Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar
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Stichwort: Himmel
16./17. Jh.
18. Jh.
19/20. Jh.
16./17. Jh.
Hans Aßmann Freiherr von
Abschatz (1646-1699)
Mit was vor Süßigkeit / o zarter Mund /
Beküß ich den Rubinen-Grund!
Mit was vor Süßigkeit hör ich die Lippen sprechen /
Die voller Honig-Worte seyn!
Ach aber / schöpff ich ein Vergnügen ein /
So muß ich unterdeß des andern mich entbrechen.
Dein
Himmels-Geist belebt der Worte Fluß /
Der Seelen Seele deinen Kuß.
Wie soll ich mich der Wahl / der schweren Wahl entbrechen?
Ach / könte doch dein edler Mund /
Dem so viel Gunst der
Himmel hat vergunnt /
Mit Reden küssen / und mit Küssen sprechen!
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Anonyme Barockdichter
Du solst nicht andre neben-götter haben:
Das ist / was das geboth uns lehrt /
Und ich hab Solimene deine gaben /
Die sterblich / fast als Gott verehrt /
Ein halber kuß war mein gewinn /
Davor gab ich den ganzen
himmel hin.
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Aria
Himmel! was vor bittrigkeit
Heget doch die süsse liebe!
Heute helle / morgen trübe
Ist ihr bestes ehren-kleid.
Himmel / was vor bittrigkeit
Heget doch die süsse liebe!
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Die zugelaßne Liebe
Lieben erlaubet die jugend zu üben /
Lieben pflanzt selber der
himmel uns ein;
Keine gesetze verbieten das lieben /
Sondern erfordern empfindlich zu seyn;
Wahre verbündnüß getreuer gemüter /
Lieben und wiederumb werden geliebt /
Küssen und herzen sind köstliche Güter /
Welche sie ihrem ergebenen giebt.
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Bleib nur wie ich gesinnt / so bin ich schon zufrieden /
Ob gleich des
himmels schluß uns beyde hat geschieden /
Bleib mir abwesend huld / mein allerschönstes kind /
Ich dencke stets an dich / bleib nur wie ich gesinnt.
Der himmel schickts vielleicht / daß wir uns wieder sehen /
Wer weiß / was hier und dort noch einmahl kan geschehen.
Glückselig werd ich seyn / wenn ich den wunsch erreicht.
Mein herze sey getrost / der
himmel schickts vielleicht.
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Auf ihre Schönheit
Wie! soll ich schönes kind dich einen menschen nennen?
Dich ziert des
himmels schmuck; nicht falsche pralerey;
Dein holder tugend-glanz heist endlich mich bekennen /
Daß bey dir / edles kind / was mehr als irrdisch sey.
Der Götter angesicht hat dich ganz eingenommen /
In deiner brust zeigt sich des
himmels hoher schein /
Du bist entweder nur zu uns vom
himmel kommen /
Wo nicht / so muß allhier der götter wohnung seyn.
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Worzu hat mich der
himmel doch ersehn?
Muß denn mein herz ganz nur in banden stehen?
Ach freylich ja / es ist um mich geschehn!
Ich soll hinfort der freyheit müßig gehen.
Du hast mich dir / o liebliche Belinde /
Zum sclaven ganz durch einen blick gemacht /
So daß ich mich ganz ausser mir befinde.
Wie weit hat mich die liebe doch gebracht!
Euch bet ich an / ihr feuer-reichen augen /
Die ihr mich habt in volle glut gesetzt /
Aus euch muß man die liebe in sich saugen /
So bald man sich an eurem glanz ergetzt;
Es muß euch selbst der schönste demant weichen /
Sein blitz wird nie gleich eurem strahle gehn;
Belinde ist dem
himmel zu vergleichen /
Dieweil an ihr so schöne sterne stehn.
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Komm Lenore / komm mein leben /
Weil der
himmel uns geneigt /
Laß uns in vergnügung schweben /
Die aus reinem herzen steigt.
Sieh! die zeiten sind vergangen /
Unser kummer wird gestillt /
Und das sehnliche verlangen
Wird von unsrer lust erfüllt.
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So schliesset sich dein gnaden-himmel zu?
O grausame! Und droht mit donner-schlägen;
Halt göttin an! beschütze meine ruh!
Was wilst du mich mit höllen angst belegen?
Es kan fürwahr des feuers pein
Nicht heisser noch so mächtig seyn,
Als wenn ein paar vertraute seelen,
Einander selbst mit untreu qvälen.
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Christoph Gottehr Burghart
(1682-1745)
Soll meine liebe nichts als herben schmerz gebähren?
Soll meiner hoffnung-feld nur voller dornen stehn?
Heist mich der
himmel stets auff steilen felsen gehn?
Und will mir keine ruh gewehren?
Ach ungerechter schluß!
Wie reimt sich dieses wohl zusammen?
Du zwingst mich / daß ich lieben muß /
Und wilst doch meine glut verdammen.
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Ich will ohn hoffnung seyn /
Ich will ohn allen trost mich qvälen;
Schenck
himmel ihr nur stets von deinen freuden-wein /
Und laß sie frohe stunden zehlen!
Vielleichte wird die zeit
Was ich um sie gelitten zeigen /
Und ihre felsen-brust zu der erbarmung neigen /
Dann bin ich wohl belohnt vor meine traurigkeit.
In dieser zuversicht
Will ich den letzten abschied nehmen;
Lisette sey vergnügt: denn klagestu nur nicht /
So werd ich mich mit freuden grämen.
Mein lieben aber sey
Dem treuen
himmel übergehen /
Er lasse keinen feind Lisettens huld erheben /
So reist mein kummer-joch vielleichte bald entzwey.
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Daniel von Czepko
(1605-1660)
An die Augen der Gegenüber stehenden Göttin
Allezeit lichte bey dieser Sonnen
Ihr könnt mir
Himmel und zugleich auch Hölle seyn:
Ihr schönen Augen ihr durch euern Glantz und Schein,
Schaut ihr mich gnädig an, seh ich den
Himmel offen,
Schaut ihr mich zornig an, hab ich die Höll antroffen.
Hier Pein, und dort ist Lust, doch wil mit euch in Pein
Ich lieber als ohn euch in Lust und Freude seyn.
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Paul Fleming (1609-1640)
MEin gestirntes Paradeiß/
mein Licht/ mein Mohn/ meine Sonne/
mein gantz
Himmelreich voll Wonne/
und von was ein Gott sonst weiß/
das ist Philyrille mir/
mir/ der Erden unter ihr.
Ich vergeßner Erden-Kreyß/
heute tagts zum dritten mahle/
daß ich gantz von keinem Strahle
meiner lieben Sonnen weiß.
Das betrübte Land das weint/
weil sein
Himmel ihm nicht scheint.
Du/ O aller Künste Kunst
Himmel wird durch dich zur Erden.
Daß wir irdnen himmlisch werden/
das schafft/ Laute/ deine Gunst.
Gieb doch/ daß mein
Himmel sich
bald neig' auf sein' Erde/ mich!
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Er verwundert sich seiner Glückseligkeit
Wie mir es gestern ging und wie ich ward empfangen
in meiner Freundin Schoß, weiß sie nur und nur ich.
Das allerliebste Kind, das herzt' und grüßte mich,
sie hielte feste mich, wie ich sie hart' umfangen.
Auf meinem lag ihr Mund, auf ihren meine Wangen.
Oft sagte sie mir auch, was nicht läßt sagen sich.
darum du, Momus, nicht hast zu bekümmern dich,
Bei mir ist noch mein Sinn, bei mir noch ihr Verlangen;
o wol mir, der ich weiß, was nur die Götter wissen,
die sich auch, wie wir uns, in reiner Keuschheit küssen,
o wol mir, der ich weiß, was kein Verliebter weiß.
Wird meiner Seelen Trost mich allzeit also laben,
mir allzeit also tun, so werd' ich an ihr haben
ein weltlichs
Himmelreich, ein sterblichs Paradeis.
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Andreas Gryphius (1616-1664)
An eben selbige
Was hat des fürsten hof, was fand die weise stadt,
Das mächtig sey mich zu erfreuen?
Ich muss die schöne zeit bereuen,
Die mein gemüth ohn sie, mein licht! verzehret hat.
Bey ihr find ich, was ich voll hertzens-seuffzer bat.
Die saamen in das land einstreuen,
Begehren so nicht das erneuen
Des frühlings, der mit thau krönt die erfrischte saat,
Als mich verlanget sie zu schauen,
Sie, meine lust, wonn und vertrauen!
Die mir der
himmel gab, zu enden meine klagen.
Sie kan ich diesen tag nicht sehn.
Ach
himmel! lass es doch geschehn,
Dass mir mög ihr gesicht die nacht ein traum vortragen!
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Christian Hoffmann von
Hoffmannswaldau (1616-1679)
Auff den
mund
Mund! der die seelen kan durch lust zusammen hetzen /
Mund! der viel süsser ist als starcker
himmels-wein /
Mund! der du alikant des lebens schenckest ein /
Mund! den ich vorziehn muß der Inden reichen schätzen /
Mund! dessen balsam uns kan stärcken und verletzen /
Mund! der vergnügter blüht / als aller rosen schein.
Mund! welchem kein rubin kan gleich und ähnlich seyn.
Mund! den die Gratien mit ihren quellen netzen;
Mund! Ach corallen-mund / mein eintziges ergetzen!
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Rothe lippen
Der reinen lieblichkeit / so unser blut durchstreichet /
Vergleichet sich der tranck der götter selber nicht;
Die rosen / derer glanz kein purpur hat erreichet /
Sind als ein meister-stück im
himmel zugericht.
Der wunder-starcke safft / der süsse thau der seelen /
So um rubinen fleußt / und hier auff perlen steht /
Gibt deutlich zu verstehn / daß in der augen hölen /
Die reizung öffters schläfft / hier niemahls untergeht.
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Ich singe tauben ohren /
Dein schönes antlitz kennt mich nicht /
Hab ich der freundschafft süsses licht /
Mein bestes kleinod ganz verlohren?
Wird denn mein tag zu düstrer nacht?
Soll ich mich lebendig begraben?
Und deiner augen schöne pracht /
So vormahls sonne war / itzt zu cometen haben?
Was sind es doch für sünden /
Davor ich peinlich büssen muß /
Und aller schmerzen überfluß /
Als übelthäter / itzt empfinden?
Doch laß der übelthäter recht
Mich / eh' ich sterbe / nur geniessen!
Und mache / daß dein armer knecht /
Was er verbrochen hat / mag vor dem tode wissen.
Vor was hab ich zu büssen?
Vor göttin hab ich dich erkennt /
Mein herz als weyrauch dir gebrennt /
Und mich gelegt zu deinen füssen.
Strafft mich der
himmel oder du?
Dir hab ich mich in mir verzehret;
Der
himmel stürmet auff mich zu /
Dieweil ich dir zu viel / und ihm fast nichts gewähret.
Ach zürne nicht / Melinde /
So mir diß freche wort entfährt!
Ein sünder ist erbarmens werth.
Du fühlest nicht / was ich empfinde!
Nicht lache / wenn dein sclave fällt!
Du weist / verwirret seyn / und lieben
Hat allbereit die erste welt
Mit schrifft / die nicht verlescht / zusammen eingeschrieben.
Doch wilt du göttin heissen /
Zu der dich deine tugend macht?
So must du auch bey solcher pracht
Dich der erbarmung stets befleissen.
Reiß deinen kalten vorsatz ein /
Nicht mache meine noth zum scherze /
Die hölle lehret grausam seyn /
Der
himmel / dem du gleichst / verträgt kein steinern herze.
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O Göttin / der ich voller pflicht
Mein erstes opffer angericht /
Verachte nicht die letzten Flammen /
Und dencke noch an das altar /
Darauff mein kindisch räucherwerck war /
So dich und mich verband zusammen.
