
    Und singst als Nachtigall der Seele Frieden.

    Als schöner Stern, als flüchtig Traumgebild,
    In jeder Blume blühst
    du mir entgegen;
    Du klingst im Bache, rauschest im Gefild -
    Ich fühle dich und deiner Liebe Segen.

    Wir waren eins, wie Baum und Wurzel sind,
    Wir sind auch eins nach deinem Tod geblieben;
    Du tief im Grabe - mich durchbraust der Wind, -
    Und daß ich blühe, dank' ich deinem Lieben.
    _____

     

  • Hermann Löns (1866-1914)

    Die Rosenbüsche ...

    Die Rosenbüsche sind behangen
    Mit wunderbarer Blütenpracht,
    Das ist ein märchenhaftes Prangen,
    Mein Herz, das singt und klingt und lacht.

    Im weißen Kleid kommst
    du gegangen
    In einer Flut von Sonnenschein,
    Die Rosenbüsche schmachtend prangen,
    Ich sehe nur noch dich allein.
    _____


    Der Tauber

    Horch, wie der Tauber ruft,
    O du, du, du,
    Und seine Taube hört
    Ihm freundlich zu;
    Was wohl der Tauber will,
    O
    du, du, du,
    Denk mal darüber nach
    Und hör ihm zu.

    Horch, wie mein Herze schlägt,
    O
    du, du, du,
    Was sagt dein Herze denn
    Dazu, dazu?
    Was wohl mein Herze will,
    O
    du, du, du,
    Denk nicht darüber nach
    Und gib ihm Ruh.

    Der Tauber ruft nicht mehr,
    O
    du, du, du,
    Und seine Taube hört
    Ihm nicht mehr zu;
    Was wohl die Tauben tun,
    O
    du, du, du,
    Wozu sind wir im Mai,
    Wozu, wozu?
    _____

     

  • Hieronymus Lorm (1821-1902)

    Bewußtsein

    Nur aus der Ferne darf ich dein gedenken
    Und muß die Gluten still in mich versenken.

    Das Leben riß die Kluft auf, uns zu trennen,
    Ob wir gleich seelentief vereint uns nennen.

    Kein Hoffnungsstrahl darf meinem Herzen leuchten
    Und selbst die Thräne kaum mein Auge feuchten.

    Doch mag der wilde Schmerz im Busen brennen -
    Mich trägt mit Macht ein himmlischfroh Erkennen:

    Daß kein Geschick, kein Trennungsweh zerrissen
    Die Seligkeit, von deinem Sein zu wissen,

    Daß keine Qual vermochte zu gefährden
    Mein tiefes Glück, - daß
    du nur lebst auf Erden.
    _____

     

  • Otto Ludwig (1813-1865)

    Du und ich

    Auf bunten Blumenmatten,
    Vom Weltgedräng so weit,
    Im tiefen Waldesschatten,
    In süßer Einsamkeit,
    Da sollt ein Leben werden,
    Mein Lieb, so wonniglich;
    Was wärs, das wir entbehrten?
    Für uns wär nichts auf Erden,
    Mein Lieb,
    Mein Lieb, mein lieblich Lieb, als
    du und ich!

    Wenn über Thal und Berge
    Der junge Tag sich hebt,
    Und über ihm die Lerche
    Auf süßen Wirbeln schwebt
    So selig und alleine,
    So frisch und feierlich
    Die goldnen Morgenscheine!
    Nur Gott im stillen Haine,
    Mein Lieb,
    Mein Lieb, mein lieblich Lieb, und
    du und ich.

    Wir thäten mit der Sonne
    Die selgen Augen auf,
    Und die ihn schloß, die Wonne,
    Begänn den Tageslauf.
    Du schafftest und ich schriebe
    Manch frohes Lied für dich;
    Und wer zum Essen bliebe,
    Das wäre nur die Liebe,
    Mein Lieb,
    Mein Lieb, mein lieblich Lieb, und
    du und ich.

    Magst schlafen oder wachen,
    Magst sitzen oder gehn,
    Magst sinnen oder lachen -
    Ich kann nicht satt mich sehn.
    So käm es, daß in Eile
    Der Abend uns beschlich.
    In Städten, manche Meile
    Von uns wohnt Langeweile,
    Mein Lieb,
    Mein Lieb, mein lieblich Lieb, nur
    du und ich.

    Und käm die Nacht gezogen,
    Wir schauten Brust an Brust
    Zum blauen Himmelsbogen
    Und seiner Sterne Lust.
    Und - süß dahin gerissen
    Die Sterne senkten sich
    Herab auf unsre Kissen -
    Die Nacht sollt es nicht wissen,
    Mein Lieb,
    Mein Lieb, mein lieblich Lieb, nur
    du und ich!
    _____

     

  • Selma Meerbaum-Eisinger (1924-1942)

    Ja

    Du bist so weit.
    So weit wie ein Stern, den ich zu fassen geglaubt.
    Und doch bist
    du nah -
    nur ein wenig verstaubt
    wie vergangene Zeit.
    Ja.

    Du bist so groß.
    So groß wie der Schatten von jenem Baum.
    Und doch bist
    du da -
    nur blaß wie ein Traum
    in meinem Schoß.
    Ja.
    _____


    ***

    Es ist so viel buntes Geschehen
    so viel lebendes Leben um mich -
    ich könnte atmen und sehen
    und könnte das Schönste verstehen,
    wenn ich eines nicht hätte: dich.

    So aber bist
    du mir das Leben,
    und das andre ist stumpf und leer.
    Und alle Wellen verebben
    und können mir gar nichts geben,
    das so fern wär' wie
    du und so schwer.
    _____


    ***

    Spürst
    du es nicht, wenn ich um dich weine,
    bist
    du wirklich so weit?
    Und bist mir doch das Schönste, das Eine,
    um das ich sie trage, die Einsamkeit.
    _____

     

  • Stephan Milow (1836-1915)

    Der Einzigen

    Du wunderbares Herz voll Liebe,
    O welch' ein Segen, daß
    du mein!
    Wenn sonst auch kein Besitz mir bliebe,
    Du schlößest alles für mich ein.

    Wie vieles mir dahingeschwunden,
    Wie viel Ersehntes stets noch säumt;
    Hab' ich in dir doch mehr gefunden,
    Als kühnen Flugs ich je geträumt.

    Und seufz' ich doch in mancher Stunde
    Um das, was mir das Sein verwehrt,
    Und fragst
    du dann mit sanftem Munde,
    Was mir die Seele so beschwert;
    Da schreck' ich auf bei deiner Frage
    Und möchte flehn: Verzeihe mir!
    Ist denn nicht jede Schmerzensklage
    Ein Frevel, herrlich Weib, an dir?
    _____


    Im Glück erstarrt

    Ich bin erstarrt
    In meinem Glück.
    Seit jener Minute -
    O dieser Blick!
    Dies holde Nicken! -
    Seit jener Minute,
    Da mir geworden
    Die süße Gewißheit,
    Daß
    du mich liebst,
    Bin allem ich tot,
    Was um mich ist,
    Und rege mich nicht.
    Die Bläue des Himmels
    Ich sehe sie nicht,
    Den Hauch des Frühlings
    Ich fühle ihn nicht,
    Die Stimmen der Vögel
    Ich höre sie nicht;
    Mit allen Sinnen
    Nach innen gewandt,
    Erschau' ich nur dich,
    Wie jene Minute
    Dich mir geschenkt.
    Ich bin erstarrt
    In meinem Glück.
    _____

    Es zog in mich ein Frieden
    Bis in der Seele Grund,
    Mir wunderbar beschieden
    Durch unsern stillen Bund.

    Du bist mein treu Geleite,
    Du waltest stets in mir,
    Und wo ich immer schreite,
    Ich bin vereint mit dir.

    Das ist der rechte Segen,
    Mein bist
    du gänzlich nun,
    Mag ich mich schaffend regen,
    Mag ich vom Werke ruhn.

    Und wenn dich auch mein Sinnen
    Nicht immer nennen mag,
    Ich fühle dich tief innen
    Mit jedem Herzensschlag.
    _____


    Ewige Liebe

    Ich denke, wenn in günst'ger Stunde
    Ein Paar sich Liebe heiß gestand,
    Gelöst in Wonne, Mund auf Munde,
    Das knüpft ein ewig festes Band.

    Wie könntest
    du dich von mir trennen
    Nach all dem Glück, das uns gelacht!
    Du mußt es ewig theuer nennen,
    Was einst so selig dich gemacht.

    Wie könntest
    du mir Treue brechen,
    Da
    du, nach süßer Liebe Art,
    Mit allen seinen holden Schwächen
    Dein Wesen mir geoffenbart!

    Und dir nur stets der Stachel bliebe,
    Was Liebesaugen einst entflammt,
    Vom kalten Blick enttäuschter Liebe
    Zerlegt zu sehen und verdammt.

    Und durch so Vieles, was im Leben
    Dem edlern Herzen heilig ist,
    Du ganz zu eigen mir gegeben,
    Mir ganz und gar verfallen bist.

    Ich denke, wenn in günst'ger Stunde
    Ein Paar sich Liebe heiß gestand,
    Gelöst in Wonne, Mund auf Munde,
    Das knüpft ein ewig festes Band.
    _____

     

  • Christian Morgenstern (1871-1914)

    Als die Münster-Uhr
    sieben Uhr morgens schlug,
    hab ich »
    Du« gesagt bei jedem Schlag.

    Und so sei denn mein
    alle, alle Zeit,
    und dann komme, was da kommen mag.
    _____

    Du bist mein Land,
    ich deine Flut,
    die sehnend dich ummeeret;
    Du bist der Strand,
    dazu mein Blut
    ohn' Ende wiederkehret.

    An dich geschmiegt,
    mein Spiegel wiegt
    das Licht der tausend Sterne;
    und leise rollt
    dein Muschelgold
    in meine Meergrundferne.
    _____

    Es ist Nacht,
    und mein Herz kommt zu dir,
    hält's nicht aus,
    hält's nicht aus mehr bei mir.

    Legt sich dir auf die Brust,
    wie ein Stein,
    sinkt hinein,
    zu dem deinen hinein.

