Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: heimlich)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 



 

Stichwort: heimlich

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20. Jh.

 

16./17. Jh.

 

  • Anonyme Barockdichter

    Der verstellte liebhaber

    Mein kind / laß uns fein
    heimlich lieben /
    Nicht wie es sonst pflegt zu geschehn;
    Wir müssen unsre lust verschieben /
    So offt es andre leute sehn;
    Wir müssen uns ein wenig drücken
    Und lernen in die leute schicken.

    Wir wollen so zusammen halten /
    Daß niemand uns verrathen kan;
    Wenn du mich siehst die hände falten /
    So bet ich deine schönheit an;
    Wenn meine arme sich bewegen /
    So wünsch ich dich herein zu legen.

    Schlag' ich die augen in die höhe /
    So gehn die seuffzer über sich;
    Und wenn ich für mich niedersehe /
    So grüßet mein gehorsam dich.
    Merck / wenn ich an die lippen rühre /
    Daß durch die lufft ich küsse führe.

    Wenn ich mit meinen fingern spiele /
    So drück ich gleichsam deine hand;
    Und wenn ich an die stirne fühle /
    Bedeut es
    heimlichen verstand /
    Ja jede stellung für den leuten
    Muß etwas sonderlichs bedeuten.

    Kein mensch soll mercken was ich mache /
    Und wie es um uns beyde steh' /
    Ich gehe traurig wenn ich lache /
    Und lache wenn ich traurig geh':
    Aus mir kan keinem was erhellen /
    Ich kan mich stellen und verstellen.

    Wir beyde reden ohne zungen /
    Vernehmen uns auch ohngefehr;
    Wirstu zu tadeln mich gezwungen /
    Halt ich es doch für eine ehr;
    Du wirst es auch nicht übel nehmen /
    Wenn ich aus noth dich muß beschämen.

    Hörst du mich / oder ich dich / nennen /
    Wird keine röth uns abgejagt;
    Wir thun als wenn wir uns nicht kennen /
    Und wissen nicht was jener sagt:
    Verirt man uns / so braucht man lügen
    Sich mit der warheit zu begnügen.

    Nun dieses wollen wir so treiben
    Und uns so lieben unvermerckt /
    Und immer bey dem läugnen bleiben /
    Biß unsre blödigkeit sich stärckt;
    Das aber kan so offt geschehen /
    So offt wir uns alleine sehen.

    Verschwiegenheit in liebes-sachen
    Ist eine recht bewährte kunst.
    Wir wollens fein behutsam machen
    Und ganz nicht äussern unsre brunst.
    Ist ein verliebter nur verschwiegen /
    Kan er die klügsten auch betriegen.
    _____


    Die verborgene Wollust

    Oeffentlich züchtig
    Und erbar von schein;
    Heimlich lust-süchtig /
    Voll brünstiger pein /
    Ganz eingezogen
    Und keusch sich gestellt /
    Das hat in der welt
    Manch klug-dünckend auge betrogen.

    Liebe verachten /
    Wo jemand zur hand /
    Doch
    heimlich trachten
    Zu leschen den brand.
    Mit küssen / herzen /
    (Offt folgt auch was mehr;)
    Da läst sich die ehr /
    Ach! leicht und geschwinde verschertzen.

    Recht keusch in warheit /
    Da ruhet die lust /
    In ehren-klarheit /
    Und labet die brust.
    Von keuschheit rühmen
    Und keusch doch nicht seyn /
    Trifft nimmer wohl ein /
    Wie schön mans gleich denckt zu verblümen.

    Drum dencket daran /
    Die ihr euch verliebt /
    Wie diß schaden kan /
    Und schmerzlich betrübt /
    Hingegen lieben /
    Und keusch doch auch seyn /
    Das bringt zwar auch pein /
    Doch ändert die lust das betrüben.
    _____


     

  • Paul Fleming (1609-1640)

    Heimliches Einverständniß

    Muß sie gleich sich itzund stellen,
    als wär' ich ihr unbekant
    meint drum nicht, ihr Mitgesellen,
    daß ihr Sinn sei umgewant.
    Ihre Treu' in unsrem Handel,
    die weiß ganz von keinem Wandel.
    Amor liebet solche Herzen,
    die des Mundes Meister sein,
    die bei Trauren können scherzen
    und erfreuet sein in Pein.
    Wer will paßfrei sein im Lieben,
    der muß sich im Bergen üben.
    Also wenig sie sich hassen
    und nicht selber sie sein mag,
    also wenig wird sie lassen
    den, der sie zu sein stets pflag.
    Eins, das sich dem andern giebet,
    liebt es, wie sichs selten liebet.
    Dennoch hat sie mich im Sinne,
    hat sie mich im Auge nicht.
    Nicht ists außen, sondern drinne,
    was mir ihre Gunst verspricht.
    Müssen schon die Lippen schweigen,
    sie denkt doch: der bleibt mein eigen.
    Recht so, Schwester, laß nicht merken,
    was dich
    heimlich labt und kränkt.
    Man verrät sich mit den Werken,
    der bleibt sicher, der viel denkt.
    Laß sie sagen, was sie wollen,
    wir nur wissen, was wir sollen.
    Sei dir ähnlich und verbleibe,
    die du vor warst und noch bist,
    und denk nicht, weil ich nichts schreibe,
    daß mein Denken dich vergißt.
    So gedenk' ich stetigs deiner,
    daß ich auch vergesse meiner.
    _____


    Noch an einen [Ring]

    So reise denn auch du, du freundlicher Smaragd,
    zu meiner Freundin hin und lasse dir behagen,
    daß eine solche Hand dich förderhin soll tragen,
    die auch, wie keusch du bist, dich doch noch keuscher macht.
    Sei um sie, wenn sie schläft, sei um sie, wenn sie wacht.
    Oft wird sie dich von mir und meiner Liebe fragen.
    Halt' andrer Steine Brauch, die nichts nicht wieder sagen;
    schweig, was du siehst und hörst und nim dich selbst in Acht.
    Geschicht es etwan denn, daß sie dir in Gedanken
    so ein feuchtes Küßlein reicht, so heb' es auf für mich
    bis morgen gegen Nacht. Und wolten etwan sich
    die Lüfte, die es sehn, hierüber mit dir zanken
    und mir es bringen eh', als ich mich stellet' ein,
    so send' es mir durch sie und laß es
    heimlich sein.
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  • Georg Greflinger (um 1620-1677)

    Unterweisung
    heimlich zu lieben an seine Elisabella

    Weil wir zerstreut/ durch Neyd und Zeit
    Uns
    heimlich müssen meynen/
    Weil du für mier/ und ich für dier/
    Gantz feindlich muß erscheinen.
    Weil mir dein Licht/ das Hertze nicht/
    So ferne wird benommen/
    So lehrt die Pein uns listig seyn/
    Biß unser Heyl wird kommen.

    Man schliesst den Mund/ doch nicht den Grund
    Und Ursprung der Gedancken/
    Ein treuer Sinn/ schlägt alles hinn/
    Weiß leichtlich nicht zu wancken.
    Märcke meine Zier/ wie ich vor dier
    Forthin mich wil geberden/
    Wann wir allein/ nicht können seyn/
    Daß wir nicht sträfflich werden.

    Du sollst auff mich/ wie ich auff dich/
    Die Augen lassen schiessen/
    Als wann ich dich/ als wann du mich/
    Nicht gerne möchtest wissen.
    Du sollst für mier/ wie ich für dier/
    Niemals ein Zeichen geben
    Als wann du mier/ Als wann ich dier/
    Zu Liebe solte leben/

    Verhöhnt man mich/ enthalte dich/
    Kein Wort für mich zu sprächen/
    Entfärb auch nicht/ dein Angesicht/
    Und lasse dier nicht brächen
    Den treuen Sinn/ denck oben hinn/
    Ja was sie sagen wollen/
    Geh alles ein/ das Ja und Nein/
    Biß sie es lassen sollen.

    Schwatzt jemand dier/ viel neues für/
    Von mehr als sieben Damen/
    Die ich nach dier/ verpflichte mier/
    So solstu sie benahmen/
    So gut du weist/ die Schönste heist
    Elisa/ die vor allen
    Vor sieben mier/ mit Zucht und Zier
    Soll bleiben mein Gefallen.

    Weil deine Thür/ geschlossen mier/
    Und ich vorbey muß gehen/
    Weil dier vor mier/ und mier vor dier/
    Verboten ist zu stehen/
    So sey dein Sinn stets wo ich bin/
    Mein Hertze thut dergleichen/
    Es sey hinfort/ an dich mein Wort/
    Durch Band und manche Zeichen.

    Geh ich vorbey/ So red' ich frey/
    Du würst die Zunge kennen.
    Ich werde dich/ und du auch mich
    In fremden Namen nennen.
    Der Celadon/ sey deine Krohn/
    Elisa meine Freude/
    Ich deine Ruh/ dein gantzes Du/
    Du meiner Seelen Weyde.

