Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar
|
Stichwort: Fromm
16./17. Jh.
18. Jh.
19/20. Jh.
16./17. Jh.
Anonyme Barockdichter
Blandinchen / reiner schwan /
Der nichts / als
fromm seyn kan /
Dein heller tugend-schall /
Du schöne nachtigall /
Klingt besser / als Citrinchen /
Blandinchen.
_____
Sey mir willkommen / ach! sey mir willkommen /
Schönste Lisille / du krone der
frommen /
O! du mein alles! mein einzigs verlangen?
Hab ich dich oder hastu mich gefangen?
_____
Paul Fleming (1609-1640)
O Schönste der schönen/
benimm mir diß sehnen.
Komm/ eile/ komm/ komme/
du süße/ du
fromme.
Ach Schwester/ ich sterbe/
Ich sterb'/ ich verderbe.
Komm komme/ komm/ eile/
komm/ tröste/ komm/ heile.
Benimm mir diß sehnen/
O schönste der schönen!
_____
Der
Frommen
Die Schönste heißest du, wenn Schönheit schöne macht,
die Keuscheste von Zucht. Doch laß' ich mir behagen,
dir von der
Frömmigkeit
den Namen anzutragen,
die aus den Augen dir mit kluger Einfalt lacht.
Mund trifft mit Herzen zu. Der Schönheit sanfte Pracht
gibt deiner Demut nach. Es kommen Viel' und fragen,
wie kan ich ihnen doch was mehr und bessers sagen,
als was sie hatten schon bei sich von dir gedacht?
Dein Ansehn redt für dich, das sittige, das liebe,
in welches die Natur die Treflichkeit ganz schriebe,
die in der Seelen liegt und hell erglänzt, wie sehr
sie auch sich in sich hält. An Menschen nur sind Mängel
und was verwerflich ist. An dir, du reiner Engel,
ist ganz Verwerflichs nichts, ist ganz nichts Menschliches mehr.
_____
18. Jh.
Sophie Albrecht
(1757-1840)
Oede wird mir jeder Tag entweichen,
Jede Nacht sinkt mir in Thränen hin;
Nie wird Friede dieses Herz erreichen,
Jüngling! da ich ferne von dir bin.
Doch die Hoffnung, die wie Frühlings-Wehen
Um mich säuselt, und den Glauben stützt,
Sagt mir: Gott läßt dich mich wiedersehen,
Er, der gern ja
fromme Liebe schützt.
_____
Er schien so
fromm, er schien so gut -
Nur mir allein geweiht
Schwur er der Liebe heil'ge Gluth,
Für Zeit und Ewigkeit.
Da sang ich froh, da sang ich laut,
Das Lied von unsrer Gluth;
War stolz wie eines Engels Braut;
Denn er schien
fromm und gut! -
Doch, ach! bald schwand sein
frommer Sinn
Und Sünde ward sein Ziel;
Er schleuderte für Wallung hin
Des Herzens Hochgefühl.
_____
Gabriele von Baumberg
(1768-1839)
Wie eckel sind mir nun die Freuden alle,
Die mich vor kurzem noch so sehr entzückt!
Wie wenig kümmert's mich, ob ich gefalle:
Da, Jüngling, deine Liebe mich beglückt.
Ich schmiege mich, wie eine
fromme Taube,
An dich, an dich, den meine Muse preis't,
Und drehe mich zwar mit dem Fuss im Staube,
Doch weit, weit über Sternen fliegt mein Geist.
_____
Helmina von Chézy
(1783-1856)
An *
Der Frühling ist ein süßes Bangen,
Der Sommer ist ein heitres Glüh'n,
Bald will der goldne Herbst dir prangen,
Mit Segen krönend edle Müh'n;
Spät wird der ernste Winter kommen,
Mild, wie dein Herz, in weißer Pracht,
Bringt doch sein Nahen nur den
Frommen
Verheißung, daß der Lenz erwacht.
_____
An Ludwig Freiherrn Rançonnet
Ein Finden ist kein Finden,
Es ist ein Wiedersehn,
Was Seelen kann verbinden,
War ewig schon geschehn,
O, hege treu den Funken,
Der deine Brust durchglüht,
Der deine Seele trunken
Zum Flammenurquell zieht!
In Liebe nur ist Wahrheit,
In Treue nur ist Klarheit,
Ein Herz, treu,
fromm und wahr
Ist Gottes Hochaltar.