    Dort erst,
    dort erst kommt es zur Ruh,
    liegt am Grund
    seines ewigen
    Du.
    _____


    Bezauberung

    Ich ging einmal des Abends, den
    du kennst, den Weg,
    mit einem Freund, der mir von seinen Plänen sprach.
    Da ward mir seltsam: Wie ich schweigend neben ihm
    und halb ihm lauschend ging im Dämmerlicht, geschah's,
    daß ich mich selbst als Dich empfand, als gingest
    Du
    in mir und lauschtest, wie ich seinem, meinem Wort ...
    Und leise nickt' und murmelt' ich ihm zu,
    mein Augenaufschlag war der Deine, Dein mein Leib
    in jeglicher Bewegung bis ins Innerste...
    Und deine scheue Jungfraunseele liebte mich aus mir...
    _____

    »In meinen Tränen halt ich dich gefangen,
    als wie in einem Spiegel, der zu Perlen
    zerrann - doch jede Perle Spiegel noch.

    Im Spiegel meines Auges wohntest
    du.
    Der Spiegel brach. Doch jede seiner Perlen,
    als die er hintropft, - spiegelt noch dein Bild.«
    _____


    Schauder

    Jetzt bist
    du da, dann bist du dort.
    Jetzt bist
    du nah, dann bist du fort.
    Kannst du's fassen? Und über eine Zeit
    gehen wir beide die Ewigkeit
    dahin - dorthin. Und was blieb? ...
    Komm, schließ die Augen, und hab mich lieb!
    _____

    Nimm an, es gäbe einen Himmelsherrn;
    so wollen wir von ihm für einst erflehn:
    er lasse uns auf irgendeinem Stern
    als einen Strauch voll Rosen auferstehn.
    Ich will die Wurzel sein,
    du sei der Strauch,
    ich will die Zweige sein,
    du sei das Blatt,
    ich sei die Rose,
    du sei ihr Arom.
    So ineinander unaufhörlich satt,
    so eins in jeder Faser, jedem Hauch,
    sei unser Leben dann ein Dankesstrom.
    _____

    Sei
    du der große Zeiger,
    ich will der kleine sein;
    so, weiß ich, bleib ich niemals
    ein Stündlein ganz allein.

    Du mußt urewig währen,
    solang die Unruh schwingt,
    zu ihm, der mit dir treulich
    den Kranz der Tage schlingt.

    Und macht dein rastlos Sputen
    mir oft die Seele wund -
    es rollen doch alle Minuten
    zuletzt in meinen Grund.
    _____

    Und soll ich dich auch nie besitzen,
    so will ich deinen Namen doch
    ins Holz der Weltenesche schnitzen,
    ein Zeugnis fernstem Volke noch.

    So sollen tausend Herzen lesen,
    die gern ein kleines Lied beglückt,
    was
    du mir Einsamem gewesen,
    wie
    du mich innerlichst entzückt.
    _____

    Was sind wir, wenn wir uns zurücke nehmen
    aus jenem süßgewohnten Vordergrund,
    in dem, zum Glück uns, unsre Wiege stund
    und unser Krug einst steht mit unserm Staube!
    Wer sind wir denn noch, wenn nicht krause Schemen,
    Traumschatten über bodenlosem Grund,
    und namenloser Traurigkeit zum Raube.

    Drum laß uns dicht uns aneinander drängen,
    es trägt sich leichter solch ein Graun zu zweit,
    ich will mein All auch um den Hals dir hängen,
    die ganze Sternschnur meiner Zeitlichkeit:
    dafür: daß
    du mich, Weib, betreust und tröstest,
    daß
    du dich als mein Du aus mir befreit,
    daß
    du mich liebend von mir selbst - erlöstest...
    _____

     

  • Erich Mühsam (1878-1934)

    Meine Augen trinken deine Blicke. -
    Meine Seele weiß von deinem Fühlen.
    Daß die schwere Nacht aus ihrem schwülen
    Drücken kuppelnd einen Stern doch schicke! -
    Meine Hände tasten nach deiner Sucht. -
    Meine Lippen küssen deine Glut. -
    Hörst
    du des heulenden Nachtsturms Flucht? -
    Siehst
    du das Mondauge triefen von Blut? -
    Lehne dich an mich. - So sind wir eins. -
    Senke dein Schicksal in meins! -
    Du! - wir zwei - - und die Welt so fern
    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Sieh doch! - Der Stern! Der Stern!
    _____

    Du, ich soll dich wiedersehn
    und deine Hände mit Küssen netzen
    und vor deinen Füßen mein Herz zerfetzen
    und dir meine Sehnsucht gestehn.
    Du, - ich will vor dir knien
    und mein Haupt in deinem Schoß vergraben, -
    und
    du sollst mich wie einen Knaben
    zu dir ans Antlitz ziehn.
    Du - dann will ich zu dir weinen
    und will dich Braut und Mutter nennen, -
    bis uns die Nachtstunden trennen -
    wo nur Sehnsüchte uns vereinen.
    _____


    Nacht

    Leis' verhallen ferne Geigenklänge,
    und ein Köter bläfft gedämpft dazu.
    Milde warnt der Vollmond durch die Scheiben -
    sieht, wie wir uns lieben - ich und
    du.
    Ach, er gönnt uns unser junges Treiben
    und schickt alles, was uns stört, zur Ruh.
    _____

    Nur was Dein ist, kann ich lieben. -
    Bleibe Dein! So bist
    du mein! ...
    Wär' ich immer mein geblieben,
    wär' ich wohl auch ewig Dein.
    _____

     

  • Clara Müller-Jahnke (1860-1905)

    Nachtlied

    Liebling, laß mich schlafen gehen,
    laß mich ruhn an deiner Seite!
    Du mein seliges Geschick!
    Hohe blasse Träume stehen
    uns zu Häupten. In die Weite,
    in die sternenstille Weite
    geht ihr blauer Märchenblick.

    Leise durch das Dunkel singen
    sie mit zaubersüßen Stimmen
    uns das hohe Lied der Ruh!
    Und sie heben ihre Schwingen:
    tausend Funken glühn und glimmen,
    tausend goldne Welten schwimmen
    über unserm Lager,
    du . . . .
    _____


    Die eine Saite

    Und wieder spielt der Abend auf den Wogen
    in seiner herbstlich sonnenroten Pracht.
    Auf goldner Straße kommt dahergezogen
    die stille Sehnsucht, die so selig macht.
    In lila Purpurdämmrung träumt der Strand.

    Ein lauer Wind aus rosenroter Weite:
    und mir im Herzen tönt die eine Saite, -
    - die
    du gespannt.
    _____

     

  • Betty Paoli (1814-1894)

    An deiner Brust

    An deiner Brust ist meine Stelle,
    In deinen Armen mein Asyl!
    Mich warf des Sturm's empörte Welle
    An dieses bang ersehnte Ziel.

    Die Gaben, die das Leben zieren,
    Jedwedes Gut, das köstlich heißt,
    Was ich besaß, mußt' ich verlieren,
    Daß
    du fortan mir Alles sei'st.

    Jetzt, da ich Alles hingegeben,
    Wird mir's durch dich zurückgeschenkt,
    Wenn unter wonnevollem Beben
    Dein Mund auf meine Stirn' sich senkt.
    _____


    Erkenntniß

    Daß ich dich liebe tief und heiß,
    Das hab' ich oft empfunden,
    Wenn deiner Nähe Zauberkreis
    Glückathmend mich umwunden;
    Wenn mich dein Arm so fest umschlang,
    Dein Wort in seiner Süße
    Zu meinem tiefsten Herzen drang
    Wie tausend Jenseitsgrüße.

    Doch daß
    du selbst mein innerst Sein
    Und Herz von meinem Herzen,
    Daß
    du nur in der Seele mein
    Wach rufest Lust und Schmerzen,
    Daß
    du ein heil'ger Engel bist,
    Für mich als Mensch geboren,
    Das weiß ich erst seit kurzer Frist:
    Erst seit ich dich verloren.
    _____


    Frage

    Kein Schmerz ist, den ich nicht verschuldet,
    Kein Trost, den
    du mir nicht gewährt;
    Kein Jammer, den ich nicht erduldet,
    Kein Leid, das
    du mir nicht verklärt!

    Du Hoher! Milder! heilig Reiner!
    Den meine Dankeszähre preis't,
    Bist
    du der Staubgebornen Einer?
    Bist
    du der ew'gen Liebe Geist? -
    _____


    An ***

    Wie süß
    du meiner Seele bist,
    Ich weiß es nicht zu sagen!
    Was still in meinem Innern sprießt,
    Will nicht an's Licht sich wagen.
    Vom Lenze, der in meiner Brust
    Geweckt ein neues Leben,
    Vermag ich, wollend und bewußt,
    Den Schleier nicht zu heben.

    Es sei! Wozu versucht ich auch
    Ihn absichtsvoll zu lüften?
    Du merkst den warmen Frühlingshauch
    An seinen linden Düften.
    In meinen feuchten Augen siehst
    Du Licht des Morgens tagen -
    Wie süß
    du meiner Seele bist
    Brauch' ich dir nicht zu sagen!
    _____

    Wovor hätt' ich zu zittern und zu zagen,
    Wenn
    du mir bleibst?
    Des Lebens Schlachten will ich muthig schlagen,
    Das herbst Loos, es wird sich lassen tragen,
    Wenn
    du mir bleibst.
    Nach keinem Glücke hab' ich mehr zu jagen,
    Mit freud'gem Sinn will ich der Welt entsagen,
    Und nach dem Himmel brauch' ich nicht zu fragen,
    Wenn
    du mir bleibst!
    _____

     

  • Alfons Petzold (1882-1923)

    Des Tages heißer, wilder Streit,
    des Abends lächelnde Gelassenheit,
    sie reichen sich in dir die Hände,
    was meine Seele und mein Leib erlebt,
    in dir zu einem Klang zusammenstrebt -
    du bist der Anfang, bist das Ende
    des Fadens, den mein Schicksal webt.
    _____

    Du bist, Geliebte, eine strömende Wassertat,
    ich, eine Mühle an Deines grünen Ufers Rand,
    Deine Liebe treibt mein schwerhinschaufelndes Rad,
    das fröhliches Rauschen wirft weit über das Land.

    Die Leute stehen vor meinem Hause:
    He, Müller, wo kommt das starke Rauschen her?
    Gar viele glauben, es brause
    ein unterirdisches Meer.
    _____

    Du bist wie ein Gefäß aus Goldpokal,
    in dem die Sonne ihre Strahlen sammelt,
    und wenn mein Mund das Wort "Geliebte" stammelt,
    dann spendest
    Du mir Flammen ohne Zahl.
    Die alle dunkle Bänge in mir töten
    und alle Wände meiner Seele röten
    wie Sonne einen dämmerigen Saal.
    _____

    Es ist die Welt voll Süße,
    seit
    du ihr schenktest deinen Tritt,
    es brachten deine Füße
    den Traum der Himmel mit.