    Werff ich die Hand an deine Wand/
    Und du kanst solches sehen/
    So ists ein Gruß/ so ist ein Kuß/
    Du würst hergegen stehen
    Auff deine Brust/ Auff meine Lust/
    Die schlanken Finger legen/
    In heisser Pein/ mier danckbar seyn/
    Die Hertzen zu bewegen.

    Kommt eine für/ die ich vor dier
    Bespräche/ grüsse küsse/
    So dencke dier/ daß ich in jhr
    Dich spräche/ küsse/ grüsse.
    Dann du allein/ Solst lieber seyn/
    Bey mir in meinem Leben/
    Als alle Welt/ und all ihr Geld/
    Und was man mag erheben.

    Wo ich mit grün/ gebunden bin/
    Ists Hoffnung dich zu sehen/
    Das Gold bedeut/ daß ich erfreut/
    Schwartz soll für Wehmuth stehen.
    Der weisse Schein/ bedeutet rein/
    Die ungefärbte Liebe/
    Leibfarb und roth/ ist Müh und Noth/
    Blau/ daß mich was betrübe.

    Dieß meine Zier/ wird dir von mier/
    Zur Unterrichtung geben/
    Biß uns die Zeit/ die nicht gar weit/
    Vergönnt ein besser Leben.
    Da ohne Scheu/ wir beyde frey/
    Nach willen mögen lieben.
    Diß hat zu dier/ du meine Zier/
    Dein Celadon geschrieben.
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  • Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679)

    Dieses ist der liebe kunst /
    Amor suchet finsternissen /
    Und von seiner stillen brunst /
    Muß der helle tag nichts wissen.
    Venus bricht mit ihrem sterne
    Erst bey dunckler nacht herein /
    Daß die zarte jugend lerne
    In der liebe
    heimlich seyn.
    _____


     

  • David Schirmer (1623-1687)

    Er liebet
    heimlich

    Ihr Thäler/ Auen/ Stein und Püsche/
    Jetzt will ich sagen/ was ich kan!
    Kommt/ höret zu/ jhr stummen Fische/
    Kompt höret meine Freuden an.
    Wir lieben
    heimlich in der Stille/
    Ich und die schöne Purpurille.

    Ihr Hertz ist mir nun aufgeschlossen.
    Sie küsset mich nach aller Lust.
    Sie zeiget mir gantz unverdrossen
    Die Rosen-volle Liljen-Brust.
    Wir lieben
    heimlich in der Stille
    Ich und die schöne Purpurille.

    Sie giebt mir tausend Lieblichkeiten
    Aus jhrer süssen Augen-Glut.
    Sie machet es auf allen Seiten
    Nach einer keuschen Liebe gut.
    Wir lieben
    heimlich in der Stille
    Ich und die schöne Purpurille.

    Oft hat Sie mich in jhren Armen
    An jhre Wangen angedrückt/
    Daß Sie darüber must erwarmen/
    Und an mir lag/ wie gar entzückt.
    Wir lieben
    heimlich in der Stille
    Ich und die schöne Purpurille.

    Sie hat mir jhren Krantz gegeben.
    Von Myrten war Er ausgemacht.
    Wie hat Sie damals mich so eben
    In jhren Rosen angelacht!
    Wir lieben
    heimlich in der Stille
    Ich und die schöne Purpurille.

    Belaubt mir meine Sieges-Haare/
    Ihr Myrten/ Sie/ die Beut/ ist mein!
    Ach/ solt ich doch noch viel viel Jahre
    Umb jhre zarten Blumen seyn!
    Wir lieben
    heimlich in der Stille
    Ich und die schöne Purpurille.

    Ihr Thäler/ Auen/ Stein und Püsche/
    Ihr wist nun/ was ich weiß und kan.
    Ihr höret es/ ihr stummen Fische/
    Doch sagt es keinen Nymphen an.
    Dieweil wir lieben in der Stille
    Ich und die schöne Purpurille.
    _____


     

18. Jh.

 

  • Gottfried August Bürger (1747-1794)

    Ich ruhte mit Liebchen tief zwischen dem Korn,
    Umduftet vom blühenden Hagebuttdorn.
    Wir hatten's so
    heimlich, so still und bequem
    Und koseten traulich von diesem und dem.

    Wir hatten's so
    heimlich, so still und bequem;
    Kein Seelchen vernahm was von diesem und dem;
    Kein Lüftchen belauscht' uns von hinten und vorn;
    Die spielten mit Kornblum' und Klappros' im Korn.

    Wir herzten und drückten, wie innig, wie warm!
    Und wiegten uns eia popeia! im Arm.
    Wie Beeren zu Beeren an Trauben des Weins,
    So reihten wir Küsse zu Küssen in eins.
    _____


     

  • Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

    Manche Töne sind mir Verdruß, doch bleibet am meisten
    Hundegebell mir verhaßt; kläffend zerreißt es mein Ohr.
    Einen Hund nur hör ich sehr oft mit frohem Behagen
    Bellend kläffen, den Hund, den sich der Nachbar erzog.
    Denn er bellte mir einst mein Mädchen an, da sie sich
    heimlich
    Zu mir stahl, und verriet unser Geheimnis beinah.
    Jetzo, hör ich ihn bellen, so denk ich mir immer: sie kommt wohl!
    Oder ich denke der Zeit, da die Erwartete kam.
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19./20. Jh.

 

  • Elsa Asenijeff (1867-1941)

    HEIMLICHER JUBEL

    Süsser, – Einziger, – Grosser, – Schöner!
    Mein Herz bricht vor Glück, wenn ich dich denke!
    O gib – o schenke,
    Ein leises Grüssen der Fernen!

    Herrlicher, Süsser, Schöner.
    Der du Grosses erstrebst!
    Ich jauchz es bis zu den Sternen:
    Wie schön ist die Welt, weil du lebst!
    _____


    SEUFZER AN DEN
    HEIMLICH-GELIEBTEN

    Süsser!
    Ich muss leben und weiss nicht
    Wo du bist.
    Im Finstern geh ich durch das Licht,
    Nacht heisst mein Tag.
    Wo magst du sein?
    Ich muss lächeln und Freunde grüssen
    Und halt mich kaum auf schwanken Füssen,
    Wie kann ich so das Leben ertragen!
    Hab ich noch Hoffnung, dich einmal zu sehn
    Und will deshalb noch nicht sterben gehn –
    Mein ganzes armes Sein ist nur mehr ein Flehen:
    Sei glücklich!
    Sei ganz glücklich, Herrlicher
    Auf deinem fernen Höhenweg!
    _____


    SEUFZER EINER FRAU

    O Mond, wie darfst du glücklich sein
    Du scheinst ihm allnächtlich ins Fenster hinein!
    Sein Mund und ich, wir müssen uns fern sein
    Ein Leben lang
    Aber du auf deinem nächtlichen Gang
    Streichle mit deinem Licht
    Sein blasses, süsses Gesicht
    Und küss ihn dann viel tausendmal
    Auf seinen roten Mund.
    Und sag ihm in den Traum hinein
    Dass Eine ihn
    heimlich liebt
    Nur ihn allein auf der ganzen Welt
    Und an ihn glaubt!
    Und dass sie traurig sterben muss –
    Fern seinem Gruss!
    _____


    VERIRRTE SEELE

    Ich hab solche Sehnsucht nach dir!
    Komm, sei lieb!
    Komm
    heimlich zu mir!
    Der Tag will nicht dunkeln,
    Die Nacht bleibt zu grell,
    Meine Augen funkeln
    Den Weg dir hell.

    Ich hab so wilde Sehnsucht nach dir!
    Es soll nicht sein,
    Ich weiss es wohl –
    Aber es ist! – und ich vergehe vor Pein!

    Leg ich das Feuer in mein Blut hinein?
    Nein, nein!
    Alle Flammen der Welt sollen sein!
    Ich hab so süsse Sehnsucht nach dir,
    Für einen Kuss von dir.
    Geh ich hinaus in die Welt . . .
    Und bleibe allein . . .
    Soviel gute Gedanken hab ich für dich
    Als der Himmel Sterne zählt!

    Ich hab so brennende Sehnsucht nach dir!
    Komm, wie du magst,
    Mit deinem bleichen Erlösergesicht
    Oder dem Faunslächeln, von dem ich träume –
    Nur säume –
    O, säume nicht! –
    _____


     

  • Rosa Maria Assing (1783-1840)

    Verschließung

    Still verschlossen steht im Herzen,
    Was mein Mund nicht zu dir spricht;
    Ewig will geheim ich's denken,
    Dir es sagen kann ich nicht.

    Kalt und ruhig kann ich scheinen,
    Herrschen über Blick und Mund;
    Heimlich nur in stillen Thränen
    Giebt sich meine Liebe kund!
    _____


     

  • Rudolf G. Binding (1867-1938)

    Liebe Worte füg ich dir zum Liede,
    und sie drängen leis um deine Stirne,
    leise dir ans Ohr sich, küssen leise
    wiederkehrend von den reinen Lippen
    dir den Mund wenn du sie
    heimlich raunest.
    Glücklich, Worte, die ihr solches dürft!