_____
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Fromm
sind wir Liebende, still verehren wir alle Dämonen,
Wünschen uns jeglichen Gott, jegliche Göttin geneigt.
Und so gleichen wir euch, o römische Sieger! Den Göttern
Aller Völker der Welt bietet ihr Wohnungen an,
Habe sie schwarz und streng aus altem Basalt der Ägypter,
Oder ein Grieche sie weiß, reizend aus Marmor geformt.
Doch verdrießet es nicht die Ewigen wenn wir besonders
Weihrauch köstlicher Art Einer der Göttlichen streun.
Ja, wir bekennen euch gern: es bleiben unsre Gebete,
Unser täglicher Dienst Einer besonders geweiht.
_____
In unsers Busens Reine wogt ein Streben,
Sich einem Höhern, Reinern, Unbekannten
Aus Dankbarkeit freiwillig hinzugeben,
Enträtselnd sich den ewig Ungenannten;
Wir heißens:
fromm sein! - Solcher seligen Höhe
Fühl ich mich teilhaft, wenn ich vor ihr stehe.
Vor ihrem Blick, wie vor der Sonne Walten,
Vor ihrem Atem, wie vor Frühlingslüften,
Zerschmilzt, so längst sich eisig starr gehalten,
Der Selbstsinn tief in winterlichen Grüften;
Kein Eigennutz, kein Eigenwille dauert,
Vor ihrem Kommen sind sie weggeschauert.
_____
Johann Christian Günther (1695-1723)
Du meines
Herzens halber Theil,
Mein Kind, mein Schaz, mein Heil, mein Leben,
Wirst gleichfalls mir in aller Eil
Ein Pflaster vor die Wunde geben;
Bleib
fromm und redlich, halt getreu -
Ein böser Tag geht auch vorbey.
_____
ALS ER ABSCHIED VON IHR NAHM
MEIN Engel, lebe wohl! Die Zunge kan nicht mehr,
Der Kiel erbebt und starrt, die Angst bestürmt mich sehr;
Doch, Kind, erfreue dich; Gott und die Zeit wird lehren,
Daß sie der
Frommen Wuntsch, der Liebe Seufzer hören.
_____
19./20. Jh.
Michel Berend (1834-1866)
O, wenn dir Gott ein Lieb geschenkt,
Behalt' es treu im Herzen,
Und was dich quält und was dich kränkt,
Mit ihr kannst du's verschmerzen;
Es schwindet jedes Leid der Welt,
Wenn Liebchens Träne darauf fällt -
Drum, wenn dir Gott ein Lieb geschenkt,
Behalt' es treu im Herzen.
Wenn
fromm auf dich ihr Auge schaut,
Aus Bitterm wird das Süß'ste,
Wie, wenn der Himmel tröstend blaut,
Zum Paradies die Wüste.
Der Hader und der Wahn schläft ein,
Das wilde Herz wird gut und rein -
Wenn
fromm auf dich ihr Auge schaut,
Aus Bitterm wird das Süß'ste.
_____
Frida Bettingen
(1865-1924)
Deine Liebe ist die
fromme Legende meiner Seele
Ein Stern stand über dem Walde.
Ein einziger, großer, wundervoller Stern.
Die Waldnymphe staunt:
Wie schön bist Du!
Dein Gang ist lauter.
Deine silbernen Strahlen
sammelt mein Herz.
"Liebliche" sagt der Stern.
Meine Bäume bröckeln auf
zu süß duftender Rinde.
Alle beugen sich ein in Deinen Glanz.
Meine Bäume schlafen nicht.
Aus ihren geheimnisvollen Seelen tropft Blut.
Schweres, süßes, goldenes Blut.
"Liebliche" sagt der Stern.
Ich stehe auf der zaubersamen Regenbogenbrücke.
Meine Augen sind Glanz.
Du wohnst ferne von mir.
Um die Tore der Wolken
wo Du wohnst
flattern die Lieder
meiner Heimat.
"Liebliche" sagt der Stern.
Deine Liebe ist die
fromme Legende meiner Seele.
_____
Peter Cornelius
(1824-1874)
Siehst du mir nur ins Aug' hinein
Siehst du mir nur ins Aug' hinein,
Nenn' ich die Welt, den Himmel mein!
Und wenn mich deine Hand nur drückt,
Gedenk' ich Gottes,
fromm entzückt.
Doch wenn dein Mund im Kuß mich hält,
Vergess' ich Himmel, Gott und Welt!