Ich weiß wohl / daß die schnöde zeit /
Und meine große niedrigkeit
Dein ohr hat von mir weggerissen /
Und daß kein zeugniß meiner pflicht /
So hand und seele zugericht /
Recht würdig ist / dich zu begrüssen.
Doch aber / wilstu göttin seyn?
So muß auch deiner strahlen schein
Ein kleines opffer nicht verhöhnen.
Der
himmel liebt barmherzigkeit /
Und alle götter sind erfreut /
Wenn unsre hände sie versöhnen.
Drum thu auch deinen
himmel auff /
Und laß der tauben saiten lauff
Mich und mein opffer nicht verzehren!
Die dürfftigkeit hemmt meine hand /
Und ist doch zuvor bekandt /
Was dir mein armuth kan gewähren.
Ist gleich räuch-opffer / brandt und heerdt
Nicht deiner
himmel-schönheit werth /
So wird dich das doch nicht beflecken;
Und bistu göttin / so da liebt /
Da man ihr
himmels-ehre giebt?
So laß mich deinen nectar schmecken.
So dich mein feuer lencken kan /
So schaue dessen funcken an /
Und laß mich nicht so schmählich sterben;
Doch / soll es ja gestorben seyn /
So laß mein leben samt der pein
Durch deiner augen glut verderben.
Es komme leben oder tod /
Es komme wohlfahrt oder noth /
Ich nehm es an mit tausend küssen /
Dein urtheil stärcket meinen muth /
Ich bin bereit / mein treues blut
Vor deinen füssen zu vergiessen.
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Parthenie / du strenge meiner seelen /
Vor der mein herz in fesseln schacht /
Wie lange soll mein trüber geist sich qvälen /
Den du um seine freyheit bracht?
Wie lange soll ich mich betrüben /
Verschwiegen und mit schmerzen lieben?
Kan ja kein ach in deine seele dringen /
Das göttin dir dein sclave schickt;
So höre doch die schweren fessel klingen /
Wovor der abgrund selbst erschrickt.
Wiltu den diamanten gleichen /
So kan dich nichts als blut erweichen.
So siehe denn hier blut und thränen rinnen /
Das pfand so ich dir liefern kan /
Du wirst es nicht von dir verstossen können /
Der
himmel nimmt solch opffer an;
Drum wird ja auch vor deinen augen
Ein
himmel-reines opffer taugen.
Es wird die welt dir süssen weyrauch brennen /
Wenn du / o schönstes götter-kind /
Auff deinem thron dich läst barmherzig nennen /
Wenn man von dir genade find /
So wird dein thun den engeln gleichen /
Und dein erbarmen sie erweichen.
Verzeihe mir / o göttin / meine seelen /
Daß sich ein knecht so viel erkühnt /
Und daß ein mensch / mit herzens-angst und qvälen /
Um deine
himmels-schönheit dient /
Du gleichst mit deiner pracht der sonnen /
Von der auch staub den schein gewonnen.
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Soll denn ein kuß / ein unbefleckter scherz /
Ein süsser blick sünd und verbrechen heissen?
Soll ich denn selber mich mir nun entreissen?
Der
himmel kennt der menschen sinn und herz.
Lieb ist des
himmels kind / es wird ja unsre flammen /
Als dieberey und mord / der
himmel nicht verdammen.
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Auff ihre ohren-gehänge
Zwey cronen zeigten sich an meiner liebsten ohren /
Von westen kam ihr gold / von ost ihr diamant;
Diß alles war vermählt durch eine kluge hand /
Und für die Lesbia zu einem schmuck erkohren.
Ich weis nicht wie mir war gelegenheit gebohren /
Daß ich das götter-bild in einem garten fand /
Alß Flora neben ihr / Pomona vor ihr stand /
So hab ich dieses wort / so diesem folgt / verlohren:
Gecrönte Königin / von mehr als tausend herzen /
Die kräfftig sind entbrannt von deiner augen kerzen /
Du bist des
himmels kind / und führst des
himmels schein /
Was sag ich Königin? o Göttin! sollen cronen
Die liebes-märtyrer / die du gemacht / belohnen /
So müsten ihrer mehr denn tausend tausend seyn.
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Benjamin Neukirch
(1665-1729)
Auff ihre augen
Ihr habet mich besiegt / ihr
himmel-blauen augen /
Ihr sollet auch allein
Nur meine freude seyn /
Wenn andre blitz und tod aus braunen augen saugen /
Wann sie das schwarze pech biß an den pol erhöhn /
Und dennoch, wann es brennt / für schmerzen fast vergehn /
So seh ich nichts als lust aus euren sternen lachen /
Ihr seyd mir / hab ich gleich
Nicht geld und große sachen /
Mein ganzes königreich.
Ja / wenn ein ander sich in schwarzen augen siehet /
Und meynet / daß er schon im feur und hölle steh,
So denck ich / wann mein bild aus euren äpffeln blühet /
Daß ich auff erden mich in einem
himmel seh.
O
himmel / schütze dann / weil sie allein nur taugen
Dein ebendbild zu seyn / stets meiner liebsten augen.
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Erdmann Neumeister
(1671-1756)
Cantata von der rechten liebe
Nichts ist süsser als das lieben /
Lieben ist ein
himmelreich;
Menschen / die das wesen üben /
Sind dadurch den göttern gleich.
Ja zwey recht vertraute herzen
Sind zwey engel auff der welt /
Weil ihr angenehmes scherzen
GOtt und menschen wohlgefällt.
Wiewohl die liebe muß auf rechtem fusse stehn.
Wo keine treu / wo keine keuschheit ist /
Wo man das tugend-ziel vergist /
Da muß die schöne lust zergehen.
Und was ein
himmel heist
Muß eine hölle werden.
Jedoch ein reiner geist
Befleckt sich nicht.
Gedancken und geberden
Sind tugendhafft und edel eingericht.
Die küsse sind die seele bey dem lieben /
Wann diese rein geblieben /
So muß die seele leben /
Und tausendfache lust verliebten cörpern geben.
_____
Erbarme dich / du schönheit dieser welt /
Und nimm von mir die fessel meiner seelen!
Wenn stahl und eiß die brust umschlossen hält /
Durch sclaverey mich auff den todt zu qvälen /
So dencke doch / der ursprung meiner noth
Ist schon der tod.
Ist schon der tod ein opffer deiner lust /
Und soll mein herz in heisser glut verbrennen;
So wollst du nur die alabaster-brust
Zu guter letzt mir zum altare gönnen.
Denn ein altar zum opffern muß ja seyn
Ein harter stein.
Ein harter stein wird durch die tropffen weich:
Mein auge läst auch ganze ströme rinnen;
Jedoch umsonst. Wem bist du endlich gleich?
Erweicht nur blut die diamantnen sinnen?
So kühle dann darinnen deinen muth /
Hier ist mein blut.
Hier ist mein blut / das treu und liebe weyht /
Die mich zuerst in sclaverey gestürzet.
Was brachte mich um meine güldne zeit?
Wer hat den weg der freyheit abgekürzet?
Der rauber war / ach daß ichs sagen muß!
Ein einzger kuß.
Ein einzger kuß legt mir die ketten an /
So kan mich auch ein kuß davon entbinden.
Wiewohl der wunsch ist ganz umsonst gethan /
Mein seuffzer soll in tauber lufft verschwinden.
So muß mein herz mit doppelt schwerer pein
Gestraffet seyn.
Gestraffet seyn / und ohne missethat /
Wird auch kein gott vor recht und billig sprechen.
Doch weiß ich nicht / wer mich gestraffet hat;
Vielleicht will sich der
himmel an mir rächen.
Das macht / du warst / und mehr als er / zugleich
Mein
himmelreich.
Mein
himmelreich wird mir zur höllen-pein.
Ich soll und muß / ich will auch nur verderben;
Die freyheit wird in meinem grabe seyn;
Drum will ich gern als sclave grausam sterben.
Mein herz giebt nur den seuffzer noch von sich:
Erbarme dich!
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Martin Opitz (1597-1639)
Ich wil diß halbe mich / was wir den Cörper nennen /
Diß mein geringstes Theil / verzehren durch die Glut /
Wil wie Alcmenen Sohn mit vnverwandtem Muth'
Hier diese meine Last / den schnöden Leib / verbrennen /
Den
Himmel auff zu gehn: mein Geist beginnt zu rennen
Auff etwas bessers zu. diß Fleisch / die Hand voll Blut /
Muß ausgetauschet seyn vor ein viel besser Gut /
Das sterbliche Vernunfft vnd Fleisch vnd Blut nicht kennen.
Mein Liecht entzünde mich mit deiner Augen Brunst /
Auff daß ich dieser Haut / des finstern Leibes Dunst /
Des Kerckers voller Wust vnd Grawens / werd' entnommen /
Vnd ledig / frey vnd loß / der Schwachheit abgethan /
Weit vber alle Lufft vnd
Himmel fliegen kan
Die Schönheit an zu sehn von der die deine kommen.
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18. Jh.
Charlotte von Ahlefeld
(1781-1849)
Für Dich
Kennst Du das Wort, das allgewalt'ge Schwingen
Dem Geiste leiht, das schwerste zu vollbringen?
Das göttergleich, gesunknen Muth befeuert,
Und starke Kraft in schwacher Brust erneuert?
Das bittre Opfer, sonst dem Schmerz geweiht,
Für mich erhöht zur höchsten Seeligkeit?
Kennst Du das Wort, dem nie ein andres glich?
Der Liebe Losung ist's, es heißt: Für Dich!
Für Dich dem Tode still mich hinzugeben,
Dünkt süßer mir, als ohne Dich zu leben.
Doch knüpfte auch, im innigsten Vereine,
Mein Schicksal liebevoll sich an das Deine,
So würd' ich dennoch gern von Daseyn scheiden,
Befreite Dich mein Tod von Schmerz und Leiden,
Und selbst in banger Qual beglückte mich
Des Zauberwortes
Himmelsklang: Für Dich!
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Susanne von Bandemer
(1751-1828)
An Selmar
Ha! dieser süsse Aufruhr aller Sinnen,
Dies Drängen, Streben, Schmachten und Zerrinnen
In heissen Thränen, die die Liebe weinet
So uns vereinet,
Sie lässt uns nie der Ruhe Glück geniessen,
Bis Herz an Herz sich wonnevoll wird schliessen,
Und dieses Busens ungestümes Schlagen
Dir mehr wird sagen
Als tausend Worte dir bezeichnen können -
Wer kann das Unaussprechliche benennen? -
Vergebens streb' ich, Holder! dies Entzücken
Dir auszudrücken.
Im Flammenkuss, den der Geliebte küsset,
Den Aug' und Herz, ach! überall vermisset,
Und von dem Arm des Einzigen umwunden,
Wird sie gefunden -
Die längst verlor'ne und von uns ersehnte,
Als ich noch Selmar nicht zu lieben wähnte,
Und doch im süssen Wahnsinn ganz versunken
Ward Liebe trunken.
Wie strebt' ich da im Geist dich zu umfangen,
Am Gaumen stockte dieses Sprechverlangen,
Ich fühlte mich, in dir so ganz verlohren,
Wie neu gebohren.
Wann schlagen sie die lang ersehnten Stunden,
Die seligsten der zögernden Sekunden!
Wo ich dich, Selmar, trunken von Entzücken,
Ans Herz kann drücken?
Dann mag die Welt vor meinen Augen schwinden,
Ich werde Welt und
Himmel in dir finden,
Im langen Kuss, den diese Lippen geben
Mit Wonnebeben.
Und würde mir der Todesengel winken,
Ich müsste noch den Kelch der Liebe trinken,
Durch ihn gestärkt, fühlt' ich ein neues Leben
Den Busen heben.
Ein
Himmelreich scheint mir die ganze Erde,
Und federleicht die drückendste Beschwerde,
Seit dem die Glut, die unsre Herzen nähret,
Die Welt verkläret.