    Aber wollt euch des nicht überheben.
    Denn ihr wißt nicht, die ihr mir entflohen,
    von den andern, den unsagbar schönen,
    ungestanden ewig, doch verstandnen,
    deren Ahnung stumm der Liebsten Herze
    jubelnd und in Schauern zittern macht.
    _____


    Fremde Welt

    Weite Welt, weite Welt,
    wie fremd liegst du vor mir.
    Nun, da mein
    heimlich Glück zerfällt,
    kehr wieder ich zu dir.

    Ungeliebt, ungesellt
    soll ich nun fort von ihr -
    Weite Welt, weite Welt,
    wie fremd liegst du vor mir.
    _____


    So groß ist mein Herz.
    Was du tatest,
    weißt du es?
    Einst liebte ich Blumen
    das Lied der Nachtigall.
    Ich grüßte Gestirne
    und atmete mit den Wäldern.

    Was ist das heute?
    Ich zittre vor Liebe.

    Rosen küß ich ins Herz,
    jauchze schluchze mit dir
    nächtiger Vogel.
    Im nassen Auge
    flimmern Gestirne.
    Ich bin die Liebe.
    Über den Wäldern geh ich dahin,
    reiße Berge und Seen,
    silberne Wolken,
    reiße ein Meer in mein Herz.

    Komme, Sehnsucht, bei Nacht
    von Schweigen getragen
    von Dunkel umdient.
    Komme
    heimlich.
    Daß ich mich rette
    aus der Liebe der Welt.
    Doch wenn es zerspränge -

    Allmächtiger Tod!
    Mein Herz ist so groß:
    Du bist nicht größer.
    _____


    Über mein Lächeln geneigt
    geh ich durch sterbenden Park.
    Sehnsucht die irrende schweigt:
    Nur noch die Liebe ist stark.

    In meiner süßesten Gruft
    in meinem
    heimlichsten Mark
    ruht noch von Küssen ein Duft
    wie von dem Sommer im Park.

    Weil mich die Liebe verstieß
    darf ich in seiner nun ruhn
    selig ein keimender Kern.

    Wenn auch sein Arm mich entließ
    hält mich sein Atem doch nun
    wie eine Sonne den Stern.
    _____


    Wer der Insel verfiel
    ist auch der Göttin verfallen:
    das ist ihr köstlichstes Spiel.

    Aber dem einen beschert
    sie in
    heimlicher Liebe
    was sie den andern verwehrt.

    Denn sie führt alle am Seil
    süßester Narrheit. Und jeder
    glaubt, ihm würde sein Teil.

    Ohriges Eselsgetier,
    wallender Dornbusch, die Wellen
    gaukeln in ihrem Revier.

    Wo sich die Gottheit verschweigt
    ist noch mit Blindheit geschlagen
    selbst wer ihr Lager besteigt.

    Doch den sie
    heimlich erwählt
    der darf im Glanze sie schauen,
    ist ihrem Glanze vermählt.
    _____


    Morgendliche Trennung

    Dämmerung. Frühgrau. Es tropfen die Bäume.
    Tief duftet die Welt von der Liebe der Nacht.
    Noch schaust du mir nach von der Pforte des Gartens.
    Doch da ich mich wende verschlingt dich das Grau.

    O
    heimliche Morgen der wahrhaft Geliebten.
    O tieferer Duft deiner Liebe in mir.
    Ich gehe dahin so leicht wie ein Seliger.
    Mein Atem ist süß und mein Auge so weit.

    Schon schweben die Adler besonnt in der Reine:
    So ende denn Nacht! so beginne denn Tag!
    Ich will deine Liebe dem Morgen zutragen
    und ewigen Tagen - der Liebe nicht müd.
    _____


     

  • Carl Busse (1872-1918)

    Allein

    Wie wir abendlich im Garten
    Heimlich uns zusammenfanden,
    Wenn auf hohen Himmelswarten
    Golden schon die Sterne standen!

    Flüsternd über den Rabatten
    Wogten leichte Sommerwinde,
    Geisternd malte seine Schatten
    Auf den Kies das Laub der Linde.

    Tief in blühende Sträucher trugen
    Wir die beiden Gartenstühle,
    Und die jungen Herzen schlugen
    Pochend in der Abendschwüle.

    Grüne Irrlichtkäfer glühten
    Durch die Büsche, die verzweigten,
    Während weiß die wilden Blüten
    Des Jasmin sich auf uns neigten.

    Und du nanntest meinen Namen
    Süß verloren wie in Träumen,
    Und die Abendfalter kamen,
    Regten sich in müden Bäumen.

    Manchmal drang auf weicher Schwinge
    Auch ein Rascheln fern vom Beete,
    Und Musik erklang vom Ringe,
    Wo das Karussel sich drehte.

    Flüsternd über den Rabatten
    Wogten laue Sommerwinde,
    Immerzu warf irre Schatten
    Auf den Kies das Laub der Linde ...
    _____


     

  • Georg Busse-Palma (1876-1915)

    Vorfrühling

    Weiche Frühlingswinde wehn
    Um die Winterwende,
    Die mir um die Wangen gehn,
    Warm wie Mädchenhände.

    Kleine Blumen blau und braun
    Blühn schon an den Gassen,
    Wie zwei Augen anzuschaun,
    Die mich nie verlassen.

    Bald, wie bald und heiß erblüht
    Auch die Ros' im Hage,
    Rot als wie die Liebe glüht
    Die ich
    heimlich trage ...
    _____


     

  • Peter Cornelius (1824-1874)

    Dein Bildnis

    Halb Dämmerschein, halb Kerzenlicht
    Sich um dein liebes Bildnis flicht;

    Da fallen mir Gedanken ein,
    Halb Kerzenlicht, halb Dämmerschein:

    Halb Dämmerschein, o Küssenszeit!
    Halb Kerzenlicht, o Brautgeleit!

    Es kommt die Zeit, o zage nicht,
    Daß uns der Wonne Kranz umflicht,

    Wo
    heimlich traut uns hüllet ein -
    Halb Kerzenlicht, halb Dämmerschein!
    _____


     

  • Max Dauthendey (1867-1918)

    Von dir lachen noch meine Träume

    Dein Leib ist reich gewirkt wie ein Feld voll Honig
    und königlicher Blumen
    Und kommt weich und
    heimlich wie der Mond in mein Bett.

    Von dir lachen noch meine Träume und bewachen dich.
    Und wie die Hähne kämpfen mit erhitztem Sporn,
    So töt' ich den, der dich im Traum begehrt.
    _____


     

  • Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848)

    Brennende Liebe

    Und willst du wissen, warum
    So sinnend ich manche Zeit,
    Mitunter so töricht und dumm,
    So unverzeihlich zerstreut,
    Willst wissen auch ohne Gnade,
    Was denn so Liebes enthält
    die
    heimlich verschlossene Lade,
    An die ich mich öfters gestellt?

    Zwei Augen hab' ich gesehn,
    Wie der Strahl im Gewässer sich bricht,
    Und wo zwei Augen nur stehn,
    Da denke ich an ihr Licht.
    Ja, als du neulich entwandtest
    Die Blume vom blühenden Rain
    Und »Oculus Christi« sie nanntest,
    Da fielen die Augen mir ein.

    Auch gibt's einer Stimme Ton,
    Tief, zitternd, wie Hornes Hall,
    Die tut's mir völlig zum Hohn,
    Sie folget mir überall.
    Als jüngst im flimmernden Saale
    Mich quälte der Geigen Gegell,
    Da hört' ich mit einem Male
    Die Stimme im Violoncell.

    Auch weiß ich eine Gestalt,
    So leicht und kräftig zugleich,
    Die schreitet vor mir im Wald
    Und gleitet über den Teich;
    Ja, als ich eben in Sinnen
    Sah über des Mondes Aug'
    Einen Wolkenstreifen zerrinnen,
    Das war ihre Form, wie ein Rauch.

    Und höre, höre zuletzt,
    Dort liegt, da drinnen im Schrein,
    Ein Tuch mit Blute genetzt,
    Das legte ich
    heimlich hinein.
    Er ritzte sich nur an der Schneide,
    Als Beeren vom Strauch er mir hieb,
    Nun hab' ich sie alle beide,
    Sein Blut und meine brennende Lieb'.
    _____


     

  • Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857)

    Mädchen

    Gar oft schon fühlt' ich's tief, des Mädchens Seele
    Wird nicht sich selbst, dem Liebsten nur geboren.
    Da irrt sie nun verstoßen und verloren,
    Schickt
    heimlich Blicke schön als Boten aus,
    Daß sie auf Erden suchen ihr ein Haus.
    Sie schlummert in der Schwüle, leicht bedeckt,
    Lächelt im Schlafe, atmet warm und leise,
    Doch die Gedanken sind fern auf der Reise,
    Und auf den Wangen flattert träum'risch Feuer,
    Hebt buhlend oft der Wind den zarten Schleier.
    Der Mann, der da zum erstenmal sie weckt,
    Zuerst hinunterlangt in diese Stille,
    Dem fällt sie um den Hals vor Freude bang
    Und läßt ihn nicht mehr all' ihr Lebelang.
    _____


    Mandolinen-Lied

    Wenn die Sonne lieblich schiene,
    Wie in Welschland blau und lau,
    Ging' ich mit der Mandoline
    Durch die überglänzte Au.