_____
Carl Ferdinand
Dräxler-Manfred (1806-1879)
Der reinen Liebe ist das ganze Leben
Rings aufgethan gleich einem offnen Buche,
Sie weiß mit ihrem
frommen Zauberspruche
Sich über Welt und Zeit hinwegzuheben.
_____
Aehnlich einer Zauberblume,
Die nur Einmal blühen will,
Stand im Herzensheiligthume
Meine Liebe
fromm und still.
Daß es nicht an andern fehle,
Wenn die eine welkt und bricht,
Daran dachte meine Seele,
Weiß der liebe Himmel! nicht.
_____
Ein Weib wie du, so lieb und innig,
An allen süßen Gnaden reich,
Das Herz so tief, der Geist so sinnig,
Das Aug so klar, der Mund so weich -
Ich ahnte nichts von solchen Wesen,
Da zuckt der Blitz, ich sehe dich,
Und
fromm wird, der ein Saul gewesen,
Und fleht zu dir: O liebe mich!
Du Inbegriff des Lieb- und Guten,
Mein All, mein Gott, mein Himmel du,
Laß mich zu Füßen dir verbluten,
Doch lächle mir nur liebend zu!
_____
Gustav Falke (1853-1916)
Fromm
Der Mond scheint auf mein Lager,
ich schlafe nicht,
meine gefalteten Hände ruhen
in seinem Licht.
Meine Seele ist still, sie kehrte
von Gott zurück,
und mein Herz hat nur einen Gedanken:
Dich und dein Glück.
_____
Ferdinand Freiligrath
(1810-1876)
Ruhe in der Geliebten
So laß mich sitzen ohne Ende,
So laß mich sitzen für und für!
Leg' deine beiden
frommen Hände
Auf die erhitzte Stirne mir!
Auf meinen Knien, zu deinen Füßen,
Da laß mich ruhn in trunkner Lust;
Laß mich das Auge selig schließen
In deinem Arm, an deiner Brust!
Laß es mich öffnen nur dem Schimmer,
Der deines wunderbar erhellt;
In dem ich raste nun für immer,
O du mein Leben, meine Welt!
Laß es mich öffnen nur der Träne,
Die brennend heiß sich ihm entringt;
Die hell und lustig, eh' ich's wähne,
Durch die geschloßne Wimper springt!
So bin ich
fromm, so bin ich stille,
So bin ich sanft, so bin ich gut!
Ich habe dich - das ist die Fülle!
Ich habe dich - mein Wünschen ruht!
Dein Arm ist meiner Unrast Wiege,
Vom Mohn der Liebe süß umglüht;
Und jeder deiner Atemzüge
Haucht mir ins Herz ein Schlummerlied!
Und jeder ist für mich ein Leben! -
Ha, so zu rasten Tag für Tag!
Zu lauschen so mit sel'gem Beben
Auf unsrer Herzen Wechselschlag!
In unsrer Liebe Nacht versunken,
Sind wir entflohn aus Welt und Zeit:
Wir ruhn und träumen, wir sind trunken
In seliger Verschollenheit!
_____
Emanuel Geibel
(1815-1884)
Es giebt wohl Manches, was entzücket,
Es giebt wohl Vieles, was gefällt;
Der Mai, der sich mit Blumen schmücket,
Die güldne Sonn' im blauen Zelt.
Doch weiß ich Eins, das schafft mehr Wonne,
Als jeder Glanz der Morgensonne,
Als Rosenblüt' und Lilienreis:
Das ist, getreu im tiefsten Sinne
Zu tragen eine
fromme Minne,
Davon nur Gott im Himmel weiß.
_____
Der Liebenden
Seitdem die Liebe dir genaht, der Reinen,
Ist's wie ein Zauber über dich gekommen;
In süßem Feuer ist dein Aug' erglommen,
Doch schöner blickst es noch in sel'gem Weinen.
Oft, wenn du wandelst, will es mir erscheinen,
Als sei die ird'sche Schwere dir genommen;
Dein Thun ist wie der Blumen Blühn, der
frommen,
Und wie der Engel ist dein Wunsch und Meinen.
Das Wort erblüht von selbst dir zum Gedichte,
Doch schweigst du, strahlt, die Rede zu ergänzen,
Von deiner Stirn die Lieb' im reinsten Lichte.
So sah dereinst, entrückt der Erde Gränzen,
Auf Beatricens schönem Angesichte
Den Strahl des Paradieses Dante glänzen.