O, komm Geliebter! den ein Gott mir wählte,
Der unsre Seelen ewig treu vermählte:
Komm! und vergiss an Selma's treuem Herzen
Der Unruh Schmerzen.
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Louise Brachmann (1777-1822)
Augensprache
Schweige, Mund und redet, Augen!
Andre Sendung will ich nicht.
Nur so zarte Boten taugen,
Wo ein zart Geheimniß spricht.
Durch der Wimpern Schattenschleier
Dringen Blitze, bang, doch kühn,
Süßes, wunderbares Feuer,
Spiegelnd in der Wangen Glühn.
Ja, mit Wundermacht entzünden
Licht sie im verwandten Sein,
Wissen schnell die Bahn zu finden
Tief ins Herzens Herz hinein.
Und die lieblichen Gesandten
Führen mächt'ge Sprache dort,
Und so schlingt mit Wechselbanden
Sich der Blicke Botschaft fort.
Unentweiht von äußern Zeugen,
Nur im heilig stillen Raum,
Lang' noch weil' in zartem Schweigen,
Lichter, seel'ger
Himmelstraum!
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Gottfried August Bürger
(1747-1794)
Der Entfernten
Du mein Heil, mein Leben, meine Seele!
Süßes Wesen, von des
Himmels Macht
Darum, dünkt mir, nur hervorgebracht,
Daß dich Liebe ganz mir anvermähle!
Welcher meiner todeswerten Fehle
Bannte mich in diesen Sklavenschacht,
Wo ich fern von dir, in öder Nacht,
Ohne Licht und Wärme mich zerquäle?
O, warum entbehret mein Gesicht
Jenen Strahl aus deinem
Himmelsauge,
Den ich dürftig nur im Geiste sauge?
Und die Lippe, welche singt und spricht,
Daß ich kaum ihr nachzulallen tauge,
O, warum erquickt sie mich denn nicht?
_____
Das neue Leben
Eia! wie so wach und froh,
Froh und wach sind meine Sinnen!
O, von welcher Sonne floh
Meines Lebens Nacht von hinnen?
Wie so holden Gruß entbot
Mir das neue Morgenrot!
Mein erheitertes Gesicht
Siehet Paradiese blühen!
Welche Töne! Hör' ich nicht
Aller
Himmel Melodieen?
O wie süß erfüllt die Luft
Edens Amarantenduft!
Evan! bist du mir so nah',
Mir so nah bei jedem Mahle?
Kehrst du in Ambrosia
Und in Nektar diese Schale?
Geber der Ambrosia
Und des Nektars, mir so nah'?
Liebe! deine Wunderkraft
Hat mein Leben neu geboren,
Hat zu hoher Götterschaft
Mich hienieden schon erkoren!
Ohne Wandel! ewig so!
Ewig jung und ewig froh!
_____
Der versetzte
Himmel
Licht und Luft des
Himmels zu erschauen,
Wo hinan des Frommen Wünsche schweben,
Muß dein Blick sich über dich erheben,
Wie des Betenden voll Gottvertrauen.
Unter dir ist Todesnacht und Grauen.
Würde dir ein Blick hinab gegeben,
So gewahrtest du mit Angst und beben
Das Gebiet der Höll' und Satans Klauen.
Also spricht gemeiner Menschenglaube.
Aber wann aus meines Armes Wiege
Mollys Blick empor nach meinem schmachtet:
Weiß ich, daß im Auge meiner Taube
Aller
Himmelsseligkeit Genüge
Unter mir der trunkne Blick betrachtet.
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Die Unvergleichliche
Welch Ideal aus Engelsphantasie
Hat der Natur als Muster vorgeschwebet,
Als sie die Hüll' um einen Geist gewebet,
Den sie herab vom dritten
Himmel lieh?
O Götterwerk! Mit welcher Harmonie
Hier Geist in Leib und Leib in Geist verschwebet!
An allem, was hienieden Schönes lebet,
Vernahm mein Sinn so reinen Einklang nie.
Der, welchem noch der Adel ihrer Mienen,
Der
Himmel nie in ihrem Aug' erschienen,
Entweiht vielleicht mein hohes Lied durch Scherz.
Der kannte nie der Liebe Lust und Schmerz,
Der nie erfuhr, wie süß ihr Atem fächelt,
Wie wundersüß die Lippe spricht und lächelt.
_____
Johann Wolfgang von Goethe
(1749-1832)
Vorschmack
Der echte Moslem spricht vom Paradiese,
Als wenn er selbst allda gewesen wäre,
Er glaubt dem Koran, wie es der verhieße,
Hierauf begründet sich die reine Lehre.
Doch der Prophet, Verfasser jenes Buches,
Weiß unsre Mängel droben auszuwittern
Und sieht, daß trotz dem Donner seines Fluches
Die Zweifel oft den Glauben uns verbittern.
Deshalb entsendet er den ewgen Räumen
Ein Jugendmuster, alles zu verjüngen;
Sie schwebt heran und fesselt ohne Säumen
Um meinen Hals die allerliebsten Schlingen.
Auf meinen Schoß, an meinem Herzen halt ich
Das
Himmelswesen, mag nichts weiter wissen;
Und glaube nun ans Paradies gewaltig,
Denn ewig möcht ich sie so treulich küssen.
_____
Freundliches Begegnen
Im weiten Mantel bis ans Kinn verhüllet,
Ging ich den Felsenweg, den schroffen, grauen,
Hernieder dann zu winterhaften Auen,
Unruhgen Sinns, zur nahen Flucht gewillet.
Auf einmal schien der neue Tag enthüllet:
Ein Mädchen kam, ein
Himmel anzuschauen,
So musterhaft wie jene lieben Frauen
Der Dichterwelt. Mein Sehnen war gestillet.
Doch wandt ich mich hinweg und ließ sie gehen
Und wickelte mich enger in die Falten,
Als wollt ich trutzend in mir selbst erwarmen;
Und folgt ihr doch. Sie stand. Da wars geschehen!
In meiner Hülle konnt ich mich nicht halten,
Die warf ich weg, sie lag in meinen Armen.
_____
Die schöne Nacht
Nun verlaß ich diese Hütte,
Meiner Liebsten Aufenthalt,
Wandle mit verhülltem Schritte
Durch den öden, finstern Wald.
Luna bricht durch Busch und Eichen,
Zephyr meldet ihren Lauf,
Und die Birken streun mit Neigen
Ihr den süßten Weihrauch auf.
Wie ergötz ich mich im Kühlen
Dieser schönen Sommernacht!
O wie still ist hier zu fühlen,
Was die Seele glücklich macht!
Läßt sich kaum die Wonne fassen;
Und doch wollt ich,
Himmel, dir
Tausend solcher Nächte lassen,
Gäb mein Mädchen eine mir.
_____
Was wird mir jede Stunde so
bang? -
Das Leben ist kurz, der Tag ist lang.
Und immer sehnt sich fort das Herz,
Ich weiß nicht recht, ob
himmelwärts;
Fort aber will es hin und hin,
Und möchte vor sich selber fliehn.
Und fliegt es an der Liebsten Brust,
Da ruhts im
Himmel unbewußt;
Der Lebe-Strudel reißt es fort,
Und immer hängts an Einem Ort;
Was es gewollt, was es verlor,
Es bleibt zuletzt sein eigner Tor.
_____
Friedrich Wilhelm Gotter
(1746-1797)
Die
Eifersucht
Eifersucht, der Liebe Hölle!
Elend, elend, wer dich fühlt,
Wenn dein Dolch, getränkt mit Gifte
Ratlos in dem Busen wühlt;
Wenn der Seele Tiefen zittern,
Wie die Fluten in Gewittern;
Und kein Wort, kein Wort des Trostes
Deiner Marter Gluten kühlt;
Eifersucht, der Liebe Hölle!
Elend, elend, wer dich fühlt!
Eifersucht, der Liebe
Himmel!
Selig, selig, wer dich fühlt!
Wenn ein Wort, ein Wort des Trostes
Deiner Marter Gluten kühlt;
Wenn der Reue Thräne fließet;
Wenn Versöhnung uns umschließet;
Und der Nektar ihres Kusses
Alle Spuren des Verdrusses
Aus der Seele Tiefen spült;
Eifersucht, der Liebe
Himmel!
Selig, selig, wer dich fühlt!
_____
Johann Christian Günther
(1695-1723)
VON DER LIEBE
O Liebe,
Was vor innig-süße Triebe
Hegstu nicht in deiner Brust!
Würden doch nur die Verächter
Einmahl unsrer Wollust Wächter,
Schwör ich bey Amoenens Gunst,
Daß sie erstlich selbst nicht wüsten,
Ob der
Himmel zeitlich sey,
Und darnach vor Scham und Reu
Nur vom Zusehn sterben müsten.
Das thäten sie,
Das thäten deine Triebe,
O Liebe!
_____
AN SEINE MAGDALIS
MEIN Kind, ich bin der Huld nicht werth,
Die mir von deiner Hand so häufig widerfährt.
Drum zürne nicht, wenn ich
Mich in dies seltne Glücke
Nicht, wie ich sollte, schicke,
Und glaube sicherlich:
Würdiget dein Gnadenstrahl
Meine Lippen noch einmahl,
Deinen schönen Mund zu küßen,
So werd ich fürchten müßen,
Daß nicht die Wollust dieser Zeit
Durch ihre Süßigkeit
Mir die Lust zum
Himmel raube
Und ich der Gegenwart mehr als der Zukunft glaube.
_____
Ludwig Christoph Heinrich
Hölty (1748-1776)
LIED EINES LIEBENDEN
Beglückt, beglückt,
Wer dich erblickt,
Und deinen
Himmel trinket;
Wem dein Gesicht,
Voll Engellicht,
Den Gruß des Friedens winket.
Ein süßer Blick,
Ein Wink, ein Nick,
Reißt mich zur
Himmelssphäre;
Den ganzen Tag
Sinn ich ihm nach,
Und baue dir Altäre.
Dein liebes Bild,
So sanft, so mild,
Führt mich an goldner Kette;
Erwachet warm
In meinem Arm,
Und geht mit mir zu Bette.
Beglückt, beglückt,
Wer dich erblickt,
Und sich in dir berauschet;
Blick gegen Blick,
Nick gegen Nick,
Kuß gegen Kuß vertauschet.
_____
Die Ersehnte
Brächte dich meinem Arm der nächste Frühling,
Tönten Vögel aus Blüten mir das Brautlied;
Dann, dann hätt' ich Seliger schon auf Erden
Wonne des
Himmels!
Wonne! Sie wird mir Paradiese zaubern,
Wird lustwandeln mit mir in Gärten Gottes,
Wird, auf meinem Schooße gewiegt, den Frühlings-
Abend beflügeln!
Unter Gesang an ihrer Brust entschlummert,
Werd' ich träumen, wie neugeschafne Engel,
Werde, wachgeschimmert vom Mai, in Engel-
Seligkeit schwärmen!
Komm! dich beschwört die Sehnsuchtsthrän‘ im Antliz,
Dich dies wallende Herz voll süßer Ahndung!
Trübe floß mein Leben! O
Himmelsbotin,
Komm, es zu heitern!
_____
DIE LIEBE
Diese Erd' ist so schön, wann sie der Lenz beblümt,
Und der silberne Mond hinter dem Walde steht;
Ist ein irdischer
Himmel,
Gleicht den Thalen der Seligen.
Schöner lächelt der Hayn, silberner schwebt der Mond,
Und der ganze Olymp fleußt auf die Erd' herab,
Wann die Liebe den Jüngling
Durch die einsamen Büsche führt.
Wann ihr goldener Stab winket, beflügelt sich
Jede Seele mit Glut, schwingt sich den Sternen zu,
Schwebt durch Engelgefilde,
Trinkt aus Bächen der Seraphim.