    In der Nacht dann Liebchen lauschte
    An dem Fenster, süßverwacht,
    Wünschte mir und ihr, uns beiden
    Heimlich eine schöne Nacht.

    Wenn die Sonne lieblich schiene
    Wie in Welschland lau und blau,
    Ging ich mit der Mandoline
    Durch die überglänzte Au
    _____


     

  • Karl Ferdinand von Fircks (1828-1871)

    Wie es kommt

    Ach liebe Mutter, ich kann nichts dafür,
    Und gewiß, er ist schuldlos nicht minder,
    Wir haben, ach glaub' es, nichts Böses im Sinn
    Wir armen, harmlosen Kinder.

    Er sieht mich an, und da ist doch kein Arg
    Und dann schlag' ich die Augen nieder,
    Und über ein Weilchen ganz
    heimlich nur
    Erheb' ich vom Boden sie wieder.

    Dann hat er vergessen hinwegzusehn
    Und ich konnt' es doch wirklich nicht wissen,
    Und siehst du Mutter, so kommt es zuletzt,
    Daß wir immer uns ansehn müssen.
    _____


    Sonett

    Jetzt sprech' ich's aus und mag, wer will, es hören,
    Was
    heimlich ich auf tiefstem Herzensgrunde
    Gehütet habe bis auf diese Stunde!
    Nicht länger laß verderbend ich's gewähren,

    Nicht länger soll's an meiner Mannheit zehren
    Und eine stolz verhüllte Todeswunde,
    Von der die Nacht, die stumme, nur hat Kunde,
    Nach innen bluten und mein Herz zerstören!

    Ich geb' es frei, das Wort! Der Klugheit Schlingen,
    Der Vorsicht Luggewebe mag's zernagen
    Und frei dahinziehn auf des Lautes Schwingen!

    "Ich hab' dich lieb!" Nun mag der Schall es tragen,
    Das Echo mag's dem Echo hinterbringen
    Und die vier Winde mögen sich drum schlagen!
    _____


     

  • Johann Georg Fischer (1816-1897)

    Unergründlich

    Kaum auf die Stirne küßt' ich dich
    Und war erschrocken fast,
    Als du wie eine Zuflucht mich
    So heiß umfangen hast,

    Als fiebernd immer voller mir
    Am Hals dein Schluchzen quoll,
    Und deine Pulse sich gejagt,
    Sprachlosen Odems voll.

    Da ahnt' ich wohl, du kleines Herz,
    Das solche Flammen kennt,
    Die ganze ungelöschte Glut,
    Die
    heimlich auf Erden brennt.
    _____


     

  • Else Galen-Gube (1869-1922)

    Die Spur im Schnee

    Du gingst von mir! Die Nacht war sternenklar,
    rings zitterte der Rauhfrost auf den Bäumen,
    und eisig strich der Windhauch durch den Tann.
    Reglos stand ich und sah in Zukunftsträumen
    dir lächelnd nach, noch ganz in deinem Bann.

    Ich hörte wie dein rascher Schritt verklang
    und sah im Schnee die Spur von deinen Füßen
    - das einzige, was von dir übrig blieb -
    und dennoch schiens mir wie ein
    heimlich Grüßen,
    wie ein Geständnis: "Du, ich hab dich lieb."

    Sag es mir nicht mit lautem Menschenwort,
    sieh, ich verrats ja nur durch meine Lieder,
    daß du mein ein – daß du mein alles bist …
    Doch komm so oft, so bald du kannst mir wieder,
    du weißt ja nicht – wie sehr ich dich vermißt.

    Wenn ich mich täuschte! Wenn nichts mehr von dir,
    als jene Spur im Schnee zurückgeblieben!
    Verzweiflung packt mich an mit wildem Schmerz.
    Doch nein – nur mir gehört dein stummes Lieben,
    du brachtest mir ja heut zum Pfand dein Herz.
    _____


    Im Domino

    Heimlich, vermummt bin ich zu dir geschlichen
    leise auf knisternden Sohlen der Nacht,
    heimlich bin ich dir wieder entwichen,
    als im Osten das Frührot erwacht.

    Lagst noch so selig im festesten Schlummer,
    halb vergraben an meiner Brust,
    weißt du, Liebster, es machte mir Kummer,
    daß ich so früh schon von dir gemußt.

    Aber ich komme ja morgen wieder - -
    heimlich! – O Schatz, wie süß wird das sein,
    draußen vorm Fenster duftet der Flieder
    in unsre seligen Träume hinein.
    _____


    Mit klingendem Spiele …

    Mit klingendem Spiele zogen sie ein,
    vorüber an Feldern und Waldesrain,
    in das ländliche Städtchen durchs alte Tor;
    die Sonne brach leuchtend aus Wolken hervor,
    als der Hohenfriedberger Marsch erscholl,
    der wie Sieggesang durch die Lüfte schwoll.

    Mein Herzallerliebster, mein Sonnenschein
    kam wieder. Bald bin ich nicht mehr allein,
    bald werde ich liegen in Wonne und Lust
    in seinen Armen, an seiner Brust,
    bald wird er mir küssen die Lippen rot …
    vorüber sind Sehnsucht und Trennungsnot.

    Ganz
    heimlich hatt ich mich sittsam und fein
    versteckt hinter Blumen am Fensterlein;
    so glückselig schaut ich zur Straße hinab
    und lauschte dem nahenden Hufegetrapp,
    es brachte ja jeder Laut, jeder Schritt
    das Glück und den Allerliebsten mir mit.

    Und als des Abends matt-dämmernder Schein
    über Flüssen lag, überm Wiesenrain,
    da gingen zwei Glückliche Hand in Hand
    weit fort durch das Kornfeld zum Waldesrand,
    da haben zwei Selige – daß ihr es wißt -
    sich noch, als der Mond kam, ganz
    heimlich geküßt.
    _____


    O, sprichs nicht aus, laß es doch
    heimlich sein …

    O, sprichs nicht aus, laß es doch
    heimlich sein,
    was zwischen dir und mir auf Geisterschwingen
    hinflattert durch den Aether in der Nacht,
    was mich so reich, was mich so selig macht!
    Du nur, Geliebter, konntest es mir bringen …
    O, schweige, schweige auch, wenn wir allein,
    sprich es nicht aus, laß es doch
    heimlich sein!

    Sprich es nicht aus, daß dir die Sehnsucht naht,
    wenn Dämmrungsschatten durch das Zimmer gleiten,
    und im Kamin die Feuer knisternd sprühn,
    du weißt ja doch, daß alle Seligkeiten
    noch heut in meinen Armen dir erblühn …
    Birgs still im Herzen ganz für dich allein,
    doch sprichs nicht aus, laß es so
    heimlich sein!

    Sprich es nicht aus, wenn du im Kuß dich drängst
    an mich in Leidenschaft, so voll Begehren,
    nimm alles – komm! Nimm dir das letzte auch …
    doch raub mit keinem Wort den Duft, den Hauch,
    der über unsrer Liebe schwebt; verwehren
    will ich dir nichts, wenn wir so ganz allein …
    nur sprichs nicht aus, laß es doch
    heimlich sein!
    _____


     

  • Emanuel Geibel (1815-1884)

    Die goldnen Sterne grüßen
    So klar vom Himmelszelt,
    Es geht ein Wehn und Küssen
    Heimlich durch alle Welt,
    Die Blumen selber neigen
    Sehnsüchtig einander sich zu,
    Die Nachtigall singt in den Zweigen -
    Träume, liebe auch du!
    O stille dies Verlangen,
    Laß den Geliebten ein!
    Von Lieb' und Traum umfangen
    Wollen wir selig sein.
    _____


     

  • Amara George-Kaufmann (1835-1907)

    In dunkeler, tiefmitternächt'ger Stunde
    Lehnt einsam an dem Fenster eine Maid;
    Trüb' ist ihr Antlitz, aber es verleiht
    Ein Lächelzug noch eine zweite Kunde.

    So Lust, wie Leid hegt ihres Herzens Wunde:
    Erinnerung an eine süße Zeit,
    Verlangen nach dem Freunde, der so weit,
    Und Sehnen nach erneutem Wonnebunde.

    Sie seufzet tief und blickt zum Himmel auf
    Und sendet heiße Grüße in die Ferne,
    Die sie vertraut der Wolke raschem Lauf;

    Wie zöge sie mit ihr dahin so gerne,
    Um
    heimlich nur den Liebsten anzuseh'n,
    Und
    heimlich wieder von ihm wegzugeh'n.
    _____


     

  • Hermann von Gilm (1812-1864)

    Halte
    heimlich Schmerz und Lust

    Halte
    heimlich Schmerz und Lust,
    Mach' es nicht so wie die Andern,
    Die auf off'ner Straße wandern
    Mit der unbedeckten Brust.