_____
Weil mein Mund den klugen Leuten
Oft nur halbe Antwort stammelt,
Heißen sie mich den Zerstreuten,
Doch ich bin in dir gesammelt.
Laß an Babels Thurm sie bauen!
Aber mich soll eins nur freuen,
Fromm in innerlichem Schauen
Mir dein Bildniß zu erneuen.
Und so leb' ich Stund' um Stunde
Einsam mitten im Getriebe,
Still durchsonnt im Herzensgrunde
Vom Bewußtsein deiner Liebe.
_____
Wo still ein Herz voll Liebe glüht,
O rühret, rühret nicht daran!
Den Gottesfunken löscht nicht aus!
Fürwahr, es ist nicht wohlgethan.
Wenn's irgend auf dem Erdenrund
Ein unentweihtes Plätzchen giebt,
So ist's ein junges Menschenherz,
Das
fromm zum erstenmale liebt.
_____
Hermann von Gilm
(1812-1864)
Gottvergessne Liebe
Küßt mich die Mutter Abends
Aus ihres Herzens Grund;
So macht sie stets ein Kreuzchen
Mir
fromm auf Stirn' und Mund.
Ich küßte dich wohl öfter
In süßer Abendstund';
Du hast mir nie ein Kreuzchen
Gemacht auf Stirn' und Mund.
Und daß ich jetzt so vieles
Und herbes Leid erduld',
Daran ist wohl die Liebe,
Die gottvergeßne, schuld.
_____
Raphaele
Wohin, o Mensch? Woher bist du gekommen?
Das sind die metaphysisch dunkeln Fragen,
Die manches edle Menschenherz benagen,
Von sternenloser Zweifelsnacht beklommen.
Was dich in unser Erdenthal getragen,
Das weiß ich längst; aus deinen himmlisch
frommen
Und schönen Augen hab' ich es genommen,
Die kindlich plaudernd das Geheimnis sagen.
Sei mir nicht böse, wenn ichs nacherzähle!
Du warst die einz'ge Frauenengelseele,
Daß auch im Himmel Weiblichkeit regiere.
Nicht herrschen, - lieben wollte Raphaele;
Da wies der Schöpfer ängstlich ihr die Thüre,
Daß sie ihm seine Engel nicht verführe.
_____
Adolf Hain (1825-1854)
Da sah ich dich, du feine zarte Blume!
Und Sonnenlicht drang in die kranke Brust
Aus deiner
frommen Augen Heiligthume,
Dein Mund, er lächelte mir neue Lust:
So gut, so rein, nicht eitel, fern von Ruhme:
Da ward ich jener Wahrheit mir bewußt,
Daß keine Wahrheit in der Lust der Sinne,
Daß Seelenliebe nur das Glück gewinne.
_____
Friedrich Halm
(1806-1871)
Zweifach ist Liebe; eine heiß und wild,
Voll Lust und Leid, voll Kampf und Sieg und Wunden,
Und eine
fromm, nachsichtig, sanft und mild,
Doch wen'ger oder mehr allein empfunden.
_____
Robert Hamerling
(1830-1889)
Deute mir den süßen Zauber,
Der die Frauenlippe würzt:
Daß uns ihre Glutberührung
In ein Meer von Wonne stürzt?
Solchem Wunder nachzuspüren
Ist so
fromm, als wie des Seins
Ew'gem Grunde nachzugrübeln:
Alle Wunder sind nur eins.
_____
Ich will ja nichts!
O laß an deiner Seite mich, im Kreise deines Lichts!
Ich will ja
fromm und ruhig sein – laß mich, ich will ja nichts!
An süß Gekose denk' ich nicht, an Druck der Hände nicht;
An einen Kuß – o nicht von fern! Laß mich, ich will ja nichts!
Laß ruh'n mein Haupt an deiner Brust; will ruh'n so zart, so rein,
Wie Schwanenfittig auf dem See – laß mich, ich will ja nichts!
Ich ford're ja nicht Liebe, nein! was drückst du mir so streng
Des Haßes Pfeil in's tiefste Herz? Laß mich, ich will ja nichts!
_____
Heinrich Heine (1797-1856)
Minnegruß
Die du bist so schön und rein,
Wunnevolles Magedein,
Deinem Dienste ganz allein
Möcht ich wohl mein Leben weihn
Deine süßen Äugelein
Glänzen mild wie Mondesschein;
Helle Rosenlichter streun
Deine roten Wängelein.