    Wo immer du auch weilest,
    glänzt in der Nacht ein heller Strahl,
    und wessen Raum
    du teilest,
    der sitzt bei Gott zu Mahl.
    _____

    Es ist ein Jubel sondermaßen
    auf Deinen Wegen, Deinen Straßen,
    die Steine jubeln:
    Du, o Du!
    Es ist der Steg mit Duft verhangen,
    darüber schwebend
    Du gegangen,
    darauf
    Du setztest Deinen kleinen Schuh.

    Du bist der Hauch in allen Bäumen,
    der große Glanz in meinen Träumen,
    die frohe Arbeit und die Ruh',
    der Federstrich, das Seitenblättern,
    das Reigenfest der schwarzen Lettern
    ist voll des hohen Jubels:
    Du, o Du!
    _____

    Ich bin ein Baum,
    meine Blätter wiegen sich in dem Raum,
    der weit
    umspannt die stille Ewigkeit.

    Du bist die Gärtnerin und pflegst die Erde,
    daß meinen Blättern Nahrung werde.
    _____

    Ich bin das Schwere und das Harte,
    Du bist die sanfte Leichtigkeit,
    Du baust aus Sonne eine Warte,
    ich grabe Höhlen in die Zeit.
    Was ich an Dunkel mir ersparte,
    das machst
    du licht und liederweit,
    Du bist die Glänzende und Zarte,
    um die sich all mein Denken reiht.

    Ich ringe mit dem Unsagbaren,
    um seines Geistes irdisch Los,
    Du liegst noch wie in Kinderjahren
    ganz demütig in seinem Schoß.
    Ich kämpfe mit ihm Lend' an Lende
    und denk im Kampfe kaum an Dich,
    Du aber streckst die lieben Hände
    zu ihm empor, für wen? Für mich!
    _____

    Ich bin ganz dunkel von Gestalt,
    wie eine Föhre steh ich da;
    Du bist die Sonne über dem Wald
    und meinem Gipfel nah.

    Ich schaure, bis zum Wurzelgrund
    verspür ich Deinen heißen Mund -
    und tausend brennende Sommer umgeben
    mein tief vom Winter erfaßtes Leben.
    _____

    Johanna

    I
    Ich bin vom Lied das erste Wort,
    wer kennt den Ton und seinen Schall?

    Du singst die ganze Strophe fort
    und gibst mir guten Widerhall.

    II
    Du bist die Sehnsucht
    und ihre Erfüllung,
    Tiefe der Inbrunst
    und ihre Enthüllung.

    Du gabst den Wurzeln
    Erde zu greifen.
    Nun kann ich blühen
    und herbstzu reifen.
    _____

    Ich will nur Licht von Deinem Lichte sein,
    doch wenn der Erde Dunkel Dich umfängt,
    so sei auch meine Stunde nicht gehängt
    in einer Freudenlampe hellen Schein.

    Und wenn
    Du krank bist, leide auch mein Leib
    und wenn
    Du stirbst, so will ich knien und beten,
    daß ich mit Dir zusammen darf betreten
    den Garten Ewigkeit, mein Weib.
    _____

    Wie der dürstende Hirsch nach Wasser schreit,
    schrei ich nach Dir, Geliebte, doch
    du bist weit.

    Durch den Wald meiner Sehnsucht stürme ich kreuz und quer,
    doch alle Wiesen und Büsche sind von Dir leer.

    Und dennoch höre ich, wie
    Du mich leise lockst,
    wie
    Du da und dort im flüchtigen Laufe stockst.

    O
    Du, meine Hindin, o Du, mein weißes Reh,
    wir werden beide verbrennen vor Sehnsucht im kalten Schnee.
    _____

     

  • Ludwig Pfau (1821-1894)

    Ständchen

    Mein Lieb! all ihre Grüße
    Schickt dir die Frühlingsnacht:
    Schlaf wohl!
    du Wundersüße,
    Du Süße!
    Gehüllt in deine Pracht.

    Es kommt aus Kelch und Dolde
    Ein Duft dir zugefacht:
    Schlaf wohl!
    Du Wunderholde,
    Du Holde!
    Du Glut der kühlen Nacht.

    Und zarte Liebestöne
    Umschweben dich sanft und sacht:
    Schlaf wohl!
    Du Wunderschöne,
    Du Schöne!
    Du Herz der stillen Nacht.

    Und Sterne mit mildem Scheine,
    Sie winken von hoher Wacht:
    Schlaf wohl!
    Du Wunderreine,
    Du Reine!
    Du Trost der dunkeln Nacht.

    Du Lieb! all ihre Grüße
    Schickt dir die Frühlingsnacht:
    Schlaf wohl!
    Du Wundersüße,
    Du Süße!
    Gehüllt in deine Pracht.
    _____


    Du Liebe du!

    Wohl sagt' ich dir einmal im Scherzen
    Dies Wort mit seinem trautem Schall;
    Nun klingt mir's fort und fort im Herzen,
    Und schlägt wie eine Nachtigall -
    Das trillert ohne Rast und Ruh':
    Du Liebe du!

    Gern möcht' ich dir es öfter sagen,
    Dies holde Wort, das lacht und weint;
    Gar lockend ist's, mit süßem Zagen
    Zu wagen, was verboten scheint -
    Vergönne, daß ich's wieder tu':
    Du Liebe du!

    Dürft' ich dich so im Ernste nennen!
    Dürft' all mein Ich im
    Du vergehn!
    Im freien, freudigen Bekennen,
    Wie gut sich Herz und Herz verstehn -
    O laß mich sagen immerzu:
    Du Liebe du!
    _____

     

  • Luise von Ploennies (1803-1872)

    Der goldne Stern

    Der goldne Stern in meinen dunklen Nächten,
    Bist
    Du!
    Der Trost, mir zugesandt von Liebesmächten,
    Bist
    Du!
    Der Morgensaum von allen meinen Träumen,
    Bist
    Du!
    Die Liebesblüth' an meinen Lebensbäumen,
    Bist
    Du!
    Der Hoffnungsanker auf empörten Wogen,
    Bist
    Du!
    In Nacht und Grau'n der lichte Regenbogen,
    Bist
    Du!
    Die Rettungsspur auf einer öden Küste,
    Bist
    Du!
    Oase grün in einer weiten Wüste,
    Bist
    Du!
    Der Quell, an dem ich meine Hoffnung tränke,
    Bist
    Du!
    Die Well', in die ich all mein Leid versenke,
    Bist
    Du!
    Der letzte Strahl, eh' sich mein Auge schließet,
    Bist
    Du!
    Das Morgenroth, das einst mich droben grüßet,
    Bist
    Du!
    _____


    Heloise an Abälard

    O schreibe mir,
    du, dessen Wort den Schwingen
    Der bangen Seele leihet neue Kraft,
    Wenn sie auf ihrem steilen Flug erschlafft,
    Wenn alle Himmelsträume ihr zergingen.

    O
    du! den diese Arme einst umfingen
    Im Zauberbanne glüh'nder Leidenschaft,
    Verzeih', verzeih', wenn ich der süßen Haft
    So sel'gen Traumes nicht mich kann entringen.

    Du Einziger! mit dem ich wonnetrunken
    Durch alle Himmel flog im Glutverein,
    Als Stern um Stern an meine Brust gesunken;

    Du Göttlicher, in deiner Liebesfülle! -
    Welch kalter Schauer rinnt durch mein Gebein,
    Ich beuge stumm mein Haupt, das ich verhülle.
    _____

     

  • Hermione von Preuschen (1854-1918)

    Idol

    Du bist mein Gott, zu Füßen lieg ich Dir,
    Du bist mein Gott, hast Du mich gleich zertreten;
    o laß mich in der letzten Stunde hier
    zu meinem Gott noch einmal beten.

    Noch einmal nimm mich auf in Deinen Arm
    und laß mich fühlen Deines Herzens Schlag;
    bin ich doch fürder nun so bettelarm
    nach solcher Trennung fürchterlichem Tag.

    Umsonst – und doch schufst
    Du zum Grabe mir
    die Welt, zur Hölle – nur bei Dir ist Eden;
    du bist mein Gott, zu Füßen lieg ich Dir,
    du bist mein Gott, hast du mich gleich zertreten!
    _____


    Phönix

    Du füllst mir die Seele mit Sturm, mit Sturm
    und lösest die Glieder, wie Frühlingsregen,
    dein bin ich, dein, durchs Weltall jauchzt
    mein zitterndes Sein dem deinen entgegen.

    Und bin ich die Liebe, - nur deine Liebe,
    und bin ich das Feuer – nur deine Flammen
    lodern mit meinen in gleichen Gewalten
    wunderherrlich im Weltall zusammen.

    Siehe, verschüttet waren die Brände,
    Staub und Alltag, Tod und Vergehen
    ließen sie unter Moder und Triebsand
    schwelend sterben, verglühn und verwehen.

    Da kam der Sturm und aus deinem Feuer
    griff er in meines mit tausend Händen,
    bis alles versunken in Aschenhügeln,
    - und der Phönix entstieg den Feuerbränden.
    _____


    Oriflammen

    Nun
    du mich voll erkannt,
    laß voll uns wiederfinden,
    laß unsrer Liebe Land
    uns selig tief ergründen.

    Laß uns in heiliger Glut
    schmelzen in eins zusammen,
    Seele verlohn und Blut
    in tiefen Oriflammen!
    _____

     

  • Robert Prutz (1816-1872)

    Heiligung

    Das ich mit Seufzern lang' vermißt,
    Des innern Friedens selig Glück,
    Wie kehrt' es mir so schnell zurück,
    Seit
    du die Meine wieder bist!

    Wohin ich blicke, allerwärts
    Seh' ich der Gottheit milden Gang,
    Und das noch jüngst in Zweifeln rang,
    Beruhigt klopft das wilde Herz.

    Du bist sein fester Ankergrund,
    Die Sonne bist
    du, die es nährt,
    Der Schild, der allen Schrecken wehrt,
    Und bist sein Balsam, wenn es wund.

    Und schelten sie mich glaubenlos,
    Was kümmert mich ihr plumper Spott?
    In dir, Geliebte, lieb' ich Gott
    Und lieb' in dir, was gut und groß!
    _____


    All

    Du bist das keusche Mondenlicht,
    Das still und klar durch Wolken bricht,
    Und bist der Sonne Feuerstrahl,
    Der Blumen weckt in Berg und Thal.

    Der fromme Abendstern bist
    du,
    Der lächelnd winkt zu sel'ger Ruh',
    Und bist der Blitz, der, gottentstammt,
    Der Seele Dunkel mir durchflammt.