    Aus der Liebe vollem Kranz
    Ist ein Blatt bald ausgerissen,
    Was die Leute einmal wissen,
    Das gehört uns nicht mehr ganz.
    _____


     

  • Theresa Gröhe (Ps. T. Resa) (1853-1929)

    Noch immer!

    Die Tage gehen weiter ihren Gang,
    Ich lebe weiter. - Meine Seele rang
    Seit Monden nun, daß sie dem Glück entsage. -
    Doch wie sie kämpfte, wie sie grausam litt,
    Noch immer
    heimlich ging die Hoffnung mit,
    Durch all' die bangen, stummen Sehnsuchtstage.
    _____


    Rosen

    Welch' leuchtende, eisige Nacht!
    Tiefer Schnee auf Wegen und Stegen,
    Doch du kommst mir entgegen,
    Und der sonnigste Frühling lacht.
    Deine Lippen, wie heiß
    Von
    heimlichen Küssen und Kosen!
    Glühende Rosen
    Mitten im Schnee und Eis.
    _____


     

  • Otto Erich Hartleben (1864-1905)

    Elegie

    Du meines Blutes Unruh,
    heimliche Liebste du,
    die du verstohlen nur die dunklen Blicke schenkst,
    o lass aus deinen schweren Flechten braune Nacht
    um meine Sinne strömen - lass Vergessenheit
    sich breiten über niegestillte Lust und Qual.

    Ich seh uns wandeln unterm kahlen Winterwald,
    ins Morgenrot, durch streifende Lüfte ging der Weg.
    Wir Frohen schritten Hand in Hand und beteten stumm
    und glaubten an den Frühling, als der Schnee noch lag ...
    - du sollst nicht weinen - gib mir deine liebe Hand! -

    Der Frühling kam, uns beide fand er nicht vereint;
    in Sommernächten duftete süss der Lindenbaum -
    wir aber durften nicht in Liebe beisammen sein.
    Nun ward es wieder Winter und es starrt der Schnee,
    doch still aus Schmerzen spriesst uns wohl ein spätes Glück,
    das leise webt und langsam um uns beide her.
    Lass uns umhüllt von deinen braunen Haaren sein,
    du meines Blutes Unruh,
    heimliche Liebste du.
    _____


    Wie
    heimlich dann im Bett an deiner Brust!
    Aus Morgenträumen Arm in Arm erwacht,
    bestaunen wir den lustigen Sonnenstrahl,
    der keck zu solchen
    Heimlichkeiten drang.
    Behaglich recken wir die schlafgestärkten
    und schon von neuer Lust durchbebten Glieder,
    und selig lächelnd schauen wir uns stumm
    in Augen, die der Schlaf noch kaum verliess.
    O meine süsse, weisse Hede, komm -
    lass deine Haare fliessen! Diese Spitzen -
    o lass mich - lass mich: du bist schöner so,
    und freier schweifen meine Küsse - ah!
    Zieh deine Hände von den Augen, Kind:
    was schämst du dich? Der Sonnenstrahl ist keusch -
    _____


     

  • Heinrich Heine (1797-1856)

    Allnächtlich im Traume seh ich dich,
    Und sehe dich freundlich grüßen,
    Und lautaufweinend stürz ich mich
    Zu deinen süßen Füßen.

    Du siehst mich an wehmütiglich,
    Und schüttelst das blonde Köpfchen;
    Aus deinen Augen schleichen sich
    Die Perlentränentröpfchen.

    Du sagst mir
    heimlich ein leises Wort,
    Und gibst mir den Strauß von Zypressen.
    Ich wache auf, und der Strauß ist fort,
    Und das Wort hab ich vergessen.
    _____


    Ich wollte, meine Lieder
    Das wären Blümelein:
    Ich schickte sie zu riechen
    Der Herzallerliebsten mein.

    Ich wollte, meine Lieder
    Das wären Küsse fein:
    Ich schickt sie
    heimlich alle
    Nach Liebchens Wängelein.

    Ich wollte, meine Lieder
    Das wären Erbsen klein:
    Ich kocht eine Erbsensuppe,
    Die sollte köstlich sein.
    _____


     

  • Max Herrmann-Neiße (1886-1941)

    Die Seele der Geliebten ist ein weiter Wald

    Oft sagtest du behutsam so ein
    heimlich Wort,
    das tausendfältige Farbigkeit alter Juwelen hatte,
    ganz absichtslos klingend aus dir, und
    schwiegst befangen ...

    Heute bin ich einsam über Land gegangen,
    recht wie ein Flüchtling vor der eignen Wehmut
    von Ort zu Ort,
    da fand ich plötzlich irgendwie auf einem Blatte,
    das in der Tasche lag, vergessen, jäh zusammengeballt,
    die eine Zeile unter zwanzig wertlos andern:

    "Die Seele der Geliebten ist ein weiter Wald,
    dein ganzes Leben reicht nicht aus, ihn völlig zu
    durchwandern."
    _____


     

  • Edmund Hoefer (1819-1882)

    Als du zuerst mich angelacht,
    Nur einmal, frei und hell, -
    Der Märchen alte Zaubermacht
    Durchwogte mich zur Stell'.
    Es wogte süß, es wogte bang
    Ein
    heimlich sehnsuchtsvoller Drang,
    Verschwieg'ne Glut, verborg'ne Lust,
    Endlose Liebe in enger Brust.
    Mein Lieb, daß Gott dich vielmal grüß',
    Meine wilde, wilde Blume süß!
    Durch Fern' und Zeit, in Lust und Leid
    Bin dein ich nun in Ewigkeit.
    _____


    Wie der Sommernacht verschwieg'ne,
    heimlich süße, tiefe Glut,
    Wie des Mondscheins magisch sanfte, wunderbare Zauberflut,
    Wie des Meergewogs verlockend, sel'ger voller Nixenklang
    Füllt mein Herz unwiderstehlich deiner Liebe Rausch und Drang.
    _____


     

  • Angelika von Hörmann (1843-1921)

    Heimlich in verschloss'ner Kammer,
    Wo kein Blick' mich lauernd trifft,
    Schau' dein Bild ich oft und lange
    Forschend in der Züge Schrift.

    Dunkle stille Flut der Augen!
    Zaghaft in den tiefen Grund
    Werf ich Anker nach der Seele,
    Worte leg' ich in den Mund.

    Sprichst du Segen, Gnadenbildniß?
    Sieh, ein Pilger kommt zu Gast,
    Soll er trostlos weiter wandern
    Mit der schweren Herzenslast?
    _____


    Verzeih mir, wenn ich kalt und herb erscheine,
    O glaub', daß ich im stillen drüber weine.

    So oft ich meinen Blick von deinem wende,
    Falt' ich, daß du vergibst, im Geist die Hände.

    Und wenn ich mich zu kargen Worten zwinge,
    Sag' ich dir
    heimlich tausend süße Dinge.

    Je mehr ich vor den Menschen sie verhehle,
    Je tiefer gräbt die Lieb' sich in die Seele.

    Seit mir verwehrt, dir Leid und Lust zu zeigen,
    Ward erst mein ganzes Wesen dir zu eigen.
    _____


    Ich hör' es gern, wenn leis' die Wipfel rauschen,
    Dann ist es immer mir, als sprächest du;
    Wir können
    heimlich süße Worte tauschen,
    Es hört kein fremdes Ohr uns neidisch zu.

    Das Bächlein nur auf seinem Plaudergange
    Horcht manchmal auf – neugierig wie es ist;
    O lausche nur, vergessen hast du's lange,
    Bis du in's Thal hinabgekommen bist.
    _____


     

  • Ludwig Jacobowski (1868-1900)

    Tanz

    Wenn du dein Köpfchen an mich legst,
    Dann hör ich kaum die Geigen spielen.
    Ich seh nur dich und kann nur fühlen,
    Wie du mich ganz in Händen trägst.

    Und weiß nicht hin mit meiner Lust
    Und nehm die ganze Kraft zusammen,
    Denn Flammen strömen jetzt in Flammen,
    Und
    heimlich drängt sich Brust an Brust.
    _____


    Heimlicher Weg

    Stark stößt der Wind. Wie grell das Schloßtor knarrt!
    Jäh überläuft sie ungewohntes Schauern.
    Sie schaut sich um, ob kein Verräter harrt,
    Doch tief im Finstern ragen nur die Mauern.

    Sie horcht. Kein Laut im langen Korridor,
    Und doch ist ihr die Stille nicht geheuer.
    Den weiten Mantel zieht sie übers Ohr,
    Dann schleicht sie wie ein Schatten durchs Gemäuer.