Und aus deinem Mündchen klein
Blinkts hervor wie Perlenreihn;
Doch den schönsten Edelstein
Hegt dein stiller Busenschrein.
Fromme
Minne mag es sein,
Was mir drang ins Herz hinein,
Als ich weiland schaute dein,
Wunnevolles Magedein!
_____
Die Lotosblume ängstigt
Sich vor der Sonne Pracht,
Und mit gesenktem Haupte
Erwartet sie träumend die Nacht.
Der Mond, der ist ihr Buhle,
Er weckt sie mit seinem Licht,
Und ihm entschleiert sie freundlich
Ihr
frommes
Blumengesicht.
Sie blüht und glüht und leuchtet,
Und starret stumm in die Höh;
Sie duftet und weinet und zittert
Vor Liebe und Liebesweh.
_____
Alfred Walter Heymel
(1878-1914)
Gelöbnis
Mir soll die Freundschaft heilig sein,
die Liebe ein Gebet.
Euch süßen Frauen will ich ein
getreuer Knecht und Liebling sein,
solang mein Atem geht.
Ich trete in den Tempel ein,
hoch, stolz und leicht erbaut.
Dir, Aphrodite, ganz allein
will ich ein
frommer Priester sein,
bis schwarzes Haar ergraut.
Muß endlich dann gestorben sein,
bringt mir das letzte Mahl,
bringt Lichter, Rosen, klaren Wein,
mein Leben soll genommen sein
von Lippen fein und schmal.
_____
Joseph Emanuel Hilscher
(1806-1837)
Ihre Schönheit
Vergebens hab' ich Worte ausgewählt,
Um deiner Schönheit Allgewalt zu singen:
Dem
frommen Eifer will es nicht gelingen,
Ich fühle, daß es mir an Ausdruck fehlt.
Denn alle Anmuth, so die Erde zählt,
Seh' ich in dir um Oberherrschaft ringen;
Und alle Reize, welche dich umschlingen,
Sind ganz von deinem schönen Geist beseelt.
O! diese Schönheit hegt des Feuers Macht:
Sie glänzet, sie erwärmet, und verzehrt
Die Schlacken jeder Seele, die ihr naht.
Nie wird sie von der Hand der Zeit zerstört,
Nie wird sie schwinden in des Todes Nacht,
Weil sie die Quelle in dem Geiste hat.
_____
Ludwig Jacobowski
(1868-1900)
Der Kerker
Vor der Mutter hält mein Bildnis
Tiefgeheim mein Lieb geborgen;
Zwischen
frommen keuschen Blättern
Des Gesangsbuchs ruht mein Bildnis!
Goldig auf dem sammt'nen Buche
Glänzt das Schmerzenskreuz des Heilands. -
Kannt' als Knabe schon die Lieder,
Die man sang aus sammtnen Buche,
Sang vom Trost im heil'gen Geiste,
Von der ew'gen Heilandsliebe,
Von der Zuversicht im Vater,
Und im Sohn und heil'gen Geiste,
Von der Reu des argen Sünders,
Und der bösen Heidenrotte ...
Zwischen diesen
frommen Blättern
Ruht das Bild des argen Sünders.
Wenn sie singt im hohen Dome
Aus den
frommen keuschen Blättern,
Sing ich, ein verlorner Jude,
Weinend mit im hohen Dome.
_____
Unverbesserlich
Wenn du so mit klugem Munde
Meinem heißen Drängen wehrst,
Hundertmal in einer Stunde
Mich in
frommer Zucht belehrst - -
Hör ich nur den Klang, den weichen,
Und der Lippen holdes Spiel;
Und zu hundert neuen Streichen
Lockt mein zärtliches Gefühl! ...
_____
Nikolaus Lenau
(1802-1850)
Stumme Liebe
Ließe doch ein hold Geschick
Mich in deinen Zaubernähen,
Mich in deinem Wonneblick
Still verglühen und vergehen;
Wie das
fromme Lampenlicht
Sterbend glüht in stummer Wonne
Vor dem schönen Angesicht
Dieser himmlischen Madonne! -
_____
Hermann Lingg (1820-1905)
Aus Nacht
Dein Herz, so liebevoll und schön,
O wär' es mir gewogen!
Ich schaute dann in lichte Höh'n
Aus dunklen Lebenswogen.
Ich würde nicht im Streit mit mir
Wild hin und her getrieben,
Ich würde
fromm sein und mit dir
Die Welt und Alles lieben.