    Doch – "Namen sind nur Rauch und Schall!"
    Sei, wie
    du bist, du bist mein All!
    In deine Seele schließ' mich ein,
    Die Meine
    du, ich ewig dein!
    _____

     

  • Ernst Rauscher (1834-1919)

    Was
    du mir bist

    Wie herrlich mir, durch dich geschmückt,
    Ein neues Leben lacht!
    Ich bin geliebt, ich bin beglückt,
    Wie nimmer ich's gedacht;
    Mein Herz, berauscht vom Freudenglanz',
    Der deinen Blick umfließt,
    Ist so beseligt, daß es ganz
    Sein eigen Glück vergißt!

    O glaube nicht, ich sei verstimmt,
    Wenn Schweigen mich erfaßt!
    Gib mir das Wort, das von mir nimmt
    Zu große Glückeslast, -
    Das Wort, nach dem mein Dichten all'
    Ein fruchtlos Suchen ist,
    Das alles sagt mit Einem Schall,
    Was du, nur
    du mir bist!

    Du bist die Sonn', vor der sogleich
    Des Ruhmes Stern erbleicht,
    Du bist der Quell, erquickungsreich,
    Den wandernd ich erreicht,
    Du bist das Licht am Küstenthurm,
    Nach dem ich längst begehrt,
    Nach dem mein Schiff, aus Drang und Sturm
    Die Segel sehnend kehrt!

    Du bist die Blume, die ich oft
    Gesucht, von Land zu Land,
    Die Perle, die ich unverhofft
    Am Strande liegend fand;
    Bist meines Lebens Schmuck und Zier,
    Mein Hoffen, Stolz und Muth,
    Ach! Alles, alles bist
    du mir,
    Was schön und hold und gut!

    Du bist mein einziger Gesang,
    Mein erster, letzter Laut,
    Du bist, o vielgeliebter Klang!
    Mir treue Herzensbraut;
    Du bist der Tag, der morgenroth
    Mein schlummernd' Aug' berührt,
    Die Schwesterseele, die ein Gott
    Der meinen zugeführt!
    _____

     

  • Anton Renk (1871-1906)

    Und
    du sollst heute mein Gedanke sein,
    Und einzig
    du! Kein anderer sich stehle
    Mir heute in die lichtgedrängte Seele:
    Der Tag sei dein!

    Jasmin und Rosen trage ich herein,
    Es soll mir Frühling in die Seele quellen,
    Zu deinem Bild will ich die Vase stellen:
    Der Tag sei dein!

    Ein Feiertag soll in dem Zimmer sein
    Und voller Angst verschließe ich die Türe,
    Daß niemand mir herein den Alltag führe:
    Der Tag sei dein!

    Und Eintritt haben nur der Sonnenschein,
    Aus dem Holunderbusch die Vogelsänge,
    Der Waldkapelle ferne Glockenklänge:
    Der Tag sei dein!

    Dein Bildnis da! - "So schön und hold und rein ..."
    Ich sitze still in meinem Heiligtume
    Und bete fromm: "
    Du bist wie eine Blume -"
    Der Tag sei dein!
    _____

    Weißt
    du es noch, das Sternenfunkeln,
    Das an dem Maienabend war,
    Als trüge Lilien aus dem Dunkeln
    Der Engel unsichtbare Schar.

    Weißt
    du es noch, wir sprachen leise
    Und glücklich unser erstes
    Du -
    Verklungen ist die fromme Weise,
    Der nur die Engel hörten zu.

    Und wenn wir heute uns begegnen,
    So grüßen wir uns scheu und stumm. -
    Die Engel, welche wollten segnen,
    Die fragen leise sich: warum.
    _____

     

  • Rainer Maria Rilke (1875-1926)

    Das Land ist licht und dunkel ist die Laube,
    und
    du sprichst leise und ein Wunder naht.
    Und jedes deiner Worte stellt mein Glaube
    als Betbild auf an meinen stillen Pfad.

    Ich liebe dich.
    Du liegst im Gartenstuhle,
    und deine Hände schlafen weiß im Schooß.
    Mein Leben ruht wie eine Silberspule
    in ihrer Macht. Lös meinen Faden los.
    _____

    Du bist, als ob du segnen müßtest
    wen die Madonnen längst vergaßen;
    und oft, im Sommer, wenn
    du wüßtest:
    da kamst
    du von den Abendstraßen
    so klar, als ob
    du Kinder küßtest,
    die traurig wo am Saume saßen.

    Und jeder Rhythmus, der verschwiegen
    aus stillen Wiesen aufgestiegen,
    schien innig sich dir anzuschmiegen,
    bis alles Winken, alles Wiegen
    nur in dir war und nirgends mehr.
    Und mir geschah: die Welt verginge -
    und das Vermächtnis aller Dinge,
    ihr letztes Lied, bringst
    du mir her ...
    _____

    Du meine Hohe, weise
    mich weiter auf deiner Bahn;
    komm und tu mir leise
    Wunder um Wunder an.

    Ich habe viel gelitten,
    vieles starb und brach, -
    jetzt geh ich mit blinden Schritten
    deinem Leben nach.

    Sehr alte Schmerzen rücken
    zurück in ein Verzeihn,
    mir baun sich goldne Brücken
    zu deinem Gütigsein.
    _____

    Sei
    du mir Omen und Orakel
    und führ mein Leben an zum Fest,
    wenn meine Seele, matt vom Makel
    die Flügel wieder fallen läßt.

    Gieb mir das Niebeseßne wieder:
    das Glück der Tat, das Recht zu Ruhn, -
    mit einem Wiegen deiner Glieder,
    mit einem Blick für meine Lieder,
    mit einem Grüßen kannst du's tun.
    _____

     

  • Joachim Ringelnatz (1883-1934)

    An M.

    Der
    du meine Wege mit mir gehst,
    Jede Laune meiner Wimper spürst,
    Meine Schlechtigkeiten duldest und verstehst – –.
    Weißt
    du wohl, wie heiß du oft mich rührst?

    Wenn ich tot bin, darfst
    du gar nicht trauern.
    Meine Liebe wird mich überdauern
    Und in fremden Kleidern dir begegnen
    Und dich segnen.

    Lebe, lache gut!
    Mache deine Sache gut!
    _____

     

  • Anna Ritter (1865-1921)

    Du und ich

    Du und ich … und über uns Beiden die Nacht!
    Neige die Stirn, damit ich dich küssend umfange.
    Neige das Ohr – ich raune dir Süßes hinein,
    Wonne und Weh, so wie's mir emporblüht im Herzen. -
    Du und ich … Es ward uns nichts Andres bescheert
    Als dieses Glück, das wir der Sonne verbergen.
    Sieh, schon senkt sich abwärts der einsame Pfad -
    Selige Lust steht lächelnd im Thale des Todes.
    _____

     

  • Emil Rittershaus (1834-1897)

    Die Sonne meines Lebens

    Du bist die Sonne meines Lebens
    Und lieben hast
    Du mich gelehrt,
    Ich aber bin die Sonnenblume,
    Die sich nach Dir, o Sonne, kehrt!

    Mein Lebensglück, es kann ersprießen
    Bei Dir,
    du Holde, nur allein!
    Die Sonnenblume kann nur blühen
    Im lichten, lieben Sonnenschein.
    _____

     

  • Hermann Rollett (1819-1904)

    Du einzige Freude

    Du einzige Freude in meinem Schmerz!
    Du Licht, das mir leuchtet allerwärts!
    Du seliger Traum, der oft mich umlacht
    Im Dunkel der Trauer, im Dunkel der Nacht!

    Im Dunkel der Trauer, die bang mich umfängt,
    Wenn Frühlings, wo alles die Knospen sprengt
    Das Herz der Menschheit nicht blühen mag,
    Verträumend der Freiheit Frühlingstag!

    Im Dunkel der Nacht, die, unbesiegt,
    Noch lang auf dem Auge der Menschheit liegt; -
    Im Dunkel der Trauer, im Dunkel der Nacht
    Deiner Liebe seliger Traum mich umlacht!
    _____


    Du leuchtest licht

    Du leuchtest licht
    Vom Feuer meiner Liebe;
    Ich glühe heiß
    Von deiner Liebe Gluth; -
    Du bist die Well'
    Mit blitzendem Getriebe;
    Ich bin das Meer
    Mit hoher Wogenfluth. -
    Dein lichter Schein
    Erleuchtet hell mein Leben;
    Mein heißes Glüh'n
    Erwärmt dein treues Blut;
    Dein Liebgewog'
    Erquickt mein Herz mit Beben.
    Und dich umjauchzt
    Mein Herz mit Liedesfluth!
    _____


    Huldigung

    Ich bin das Meer der Liebe,
    Du bist die Perle darin.
    Und die Perle ist des Meeres
    Verklärte Königin.

    Ich bin der tiefe Himmel,
    Du bist der Sternenschein,
    Der in das Meer der Liebe
    Hellschimmernd fällt hinein.

    Ich bin die Abendglocke,
    Du bist der holde Klang,
    Der durch die Lüfte zittert
    Mit friedlichem Gesang.

    Ich bin dein stiller Sänger,
    Deß' Herz in Liebe schlägt, -
    Und
    du, du bist der Gedanke,
    Der mich zum Himmel trägt!
    _____

     

  • Friedrich Rückert (1788-1866)

    Liebesfrühling

    Du meine Seele, du mein Herz,
    Du meine Wonn, o du mein Schmerz,
    Du meine Welt, in der ich lebe,
    Mein Himmel
    du, darein ich schwebe,
    O
    du mein Grab, in das hinab
    Ich ewig meinen Kummer gab.
    Du bist die Ruh, du bist der Frieden,
    Du bist der Himmel mir beschieden.
    Daß
    du mich liebst, macht mich mir wert,
    Dein Blick hat mich vor mir verklärt,
    Du hebst mich liebend über mich,
    Mein guter Geist, mein bessres Ich!
    _____

    Ich liebe dich, weil ich dich lieben muß;
    Ich liebe dich, weil ich nichts anders kann;
    Ich liebe dich nach einem Himmelschluß;
    Ich liebe dich durch einen Zauberbann.

    Dich lieb' ich, wie die Rose ihren Strauch;
    Dich lieb' ich, wie die Sonne ihren Schein;
    Dich lieb' ich, weil
    du bist mein Lebenshauch;
    Dich lieb' ich, weil dich lieben ist mein Sein.
    _____

    Nicht, mit Armen dich umschlingen,
    Kann mir g'nügen, sondern mich
    Geist mit Geist mit dir durchdringen,
    Aufgehoben
    du und ich.