Weilt, und trinket, und weilt, schwanket im Labyrinth;
Eine reinere Luft athmet von Gottes Stul
Ihr entgegen, und weht sie,
Gleich dem Säuseln Jehovahs, an.
Selten winket ihr Stab, selten enthüllet sie
Sich den Söhnen des Staubs! Ach, sie verkennen dich,
Ach, sie hüllen der Wollust
Deinen heiligen Schleyer um!
Mir erschienest du, mir, höheren Glanzes voll,
Wie dein Sokrates dich, wie dich dein Plato sah;
Wie du jenem im Thale
Seiner Quelle begegnetest.
Erd' und
Himmel entflieht sterbenden Heiligen;
Lebensblüthengeruch strömet um sie herum,
Engelfittige rauschen,
Und die goldene Krone winkt.
Erd' und
Himmel entfloh, als ich dich, Daphne, sah;
Als dein purpurner Mund schüchtern mir lächelte;
Als dein athmender Busen
Meinen Blicken entgegenflog.
Unbekanntes Gefühl bebte zum erstenmal
Durch mein jugendlich Herz! Froh wie Anakreon,
Goß ich Flammen der Seele
In mein zitterndes Saitenspiel!
Eine Nachtigall flog, als ich mein erstes Lied,
Süße Liebe, dir sang, flötend um mich herum,
Und es taumelten Blüthen
Auf mein lispelndes Spiel herab.
Seit ich Daphnen erblickt, raucht kein vergoßenes
Blut durch meinen Gesang; spend ich den Königen
Keinen schmeichelnden Lorbeer;
Sing ich Mädchen und Mädchenkuß.
_____
DIE SELIGKEIT DER LIEBENDEN
Ein goldner Stern hing über euren Wiegen,
Wenn Gott ein liebend Herz euch gab;
Und geudete Vergnügen auf Vergnügen,
Aus voller Urn‘, auf euch herab!
Ein goldner Stern, wenn ihr das Mädchen findet,
Das euch im Jugendtraum begrüßt;
Wenn Arm um Arm, und Geist um Geist sich windet,
Und taumelnd Seel' in Seele fließt.
Die Liebe streut den May auf Winterfluren,
Streut auf die Wildniß Tanz und Spiel;
Enthüllet uns der Gottheit lichte Spuren,
Giebt uns des
Himmels Vorgefühl.
_____
Die Seligkeit der Liebenden
Beglückt, beglückt, wer die Geliebte findet,
Die seinen Jugendtraum begrüßt;
Wenn Arm um Arm, und Geist um Geist sich windet,
Und Seel' in Seele sich ergießt!
Die Liebe macht zum Goldpalast die Hütte,
Streut auf die Wildniß Tanz und Spiel;
Enthüllet uns der Gottheit leise Tritte,
Giebt uns des
Himmels Vorgefühl!
Sie macht das Herz der Schwermuth frühlingsheiter;
Sie bettet uns auf Rosenaun,
Und hebet uns auf eine
Himmelsleiter,
Wo wir den Glanz der Gottheit schaun!
Die Liebenden sind schon zu beßern Zonen
Auf Flügeln ihrer Lieb' erhöht;
Empfahen schon des
Himmels goldne Kronen,
Eh ihr Gewand von Staub verweht.
Sie kümmern sich um keine Erdengüter,
Sind sich die ganze weite Welt,
Und spotten dein, du stolzer Weltgebieter,
Vor dem der Erdkreis niederfällt!
Sanfthingeschmiegt auf seidne Frühlingsrasen,
Auf Blumen eines Quellenrands,
Verlachen sie die bunten Seifenblasen
Des lieben leeren Erdentands.
Ein Druck der Hand, der durch das Leben schüttert,
Und eines Blickes Trunkenheit,
Ein Feuerkuß, der von der Lippe zittert,
Giebt ihnen Engelseligkeit.
Ein Blick der Lieb', aus dem die Seele blicket,
In dem ein Engel sich verklärt,
Ein süßer Wink, den die Geliebte nicket,
Ist tausend dieser Erden werth.
Ein Herzenskuß, den selber Engel neiden,
Küßt ihren Morgenschlummer wach;
Ein Reihentanz von ewigjungen Freuden
Umschlingt den lieben langen Tag!
Ein süßer Schlaf sinkt auf ihr keusches Bette,
Wie auf die Lauben Edens sank!
Kein Endlicher mißt ihrer Freuden Kette,
Wer nicht den Kelch der Liebe trank!
_____
DER KUSS
Ward Unsterblichkeit mir? Stieg ein Olympier
Mit der Schale herab? Bebte sein goldner Kelch,
Voll der Trauben des
Himmels,
Um die Lippe des Taumelnden?
Wehe Kühlung mir zu, wann du mir wiederum
Reichst den glühenden Kelch, daß mir die Seele nicht
Ganz im Feuer zerfließe;
Wehe, wehe mir Kühlung zu!
Unter Blüthen des Mays spielt' ich mit ihrer Hand;
Kos'te liebelnd mit ihr, schaute mein schwebendes
Bild im Auge des Mädchens;
Raubt' ihr bebend den ersten Kuß!
Ewig strahlt die Gestalt mir in der Seel' herauf;
Ewig flieget der Kuß, wie ein versengend Feur,
Mir durch Mark und Gebeine;
Ewig zittert mein Herz nach ihr!
_____
DIE KÜNFTIGE GELIEBTE
Wenn ich dich Engel fände, wenn der nächste
Mond der knospenden Rosen meinem Arm dich
Brächte; dann, dann hätt' ich den
Himmel schon auf
Erden gefunden!
Jeglicher Pulsschlag würde heißer schlagen,
Jede Nerve der Seele heller zittern;
Umgeboren würd' ich die Welt in neuer
Schönheit erblicken.
Trunken an ihrer weißen Brust entschlummern,
Und im Traume mit ihrem Busen tändeln,
Und, bestralt vom Morgen, in ihrer Arme
Himmel erwachen!
Wenn ich dich fände! Komm, du Engel Gottes,
Komm mein Leben zu heitern! Wenig Freuden
Sprießen auf den Ufern des Lebens! Engel,
Komm, mich zu heitern!
_____
DIE GELIEBTE
Würde mein heißer Seelenwunsch Erfüllung,
Brächt' ein gütig Geschick mich ihr entgegen,
Eine flügelschnelle Minut' in ihrem
Himmel zu athmen;
Seliger wär' ich dann als Staubbewohner,
O dann würd' ich den Frühling besser fühlen,
Besser meinen Schöpfer in jeder Blume
Schauen und lieben!
_____
Novalis (Friedrich von
Hardenberg) (1772-1801)
Zu Sophiens Geburtstag
[17. März 1796]
Wer ein holdes Weib errungen,
Stimme seinen Jubel ein.
Mir ist dieser Wurf gelungen,
Töne Jubel - die ist mein.
So hat nie das Herz geschlagen
Nie so hoch und nie so gut.
Künftig neigt vor meinen Tagen
Selbst der Glücklichste den Hut.
Fest umschlingt den Bund der Herzen
Nun der Ring der Ewigkeit,
Und es bricht der Stab der Schmerzen
Am Altar der Einigkeit.
O -! im
Himmel ist geschlossen
Unsrer Herzen süßer Bund.
Ist ein beßrer Spruch entflossen
Je des Schicksals weisem Mund?
Dir gehört nun, was ich habe,
Was ich denke, fühle, bin,
Und du nimmst nun jede Gabe
Meines Schicksals für dich hin.
Was ich sucht, hab ich gefunden,
Was ich fand, das fand auch mich,
Und die Geißel meiner Stunden,
Zweifelsucht und Leichtsinn, wich.
Nimmer soll mein Mund dich loben,
Weil mein Herz zu warm dich ehrt.
Tief im Busen aufgehoben
Wohne heimlich mir dein Wert.
Wenn ich wunde Herzen heile,
Jede Stunde besser bin,
Nie im Guten lässig weile;
Dieses Lob nimm dir dann hin.
Liebes Mädchen, deiner Liebe
Dank ich Achtung noch und Wert,
Wenn sich unsre Erdenliebe
Schon in
Himmelslust verklärt.
Ohne dich wär ich noch lange
Rastlos auf und abgeschwankt
Und auf meinem Lebensgange
Oft am Überdruß erkrankt.
Wenn nur unsre Mutter wieder
Frisch und ledig bei uns steht
Und im Kreise unsrer Brüder
Stolz die Friedensfahne weht.
Wenn dann noch ein Süßer, Trauter
Unsre Lolly fest umschlang -
O - ! Dann tönt noch zehnfach lauter
Unsres Jubels Hochgesang.
Wenig still durchhoffte Jahre
Leiten unverwandt zum Ziel,
Wo am glücklichen Altare
Endet unsrer Wünsche Spiel,
Uns, auf Ewig Eins, verschwinden
Wölkchen gleich, des Lebens Mühn
Und um unsre Herzen winden
Kränze sich von Immergrün.
_____
Friedrich Schiller
(1759-1805)
Selig durch die Liebe
Götter - durch die Liebe
Menschen Göttern gleich!
Liebe macht den
Himmel
Himmlischer - die Erde
Zu dem
Himmelreich.
_____
Klamer Eberhard Karl Schmidt
(1746-1824)
Ueber den Druck ihrer Hand
Nacht war mein Lebenslauf,
Tief eingeschlafen, tief! war mein Gefühl des
Himmels:
Da drückte Minna mir die Hand!
Die Nacht verschwand;
Und du Gefühl des
Himmels,
Du wachtest liebend wieder auf!
O des entzückenden Gewimmels
Der Engel und der Harfen um mich her!
Gott! ich vergess' es nimmermehr!
_____
Abermals Aussichten
Wenn ich heim zu Paradiesen,
Und zu neune Welten geh;
Wenn ich Yorik bei Elisen,
Laura bei Petrarchen seh;
Alle Thränen nicht zu zählen,
Wenn sie alle sind verweint;
Wenn Ein
Himmel alle Seelen,
Die sich fehlten, nun vereint;
Wenn auch du mit deinem frommen
Herzen ausgeduldet hast,
Wenn ich rufe: Sei willkommen,
Schöner Paradieses-Gast!
O Entzücken, dann zu gleichen
Freiheit gegen Herz-Verschluß;
Wünsche, die kein Ziel erreichen,
Gegen Jubel und Genuß!
Unter grünen Lebensbäumen
Werden, Hand in Hand, wir gehn,
Und, als wie in süßen Träumen,
In die Welt hinunter sehn.
Eifersucht und Unmuth rollen
Unter Engelsfüßen dann!
Leben! wenn wir leben wollen,
Ach, Geliebte,
Himmelan!
_____
Man liebt nur Einmal
Einmal, Einmal liebt man nur;
Zweimal lieben ist vergebens.
Einmal, Einmal liebt man nur:
Aber dann - Triumph des Lebens!
Ach! ein
Himmel, voll des Gebens,
Voll des Nehmens folgt dem Schwur!
Einmal, Einmal liebt man nur;
Zweimal lieben ist vergebens!
_____
Eulogius Schneider
(1756-1794)
Mädchenmoral
Mädchen, willst du artig sein?
So gewöhne deinen Busen
An den Zaubersaft der Musen,
Schlürf' der Schriften Honig ein.
Willst du schön und reizend sein?
So bewahre deine Tugend:
Denn mit ihr verblüht die Jugend,
Trocknet alle Schönheit ein,
Wünschest du gesund zu sein?
Wünschest lang' dich zu erhalten?
Nimm die Medicin der Alten,
Mässigkeit und Arbeit ein.
Wünschest du geliebt zu sein?
Such' nur EINEM zu gefallen!
Nimm Verehrungszoll von Allen,
Liebeszoll von Einem ein.
Willst du ewig glücklich sein?
Lass dein Pfund nicht müssig liegen:
Wohlzuthun sei dein Vergnügen:
Liebe führt zum
Himmel ein.