_____
Hermann Löns (1866-1914)
Maiandacht
Von dem Dom acht Glockenschläge schallen,
Aus den Fenstern flimmert Kerzenglanz,
Tausend hübsche kleine Mädchen wallen
Nach dem Dom mit Buch und Rosenkranz.
Tausend hübsche stramme Burschen warten
An der Kirchtür und flüstern leis:
Schätzchen, um halb neun im städt’schen Garten!
Tausend Mündchen flüstern: Ja, ich weiß!
Drinnen senken sich die hübschen Köpfchen,
Und das Knie das Kirchenpflaster küßt,
Unter all den Löckchen und den Zöpfchen
Kein Gedanke bei der Predigt ist.
"Gott sei Dank! Die Predigt ist zu Ende,"
Schnell nach draußen strömt der bunte Hauf,
Und des Schloßparks breite Laubgelände
Nehmen die verliebten Pärchen auf.
Welch ein Küssen, Drücken, süße Sünden!
Selbst das
frommste Herzchen wird gerührt –
Kalter Himmel, deine Schrecken schwinden,
Und die heiße Hölle triumphiert.
_____
Hieronymus Lorm
(1821-1902)
Vereinigung
Geliebte Frau, in deinem Arm
Umfängt mich eine Welt der Ferne,
Ich lese klar die Schrift der Sterne,
Geliebte Frau, in deinem Arm.
Was ich in jenen Höhen lerne,
Besiegt der Erde nahen Harm.
Geliebte Frau, in deinem Arm
Umfängt mich eine Welt der Ferne.
Was Himmelssterne mir vertraut,
Von deinen Lippen wird's besiegelt;
Ein ird'scher Stern, dein Auge, spiegelt,
Was Himmelssterne mir vertraut. -
Des All's Geheimniß ist entriegelt!
Ich glaube, spricht's auch ohne Laut,
Was Himmelssterne mir vertraut:
Von deinen Lippen wird's besiegelt!
Denn liebessel'ger Vollgenuß
Ist Himmelreich im Raum der Stunde.
Was spricht mit kußverschlossnem Munde
Denn liebessel'ger Vollgenuß?
Daß
fromme Sehnsucht ist im Bunde
Und Glut der Andacht mit dem Kuß!
Denn liebessel'ger Vollgenuß
Ist Himmelreich im Raum der Stunde.
_____
Christian Morgenstern (1871-1914)
Ich küsse dich auf deine Lebenslinie,
da wo der Handschuh mir die Lücke läßt...
Ich küsse dich auf deine Lebenslinie ...
So zierlich ruht sie im gewählten Nest!
Und wie mein Mund sich zärtlich auf sie preßt,
da segnet er
fromm
mit ihr gleich auch den Rest, -
dein ganzes Leben mit der lieben Linie ...
_____
Eduard Mörike (1804-1875)
An Luise
Ich sehe dich mit rein bewußtem Willen
Gelassen dich in deinem Kreis bewegen,
Noch sanft durchglüht vom letzten Vatersegen,
Mit Heiterkeit des Tages Pflicht erfüllen.
Du magst so gerne unbelauscht im stillen
Die zarten Blüten deines Geistes pflegen
Und kindlich, um das höchste Wort verlegen,
Den Reichtum deiner tiefern Brust verhüllen.
Wer so dich kennet, ja, der glaubt aufs neue,
Daß Unschuld, Wahrheit, Demut,
fromme Treue
Noch immer nicht von dieser Erde schieden.
Doch wenn es wahr ist, daß ein göttlich Walten
Den schönsten Kranz der Tugend vorbehalten -
Wer wäre würdig, dir ihn darzubieten?
_____
Erich Mühsam (1878-1934)
Fleischeslust
Küsse mich! Gib mir die lüsternen Lippen,
himmlische, wilde Hetäre!
Glaubst du, daß sich an unsern Gerippen
Gottes Liebe bewähre?
Glaubst du, es könnte zu ewiger Gnade
jemals die Seele schreiten,
stählt sich der Leib nicht im zeitlichen Bade
ewiger Seligkeiten?
Liebet einander! der Herr hat's geboten.
Tu seinen Willen, du
Fromme!
Liebe für Liebende! Tod für die Toten!
Wirf ab deine Hüllen - und komme!
Küsse mich! Eine Nacht soll uns schaffen
ewigen Himmels Beglücktsein.
In meine Arme! - Laß' Nonnen und Pfaffen
Gott lästernd keusch und verrückt sein!