    Immer stehn die Körperschranken,
    Zweier Seelen Scheidewand;
    Bis sie nicht in Staub zersanken,
    Wird nicht frei der Himmelsbrand.

    Liebe! diesen Leib verzehren
    Müssen deine Lohen ganz;
    Denn er will zwei Funken wehren
    Aufzugehn in Einen Glanz.

    Zitternd habet ihr, o Flammen,
    Euch berührt im Sehnekuß,
    Schlaget nun in Eins zusammen,
    Daß die Welt verbrennen muß!
    _____

    So wahr die Sonne scheinet,
    So wahr die Wolke weinet,
    So wahr die Flamme sprüht,
    So wahr der Frühling blüht;
    So wahr hab' ich empfunden,
    Wie ich dich halt' umwunden:
    Du liebst mich, wie ich dich,
    Dich lieb' ich, wie
    du mich.
    Die Sonne mag verscheinen,
    Die Wolke nicht mehr weinen,
    Die Flamme mag versprühn,
    Der Frühling nicht mehr blüh'n!
    Wir wollen uns umwinden
    Und immer so empfinden:
    Du liebst mich, wie ich dich;
    Dich lieb ich, wie
    du mich.
    _____

    Süßer ist als Tun, viel süßer, Leiden;
    darum, Liebste, muß ich dich beneiden:
    Weil das Lamm
    du bist und ich der Hirte,
    du darfst folgen und ich muß dich weiden;
    Weil
    du bist die Au und ich dein Frühling;
    ich dich schmück und
    du dich lässest kleiden;
    Rose
    du, und ich der Dorn, dein Hüter,
    der dir abwehrt, was dir frommt zu meiden;
    Rebe
    du, die Freudentränen weinet,
    wenn ihr Winzer, ich, sie muß beschneiden.
    Wenn
    du Trauben mir versprichst zu tragen,
    soll mir nichts die Winzermüh verleiden.
    O
    du Bild, das meine Liebe malet,
    sollte je von dir mein Fuß sich scheiden?
    Du bist Marmor, und ich hin der Meißel:
    dich zu bilden, muß ich mich bescheiden.
    Du mein edler Stein, ich bin dein Künstler,
    der ins Herz dir sein Gepräg will schneiden.
    Prägen will ich dich nach meinem Herzen,
    bis
    du nicht von mir zu unterscheiden,
    Alle deine Eigenschaften will ich
    bilden aus zu köstlichen Geschmeiden.
    Alle deiner Seele Fäden will ich
    weben aus in ein Geweb von Seiden.
    Wie
    du in Geschmeid und Seide prangest,
    will ich dann den Blick an dir auch weiden.
    Sieh, mein Glück ist, deines zu gestalten;
    solltest
    du nicht gern dein Glück erleiden?
    _____

     

  • Else Rüthel (1899-1938)

    Du

    Nun bricht das Herz wie eine Rose auf.
    Die Brust ist groß in Rausch und Blut
    und Duft ist in der ganzen Welt
    und
    du.

    Wie dunkelt das herauf
    an aller Himmel runden Rändern -
    du - du - du.
    _____


    In deiner Neigung ...

    In deiner Neigung wandle ich
    und alle meine Schritte
    hallen weich
    in deiner großen Freundschaft wider.
    Du

    bleibe so geneigt
    denn die Gebärden,
    mit denen sich mein Leib ins Licht vollzieht,
    sind schutzbedürftig.
    Bleibe.
    _____

     

  • Richard von Schaukal (1873-1942)

    Du

    Wie aus tiefen Wäldern bist
    du
    wo keine schweren Menschen gehen·
    wie in der Waldquelle
    seh ich mich rein und wahr in dir.
    Ich bin ein heisser unzufriedener Mensch
    mit einem herrischen Kinderherzen.
    Tau liegt auf meinen Haaren aus den
    Nächten der Sehnsucht·
    meine Hände zittern nach Glück.
    Und meine Seele kann fliegen
    hoch über den Tagen:
    ich seh ihr nach und staune
    lächle und weine.
    Manchmal aber bin ich wie ein König ...
    Und alles ist dein·
    dein ward es ohne Schenken·
    du kamst und es war dein·
    ich bin so sicher dein zu sein mit allem.
    _____

     

  • Adele Schopenhauer (1797-1849)

    Ich habe geliebt! am meisten Dich!
    Gelebt und gelitten - In Dir und für Dich!
    Und in Dir umgiebt noch die Jugend mich,
    Kühn gewonnen hab' ich des Lebens Spiel:
    Du standest am Anfang, Dich find' ich am Ziel.
    _____

    In deiner Seele klarem Leben
    Da ruht mein wahres Glück allein,
    Die Ferne kann mir Freude geben,
    Mit Dir nur kann ich selig seyn.

    In Deines Geistes raschen Flügen
    Trägt leicht das schwere Leben sich -
    Das Andre kann mir wohl genügen -
    Du nur allein befriedigst mich!

    Aus Deiner Liebe tiefen Quellen
    Strömt eine Kraft, die mich erhebt,
    Auf deren lichtumsäumten Wellen
    Mein Lebensschiff vorüberschwebt!
    _____

     

  • Johanna Schultze-Wege (1844-1918)

    Sonett

    Wie ich Dich liebe, möcht' ich gern Dir sagen,
    Wie all mein Denken Dir sich muß verbinden,
    Zum schönen Kranze möcht' ich für Dich winden
    Mein süßes Glück und meine stillen Klagen.

    Doch was ich auch ersann, fühl' ich entschwinden,
    Wenn
    Du mir nahest, und mit bangem Zagen
    Mag ich es nimmer auszusprechen wagen,
    Die rechten Worte weiß ich nicht zu finden.

    Nicht eigenmächtig kann den Schritt ich lenken,
    Du schriebst die Bahn mir vor, nun muß ich immer
    Umkreisen Dich,
    Du wunderbare Sonne.

    In Deiner Nähe flieht, ein matter Schimmer,
    Vergangenheit und Zukunft meinem Denken,
    Dann fühl' ich nur des Augenblickes Wonne.
    _____

     

  • Karl Siebel (1836-1868)

    Alles

    Du bist mir viel gewesen;
    In deinem dunklen Blick
    Hab' lange ich gelesen
    Mein froh und trüb' Geschick.

    Bin ich mit dir gemeinsam,
    Die Seele selig ist -
    So fühl' ich, bin ich einsam,
    Daß
    du mir Alles bist.
    _____


    Friede

    Ich frug die Freunde. – Sie drückten
    Herzinniglich mir die Hand,
    Doch fühlt' ich – Keiner von allen
    So recht mein Wort verstand.

    Ich frug die Sterne. – Sie schwiegen,
    Sie wußten zu rathen nicht; -
    Ich frug die Blumen. – Sie wiegten
    Ihr lächelnd Angesicht. -

    Dir schaut' ich nur in die Augen,
    Du lächeltest mild mich an:
    Das hat dem krankenden Herzen
    Unendlich wohl gethan.

    Denn Alles, was es ersehnet,
    Dir tief in der Seele blüht -
    Ein stiller seliger Friede,
    Ein fromm und keusch Gemüth.

    Und ruhest
    du mir am Busen,
    So heilet jeglicher Schmerz;
    Den Frieden halt' ich umfangen,
    Der Friede zieht in's Herz.
    _____


    Zecherliebe

    Mein Herz ist ein Becher
    Voll perlendem Wein, -
    Und
    du bist der Zecher,
    Mein Liebchen vom Rhein.

    Die Perlen sind Lieder,
    Die Lieb' ist der Wein,
    Und Liebe und Lieder
    Und Herze sind dein!
    _____


    Troubadour

    Nach Liebe dürstend und von Schönheit trunken,
    So bin vor dir ich sehnend hingesunken.

    Du bist die Fürstin in dem Feenreiche,
    Anmuthumwob'ne, Herrlich' ohne Gleiche.

    Du bist die Göttin dieser schönen Erde.
    O schaffe
    du, daß mein ein Himmel werde!

    Wo
    du mich liebst, ist an der kleinsten Stätte
    Der Sonne hohes Zelt, des Segens Bette.
    _____


    Du bist meine Liebe

    Wohl sind mir glühende Rosen erblüht,
    Tiefdunkele Augen und lockiges Haar
    Umfingen, umstrickten mein träumend Gemüth
    Und nahmen die Sinne mir ganz und gar.
    Es wogte, es hob sich die sehnende Brust;
    Es ward ihr die wilde bezaubernde Lust: -
    - - - -
    Du bist meine Liebe!

    Wohl sind mir glühende Rosen erblüht,
    Doch schwanden und sanken die Blumen am Tag;
    Es sehnte und seufzte mein träumend Gemüth
    Den scheidenden Kindern der Nächte nach.
    Sie schieden und ließen die Wehmuth zurück,
    - - - -
    Du bist meine Liebe!

    Wohl sind mir glühende Rosen erblüht,
    Nun senkt sich der Frühling in's Herz mir hinein;
    Nun glühet und blühet mir tief im Gemüth
    Unendlichbeglückender Sonnenschein.
    Nun wallen die Nächte wohl ab und wohl auf,
    Nun waltet der Tage stets wechselnder Lauf
    - - - -
    Du bist meine Liebe.
    _____

     

  • Jegor von Sivers (1823-1879)

    Ein Wunsch, und der bist
    du!

    Gleich wie voll Klang
    Die Glocke wundersam erbebt,
    Erzittr' ich bang,
    Seitdem das Herz mir Liebe hebt.

    Was still und tief
    In meines Busens Räthselgrund
    Verborgen schlief,
    Erweckte heut dein Zaubermund.

    Wie lacht voll Lust
    Dein seelenvoller Blick mir zu!
    In meiner Brust
    Lebt nur ein Wunsch - und der bist
    du!
    _____

     

  • Reinhard Johannes Sorge (1892-1916)

    Nach Tages Kampf faßt
    du die pochende Hand,
    In letzter Sonne stille wandern wir
    Durch das Schweigen und über das schlafende Land
    Besänftigt.

    Bald neigt sich Nacht, neigt sich mein Auge zu dir,
    Und
    du erscheinst mir wie Engel vom Himmel gesandt,
    Wie heilige Mutter im Geist erscheinst
    du mir.
    Wir schweigen.

    Wenn sich dein Leib mir wie atmende Blüte anschmiegt,
    Fachst
    du Flamme um Flamme, fachst du das höhere Sein,
    Traum von Umschlingung und Kuß, der uns sternean wiegt,
    Glückselig.