_____
Friedrich Leopold Graf zu
Stolberg (1750-1819)
Stimme der Liebe
Meine Selinde! denn mit Engelstimme
Singt die Liebe mir zu: sie wird die Deine!
Wird die Meine!
Himmel und Erde schwinden!
Meine Selinde!
Thränen der Sehnsucht, die auf blassen Wangen
Bebten, fallen herab als Freudenthränen!
Denn mir tönt die
himmlische Stimme: deine
Wird sie! die Deine!
_____
Johanne Charlotte Unzer
(1725-1782)
Meine Art zu lieben
Ohne Schmerzen wirkt die Liebe
Ekel beym Genuß.
Ohne Martern sind die Triebe
Laue Flammen lauer Liebe,
Die man Greisen gönnen muß.
Von der Unruh in dem Herzen
Nährt die Liebe sich.
Heiße Liebe mischt die Schmerzen
In die Wollust junger Herzen,
Und, mein Freund, so lieb ich Dich.
Bald ein Abgrund, bald ein
Himmel
Oeffnet sich für mich.
Im beständigen Getümmel
Aller Triebe, wacht, vom
Himmel,
Ein getreuer Trieb für Dich.
_____
Christine Westphalen
(1758-1840)
Liebe schafft zum
Himmel sich die Hütte;
Liebe lebt, in sich ihr ganzes Seyn!
Liebe flügelt geistiger die Schritte:
Trennt vom Wesen Tand und leeren Schein;
Leben ist sie, Hoffen und Genießen,
Traum und Wirklichkeit, Gefühl und Sinn.
Ihre Ströme müssen ewig fließen;
Ihre Gottheit hebt zu Sternen hin!
_____
Dem inneren Engel
Wer bist du, schöner Engel,
Der in mir leise tönt;
Der mir die Freude wecket,
Mich mit dem Schmerz versöhnt;
Der Finsterniß mich fliehen,
Und Licht mich suchen lehrt,
Des Daseyns süß Empfinden
Zu
Himmelsglück verklärt;
Der mir die Tugend höher,
Das Schöne schöner mahlt,
Die Unschuld zart und reiner,
Die Wahrheit mehr umstrahlt;
Des Lebens Bürden lindert,
Zu allem Edlen winkt,
Und mit mir Glück und Wissen,
Aus einem Becher trinkt,
Zur Hoheit mich begeistert,
Dem Niedern mich entführt,
Und zum Gesang entflammet,
Der noch den Enkel rührt;
Der mich die Zukunft ahnen,
Vertrauend glauben heißt:
Wer bist du, hoher Engel? -
Du bist der Liebe Geist!
_____
Ideal des Herzens
Eine lehret das Herz der Sterblichen zarter empfinden;
Alles in Allem vereint, einigt sie Sinne dem Geist;
Zaubert dichterisch lieblich den
Himmel nieder zur Erde;
Bildet den Menschen zum Gott: - Liebe, die Seele der Welt!
_____
19./20. Jh.
Alexis Adolphi (1815-1874)
Das erste Veilchen duftig
Das erste Veilchen duftig,
So fromm und frühlingsrein,
Wollt' länger leben und siehe!
Dein Auge muß es sein.
Des Sommers glühende Rose
Wollt' auch nicht sterben bald;
Nun lebt sie auf Deiner Wange,
Von Anmuth hold umwallt.
Die Kirsche fiel im Herbste
In süßer Purpurgluth,
Auf Deiner schwellenden Lippe
Sie nun so selig ruht.
Dich sah ein Stern am
Himmel,
In Liebe zog er aus;
Er fand in Deiner Seele
Wieder sein Heimathhaus.
_____
Johanna Ambrosius
(1854-1939)
Dein Bild
Ich hab' dein Bild, dein Bild so gern
Wie nichts, wie nichts auf Erden,
Es mußte wohl der schönste Stern
Zu deinem Auge werden.
So lieb, wie mich dein Blick anschaut,
Schaut nichts mich an hienieden,
Kein
Himmel reiner, tiefer blaut,
Kein
Himmel giebt mehr Frieden.
Ich hab' so lieb, so lieb dein Bild,
Hab's jede Stunde lieber,
Und wenn die Nacht durch's Fenster quillt,
Nehm' ich's im Traum hinüber.
Und lasse keinen Blick von dir,
Daß nichts zu nah dir trete,
Und springt des Tages Rosenthür -
Vor deinem Bild ich bete.
Ich hab' dein Bild, dein Bild so gern,
Du reinste von den Reinen!
Doch denk' ich, daß du fern, so fern,
Dann muß ich bitter weinen.
_____
Ernste, dunkle, zaubermächt'ge
Augen, wendet euch nicht ab,
Seid mein
Himmel, meine Wiege,
Meiner Schmerzen kühles Grab.
Zieht in eure Wundertiefen
Meine Seele ruhelos,
Ach, sie findet Glück und Frieden
Nur in eurem feuchten Schoß.
_____
Theodor Apel (1811-1867)
Ich liebe Dich und meine Seel' ist Dein
Ich liebe Dich und meine Seel' ist Dein,
Mein ganzes Leben möcht' ich Dir nur weih'n,
Du schaust mich an mit liebevollem Blick,
Doch ahnet mir, uns lacht nie Liebesglück!
Aus Deinem Augen strahlet sel'ge Lust,
Und
Himmelsfriede wohnt in Deiner Brust;
Auf wen Du blickst, dem wird im Herzen Ruh -
O lächle mir auch Ruh und Frieden zu!
_____
Elsa Asenijeff (1867-1941)
AUFSEUFZEN
Allüberall ist Fremde
Und nirgends ist es gut . . .
Nur wenn dein Blick
In meinem ruht,
Dann bin ich ganz zu Haus.
Wenn deine kühle Hand
Die meine hält,
Bin ich die Reichste der ganzen Welt . . .!
Und bis in tiefe
Himmel hinein
Ist alles mein Vaterland . . .!
_____
Hugo Ball (1886-1927)
Tausend Saiten hat meine Laute
Tausend Saiten hat meine Laute
Tausend Töne hatte mein Herz
Seit Deine Liebe mir Träume spann
Seit mir Dein Ich in die Seele schaute
Harfen sie
himmel und
himmelwärts.
Bist Du mein Licht,
Das die Hände faltet?
Bist Du der Tag,
Der mir Blüten küsst?
Bist Du die Sonne
Die über mir waltet?
Sage mir, ob Du
Ein Engel bist?
_____
Michel Berend (1834-1866)
O daß du mein geworden wärst,
Ich hatte dich so lieb,
Der Hafen warst du, dem ich zu
Durch wüste Wogen trieb.
Der
Himmel hat es nicht gewollt,
Mein Kahn treibt still allein -
Wir hätten überselig doch
Zusammen können sein!
_____
O könnt' ich doch noch ein einzig Mal
In dein blinkendes Auge sehen
Und dir all' die selige Liebesqual
Und die brennende Lust gestehen.
Noch einmal träumerisch unbewußt
Dir drücken die lieben Hände -
Ich wär' ja so gerne mit aller Lust,
Mit dem ganzen Leben zu Ende!
Noch einmal möcht' ich mein innerstes Herz
In die Tiefen des deinen tauchen
Und dann meine Seele
himmelwerts
In einem Kusse verhauchen.
Der ganzen Misere und Erdennot
Auf Träumen der Liebe entschweben -
Ach Gott im
Himmel, ein solcher Tod
Wär' besser als solch ein Leben.
_____
Cathinka Serafina Bergmayr
(1814-1843)
Liebe
Liebe! - heil'ge, wunderbare
Kraft der Seele! Endlos wirket
Deine Macht, und angezündet
An des
Himmels nie verloschner Leuchte
Ist das Feuer, welches du entfacht.
Liebe! Einzig Gut,
Das werth des Lebens,
Wie das Leben werth der Lieb' nur ist!
Einzig Gut, das lohnt des Todes Schrecken,
Das des Sterbens und des Lebens Jammer
Aufwiegt, mit des Paradieses Wollust!
Liebe, Lichtgebild, das blendend,
Plötzlich, einen farbenreichen Garten
An die graue Wand des Daseins malt.
Fähigkeit, von keinem Geist begriffen,
Ungelöstes Räthsel der Empfindung,
Die des Körpers Adern rasch durchströmt -
Liebe! heil'ge, wunderbare
Kraft der Seele -
Göttlich bist du!!
_____
Frida Bettingen (1865-1924)
Der
Zaubergarten
Herbstnebel dampft.
Aber ich stehe in meinem Zaubergarten.
Auf den mattbesonnten Terrassen
knien die Schleppenträger des Sommers.
Lichtbewegliche Pagen,
purpurn, prangend.
Bald wird die Nacht ihre seidnen Kehlen zerdrücken.
Aber wer wird trauern,
wenn Gottes Nachtigallen
in Rauhreif und blindem Strauchwerk wohnen.
Sie singen.
Oh, wie sie singen!
Tausendfarbig sprüht der wolkige Morgen auf.
Alle Goldaugen spiegeln sich ein in mein Herz.
O
Himmelsbürde!
Gott, wie beschenkst Du mich!
Ich stehe im
Himmel Deiner Liebe.
_____
Otto Julius Bierbaum
(1865-1910)
Letzter Wunsch
Daß deine Hand auf meiner Stirne liegt,
Wenn mich das Sterben in der Wiege wiegt,
Die leis hinüber ins Vergessen schaukelt,
Von schwarzen Schmetterlingen schwer umgaukelt.
Ein letzter Blick in deine braunen Sonnen:
Vorüber strömen alle unsre Wonnen
In einer bitter-süßen Letztsekunde;
Ein letzter Kuß von deinem warmen Munde,
Ein letztes Wort von dir, so liebeweich:
Dann hab ich, eh ich tot, das
Himmelreich,
Und tauche selig in den großen Frieden:
Der Erde Holdestes war mir beschieden.
_____
Glück
Ich bin so voll von Liebe,
Wie die Traube ist voll von Süße,
Mein Herz ist wie im Sommer
Der volle Apfelbaum.
Ich gehe stille Wege
Mit ruhigem Gemüte,
Der hohe blaue
Himmel
Ist mir kein leerer Raum.
Ich bin mit allem Leben
Verwurzelt und verwachsen,
Die Sonne ist meine Mutter,
Gott ist mein schönster Traum.
_____
Ein Menuett
Nestwarmweiche Lagerstätte,
Himmelblaues
Himmelbette,
Seidenkissen, Spitzenzier,
Rosawolken, mullgebauschte,
Hinter denen Amor lauschte,
Unsrer Liebe, dir und mir,
Kräuselte der Tapezier.
Aus der Ampel quillt in hellen
Morgenrötenrosenwellen
Schmeichelweiches Liebeslicht.
Wie in einem Rosenhaine,
Rose selber, ruht die Meine,
Und von Rosen ein Gedicht
Ihres Busens Heben spricht.
Leise, leise, ihren roten
Lippen Morgengruß geboten.
Augen auf. Bon jour Madam'!
Zweier Sonnen hell Erwachen,
Zweier Sonnen selig Lachen ...
Als ich in den Arm sie nahm,
Amor aus der Wolke kam.
_____
Devotionale
Schöne du, Erbarmerin,
Weil mir deine Augen lachen:
Nimm mein Lied in Gnaden hin -
Schöne du, Erbarmerin.
Nimm mein Herz in deine Hand,
Wieg mein Lied in Trost und Träume,
Schöne,
himmelhergesandt,
Nimm mein Herz in deine Hand.
Alles wird dann ruhig sein,
Denn die Heimat ist gefunden,
Kehrt mein Herz in deinem ein,
Alles wird dann ruhig sein.
_____
Friedrich von Bodenstedt
(1819-1892)
Deine Liebe ist mein
Himmel
Deine Liebe ist mein
Himmel,
Den ich schon auf Erden gewann!