_____
Clara Müller-Jahnke (1860-1905)
Johannisnacht
Umwogt von weißen Nebelschleiern
von blühenden Rispen überdacht -
komm mit ins Korn! Wir wollen feiern
die heilige Johannisnacht.
Da treibt aus taugetränktem Grunde
in alle Halme hoch der Saft,
da wirkt in klarer Vollmondstunde
uralter Gottheit Wunderkraft.
Wir fühlen tief das heilige Reifen
und - eins im andern
fromm
bereit -
stillsegnend unsre Stirnen streifen
den Blütenhauch der Ewigkeit.
_____
Wilhelm Müller (1794-1827)
Vereinigung
Wenn ich nur darf in deine Augen schauen,
In deine klaren, treuen,
frommen
Sterne,
So fühl' ich weichen das geheime Grauen,
Das Lieb' und Liebe hält in stummer Ferne.
Und unsre Herzen wollen sich begegnen
In langen Blicken, die mit Thränen ringen,
Und unsre Liebe will ein Engel segnen:
Er schlägt um uns die weichen, warmen Schwingen.
Nach seinem Namen wag' ich nicht zu fragen,
Noch nach dem Namen dessen, der ihn sendet;
Ich darf ja wieder weinen, wieder klagen:
Fürwahr, mich hat kein eitler Wahn geblendet!
_____
Betty Paoli (1814-1894)
Sie suchen rauh, mit feindlichen Gewalten,
Den
frommen Geist der Liebe zu bezwingen;
Doch was sie wünschen, werden sie's vollbringen?
Nur brechen kann mein Herz, doch nicht erkalten!
Des Trennungsabgrunds schauerliche Spalten
Weiß der Gedanke rasch zu überspringen;
Es eilt mein Lied zu dir auf mächt'gen Schwingen,
Die sich im Sturm noch kräftiger entfalten.
_____
Weil meine Brust an deiner hat gelegen,
Weil einst dein Haupt geruht in meinem Schooß,
Und weil als
frommer, heil'ger Liebessegen
Auf deine Stirne meine Thräne floß;
Weil du verstanden meiner Pulse Beben,
Weil einst mein Kuß geglüht auf deiner Hand,
Weil ich ein Theil einst war von deinem Leben
Und weil du mich einst deine Braut genannt: -
So wird fortan in allen künft'gen Tagen
Hoch über allem Schmerz und aller Lust,
Dein Bild als ew'ge Pyramide ragen,
In der Sahara meiner tiefsten Brust.
_____
Alfons Petzold
(1882-1923)
Sage, daß Du mich lieb hast,
setz Dich zu mir her!
Lieb, es ist mein Weg so schwer
und so gut bei Dir die Rast.
Will nicht schauen, will nicht denken,
all das schafft so arge Pein,
will mich ganz in Ruh' versenken
und nur Schale Deines Atems sein.
Lege all Dein Tun beiseit,
Liebling Gottes, komm!
Schenk mir in den Becher Zeit
einen Tropfen Ewigkeit,
daß ich wieder werde
wie die liebe Erde,
reich an Glauben, still und
fromm.
_____
Robert Prutz (1816-1872)
Nur deine Hände kann ich fassen,
Die treu an meinem Glücke baun,
Erröthen kann ich und erblassen
Und fragend in dein Auge schaun;
Mein Haupt zu deinem kann ich neigen
Und zärtlich pressen Mund auf Mund –
Da thut mein Kuß mit
frommem Schweigen
Dir meiner Brust Geheimniß kund.
_____
All
Du bist das keusche Mondenlicht,
Das still und klar durch Wolken bricht,
Und bist der Sonne Feuerstrahl,
Der Blumen weckt in Berg und Thal.
Der
fromme Abendstern bist du,
Der lächelnd winkt zu sel'ger Ruh',
Und bist der Blitz, der, gottentstammt,
Der Seele Dunkel mir durchflammt.
Doch – "Namen sind nur Rauch und Schall!"
Sei, wie du bist, du bist mein All!
In deine Seele schließ' mich ein,
Die Meine du, ich ewig dein!
_____
Du mit der schwanenweißen Brust,
Berauschend wie der Duft der Traube,
Du meine flammenheiße Lust
Und keusch und züchtig wie die Taube;
Aus deines Auges milden Sternen,
So lockend und so
fromm dabei,
Wann werd' ich je zu Ende lernen
Der Liebe süße Litanei?