    Das ist die Tür! Sacht klopft ihr Ringlein an.
    Ein leiser Ruf, ein halbersticktes Lachen. -
    Ein sehnend Mädchen und ein sel'ger Mann. -
    Komm, Sankt Georg, uns treulich zu bewachen!
    _____


    Gruft

    Meine Liebste hat einen altdeutschen Schrein,
    Vier Ritter tragen die Ecken.
    Dort legt sie alles hinein
    In
    heimlichem Verstecken:

    Blumen, die ich für sie gepflückt,
    Zärtliche Wünsche, auf Zettel geschrieben,
    Verse, die meiner Liebe geglückt,
    Worte, im Herzen haften geblieben ...

    Alles legt sie in diesen Schrein,
    Wie in der Gruft das rosige Leben.
    Ich weiß, einst schließt sie mich selber ein,
    Um nie mehr den Deckel zu heben.

    Blumen,
    heimlich für sie gepflückt,
    Zärtliche Worte, auf Zettel geschrieben,
    Verse, von Herzen zu Herzen geschickt ...
    Was ist von euch geblieben?

    Gespenstisch nur raschelt es manchesmal,
    Ein Seufzer hebt sich noch trübe;
    Ach, und kein erinnernder Strahl
    Tastet ins Dunkel der Liebe ...
    _____


    Heimliche Liebe

    Gleichwie der Säman auf der Flur
    Den Segen streut nach allen Seiten,
    So werf ich Liebe, Liebe nur
    In alle Lüfte, alle Weiten.

    Und wo sie leuchtend niederfällt,
    Will jede Hand den Segen haben;
    Die arme Welt, die reiche Welt
    Ist voll von meinen Sonnengaben.

    Und alle folgen meiner Spur,
    Als wär der Heiland selbst gekommen.
    Und meine Liebe galt doch nur
    Der Einen, die die - nie genommen ...
    _____


     

  • Franz Kugler (1808-1858)

    Vor meinem Fenster dämmert
    Das trübe Mondenlicht;
    Auf meinem Tischlein hämmert
    Die Uhr und rastet nicht.

    Die stille Nacht durchschallet
    Ein einsam hast'ger Gang,
    Der wiederum verhallet
    Die leere Straß' entlang.

    Auf Traumesschwingen heben
    Sich die Gedanken mir,
    Und
    heimlich, o mein Leben,
    Träum' ich mich hin zu dir.
    _____


     

  • Emil Kuh (1828-1876)

    Der Lenz geht um!

    Ich sag' euch was: Der Lenz geht um,
    Nehmt euch in acht, ihr Leute,
    Er ist so
    heimlich still und stumm,
    Als ging' er aus auf Beute.

    Seid nur behutsam, wo er steht
    Und blickt umher ein Weilchen,
    Denn plötzlich, eh' ihr euch's verseht,
    Schießt auf ein keckes Veilchen!

    O, traut jetzt keinem alten Baum,
    Weit eher noch den jungen,
    Denn eine Knospe, wenn ihr's kaum
    Noch ahnt, ist aufgesprungen!

    Wer träumend wandelt durch ein Thal,
    Der möge sich besinnen:
    Die Lerche kann mit einem Mal
    Ihr schmetternd Lied beginnen!

    Auch müßt ihr mit Behutsamkeit
    Ins Aug' der Mädchen schauen:
    Gefährlich sind in dieser Zeit
    Die schwarzen wie die blauen!

    Ich sag' euch was: Die Lieb' geht um,
    Nehmt euch in acht, ihr Leute,
    Sie ist so
    heimlich still und stumm
    Und sie geht aus auf Beute!
    _____


     

  • Auguste Kurs (1815-1892)

    Liebe

    Wenn
    heimlich sich mit einem Mal
    Die Liebe regt im Herzen dein
    Mit bitt'rer Lust und süßer Qual -
    Und glänzte Dir kein Hoffnungsschein,
    Gesegnet bist du allemal,
    Nur durch das eig'ne Herz allein.

    Denn Lieb' ist nicht von dieser Welt,
    Ist eine Blüte, gottgesandt,
    Die von des Himmels lichtem Zelt
    Herabgeschwebt, und wer sie fand
    Und fest im treuen Herzen hält,
    Dem blüht sie, bis sein Leben schwand.
    _____


     

  • Karoline Leonhardt (1811-1899)

    Stille Liebe

    Heimlich und doch inniglich
    Liebten wir uns Beide
    Altes Lied

    Sonst sah mich der Morgenstral
    Freudig mit Dir gehen,
    Dich begrüßt' ich tausend Mal,
    Glücklich Dich zu sehen.
    Was ich that, es war für Dich,
    Sah'st es stets mit Freude;
    Heimlich und doch inniglich
    Liebten wir uns Beide.

    Kam'st Du aus dem Wald zurück,
    Müd' von rauhen Wegen,
    Flog ich mit der Liebe Blick
    Immer Dir entgegen.
    Hatte Dich, Du hattest mich,
    Fern von jedem Leide,
    Heimlich und doch inniglich
    Liebten wir uns Beide.

    Setzte mich so gern zu Dir,
    Sprach von meiner Liebe,
    Bat nur Eins vom Schicksal mir,
    Daß es stets so bliebe.
    In der Zeit, die schnell entwich,
    Spannen wir nur Seide;
    Heimlich und doch inniglich
    Liebten wir uns Beide.

    Was gefühlt ich und gedacht,
    Konntest Du verstehn;
    Riefest stets zur guten Nacht:
    "Morgen Wiedersehen!"
    Du bist dort und hier bin ich,
    Sag', ob dies uns scheide?
    Heimlich und doch inniglich
    Lieben wir uns Beide!
    _____


     

  • Hermann von Loeper (1820-1884)

    Frage nicht!

    Frage nicht, ob ich dich liebe!
    Laß verschlossen meine Lippe!
    Daß nicht der Empfindung Woge
    Strande an des Wortes Klippe.

    Frage nicht, ob ich dich liebe!
    Lies in meines Auges Spiegel,
    Lies der Aufschrift treue Zeichen,
    Doch nicht brich des Briefes Siegel!

    Frage nicht! Denn unsre Liebe
    Soll so
    heimlich wie die Kohle
    Glimmen, nur in Dämmerungen
    Duften gleich der Nachtviole.

    Unsre Liebe sei wie Wolken,
    Welche still vorübertreiben,
    Unsre Liebe soll ein ewig
    Ungelöstes Räthsel bleiben!
    _____


     

  • Hermann Löns(1866-1914)

    Heimliche Liebe

    Die schönste Freude, die ich kenne,
    Rot Röselein, Vergißnichtmein,
    Und die ich keinem Menschen nenne,
    Rot Röselein, Vergißnichtmein,
    Wir beide wissen’s ganz allein,
    Verschwiegen soll es sein.

    Und wenn die Sonne ist vergangen,
    Rot Röselein, Vergißnichtmein,
    Die Sterne an dem Himmel prangen,
    Rot Röselein, Vergißnichtmein,
    Kein Mensch weiß, wo ich kehre ein,
    Verschwiegen soll es sein.

    Und wenn auch Mond und Sterne schwinden,
    Rot Röselein, Vergißnichtmein,
    Die Liebe weiß den Weg zu finden,
    Rot Röselein, Vergißnichtmein,
    Sie braucht nicht Mond noch Sternenschein,
    Verschwiegen soll es sein.
    _____


     

  • Emerenz Meier (1874-1928)

    Die
    heimliche Braut

    Durchs Dörflein wallte ein Leichenzug,
    Den Kranz am Kreuze ein Jüngling trug,
    Ein Jüngling schritt hinterm Sarg einher,
    Drum frage nicht nach dem Toten mehr.

    Die alten Eltern, die weinten laut,
    Manch' Auge noch glänzte schmerzbetaut,
    Und nah' dem Wege im grünen Hag
    Auf kühlem Grase ein Mägdlein lag.

    Es war gekleidet so fröhlich licht,
    Doch bleich wie Schnee war sein Angesicht
    Und kalt wie Eis die gekrampfte Hand, -
    Ein welkend Röslein im Blumenland.

    Und als die Leiche vorüberzog,
    Die Maid in schützende Büsche flog.
    Nicht klang der Betenden Ruf so hohl
    Wie ihr verhalt'nes: "Lebwohl, lebwohl!"

    Was kann der Schmerz der Verlass'nen sein, -
    Sie dürfen weinen im Tagesschein;
    Doch der das Herze zerbrach um ihn,
    Muß mit dem Jammer ins Dunkel fliehn.
    _____


     

  • Melchior Meyr (1810-1871)

    Liebesglück

    O ich erfuhr so hohe Lust
    Und darf es niemand sagen;
    Und ach, die wonnebange Brust
    Kann es allein nicht tragen!

    Ich schlich mich
    heimlich in ihr Haus,
    Es war im Abendscheine,
    Die andern saßen froh beim Schmaus,
    Sie harrt' auf mich alleine.

    Ich herzte sie, sie herzte mich,
    Sie ruht' an mir so feste!
    So zärtlich und so inniglich
    Liebkoste mich die Beste!