    Spende dem Stammelnden, spende vom ewigen Wein.
    Schwinge geweihtester Lust, die zu Gottum entfliegt,
    Hülle uns, hülle aufrauschend die Liebenden ein.
    O Wunder!
    _____

     

  • Leonie Spitzer (1891-1940)

    Du hast mich erst gelehrt, was Leben ist!
    Ich fror: jetzt stehe ich in Flammen.
    Das Glück, das mir durch dich gegeben ist,
    schlägt wie ein Feuer über mir zusammen.

    Im Glück und Weh der allzu starken Glut
    packt mich die Angst, sie könnte mich verlassen -
    denn meine Hände können sie nicht fassen,
    so wie mein Herz es tut.
    _____

    Alles, was ich habe ist dein.
    Meine Gedanken und Handlungen tragen
    deinen Stempel, die Lieder sagen
    nur, was
    du trugest in mich hinein.
    Von der Art, meine Hände zu falten
    bis zur geringsten Alltäglichkeit
    hab ich alles von dir erhalten,
    hat dein Berühren mein Leben geweiht,
    und so ist es nicht zu vermeiden
    und
    du mußt mir gütig verzeihn,
    vermag ich nicht immer zu unterscheiden
    zwischen mein und dein.
    _____

    Ich weiß, daß ich dich noch nicht richtig liebe:
    Noch schloß ich mich nicht ganz dem Hasse zu
    und noch verbirgt sich in mir manches Trübe
    das anders ist, als
    du.

    Verzeih und habe weiter nur Geduld
    Wie deine Flamme täglich höher schlägt
    in mir, so löst die Schlacken sie der Schuld
    vom Herzen, das nur mehr dein Bildnis trägt.
    _____

     

  • Ilse von Stach (1879-1941)

    Deine Nähe

    Wie die milde Sommernacht beglückt,
    also lindert deine süße Nähe,
    lange schon gereiftes Leid und Wehe,
    tröstet auch in Tränen und entzückt.

    Meine Seele, die gebunden ist,
    hebt sich auf dem Fittich sanfter Träume
    lächelnd hoch in unbegrenzte Räume,
    haltlos, wenn
    du gegenwärtig bist.
    _____


    Abend

    Blaue nachtgewebte Schleier
    wallen um mein stilles Haus.
    Horch, des Abends holde Feier
    klingt in deinen Namen aus.

    Mond und Sterne, die da blinken,
    heißen
    du und alles du.
    Könnt ich so in dich versinken
    wie in dieses Abends Ruh.
    _____


    Ich und
    du

    I.
    Wenn von uns einer
    die schauernden Glieder gestreckt hat, -
    einer, der doch des anderen Süße
    und Pracht und Schönheit in seinem stillen Menschenbildnis
    als der Erde Wunder beschlossen, -
    wenn von uns einer,
    gottgetroffen, die Glieder gestreckt hat ...
    wie dann wird der andere stehen
    vor der großen, schweigenden,
    ewig sich selbst nur kündenden Einsamkeit?

    Denn des Entschwebten Dasein war Tröstung
    dem, der geblieben.
    Linde ging das Streicheln der Hände
    über die Stirn, eh noch des Leidens
    dunkelnde Welle abgelagert
    zu des eigenen Maßes Erkenntnis.
    Und es senkten sich die Wurzeln,
    senkten alle sich vertrauend
    in geliebtes Sein und Wesen
    schlummernd ein.

    Mach dich auf, der
    du geblieben, -
    deiner eigenen Form entkleidet,
    fragend, wer der Bettler sei ...
    Mach dich auf, - laß deine blöden
    Sinne tasten, -
    laß die losgelösten Wurzeln
    streben nach verborgenem Grund.

    II.
    Ach,
    du wirst an Gottes Pforten,
    wirst im Dunklen stehn und lauschen, -
    wirst auf Steinen knien, und deines
    Schmerzes Bäche werden strömen
    über dem gesenkten Haupt.
    Haupt
    du der Verlassnen.

    Bis geheimnisvolle Tröstung
    rührt mit wehend lindem Streicheln
    ... an die Stirne nicht, die hinter
    hoher Wölbung Gram umschließt. -
    An des Grames Trägerin rührt Gottes lindes Streicheln.
    Und das heilig Wesenhafte
    strömt hinein in Wesenhaftes,
    Geist in Geist.

    Und ein Adler, losgebunden,
    rauscht in fleischernem Gezelte,
    rauscht entfesselt deine Seele,
    die von Gott in letzter Treibjagd
    und für immer ihm erlag.
    _____


    Hast
    Du die Sehnsucht ...

    Hast
    Du die Sehnsucht nur geweckt zur Qual?
    Ich suche und ich fliehe Deine Nähe,
    mir bangt mein Herz, wenn ich Dein Antlitz sehe,
    und habe, Dich zu sehn, doch keine Wahl -
    ich muß! Ganz ungewollt und ungewußt
    will sich mein Weg nicht von dem Deinen wenden -
    und wollt ich gehn und wollt ich enden ...
    ich sänke jauchzend Dir an Deine Brust.

    _____

     

  • Karl Stieler (1842-1885)

    Dein

    Mein ganzes Leben ist nun dein für immer,
    Und jeder Atemzug ist eine Frage,
    Ob
    du mich lieb hast? – Ach, ich weiß es nimmer,
    Ob ich's beneiden soll, ob ich's beklage!

    Du bist die Kraft, wenn ich ermattet schwanke,
    Du bist die Sonne, wenn mein Tag wird trübe -
    Und geh' ich schlafen, ist's mein Nachtgedanke,
    Ob
    du mich lieb hast – so wie ich dich liebe?
    _____

     

  • Francisca Stoecklin (1894-1931)

    An den unsterblich Geliebten

    Meere sind zwischen uns und Länder und Tage.
    Aber ich weiß,
    Du wartest auf mich
    Jetzt und immer.
    Wissend und gut.
    Meere sind zwischen uns und Länder und Tage.

    Ich sehne mich nach dir,
    Nach deinen sanften Händen,
    Nach deiner frommen Schönheit,
    Nach deiner klugen Güte.
    O ich sehne mich nach dir.

    Alles, was ich habe, will ich dir schenken,
    Alles was ich denke, will ich dir denken,
    Ich will dich lieben in allen Dingen,
    Meine schönsten Worte will ich dir singen,
    All meine Schmerzen und Sünden will ich dir weinen.
    Meiner Seligkeit Sonnen werden dir scheinen.
    Was ich bin, will ich dir sein.

    Meine Träume sind voll deiner Zärtlichkeit.
    Mein Blut singt süß deine Unendlichkeit.
    Weiße Seele
    Unsterblich Geliebter.

    Du blühst sehr wunderbar
    Im Gestirn meiner Liebe,
    Im Schauer meiner Ängste,
    Im Lachen meines Glücks.

    Du blühst sehr wunderbar
    Im Gestirn meiner Liebe.
    _____

     

  • Theodor Storm (1817-1888)

    Du weißt es, wie mein ganzes Herz allein durch deine Milde lebt,
    Du weißt es, wie mein ganzes Herz allein in deinem Bilde lebt;
    Denn wie die Schönheit nimmer schön, die nicht der Seele Atem kennt,
    Wie durch des Lichtes Kraft allein der Zauber der Gefilde lebt,
    So ist das Leben nicht belebt als durch der Liebe Sakrament;
    Das fühlet, wer die Liebe fühlt, wer unter ihrem Schilde lebt.
    Ich aber, der die liebste Frau sein unverlierbar Eigen nennt,
    Ich fühle, wie die ganze Welt allein in ihrem Bilde lebt.
    _____


    Dämmerstunde

    Im Sessel
    du, und ich zu deinen Füßen -
    Das Haupt zu dir gewendet, saßen wir;
    Und sanfter fühlten wir die Stunden fließen,
    Und stiller ward es zwischen mir und dir;
    Bis unsre Augen ineinandersanken
    Und wir berauscht der Seele Atem tranken.
    _____


    Nachts

    Schon Mitternacht! Mein Kopf ist wüst -
    Zu Bett! Ich habe lang gewacht;
    Doch ob das Aug sich müde schließt,
    Wann kennt das Herz wohl Tag und Nacht?

    Das Herz, das Herz hat nimmer Ruh,
    Das fliegt zu dir durch Zeit und Raum,
    Im Traum mein süßes Leben
    du,
    Im Leben
    du mein süßer Traum!
    _____


    Trost

    So komme, was da kommen mag!
    Solang
    du lebest, ist es Tag.

    Und geht es in die Welt hinaus,
    Wo
    du mir bist, bin ich zu Haus.

    Ich seh dein liebes Angesicht,
    Ich sehe die Schatten der Zukunft nicht.
    _____

     

  • Viktor von Strauß und Torney (1809-1899)

    Der selige Tag
    (21. März 1831)

    O Lieb' im Himmel,
    Du warest wach!
    Er ist mir erschienen,
    Der seligste Tag!
    O
    du wogender Busen,
    An dem ich lag,
    Du lieblicher Mund,
    Der das Süßeste sprach,

    Ihr weißen Arme,
    Die ihr mich umfingt,
    Ihr Augen, die thauend
    Ihr übergingt,
    Der Segen Gottes
    Euch allzugleich!
    O Liebe, wie machst
    du
    Mich überreich!

    Ist das der Weg,
    Den ich gestern trat?
    Der Wald, die Fluren,
    Das Haus, die Stadt?
    O Welt, o Himmel,
    Wie anders ganz!
    Bestrahlt, vergoldet,
    Von Licht und Glanz!

    O
    du Meine, Meine
    Für Ewigkeit,
    Du Fülle der Liebe,
    Dir mir geweiht, -
    Dir lohne der Himmel,
    Was
    du mir verliehn,
    Ich kan nur jubeln
    Und dankend knie'n.
    _____


    Beruhigung

    Wangen an Wangen,
    Brust an der Brust,
    Süßtes Umfangen,
    Fülle der Lust!

    All' in den Sinnen
    Glück bis zum Weh!
    Laß mich von hinnen
    Eh' ich vergeh!

    Küsse ohn' Ende
    Tödten mich fast;
    Kosende Hände,
    Laßt mich, o laßt!

    Schmerzlich entlassen,
    Flieh' ich zurück.
    Ist es zu fassen,
    Alle das Glück,

    Freuden und Schmerzen,
    Qual und Genuß?
    Immer im Herzen
    Glüht mir der Kuß,

    Und es umfängt mich
    Schauer und Graus,
    Jaget und drängt mich
    Trunken hinaus;

    Stern', und in euern
    Seligen Chor
    Jauchz' ich der Theuern
    Namen empor;

    Lege mein Sehnen,
    Ringen und Glühn,
    Selige Thränen,
    Alles euch hin;

    Find' auf der Erde
    Himmel der Ruh,
    Liebe, und werde
    Heilig wie
    du.