_____
Ruhe
Herrlich ist's, voll Glutverlangen
In den Armen dir zu hangen,
Fühlen, sanft herabgezogen,
Deines Busens stürmisch Wogen,
Deinen süßen Athem trinken,
Ganz in Wonne untersinken!
Aber süßer noch, ohn' Ende
Halten deine lieben Hände,
In die Augen dir, die blauen,
Spiegel deiner Seele, schauen,
Wortelos, mit
frommem Schweigen,
Fühlen, wie du ganz mein eigen.
_____
In der Liebe goldnen Fluten
Bade dich gesund, o Herz!
Angeweht von ihren Gluten,
Kühlt und lindert sich dein Schmerz;
Neue Sonnen läßt sie tagen,
Leuchtend über Berg und Thal,
Knospen, die der Sturm zerschlagen,
Blühn durch sie zum zweiten Mal.
Denk' der liebelosen Zeiten,
Die du einsam hast verlebt,
Eh' mit ihren Seligkeiten
Fromme Liebe dich durchbebt;
Deines Herzens junge Triebe
Sehnten sich nach Lust und Licht,
Liebe wollt'st du, nichts als Liebe,
Und man bot dir starre Pflicht.
_____
Alles Schöne, alles Gute
Ist der Liebe
fromme Saat;
Folge denn mit kühnem Muthe
Gern und willig ihrem Pfad!
Freue dich der stolzen Wonnen,
Die du nimmst und die du giebst –
Ach, bald ist der Sand verronnen,
Und du lebst nur, wenn du liebst!
_____
Von allem, was da ist und lebt auf Erden,
Ist nichts so
fromm und heilig im Gemüthe
Und nichts so keusch und lieblich von Geberden:
Als wie ein Weib in seiner Schönheit Blüte,
Daß sich dem Manne will zu eigen geben,
Aus Liebe halb und halb aus milder Güte.
_____
Anton Renk (1871-1906)
Dein Bildnis da! - "So schön und hold und rein ..."
Ich sitze still in meinem Heiligtume
Und bete
fromm: "Du bist wie eine Blume -"
Der Tag sei dein!
_____
Francisca Stoecklin
(1894-1931)
Meere sind zwischen uns und Länder und Tage.
Aber ich weiß,
Du wartest auf mich
Jetzt und immer.
Wissend und gut.
Meere sind zwischen uns und Länder und Tage.
Ich sehne mich nach dir,
Nach deinen sanften Händen,
Nach deiner
frommen Schönheit,
Nach deiner klugen Güte.
O ich sehne mich nach dir.
_____
Moritz Graf von
Strachwitz (1822-1847)
Ich will ja nicht an deinem Munde saugen,
Nur
fromm und gläubig in dein Antlitz schauen
Und auf dem Strahle deiner Wunderaugen
Zum Äther hin demantne Brücken bauen.
_____
Entweicht von meiner Seele Spiegel,
Ihr Nebel, die ihr ihn umzogt,
Es ist der Liebe Schwanenflügel,
Der über meinem Haupte wogt.
Und sieh! Du kommst dahergefahren,
Frau Minne, durch des Äthers See:
Doch anders bist du als vor Jahren
Und strahlender, allmächt'ge Fee!
Du träuftest sonst mir als Armide
Den Zauberschlaf ins beste Mark.
Nun kommt dein Kuß, wie Gottesfriede,
Und macht mich freudig,
fromm und stark.
Und kamst du sonst geschäumt, geschossen,
Ein Strom, der vom Gebirge rollt,
So liegst du jetzo mild ergossen,
Ein See im keuschen Sonnengold.
_____
Albert Traeger
(1830-1912)
Schau' tief ich in Dein Auge nieder
Schau' tief ich in Dein Auge nieder,
Kommt über mich ein Kindestraum:
Die bunten Lichter glänzen wieder
An unserm grünen Weihnachtsbaum
Die Hände wollen mir sich falten,
Es fällt ein
frommer Spruch mir ein,
Den andachtsvoll wir Kleinen lallten:
Kind Gottes, kehre bei uns ein!
_____
Kurt Tucholsky
(1890-1935)
Wenn ich so müd nach Hause komm,
zerredet und zerschrieben:
dann sitzt du da, so lieb und
fromm.
Man muß, man muß dich lieben!
Die Nacht gleich einem Feste ist.
Ich weiß, daß du die Beste bist.
Und warum ist das? Nämlich:
Du bist so himmlisch dämlich.
_____
|