    Und weil es
    heimlich nur geschah,
    War doppelt unsre Freude.
    Doch ach, die Trennung war so nah',
    Die Lust so nah dem Leide! -

    Wie gern entleert' ich nun mein Herz!
    Doch darf es Keiner wissen;
    Denn hier versteht ja niemand Scherz,
    Zu tadeln nur beflissen.

    Was wäre das für ein Geschrei,
    Wie müßten wir's entgelten!
    Ist gleich ein jeder auch so frei,
    Die Andern will er schelten.

    O Muse, du erbarme dich
    Und nimm die Last vom Herzen!
    Nimm, Hohe, sonst erdrücken mich
    Die süßen Liebesschmerzen!
    _____


     

  • Stephan Milow (1836-1915)

    Ich will dich nicht beim Namen nennen,
    Den theilt ja manche noch mit dir,
    Auch braucht dich niemand sonst zu kennen,
    So lebst du
    heimlich still nur mir.

    Und drängt's die Seele, dich zu preisen,
    Mit der mein Alles ich gewann,
    Was hätt' ich erst auf dich zu weisen,
    Da mich ja sonst nichts fesseln kann.

    Du bist's, der meine Pulse schlagen,
    Wie du mir heiß entgegendrängst,
    Und dir, dir brauch' ich's nicht zu sagen,
    Die's wissen soll, die weiß es längst.

    Ich will dich nicht beim Namen nennen,
    Den theilt ja manche noch mit dir,
    Auch braucht dich niemand sonst zu kennen,
    So lebst du
    heimlich still nur mir.

    Das schöne Ziel all meiner Flammen
    Die Andern sie erfahren's nie,
    Ich dräng's in einen Laut zusammen
    Und rufe bloß nur: Das ist sie!

    Und will's wie ein geheimer Segen
    Gar oft in stiller Stunde mir
    Die Seele wunderbar bewegen,
    So sag' ich nur: Das kommt von ihr!

    Wie viel in diesem Wort zu lesen,
    Den Andern bleibt der Sinn verhüllt,
    Weil es ja erst dein holdes Wesen
    Mit Leben und Bedeutung füllt.

    Mir aber lebst du stets im Sinne,
    Und sehnend meiner denkst auch du,
    Wir küssen uns in treuer Minne
    Und träumen süß einander zu.

    O stille Lust! beglückt Versenken!
    O
    heimlich süße, schöne Welt!
    Die unser liebendes Gedenken
    So ewig jung im Lauf erhält!
    _____


     

  • Christian Morgenstern (1871-1914)

    Diese Rose von
    heimlichen Küssen schwer:
    Sieh, das ist unsre Liebe.
    Unsre Hände reichen sie hin und her,
    unsre Lippen bedecken sie mehr und mehr
    mit Worten und Küssen sehnsuchtsschwer,
    unsre Seelen grüßen sich hin und her -
    wie über ein Meer - - wie über ein Meer - - -
    Diese Rose vom Duft unsrer Seelen schwer:
    sieh, das ist unsre Liebe.
    _____


     

  • Eduard Mörike (1804-1875)

    Maschinka

    Dieser schwellende Mund, den Reiz der Heimat noch atmend,
    Kennt die Sprache nicht mehr, die ihn so lieblich geformt:
    Nach der Grammatik greifet die müßige Schöne verdrießlich,
    Stammelt russischen Laut, weil es der Vater befiehlt.
    Euer Stammeln ist süß, doch pflegt ihr, trutzige Lippen,
    Heimlich ein ander Geschäft, das euch vor allem verschönt!
    _____


     

  • Julius Mosen (1803-1867)

    Da drüben!

    Da drüben über'm Walde,
    Da singt ein Vogel schön,
    Da drüben an dem Bache
    Seh' ich ein Rehlein gehn,
    Da drüben!

    Und wo der Vogel singet
    Und wo das Rehlein geht,
    Da drüben bei den Tannen
    Der Liebsten Hütte steht,
    Da drüben!

    Möcht' mit dem Vogel singen
    Und zu dem Rehlein geh'n,
    Da drüben
    heimlich lauschend
    Durch's kleine Fenster seh'n,
    Da drüben!
    _____


     

  • Anna Ritter (1865-1921)

    Brautring

    Als über den Flieder das Mondlicht rann,
    Da steckt' er mir
    heimlich ein Ringlein an,
    Und küßte den Ring und die Hand dazu
    Und lauschte selig dem ersten "Du".

    Das Mondenlicht sah in den Ring hinein,
    Das gab einen fröhlichen, hellen Schein,
    Der Fliederbaum neigte die Blüthen stumm,
    Die Gräser raunten: "Das Glück geht um!"
    _____


    Im Lampenschein

    Das ist ein lieb Beisammensein,
    Wenn über uns die Wanduhr tickt
    Und dir der Arbeitslampe Schein
    So voll ins frohe Antlitz blickt!

    Ich rühr' dich manchmal
    heimlich an,
    Nur, daß ich weiß: ich habe dich -
    Dann lächelst du, geliebter Mann,
    Und nickst mir zu und küssest mich!
    _____


    Verheißung

    Hör, was ich sage:
    Wenn die Sonne heut
    Mit müden Schritt aus unsrer Flur gegangen,
    Erwart' ich dich.
    In wildem Geisblatt birgt sich eine Bank
    Im Waldesgrund, rings Buchengrün und Farren,
    Dort find'st du mich!

    Dort rufe nicht! Geh
    heimlich durch das Laub,
    Daß nicht die Vögel aus dem Schlummer schrecken
    In ihrem Nest,
    Daß nicht der Wind erwacht, der athemlos
    Vom tollen Lauf, betäubt und sonnenmüde
    Schläft im Geäst.

    Leis lachend reck' ich meine Hände aus
    Und ziehe dich durch das Gewirr der Ranken
    Zu mir herein,
    Verträumte Blüthen nicken über uns,
    Grüngoldne Dämmrung spinnt mit weichem Schleier
    Uns Beide ein.

    Dann küsse mich! Sieh, meine Seele schläft,
    Ein willenloses Kind auf meinen Lippen -
    Dein ist die Macht!
    Reiß sie empor aus ihrem dumpfen Traum,
    Laß sie hineinschaun in das heiße Leben
    Und dann – sei Nacht!
    _____


    Waldwege

    Ich ging denselben Waldweg heut',
    Den ich mit dir, mein Lieb, gegangen,
    Als über uns, im jungen Grün,
    Die ersten Frühlingslieder klangen.

    Wir sprachen kaum, doch jeder Blick,
    Ein Werben war's, ein
    heimlich Bitten,
    Und zwischen uns, auf schmalem Pfad,
    Ist still die Liebe hingeschritten.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
    Wie liegt der Tag so weit, so weit!
    Das grüne Laub giebt tiefen Schatten,
    Die Vögel tragen schon zu Nest,
    Die damals hell gesungen hatte.

    Ich war allein heut' und mein Herz
    Erzitterte in bangem Lauschen,
    Mir war's, als kläng dein "Lebewohl"
    Noch einmal durch der Zweige Rauschen.
    _____


    Geheimnis

    Ich trag' ein glückselig Geheimnis
    Mit mir herum,
    Ich möchts allen Leuten vertrauen
    Und bleib' doch stumm!
    Ach, jubeln möcht' ich und singen,
    Von früh bis spät -
    Und rege nur
    heimlich die Lippen,
    Wie zum Gebet!
    _____


    In verschwiegener Nacht

    In verschwiegener Nacht
    Hab' ich deiner gedacht
    Und mit sehnendem Gruß
    Dich gegrüßet.

    Hab' geweint und gelacht
    In der
    heimlichen Nacht
    Und mit seligem Kuß
    Dich geküsset.

    Als das Morgenlicht kam
    Und die Träume mir nahm,
    Hab' ich einsam die Wonne
    Gebüßet.
    _____


    Weiß Keiner den
    heimlichen Platz

    Wie träumten wir selig, mein Schatz!
    Es ruhte der See uns zu Füßen
    Und blinkte, als wollt' er uns grüßen -
    Weiß Keiner den
    heimlichen Platz!

    Weiß Keiner, wie oft mir dein Mund
    Das Wort von den Lippen genommen,
    Weiß Keiner, wie Alles gekommen
    Im blühenden, schweigenden Grund.

    Der Sommer ist 'gangen, mein Schatz!
    Das Glück brach der Sturm uns in Scherben,
    Ich such' einen Winkel zum Sterben -
    Weiß keiner den
    heimlichen Platz.
    _____


     

  • Hermann Rollett (1819-1904)

    Heimlich

    Heimlich naht und leise,
    Was das Herz entzückt:
    Leis' mit stillen Sternen
    Sich der Himmel schmückt.

    Leise naht der Frühling,
    Still ergrünt der Strauch
    Leise naht der Blume
    Sich des Lüftchens Hauch.