Es hängen sich meine Lieder
Als goldene Sterne daran -
Als goldene, leuchtende Sterne,
Noch heller, als die drüben:
O, möge nimmermehr
Sich dieser
Himmel trüben!
Deine Liebe ist mein
Himmel,
Drin herrschest du ganz allein!
Führst alle guten Gedanken
Zu ewiger Seligkeit ein -
Doch alle schlechten Gedanken:
Sie werden vergessen, begraben;
O, laß mich immerdar
Nur gute Gedanken haben!
Deine Liebe ist mein
Himmel,
Drin wohnet all mein Glück!
Aus deinem Herzen kommt es,
Kehrt in dein Herz zurück -
Zurück durch meine Lieder,
Die alle zu dir sich wenden.
O, was durch dich begann:
Laß es durch dich nie enden!
_____
Seit deiner Augen
Himmelsglanz
Seit deiner Augen
Himmelsglanz
Mir in das Herz gestossen,
Hat sich das Weltgeheimniß ganz
Dem innern Blick erschlossen.
Was dunkel war in Raum und Zeit,
Ist nun in Licht verschwunden,
Ich habe die ewige Seligkeit
Genossen in Sekunden.
Nun ist der Wahn und Zweifel hin,
Umschifft sind alle Klippen,
Seit mir des Lebens tiefsten Sinn
Gepredigt deine Lippen.
Ich möcht' es jubelnd sonnenhell
Der ganzen Welt verkünden,
Allein der Weisheit tiefsten Quell
Muß Jeder selbst ergründen.
_____
Friedrich Bouterwek
(1766-1828)
Liebe ohne Hoffung
Wer nicht dann noch lieben kann,
Wenn die Hoffnungen verwehen,
Schwingt sich zu den
Himmelshöhen
Wahrer Liebe nie hinan.
Herzen, die das Glück besticht,
Folgen nur verwöhntem Triebe,
Lieben nur den Preis der Liebe,
Lieben die Geliebte nicht.
Liebe trägt sich selbst, und hält
Ihren Fittich unter Blitzen,
In sich fest und ohne Stützen,
Wie des
Himmels Sternenwelt.
_____
Philosophie der Liebe
Mag, wer will, ergrübeln und erklären,
Was das Herzensräthsel, Liebe, sey.
Nennt es blinde Sinnenschwärmerey!
Nennt es einen Flug in höh're Sphären!
Ist es dieß: so will ich gern entbehren,
Was ihr wißt. Ich misse nichts dabey.
Ist es jenes; o so mag der May
Dieses
Wunderhimmels ewig währen.
Hört, ihr Weisen, was ihr noch nicht wißt!
Wallen Seelen in einander über,
Ist's nicht Eine, die ihr Glück ermißt.
Aber wenn mein Mund ein leises: "Lieber!"
Psychens Munde schwärmerisch entküßt,
Wissen Wir, was Lieb' und
Himmel ist.
_____
Der Kuß
Ein Kuß von meinem Mädchen
Enthebt mich aller Sorgen.
Er ruft den lichten Morgen
Um Mitternacht hervor.
Er zaubert Lilj' und Rose
Aus dürrem Felsenmoose.
Er zaubert mir Palläste
Aus Stroh und Binsenrohr.
Ein Kuß von meinem Mädchen
Macht mich zum ersten Weisen,
Er lehrt mich, wie in Kreisen
Sich Erd' und
Himmel küßt.
Er lehrt mich tief empfinden,
Was Grübler nicht ergründen,
Daß diese Welt die beste
Von allen Welten ist.
Ein Kuß von meinem Mädchen
Begeistert mich zum Guten;
Der Sittenlehre Ruthen,
Ach! die begeistern nicht.
Man lernt so leicht durch Lieben
Die schwersten Pflichten üben.
Man übt so gern im Stillen
Der Liebe süße Pflicht.
Mein Mädchen, o mein Mädchen,
Laß keinen Kuß dich reuen!
Denn deine Küsse weihen
Zum
Himmel selbst mich ein.
Laß nie, nach eiteln Lehren,
Mich einen Kuß entbehren,
So werd' ich bald, dich küssend,
Wie du, ein Engel seyn.
_____
Udo Brachvogel (1835-1913)
Du kennst die Stürme, welche mich durchtoben,
Du siehst es, daß mein Leben sie zerreissen,
Und dennoch sagst Du, meine Worte gleißen,
Und meine Treue willst Du nicht erproben!
Mit welchen Zeichen soll ich Dich geloben,
Mit welchen Worten schildern jene heißen
Gefühle, die den Frieden mir entreißen, -
Und ach den Frieden, der mich sonst umwoben,
Den Du zerstört? Doch nein, nicht will ich schelten.
Jetzt wallt rastlos nach Deines Leibes Zelten
Mein Geist als Pilger auf der Sehnsucht Brücke.
O wolle glauben endlich und vergelten:
Dann opferte ich jauchzend tausend Welten,
Mir blieben tausend
Himmel ja zurücke.
_____
Darf ich wirklich Dir zu Füßen sinken,
Küssen Deiner Locken wilde Pracht,
Sehn, wie Deine Lippe schwillt und lacht,
Und von dieser Lippe Wahnsinn trinken?
In den sonnenhaften Augen winken
Liebesfeuer, zehrend angefacht;
Wehe mir, in ihres Grundes Nacht
Sehe ich mein Todesmesser blinken.
Sei's darum. Was bietet noch das Leben?
Kann von Gott ich Schöneres erwerben,
Der mir höchstens kann den
Himmel geben?
Sei's darum. Willkommen, mein Verderben!
Wer im Arm Dir einmal durfte beben, -
Muß Dir fern ja doch vor Sehnsucht sterben.
_____
Du lächelst, und es brechen Sonnenstrahlen
Aus dem Gewölk, des Strauches Knospen springen,
Zärtliche Lüfte durch die Wipfel singen,
Und Elfen wiegen sich auf Blumenschalen.
Du lächelst mir, und alle jene Qualen,
Die wie Vampyre meine Brust umfingen,
Dein Lächeln singt sie ein, auf gold'nen Schwingen
Reißt es zum
Himmel mich aus nächt'gen Thalen.
An diesem Lächeln will ich mich berauschen,
Den Pfingstgeist fühl' ich auf mich niederfließen,
Und Liebesevangelien in mir sprießen.
O, lächle denn, und laß mich's ganz genießen.
Lass' regungslos mich auf dieß Lächeln lauschen,
Lass' Seele mich und leben dafür tauschen!
_____
Der
Himmel glüht wie eine Purpurflur,
Es ist nur Widerschein von Deiner Wange;
Der Abendwind, der leise, sehnsuchtsbange,
Er ist der Nachhall Deiner Lieder nur.
Mir wiesen Blumen einstens Deine Spur,
Die ich verfolgt in heißem Herzensdrange;
Im Wellentanz, im Nachtigallensange
Vorahnend hört' ich Deine Stimme nur.
Und endlich fand ich Dich, - welch ein Begegnen!
Ich wollte beten, doch ich konnt' es nicht,
Rings um mich wogte eine Fluth von Licht.
Erschrocken starrt' ich Dir in's Angesicht!
Ja, lass mich jauchzend Deine Schönheit segnen,
Bis das Entzücken diese Lippe bricht.
_____
Bist Du mein? Bekennst Du Dich bezwungen?
Unzertrennlich Eines ich und Du?
O wie lange zagt ich, meine Seele
Flog im ersten Augenblick Dir zu.
Lass' mich liegen denn zu Deinen Knieen
Nur auf Deines Kleides letztem Saum;
Lächle nicht. Den
Himmel macht es neidisch,
Solch ein Lächeln gönnte er mir kaum.
Fodre! Alles will ich Dir gewähren,
Dich zu schauen selbst dieß Augenlicht,
Leben fodre, meiner Seele Gottheit, -
Nur das Ende meiner Liebe nicht!
_____
Schwere Stunde
Weine nicht, Du kannst's nicht hemmen,
Deine Thräne ändert's nicht;
Ist's nicht Eins, ob stumm das Herz Dir,
Oder ob's im Nothschrei bricht?
Eine Art Dämonen giebt's, die
Sich von Menschenthränen nährt,
Sie umlechzen jedes Aug', ob's
Ihnen etwa Milch gewährt.
D'rum sei standhaft! Unser Schmerz sei
Viel zu groß, zu heilig Dir,
Daß er irgend wen erfreue:
Niemand schwelg' in ihm, wie wir.
Mir gilts gleich, stößt auch mein Loos mich
In die Hölle jetzt hinaus;
Da ich lag an Deinem Herzen,
Nahm den
Himmel ich voraus.
Fleh', daß wir uns nie mehr treffen,
Oder müßt' es doch geschehn, -
Daß wir, ohn' uns zu erkennen
Stumm an uns vorübergehn.
_____
Helene Branco (Ps. Dilia
Helena) (1816-1894)
Hier!
Dem letzten Deingedenken
Ist dieser Ort geweiht;
Hier will ich mich versenken
In's Meer der Traurigkeit.
Hier lebt' ich selge Stunden -
Sie kehren nimmermehr;
Das Herz kann nicht gesunden,
Die Welt ist todt und leer.
Ein Fieber ward mein Leben,
Mein Traum geht
himmelwärts,
Die matten Pulse beben
Im letzten Todesschmerz.
Nun strömt, ihr Thränenfluthen,
Hinab in's Angesicht:
Hier mag das Herz verbluten,
Verglühn der Augen Licht.
Hier hat sich mir erhoben
Ein Glück, das keinem gleich:
Hier ist mir auch zerstoben
Ein ganzes
Himmelreich.
_____
Dein Auge
Ein
Himmelreich dein Auge ist,
Ein Engel jeder Blick;
Wem liebend er begegnet ist,
Dem lächelt das Geschick.
O
Himmel, nimm mich auf in dich,
Und laß mich selig sein!
O Engel, ziehe segnend mir
In's offne Herz hinein!
_____
Mädchens Heimweh
Mit Sternenblicken wink't es leise,
Wie Heimweh zieht es meinen Sinn:
Sanft wie ein Schwan zur Lenzesreise
Träumt mein Gedanke zu dir hin.
Dort strahlt der Liebe höchstes Leben,
Und keinen Schatten trägt das Glück,
Auf Rosen leicht die Tage schweben,
Kein Echo hat das Schmerzgeschick.
O dort zu blühen, dort zu säumen
In sanft beseelter Einsamkeit,
Mit dir den ird'schen
Himmel träumen,
Ist mir im Traum die Ewigkeit.
_____
Karoline Bruch-Sinn
(1853-1911)
Ich möchte in heißem Glutverlangen
An brennenden Lippen schauernd hangen,
In lodernde Augen seh'n -
In Augen, aus welchen die Liebe spricht,
Die sehnend auch mir im Herzen glüht -
In seligen Schauern vergeh'n!
O Liebe, Du bist das
Himmelreich
Und auch die flammende Hölle zugleich -
Bist Dämon und Gott allzumal -
Bist blühendes Leben und grausiger Tod
Und nächtliches Dunkel und Morgenrot
Mit Deiner seligen Qual!
_____
Luise Büchner (1821-1877)
Jugendträume
Kalt ist, wer nicht Liebe suchet,
Spricht der Menschen große Zahl,
Elend ist, wer nie empfunden
Ihre Lust und ihre Qual!
Und das Letzte was sie sagen,
O, ich glaub' es ihnen wohl,
Aber niemals kann ich fassen,
Daß man Liebe suchen soll.
Liebe muß sich auf uns senken
Wie ein schöner, gold'ner Traum,
Ahnungslos muß sie durchdringen
Unsres Herzens tiefsten Raum.
Und wenn dann wir leis' erwachen,
Steht sie da als Königin,
Und vor ihrem Strahlenblicke
Sinken machtlos wir dahin.
So muß uns die Liebe nahen,
Soll sie heil'ge Liebe sein,
Denn der Schlaf schützt reine Herzen,
Himmlisches nur läßt er ein.