    Denken und Leben
    Strömen zu dir.
    Was kann ich geben?
    Was gabst
    du mir!
    _____

     

  • Wilhelm Wackernagel (1806-1869)

    O
    du mein Mond in stiller Nacht,
    Der über mir am Himmel wacht,
    Und mit mir wacht und träumet,
    Und wenn ich schlafe meinen Traum
    Mit duft'gem Silber säumet!

    Du immer nah und immer fern,
    Mein Morgenstern, mein Abendstern,
    Vorbotinn aller Wonne!
    Und alle Wonne selber
    du,
    Du Mond, du Stern, du Sonne!

    O
    du mein Leid, du meine Lust!
    Du eine Ros' an meiner Brust,
    Ein Dorn in meinem Herzen!
    Ich drück' ihn tief ins Herz hinein,
    Und liebe dich mit Schmerzen.
    _____

    Ob
    du singen kannst, und wie?
    Schatz,
    du hast mir nie gesungen:
    Doch mit süßer Melodie
    Bist
    du mir ins Herz erklungen.

    Hoch am Himmel ziehst als Stern
    Meines Glückes
    du die Pfade,
    Du verliehen mir vom Herrn
    Als Verwesrinn seiner Gnade.

    Jeder Stern hat seinen Klang:
    Aber vor den andern allen
    Hör' ich, Braut, von deinem Gang
    Süßen Ton hernieder wallen.
    _____

    Du bist mein Traum bei Tage,
    Mein Wachen
    du bei Nacht;
    All was ich thu' und sage,
    Es ist an dich gedacht;
    Du bists, um derentwillen
    Im Stillen
    Mein Herze weint und lacht.

    In Liebesfluten schwebet
    Die Seele wonniglich;
    Dann schrickt sie auf und bebet
    Und zweifelt selbst an sich:
    Ich liebe dich von Herzen,
    Mit Schmerzen,
    Mit Freuden lieb' ich dich.
    _____

    O
    du in meine dunkeln Thale
    Vom Himmel mir herabgesandt
    Mit einer vollen Segensschale,
    Mein Engel, in der weißen Hand!
    Vom Meer der Lieb' ist mild getroffen
    Ein Thau auf dieses müde Haupt,
    Und wieder liebt mein Herz und glaubt
    Und schlägt in einem neuen Hoffen.

    O sanft gelehnt am Liljenstabe,
    Mein Engel
    du im lichten Kleid,
    Sei mein Geleit
    du bis zum Grabe,
    Und übers Grab noch mein Geleit!
    O bleibe bei mir! ach es dunkelt
    Aufs neue, läßt
    du mich allein,
    Du von der Sonne mir ein Schein,
    Die in der Welten Mitte funkelt.
    _____

    Wenn
    du liebeflüsternd nieder
    Dich zu mir, Geliebte, senkst,
    Träumerisch auf mich und wieder
    Lachend
    du dein Auge lenkst:

    O da fühl' ich daß beschieden
    Du mir bist das höchste Glück;
    Da in Ruh' und tiefem Frieden
    Spiegelt' dich mein Herz zurück.

    Wie es mag dem See gemuthen
    Wie er selig schauend schweigt,
    Weil sich über seine Fluten
    Hat der volle Mond geneigt.
    _____

    Dem Kinde gleich das in der Wiege
    Die Glieder dehnt in froher Ruh,
    Ja, Braut, so wiege dich und liege
    Und liegst in meinem Herzen
    du;

    Und schauest milden Blicks entgegen
    Dem, der auf dich sein Auge senkt,
    Und, gebe Gott dazu den Segen!
    Für dich auf tausend Freuden denkt;

    Und lauschest gerne seinem Sange
    Bei Tags Beginn, bei Tages Schluß,
    Und duldest daß er dich umfange,
    Und küssest wieder seinen Kuß.
    _____

    O
    du vom Lebensbaum ein Reis,
    Das mir der Herr gesendet,
    Nun hat mein Mühen schwer und heiß
    Wie lieblich sich geendet!

    Mein Paradiesesreis, das will
    Nun wurzeln mir im Garten!
    Wohlan, so will ich lieb und still
    Dich hegen, pflegen, warten;

    Und ruhen will ich dann und wann
    In deines Schattens Räumen,
    Und mich aus dieser Erde Bann
    Zurück nach Eden träumen.
    _____

    Wenn er sie und wenn sie ihn
    Küßt und flüstert "
    Du bist mein",
    Größre Freuden überschien
    Nie der Sonnenschein.

    Beide lehnen süß verwirrt
    Brust an Brust und Haupt an Haupt:
    Lilje von der Rose wird
    Heimlich da umlaubt.
    _____

    Meine Seele, mein Herz!
    Meine Lust und mein Schmerz!
    Mein willst
    du werden, mein willst du sein,
    Und mein auch bleiben, auf ewig mein,
    In Freud' und in Noth,
    Im Leben, im Tod!

    Im Leben, im Tod,
    In Freud' und in Noth
    Mein liebendes Herz, mein treues Gesicht,
    Ich halte dich fest und lasse dich nicht,
    Meine Lust und mein Schmerz,
    Meine Seele, mein Herz!
    _____

     

  • Maria Luise Weissmann (1899-1929)

    Du bist die silberne Weide am Bach.
    Schatten der Wolke
    Du schwimmend.
    Du gehst über die mondenen Wege.
    Die Städte-Straßen kennen Dich.
    Tiere spürten Deiner Fährte all.

    Nun suchen Waller, steile, Dich gebetvoll.
    Da rot mein Fuß ging - Deine Ferne brannte! -
    Liebend erkannten sich die Wandernden.
    _____


    Uralt...

    Schweig, mein Geliebter; Mund auf Mund
    Wurden wir groß, wurden wir alt
    In einem nie gestillten Bund,
    Alt wie der uralte Wald.

    Alt wie der Mond, mein Lichtgesicht,
    Bist
    du am Himmel tausend Jahr
    O schmale Sichel aufgericht,
    Der ich die Ernte war.

    Alt wie das Meer, die dunkle Saat,
    Nach dir gereift, sehnsüchtige Flut,
    Steigt zwischen uns den ewigen Pfad
    Dunkel das ewige Blut.
    _____

     

  • Paul Wertheimer (1874-1937)

    Sommernacht

    Uns einte nicht des Priesters Hand
    Mit Chören, feierlichen Flammen.
    Nur ein Marienfaden band
    Uns leicht und sommerlich zusammen.

    Uns hat die Sommernacht getraut
    Im blauen Dom voll Weihrauchkerzen -
    Du Sternenkind, du Windesbraut,
    Das war ein Neigen, Herz zu Herzen.

    Die Nacht frug priesterlich und groß:
    Wollt ihr euch froh der Liebe spenden?
    Ein Raunen rings. Ich hielt dein Los
    In meinen bebend trunknen Händen.
    _____

    Du weisst, wir bleiben einsam: du und ich,
    Wie Stämme, tief in Gold und Blau getaucht,
    Mit freien Kronen, die der Seewind streift;
    So nah, doch ganz gesondert, ewig zwei.
    Und zwischen beiden webt ein feines Licht
    Und Silberduft, der in den Zweigen spielt,
    Und dunkel rauscht die Sehnsucht her und hin.

    _____


    Marie

    In mancher Stunde fühl' ich dich so tief,
    In mancher Stunde bist
    du mir zu eigen,
    So wie der Lenz dem, der im Wald entschlief. -
    Durch alle Blüten geht ein süsses Neigen.
    Er aber lebt im Traum und atmet bang
    Den ganzen Frühling mit den goldnen Geigen -
    Mit Duft und Dämmer, Schweigen und Gesang.
    _____


    Ständchen

    Vernimmst
    du meiner Geige sehnsuchtstollen
    Aufschrei der nachtgebor'nen Melodien?
    Ich will mit Liedern wie mit wundervollen
    Blumenguirlanden deine Stirn umziehen.

    Du meine Welt, du mein geheimes Wissen!
    Was ist mir der Erkenntnis Sternenklarheit!
    In Nachtviolen, Rosen und Narzissen,
    In meinem Traum von dir ist meine Wahrheit!
    _____


    Schlummerlied

    Du bist ich und ich bin du ..
    Schliesst uns das Glück die Augen zu;
    Wiegt uns mit einem Sang zur Ruh:
    ..
    Du bist ich und ich bin du ..
    _____


    Im Volkston

    Meine Gedanken
    Ziehn, wo es ihnen gefällt,
    Und mit den Flügeln, den blanken,
    Wandern sie durch die Welt.

    Und mit sehnenden Schwingen
    Kehren sie heim, wo
    du bist,
    Und heben von dir an zu singen,
    Die meine Heimat ist.
    _____

     

  • Ernst von Wildenbruch (1845-1909)

    Das Lorbeerblatt

    Das dunkelgrüne Lorbeerblatt
    Im dunkelblonden Haar,
    Das ist's, was mich gefangen hat,
    Bezaubert ganz und gar.

    In meinen Träumen malt es sich,
    Und wachend ist's vor mir,
    Und sanft und mächtig ruft es mich,
    Ewig zu ihr, zu ihr.

    Und atm' ich ihre süße Näh'
    Wie stille wird mein Sinn,
    Gleich einem Strom in tiefer See
    Fließt meine Seele hin.

    All mein Verlangen kommt zur Ruh,
    Mein Sehnen schlummert ein,
    Denn meine Sehnsucht bist nur
    du,
    Nur
    du und du allein.
    _____


    Heilung

    Es liegt die Nacht auf Erden schwer
    Mit allen ihren Schauern;
    Mein Herz ist dunkel, kalt und leer,
    In mir ist nichts als Trauern.

    Steh auf,
    du Himmelssonnenlicht,
    Zünd' an die warmen Kerzen!
    Geh auf,
    du Engelangesicht,
    In meinem müden Herzen.

    Hauch' ab die kalte Erdennacht
    Mit deinem Flammenmunde!
    Lacht in das Herz mir, Augen, lacht!
    Daß ich, daß ich gesunde!
    _____

     

  • Bruno Wille (1860-1928)

    Ich und Du

    Wir hielten uns umschlungen;
    Nachtodem hauchte mild,
    Der Junimond durchblaute
    Gebüsch und Grasgefild.

    Ich staunte in die Landschaft;
    Die lag so fremd. Doch klang
    Geheim aus Sternenmeeren
    Ein heimatlicher Sang.

    Ich staunte in dein liebes,
    Mondbleiches Angesicht /
    Auf deiner Augen Grunde
    Erglomm ein fremdes Licht.