    Leise naht die Schwalbe
    In des Wanderns Trieb, -
    Leise naht die Liebe,
    Heimlich naht das Lieb.
    _____


     

  • Max Schaffrath (1813-1877)

    Deine Lieb' ist wie die Maiennacht,
    Die mild und
    heimlich mich umfängt
    Und eine reiche Sternenpracht
    Geheimnißvoll ins Herz mir senkt.

    Die Lüfte kosen leichtbeschwingt,
    Begeistrung rauscht der Wasserfall,
    Und in dem eignen Herzen klingt
    Das Hohelied der Nachtigall.
    _____


     

  • Leopold Schefer (1784-1862)

    Heimliche Wonne

    Wann ich erst am neuen Morgen,
    Ein unendlich Glück verborgen,
    Von der Allerschönsten gehe,
    Und nur schüchtern um mich sehe,
    Denk' ich scheu in meinem Wahn:
    Alle sehn dich darauf an!
    Menschen, Wolken, Fluß und Sonne,
    Alle wissen deine Wonne! —
    Aber Menschen, Fluß und Sonne
    Schweben hin in eigner Wonne;
    Blau und still und leer und weit
    Liegt des Himmels Herrlichkeit,
    Lächeln muß ich, was ich hege —
    Und so ziehn sie ihre Wege!

    Klein nur bist du, Menschenbrust,
    Die du selbst noch Alles hast!
    Welche Seligkeit und Lust
    Kann so still sein wie ein Traum!
    Was der Himmel nicht umfaßt,
    Hat im Herzen einen Raum.
    _____


     

  • Karl Siebel (1836-1868)

    Heimliche Liebe

    Sie reden so selig von Wonne,
    Von Wonne und sonnigem Schein;
    O Liebe, du böse Liebe,
    Wie schaffst du tiefinnere Pein
    Und kommst doch so
    heimlich und leise
    In's Herze hinein!

    Es grünen die Reben am Hügel,
    Es blühen die Blumen im Thal;
    O Frühling, du trüber Frühling,
    So trüb' noch kein einziges Mal -
    Das schaffet die
    heimliche Liebe,
    Die liebende Qual.

    Sie reden so selig von Wonne,
    Von Sonne und sonnigem Schein.
    O Liebe, du böse Liebe
    Wie schaffst du tiefinnere Pein
    Und kommst doch so
    heimlich und leise
    In's Herze hinein.
    _____


     

  • Wilhelm Stolzenburg (1879-1938)

    Auf meiner Stube im sonnigsten Licht,
    am blinden Spiegel standest du schlicht,
    dein braunes Haar in den schlanken Händen.
    Noch seh ich die Finger, die behenden,
    die langen Flechten zärtlich umfangen -
    O Goldene du, ein
    heimlich Verlangen
    hat uns von Anbeginn vermählt.
    _____


     

  • Theodor Storm (1817-1888)

    Nun sei mir
    heimlich zart und lieb

    Nun sei mir
    heimlich zart und lieb;
    Setz deinen Fuß auf meinen nun!
    Mir sagt es: ich verließ die Welt,
    Um ganz allein auf dir zu ruhn;

    Und dir: o ließe mich die Welt,
    Und könnt ich friedlich und allein,
    Wie deines leichten Fußes jetzt,
    So deines Lebens Träger sein!
    _____


    Nachts

    Wie sanft die Nacht dich zwingt zur Ruh,
    Stiller werden des Herzens Schläge;
    Die lieben Augen fallen dir zu,
    Heimlich nur ist die Sehnsucht rege.
    Halbe Worte von süßem Bedeuten
    Träumerisch über die Lippen gleiten.
    _____


     

  • Ludwig Tieck (1773-1853)

    Heimliche Liebe

    Wie lieb und hold ist Frühlingsleben,
    Wenn alle Nachtigallen singen,
    Und wie die Tön' in Bäumen klingen
    In Wonne Laub und Blüthen beben.

    Wie schön im goldnen Mondenschein
    Das Spiel der lauen Abendlüfte,
    Die, auf den Flügeln Lindendüfte,
    Sich jagen durch die stillen Haine.

    Wie herrlich glänzt die Rosenpracht,
    Wenn Liebreiz rings die Felder schmücket,
    Die Lieb' aus tausend Rosen blicket,
    Aus Sternen ihrer Wonne-Nacht.

    Doch schöner dünkt mir, holder, lieber,
    Des kleinen Lichtleins blaß Geflimmer,
    Wenn sie sich zeigt im engen Zimmer,
    Späh' ich in Nacht zu ihr hinüber,

    Wie sie die Flechten lößt und bindet,
    Wie sie im Schwung der weißen Hand
    Anschmiegt dem Leibe hell Gewand,
    Und Kränz' in braune Locken windet.

    Wie sie die Laute läßt erklingen,
    Und Töne, aufgejagt, erwachen,
    Berührt von zarten Fingern lachen,
    Und scherzend durch die Saiten springen;

    Sie einzufangen schickt sie Klänge
    Gesanges fort, da flieht mit Scherzen
    Der Ton, sucht Schirm in meinem Herzen,
    Dahin verfolgen die Gesänge.

    O laßt mich doch, ihr Bösen, frei!
    Sie riegeln sich dort ein und sprechen:
    Nicht weichen wir, bis dies wird brechen,
    Damit du weißt, was Lieben sey.
    _____


     

  • Wilhelm Wackernagel (1806-1869)

    In deiner Heimat, meinem Herzen,
    Da hast du dich, geliebte Braut,
    Braut meiner Lust und meiner Schmerzen,
    Als Heimchen
    heimlich angebaut.

    Wie leichtlich kann man sich gewöhnen
    An solcher Heimchen sanftes Lied!
    Ich merke, lauschend diesen Tönen,
    Nicht wie die lange Nacht entflieht.
    _____


    Wenn er sie und wenn sie ihn
    Küßt und flüstert "Du bist mein",
    Größre Freuden überschien
    Nie der Sonnenschein.

    Beide lehnen süß verwirrt
    Brust an Brust und Haupt an Haupt:
    Lilje von der Rose wird
    Heimlich da umlaubt.
    _____


    Ich denke dein, wie Nachts in Träumen
    Die Rose noch der Sonne denkt,
    Derweile die zu fernen Räumen
    Schon ihren Wagen hat gelenkt;
    Wie träumend sie gedenkt der Sonne,
    Und ihr den Mund zum Kusse beut,
    So küßt dich meine Seel' und freut
    Sich
    heimlich der geträumten Wonne.
    _____


     

  • Paul Wertheimer (1874-1937)

    Schließ die Augen zu, mein Kind

    Schließ die Augen zu, mein Kind!
    Alle lieben Dinge sind
    Heimlich, heimlich, traumverstohlen.

    Rings in tiefer Mitternacht
    Schleicht die Liebe sachte, sacht.
    Schleicht heran auf Katzensohlen.

    Sei vor jeder Buntheit blind.
    Um uns mit dem Frühlingswind
    Rauscht das Schicksal linde, lind -
    Schließ die Augen zu, mein Kind! ...
    _____


     

  • Bruno Wille (1860-1928)

    Traum von
    heimlicher Hochzeit

    So
    heimlich süß war unsre Hochzeitsfeier:
    Wir lagen dicht
    Beisammen, überwallt von einem Schleier;
    Man sah uns nicht.

    Wir hörten, wie die Leute nach uns fragten
    Im gleichen Raum.
    Wir unterm Flore blieben reglos, wagten
    Zu atmen kaum.

    Nur unsre Hände durften sacht sich drücken,
    Wie küssend fand
    Sich Hauch zu Hauch, mein Knie war mit Entzücken
    An deins gebannt.

    Mein glühend Auge, das im Dunkeln schaute,
    Versank in deins;
    Ich war in dir, du warst in mir, uns traute
    Die heilige Eins.

    Wohlan, was Edens Glut zusammenglühte,
    Trennt keine Welt.
    Hinweg denn, Angst, da uns die Hand der Güte
    Geborgen hält.

    Wir ruhn verhüllt; zum Baldachin, zum Himmel
    Ward unser Flor.
    Uns singt von Flügelköpfchen ein Gewimmel
    Den Minnechor.
    _____


     

  • Stefan Zweig (1881-1942)

    Wie die Schwalbe ...

    Wie die Schwalbe mit silberner Schwinge
    Über die schläfernden Wasser blitzt
    Und in ihr Blinken zitternde Ringe
    Mit dem dürstenden Schnabel ritzt,
    Fließende Spuren, die nicht verwunden,
    Leise nur rühren, leise erschüttern -
    Ach, so neigen und nahen sich
    In meine einsam dunkelnden Stunden
    Stille Gedanken, du Ferne, an dich.

    Zart umgoldet von
    heimlicher Glut,
    Schwalben der Sehnsucht, mir Tröstung zu bringen,
    Streifen sie scheu mit zaghaften Schwingen
    An mein Herz, das stilldunkel ruht.
    Selig fühl ich sie nieder sich senken
    Lust und Wehmut durchschauert mich,

    Und ich zittre in süßem Gedenken,
    Liebste, an dich.
    _____


     

 

 

 

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