Wollte Gott mir leuchten lassen
Solcher Liebe
Himmelslicht,
Knieend wollt' ich sie empfangen,
Doch sie suchen kann ich nicht!
_____
Georg Busse-Palma
(1876-1915)
Gleichnisse
Wenn sich Meer und
Himmel küssen,
Mund auf Mund im Abendrot, -
Sollt ich deinen nicht vermissen,
Der sich einst so lieblich bot?
Wenn die Flut sich schmiegt und schmeichelt
Auf den weißen Dünensand, -
Ach, so hab ich dich gestreichelt
Zärtlich einst mit zarter Hand!
Einer Möwe Silberschwingen
Blitzen auf und schwingen weit -
Flüchtig wie die Tage gingen
Jener silberschwingigen Zeit. -
Wogendrang und weißes Schäumen,
Ewig rastlos, bannt den Blick -
Ewig rastlos wogt mein Träumen
An den Strand der Insel Glück.
Wenn aus Höhen in die Tiefe
Klagend dann ein Adler schreit,
Ist's, als ob ein Echo riefe
Antwort meinem Sehnsuchtsleid! ...
_____
Marie Calm (1832-1887)
Mein Herz ist eine stille Flut
Mein Herz ist eine stille Flut,
Darin Dein Bild als
Himmel ruht,
Mein Herze ist ein grüner Wald,
Darin als Sang Dein Name schallt.
Mein Herze ist ein Ringlein fein,
D'rauf glänzest Du als Edelstein;
Mein Herz ist eine Frühlingsluft,
D'rin Deine Liebe webt als Duft.
Mein Herz ist eine Muschel zart,
Die Dich als Perle aufbewahrt;
Sie hält sie fest und läßt sie nicht,
Bis einst das kleine Haus zerbricht.
_____
Adelbert von Chamisso
(1781-1838)
Er, der Herrlichste von allen,
Wie so milde, wie so gut!
Holde Lippen, klares Auge,
Heller Sinn und fester Mut.
So wie dort in blauer Tiefe,
Hell und herrlich, jener Stern,
Also er an meinem
Himmel,
Hell und herrlich, hoch und fern.
Wandle, wandle deine Bahnen;
Nur betrachten deinen Schein,
Nur in Demut ihn betrachten,
Selig nur und traurig sein!
Höre nicht mein stilles Beten,
Deinem Glücke nur geweiht;
Darfst mich niedre Magd nicht kennen,
Hoher Stern der Herrlichkeit!
Nur die Würdigste von allen
Soll beglücken deine Wahl,
Und ich will die Hohe segnen,
Segnen viele tausendmal.
Will mich freuen dann und weinen,
Selig, selig bin ich dann;
Sollte mir das Herz auch brechen,
Brich, o Herz, was liegt daran!
_____
Helmina von Chézy
(1783-1856)
Himmel und Welle
Gestern war ich voller Schmerz,
Heut ist Alles süß und helle:
Wie der
Himmel, so die Welle,
Wie mein Liebling, so mein Herz!
_____
Ich bin so reich in Deinem Angedenken,
Daß ich mich nimmer kann ganz einsam nennen,
Nur wenn ich mich kann ganz hinein versenken,
Dann gibt's für mich kein banges Herzenstrennen;
Will mir die Welt die eitlen Freuden schenken,
Ich fliehe sie, und mag sie nimmer kennen,
Welt, Seele, Herz und
Himmel sind vereint,
Wo mir Dein Bild, ein süßer Stern, erscheint.
_____
Gedenke mein!
Ich kenn ein Blümelein,
Das hegt so lichten Schein,
Am
Himmel stehts.
Tilgt allen Schmerz und Pein,
Heißet: Gedenke mein!
Und nie vergehts.
Uns soll dies Blümelein
Duftend und leuchtend seyn,
In Lebensnacht.
Findens im Frühlingshain,
Wieder beim Morgenschein,
Wann wir erwacht!
_____
Ständchen
Ich kenn ein' Lilje schlank und rein,
Das ist ein süßes Mägdelein,
Ich kenn ein' Ceder, wunderhold,
Da blicket durch der Sterne Gold,
Das ist das Haupt mit Locken fein,
Das ist der lichten Augen Schein!
Ich kenn ein Wörtlein silberrein,
Das Wörtlein führt in
Himmel ein,
Das heißt allein: ich liebe dich!
Sagst Du es nicht, so sterbe ich,
Hört ich's von deinen Lippen an,
Nur einmal nur, gern stürb ich dann!
Ich kenn ein' Rose wundersüß,
Die Rose ist das Paradies,
Von zarten Lippen ist's ein Kuß,
Nach dem ich ewig schmachten muß -
Du, aller Huld und Schönheit reich,
Gieb mir den Kuß, den Tod zugleich!
_____
Die Liebe
Wie heißt der Quell, an dem man trinkt
Und wird doch nimmer satt,
Der Wonne stets der Lippe winkt,
In Lindrung Glut noch hat?
Der Quell heißt Liebe, Lieb' allein
Wie trüg er sonst so lichten Schein?
Wie heißt der Stern, der niemals weicht,
Ob Wolken um ihn stehn,
Der Stern, dem keine Sonne gleicht,
Der nie wird untergehn?
Denn stürzte gleich die Schöpfung ein!
Die Liebe bleibet stehn allein!
Wie heißt das Wort, das eine Wort,
Das Alle in sich faßt?
Der Menschenahndung ferner Port
Des Herzens seel'ger Gast?
Die Liebe ist's, das eine Wort,
Trägt dich durch alle
Himmel fort!
Wie heißt der Schmerz, dem Keiner gleicht
Schmerz über allen Schmerz,
Deß' Wonne durch die
Himmel reicht,
Der füllt und hebt das Herz?
Heißt Liebe, wem ihr Leid bewußt,
Der hat erschöpft des Lebens Lust!
_____
An *
Wirf dein Leiden, wirf dein Klagen
In der Liebe Wunderfluth,
Liebe, Liebe wird es tragen,
Läutern in der
Himmelsgluth.
In der Liebe Spiegel milde,
Sieh die Welt, in Licht verklärt,
Erst im Widerglanz und Bilde
Haben Welt und Leben Werth.
Wer kann ihre Macht ermessen?
Ihrer Schmerzen Seligkeit?
Lieb' ist Erdenleid's Vergessen,
Und Erblüh'n von
Himmelsleid!
_____
Ada Christen (1839-1901)
Küsse mich, denn, ach! sie bluten
Alle noch die alten Wunden,
Küsse mich, daß ich vergesse
Alle die verfluchten Stunden!
Laß mich von den süßen Lippen
Wieder Glück und Liebe saugen,
Laß mich sterben, überstrahlet
Von dem
Himmel deiner Augen!
_____
Peter Cornelius (1824-1874)
Du meiner Seele schönster Traum
Du meiner Seele schönster Traum!
Du meiner schönsten Träume Seele!
Du Herz, dem ich mein Heil befehle!
Du Heil, wie ich es ahnte kaum!
Du meines Lebens schönstes Lied!
Du schönes Leben meiner Lieder!
Aus Lied und Leben klingen wieder,
Was deine Liebe mir beschied.
Du meines Lenzes Blüt' und Duft!
Du Lenz, dem reich mein Herz erblühet!
Du Stern, der mir am
Himmel glühet,
Mein
Himmel du voll Glanz und Luft!
O laß um deine Stirne gern
Der Liebe Glorie mich weben,
Mein
Himmel du, mein Lenz, mein Leben!
Mein Heil, o du mein Lied, mein Stern!
_____
Löse,
Himmel, meine Seele
Löse,
Himmel, meine Seele
Aus des Staubes engen Schranken!
Wandle sie zum Flügelboten
Liebessehnender Gedanken!
Wandle sie zu Blumenodem,
Zart gewiegt im Hauch des Windes!
Wandle sie zum reinen Glanze
In den Augen eines Kindes!
Wandle sie zum Hauch des Trostes
Für die Brust, die Schmerz betroffen!
Wandle sie zum Hoffenstraume,
Wo da schwand ein letztes Hoffen!
Und zum Balsam der Erfüllung
Auf geheimer Sehnsucht Wunden!
Und zur Flamme des Entzückens,
Wenn sich Herz und Herz gefunden!
_____
Feuer vom
Himmel
Feuer vom
Himmel
Stahl einst ein Halbgott,
Menschengebilden
Seele zu leihn.
Feuer vom
Himmel
Glüht uns im Herzen,
Frag' nur die Sage,
Himmlisches Lieb!
Und willst du zürnen,
Daß vom gestohlnen
Funken der Sinn mir
Diebisch gelaunt?
Daß ich vom Antlitz,
Wo's in den Lippen
Lachend emporsprüht,
Feuer dir stahl?
Sieh! Wir ersehnen,
Sterbliche Menschen,
Stets unsres Bildners
Göttlichen Raub:
Feuer vom
Himmel!
_____
Deinem Sterne einen Gruß
Deinem Sterne einen Gruß
Der so golden und blank,
Deinem Engel ein Lob!
Deinem Glück einen Dank!
Deinem Los ein Gebet!
Deinem Leben ein Heil!
Deinem Herzen die Lieb!
Und der
Himmel dein Teil!
_____
Vom
Himmelsgarten
Es gibt im
Himmel einen stillen Garten,
Den wollen wir getrosten Muts erwarten.
Was hier der Lieb an Zeit gebrach,
Im
Himmelsgarten holt sie's nach.
Was hier sich nicht zusammenfand,
Dort geht es traulich Hand in Hand.
Was hier von Trennung nur gewußt,
Dort ruht es selig Brust an Brust.
Manch holdes Wort, das stumm geblieben,
Wird oben laut und klingt wie: "Lieben".
Den Wunsch, der hier im Herzen stirbt,
Erfüllung, neu belebt, erwirbt.
Was du geglaubt, gehofft, geliebt,
Wie Luft und Licht dich dort umgibt.
Der Seufzer, der zum
Himmel stieg,
Ist dort ein Ton und tönet Sieg;
Die Träne, die du hier geweint,
Ist dort ein Strom und glüht und scheint,
Und jede Blume, die dort blüht,
War Hauch in liebendem Gemüt.
O, laß uns schon hienieden warten
Der Blumen aus dem stillen Garten.
_____
Sei mein!
Tief im Gemüt
Mir Liebe glüht,
Und wem sie blüht
Sollst du sein,
Sollst all mein Drang
Die Tage lang,
Mein Nachtgesang
Zur Ruh' sein.
Wär' Glück mir hold,
All Gut und Gold,
Das deine sollt'
Im Nu sein;
Doch höchstes Gut,
Mein Lust und Mut,
Mein Herzensblut
Sollst du sein!
Sollst bis zum Tod
Mein
Himmelsbrot,
Mein Wein so rot
Dazu sein.
O komm und bleib,
Mein Lieb, mein Weib,
Mein Seel' und Leib
Sollst du sein!
_____
Es küssen
Himmel und Erde
Es küssen
Himmel und Erde
In einem Worte sich,
Das heißt im
Himmel: "Es werde!"
Auf Erden: "Ich liebe dich!"
_____
Der Mut, der wieder mir die Brust erhebt, bist du,
Das Blut, das neu die Adern mir belebt, bist du!
Der Labetrunk aus tausend süßen Blumenkelchen,
Von dem beseelt mein Herz zum
Himmel strebt, bist du!
_____
Siehst du mir nur ins Aug' hinein
Siehst du mir nur ins Aug' hinein,
Nenn' ich die Welt, den
Himmel mein!
Und wenn mich deine Hand nur drückt,
Gedenk' ich Gottes, fromm entzückt.
Doch wenn dein Mund im Kuß mich hält,
Vergess' ich
Himmel, Gott und Welt!