    Und dich auch sah ich staunen;
    Die Lippen zuckten stumm.
    So weh war unsre Liebe /
    Wir ahnten wohl, warum.

    So weh / ob Mund an Munde
    Auch süßen Taumel trank;
    So weh / ob Aug in Auge
    Auch liebetief versank.

    Wir fühlten, Herz an Herzen,
    Wie ewig dich und mich
    Ein banger Abgrund scheidet /
    Wir sind ja
    du und ich!

    Wir schluchzten auf / vor Heimweh!
    Die Heimat liegt so weit,
    Dort hinter Sternenmeeren,
    Weit, in der Ewigkeit.

    Dort in der Heimat findet
    Dies bange Schmachten Ruh:
    Es fließen ineinander /
    O selig / ich und
    du.
    _____

     

  • Kathinka Zitz-Halein (1801-1877)

    Sie und
    Du

    Sie nenn' ich gern jene Wesen
    Die nur flüchtig mir bekannt;
    Aber wen mein Herz erlesen
    Der wird
    Du von mir genannt.

    Sie verspottet Herzenstriebe,
    Du verheißt ein süßres Glück.
    Sie verscheucht den Gott der Liebe,
    Aber
    Du führt ihn zurück.

    Ihnen mag ich gar nichts geben,
    Sie sind nimmermehr für mich.
    Aber Dir weih' ich mein Leben,
    Was ich bin, bin ich für Dich.

    Ach! ein
    Du aus deinem Munde,
    Süßern Klang hört' ich noch nie;
    Du giebt Weihe unserm Bunde,
    Ferne sei das kalte Sie.

    Sie erreget oftmals Schmerzen,
    Läßt die Seel' beständig kalt,
    Aber
    Du, das geht von Herzen,
    Faßt die Seel' mit Allgewalt.
    _____


    An die Geliebte
    Nach dem Französischen

    An jedem Morgen bist
    du mir Aurora,
    Denn wo
    du bist strahlt mir die Sonne nur;
    Im Frühling bist
    du meine wahre Flora,
    Die andre weicht vor deiner Tritte Spur.
    Du bist Minerva, reichst mir Weisheitsblüthen
    Wenn ich des Wissens lichte Bahnen geh'.
    Als Iris strahlest
    du, wenn Stürme wüthen
    Dem Strandenden auf wild empörter See.
    Sei Hebe mir, die mir den Becher reichet.
    Willst
    du Cythere, mich beglückend sein,
    Dann jede Schönheit des Olympos weichet,
    Ich finde sie vereint in dir allein.
    _____


    Mein Fühlen und Denken

    Am Himmel meiner Nacht
    So wolkengrau und trübe,
    Bist
    du in stummer Pracht
    Der Abendstern der Liebe.

    Die himmlisch-süße Glut
    Das treu verschwiegne Sehnen,
    Nähr' ich mit meinem Blut
    Und sanften Wonnethränen.

    Du lebst im Herzensraum,
    Und auf daß ich nicht wanke,
    Bist
    du im Schlaf mein Traum,
    Im Wachen mein Gedanke.
    _____


    Glück der Liebe
    An den Verlobten

    Theilst
    Du das süße, das sel'ge Entzücken,
    Das mir der Himmel so huldvoll geschenkt,
    Wenn unsre Hände sich finden, sich drücken,
    Liebend mein Aug' an dem Deinigen hängt?
    Traurig entschwanden mir ehe die Tage,
    Hatte ja damals nicht Liebe gekannt;
    Doch nun versiechet sind Thränen und Klage,
    Seit ich, Geliebter, im Leben Dich fand.

    Wonne des Himmels, daß ich Dich gefunden!
    Heil der verhüllten, der göttlichen Macht,
    Die uns auf ewig in Liebe verbunden
    Bis zu des Todes umschleiernden Nacht.
    Tausch' nicht mein Loos mit dem König der Welten,
    Trifft auch ein Weh einst die bebenden Brust,
    Wird Deine Liebe mir reichlich vergelten;
    Dann hallt die Luft von dem Jauchzen der Lust.

    O! mein Gebieter,
    Du Fürst meines Lebens,
    Dir schlägt mein treues, mein sehnendes Herz;
    Du bist mein Heil, meine Wonne! vergebens
    Winket die Welt mir mit Freuden und Scherz.
    Mögen auch ringsum die Wolken sich trüben,
    Sinket die Sonne dann sterbenden Blick's,
    Ist mir von allem Dein Herz nur geblieben,
    Trotz' ich den wankenden Launen des Glück's.
    _____


    Verlorenes Leben

    Denn was der Mensch in seinen Erdeschranken
    Von hohem Glück mit Götternamen nennt,
    Die Harmonie der Treue, die kein Wanken,
    Der Freundschaft, die nicht Zweifelsorge kennt,
    Das Licht, das Weisen nur zu einsamen Gedanken,
    Das Dichtern nur in schönen Bildern brennt,
    Das hatt' ich all in meinen besten Stunden
    In ihm erkannt, und es für mich gefunden.
    Göthe

    Die Augenblicke wo ich Dich nicht sehe
    Sind mir verlor'n, ich zähle nur das Leben
    Nach jenen Stunden die in Deiner Nähe
    Gleich süßen Träumen, pfeilgeschwind entschweben;
    Mein übrig Sein ist nur ein Vegetiren
    Der Pflanze gleich, ohn' seliges Empfinden;
    Was könnt' ich denn gewinnen und verlieren
    An Tagen die mir ohne Dich entschwinden?
    Mein süßer Freund, kannst
    Du das Räthsel lösen,
    Das mich an Dich mit Zauberketten bindet?
    Mir ist als wär' ich immer Dein gewesen,
    Und wo die Seele sich zur Seele findet,
    Erklingen abgerissene Akkorde
    Aus jenen ew'gen Himmelsharmonien,
    Und Engelsstimmen singen leise Worte
    Die uns zu unsichtbaren Welten ziehen.
    Sei nur als Freund in Treue mir ergeben,
    Und innig wie ich Dich im Herzen trage,
    So weih' ich Dir mein Handeln und mein Leben.
    Du bist das Licht, die Sonne meiner Tage,
    Der Angelstern, um den sich die Gedanken
    Im Wirbelkreise wiederkehrend drehen;
    In meinem Fühlen kann ich nimmer wanken,
    Du wirst mich nimmer unbeständig sehen,
    Und keine Zeit wird jene Gluten kühlen,
    Die still und heilig wie ein magisch Feuer,
    In blau und rothen Flammenzungen spielen,
    Du bleibst der Freundin unverändert theuer.
    _____


    Alles in Dir
    An den Verlobten

    Wie Mumien in Katakomben schlummern,
    So schlummerte Dein Bild in meiner Brust;
    Des Lebens bin ich mir erst froh bewußt,
    Seitdem ich, o Geliebter! Dein mich nenne,
    Seitdem ich Dir in heil'ger Liebe brenne.
    Gleich Herculanum war mein Glück versunken,
    Mit Schutt bedeckt; allein was ich verlor,
    Das riefst
    Du schöner, herrlicher hervor,
    Und von Entzücken ward die Seele trunken,
    Begeistert durch den heil'gen Himmelsfunken.
    Du bist mir Alles, bist mir meine Welt!
    Das Rettungsbrett, das in dem Lebenssturme
    Mit letzter Kraft die Hand umklammert hält,
    Der Sonnenstrahl, der meines Daseins Düster
    Mit seinem milden schönen Licht verklärt;
    Ein Ton, der mit harmonischem Geflüster
    Durch meines Lebens Harfe fährt.
    Du bist der Traum der meine Nacht verschönet,
    Du bist das Ziel das meine Wünsche krönet,
    Dein Lächeln senket Himmelsfreuden
    Mir in das Herz, das Dir allein nur schlägt;
    Dein holder Blick verscheuchet schnell die Leiden
    Die fremde Mißgunst oft in mir erregt.
    Ich habe ja nur Dich, nur Dich allein,
    Von allen Gütern bliebest
    Du nur mein!
    Der letzte Ring von der zerbrochnen Kette,
    Der letzte blaue Punkt am Horizont,
    Der letzte Stern wo meine Hoffnung wohnt,
    Die einz'ge Zuflucht wo des Lebens Ruh
    Ich finden kann, die ist Dein Herz, bist
    Du!
    Du bist mir Alles, bist mir Leid und Wonne,
    Du bist das Wesen das mich glücklich macht,
    Du bist mein Licht, mein Frühling, meine Sonne,
    Mein Tag und meine Nacht!
    Du bist der Spiegel in dem meine Seele
    Sich wiederspiegelt, bist das schöne Loos
    Das ich erstrebe, das ich frei erwähle,
    Gewiß, mein Glück ist neidenswerth und groß.
    Du bist ein Strahl von der Glückseligkeit,
    Die beßre Hälft' von meinem eignen Wesen,
    Für mich zum Trost, zum reinsten Glück erlesen,
    Mein ganzes Leben ist nur dir geweiht.
    _____


    Die Braut an den Verlobten

    Entzückend wie ein himmlischer Akkord,
    Süß wie die eben aufgeblühte Blume,
    So lebt zu Dir die Liebe fort und fort
    In meines Herzens innerm Heiligthume.
    Du bist so gut, ich ehre Dich so sehr,
    Dir ist mein Glück, mein Hoffen und mein Leben
    Ganz unbedingt, ohn' Rückhalt hingegeben.
    Ich will nur Dich! was gäb's für mich auch mehr?
    Nur einen Theil von Deinem schönen Herzen,
    O, das genügt zu meinem Erdenglück!
    Ein Blick von Dir, verscheuchet Gram und Schmerzen,
    Ein Wort ruft die entfloh'ne Freud' zurück.
    Ja, mein Empfinden adelt die Gedanken,
    Erhebt die Seele, spricht den Leiden Hohn;
    Es bleibt sich gleich, kann nie und nimmer wanken,
    Denn meine Lieb' ist mir Religion.
    Mein Gott ist der Geliebte, meine Treue
    Der stille Gottesdienst den ich ihm weihe.
    _____

     

  • Stefan Zweig (1881-1942)

    Du!

    Früher zogen müd, auf schwankem Kiele
    Meine Träume dunklen Fernen zu.
    Doch nun eilt mit frohem Wimpelspiele
    Ihrer Botenschar in heitrer Ruh
    Hin zu einem lichten Sehnsuchtsziele
    Und dies Sehnsuchtsziel bist
    Du ...
    _____




     

 

 

zurück zum Verzeichnis

zurück zur Startseite