_____
Wenn wir einst vereinte Funken
Wenn wir einst vereinte Funken
In der großen Gottesglut,
Oder Tropfen still versunken
In der Seligkeiten Flut:
Nimmer doch vergessen dürfte
Ich dein Händchen, schneeweiß, klein,
Kuß auf Kuß, den dort ich schlürfte,
Fiel' mir noch im
Himmel ein.
_____
Hermine Czigler von
Eny-Vecse (1840-1905)
Was ist die Liebe
O sprich! Was ist die Liebe?
In einem Wort die Welt!
Ein Märchen ohne Ende,
Von Geistermund erzählt;
In einer kleinen Thräne
Ein weiter Ozean,
In einem leisen Seufzer
Ein wirbelnder Orkan;
Der
Himmel und die Hölle
In einem einz'gen Blick,
Ein allvernichtend Wehe,
Ein allumfassend Glück;
Ein Blitz in einer Berührung,
Der dich durchzuckt mit Macht,
Dich überselig oder
Dich überelend macht;
Die Gegenwart und Zukunft
In einem Druck der Hand;
In einem einz'gen Kusse
Ein lohender Weltenbrand,
Ein magisches Gewebe
Von Traum und Wirklichkeit,
In einem Augenblicke
Die ganze Ewigkeit;
Ein Meisterroman der Schöpfung,
Des Lebens Poesie, -
Das hohe Lied der Seele,
Die Weltensymphonie;
Ein rätselhaftes Dunkel,
Ein Strahl des Gotteslichts,
Ein Engel und ein Dämon,
Ein Alles und ein Nichts!
_____
Max Dauthendey (1867-1918)
In meinem Ohr wohnt nur dein Name
Das Rot deiner Wange ist ein Bett für mein Auge,
Mein Zimmer wird feierlich von der Pracht deiner Haare,
Jede Stunde bei dir ist ein Baum voll zärtlicher Blumen.
Wenn ich von dir singe,
Füllt der
Himmel heiter meine Scheiben,
Und die Wolken ziehn zufrieden ihren Weg.
Wenn ich dich vermisse,
Zerrt mein Herz an meiner Kette.
In meinem Ohr wohnt nur dein Name,
Wie ein Vogel im Bauer.
_____
Ich will gern an dir verbrennen
Deine Augen schläfern meinen Willen ein wie der Same des Mohnes,
Deine Augäpfel sind durchsichtiger als Tau,
Doch ihre Pupillen sind dunkel wie mein Tod.
Dein Gang ist königlich,
Du bist gewohnt, durch den
Himmel zu gehen.
Die Sonne könnte mich nicht tiefer stechen
Als der Stachel deiner Liebe.
Ich will gern an dir verbrennen.
_____
An deinen Lippen
Deine Küsse halten mich glühend wach,
Sie gehen wie feurige Sterne ums Dach.
An deinen Lippen wird's Blut mir rot,
Mein Herz springt ins Feuer, mein Auge loht.
Deine Augen wie kleine Monde beim Küssen
Im letzten
Himmel verschwinden müssen.
_____
Die Luft war stumm, die Vögel schliefen,
Nur die Wünsche, die tiefen, gingen noch um.
Wir sind zum
Abendhimmel auf den Berg gegangen,
Deine Wangen waren in Scham getaucht und mit Feuer behangen.
Viel Blumen saßen um uns dicht beisamen,
Wie junge Schwüre, die mit uns zum
Himmel kamen.
Du hast mir deine Lippen wie Blut gegeben, -
O, zu kurz ist der Küsse seliges Leben!
_____
Heut abend
Droben am Berglein im Kirschenland
Heut abend ich mit meinem Vielliebchen stand,
Wo sie manch Schlüsselblümlein fand.
Sie winkte an des Bergleins Rand
Den Wolken zu mit glücklicher Hand.
Frau Venus trat aus der
Himmelswand
Aufleuchtend, weil sie zwei Selige fand.
_____
Laß mich in deinem stillen Auge ruhen,
Dein Auge ist der stillste Fleck auf Erden.
Es liegt sich gut in deinem dunkeln Blick,
Dein Blick ist gütig wie der weiche Abend.
Vom dunkeln Horizont der Erde
Ist nur ein Schritt hinüber in den
Himmel,
In deinem Auge endet meine Erde.
_____
Mein Stuhl steht im
Himmel
Mein Stuhl steht im
Himmel, wenn ich an dich denke.
Sitze bei mir und lege deinen Schmuck in mein Herz,
Du sollst in meinen Augen dich beschauen,
wie schön du bist.
Dein Lächeln hat Hände und beschenkt mich reich.
Ich gehe vor dir wie ein selig Gestorbener,
Mein Herz steht still und feiert.
Ein Feuer, das auf den Scheitern sich wiegt,
Liegt dein Auge auf mir, meine Füße sind Stahl,
ich bin dein Schatten,
Ich folge dir ohne Ermatten und ohne Wahl.
_____
Nie war die eine Liebesnacht in deinem Schoß
der andern gleich
Nie war die eine Liebesnacht
In deinem Schoß der andern gleich,
Dein Leib ist ein Septembermond
An immer neuen Früchten reich.
Die Brüste sind ein Traubenpaar,
Und drinnen pocht der junge Wein,
Die Augen sind ein
Himmelstor
Und lassen meine Wünsche ein.
_____
Juli
Nun ist es Sommer den ganzen Tag,
Den ganzen Tag man nur küssen mag,
Und alle die Rosen, die müssen
Satt duften zu unseren Füßen.
Nun bleibt es Sommer den ganzen Tag,
Den ganzen Tag ich im
Himmel lag,
Dort tat man sich paarweise küssen
Und satt lag die Erde zu Füßen.
Nun ist es Sommer Nacht und Tag,
Und Nacht und Tag man nur küssen mag;
Von allen heißen Genüssen
Ist Anfang und Ende das Küssen.
_____
Sind zwei getrennt
Sieh droben den Mond zwischen Türmen hängen,
Er konnte die Nacht aus dem
Himmel verdrängen.
Er hängt wie der Schein alles Sehnenden oben,
Wie Helle, die sich voll Hoffnung gehoben.
Und sind zwei getrennt, auch in fremdesten Gassen,
Verliebten wird niemals ihr
Himmel verblassen,
Ihr
Himmel, der kann ihre Augen aufhellen
Durch brennende Botschaften zwischen zwei Schwellen.
_____
Solang ein Weib tut leben
Solang ein Weib tut leben,
Wird selig auch der Mann.
Sie kann den
Himmel geben,
In den man kommen kann.
Solang ein Weib tut leben,
Solang lebt auch der Kuß,
Sie kann den Kuß dir geben,
Der sich verdoppeln muß.
Solang 's ein Weib tut geben,
Gibt's keine tote Stund.
Wie das Bukett der Reben,
Hat sie den Rausch im Bund.
_____
Richard Dehmel (1863-1920)
Gebet an die Geliebte
Meine Hoffnung du, nun hilf mir hoffen!
Schleicht der Winter schon in unser Leben,
das noch kaum ein Frühlingsstrahl getroffen?
Sahn wir darum einen
Himmel offen,
nur um Grabesziele anzustreben?
Hilf mir glauben! Nimm mir nicht den Segen,
daß ich Ein Herz durch mich glücklich wisse!
O, es geht sich schwer auf meinen Wegen:
ewiges Eis starrt von den Höhn entgegen,
und im Abgrund gähnen Finsternisse.
Drum von Liebe still! Wer kann sie sagen.
Laß mich fühlen, fühlen, daß die Gluten
auch in Dir empor zu Flammen schlagen
in der Lohe uns gen
Himmel tragen,
und das Eis zerschmilzt in Lavafluten!
_____
Marie Eugenie Delle Grazie
(1864-1931)
Vergangen
Ich denke hin, ich denke her,
Mein Sinn wird trüb, mein Herz wird schwer,
Meine Seele faßt ein Bangen;
O sagt, wo ist die süße Zeit,
Voll Liebeslust und Seligkeit?
Vergangen, ach vergangen!
O sagt, wo ist der gold'ne Tag,
Da ich an seinem Herzen lag,
Von seinem Arm umfangen,
Da mir die schönste Thrän' entquoll,
Die Brust von Lieb und Wonne schwoll?
Vergangen, ach vergangen!
O sagt, wo ist die schöne Stund',
Da ich an seinem trauten Mund
Voll
Himmelslust gehangen,
Da ich ihm tief in's Aug geschaut,
Ihm Alles, Alles anvertraut?
Vergangen, ach vergangen!
Ich denke hin, ich denke her,
Mein Sinn wird trüb, mein Herz wird schwer,
Meine Seele faßt ein Bangen;
O sagt, wo ist mein ganzes Glück?
Ach Gott, es kehrt wohl nie zurück,
Vergangen bleibt vergangen!
_____
Felix Dörmann (1870-1928)
Sehnsucht
Ich sehne mich nach einer Traumgestalt,
Nach einem unberührten, keuschen Wesen,
Das noch im Buch der Sünde nicht gelesen,
Das Wollust nicht einmal im Geist umkrallt.
In ihrer Seele müßte Mitleid wohnen
Mit jedem Menschen und mit jedem Tier,
Am allermeisten aber doch mit mir,
In dem das Elend und die Marter thronen.
Und wie vom übervollen Weinpokal
Die goldnen Fluten achtlos niederschießen,
Müßt' ihre
Himmelsreinheit mich umfließen
Und tilgen meiner Seele Sündenqual.
_____
Carl Ferdinand
Dräxler-Manfred (1806-1879)
Da kam die Liebe mit den
Himmelsklängen,
Worin ein Meer von stiller Wonne fließt,
Und hat mit paradiesischen Gesängen
Mich aus den tiefen Träumen aufgeküßt.
Sie hat den Schlaf vom Auge mir gesungen,
Sie hat den Schmerz vom Herzen mir geko'st,
Sie hat mit Seligkeiten mich durchdrungen,
Mit Hoffnung und mit wunderbarem Trost.
Sie hat mich Alles, Alles kennen lehren:
Den
Himmel, der ein Abbild ist von ihr;
Die tiefe Harmonie dort in den Sphären,
Die schöne Wirklichkeit im Lenze hier.
In ihrem Auge, wie in einem Spiegel,
Da sah ich Alles wundervoll und rein,
Die Seele mit dem mächt'gen
Himmelsflügel,
Die Welt, das Leben, Schaffen und Gedeihn.
Eh' ich noch durch der Liebe Ruf erwachte,
Da war mein Leben nur ein ew'ger Gram,
Weil ich's im trüben Winterschlaf verbrachte,
Selbst wenn der Frühling in die Fluren kam.
Nun sich die Liebe meiner angenommen,
Ist aufgegangen mir ein Stern der Lust:
Der Frühling mag nun gehen oder kommen,
Für ewig ist es Lenz in meiner Brust.
_____
Liebeswunder
Ueber Allen, wie ein
Himmel,
Ist die Liebe ausgespannt,
D'rin ein lichtes Sterngewimmel
Von Gefühlen allerhand.
Fröhlich sieht der Mond hernieder,
Gehn Verliebte Hand in Hand,
Herz und Sinn und Augenlider
Sich und ihm nur zugewandt.
Und die goldnen Sterne stehen
Wie ein Hochzeitfackelbrand,
Um das Brautfest zu begehen,
Das sich hier zusammenfand.
Stern- und Engelblick hinunter,
Menschenaug' hinaufgewandt: -
Solche zauberhafte Wunder
Bringt die Liebe nur in's Land.
_____
Ein Talisman ruht deine weiche Locke
Auf meinem Herzen zaubervoll,
Erinnernd, wie die Welt es auch verlocke,
Wen es für ewig lieben soll.
Nicht schönern Grabstein hat ein Herz gefunden,
Als dieses blonde Lockenmonument,
Das mit dem ganzen
Himmel mich verbunden,
Und liebreich von der Erde mich getrennt.
_____
Ein Weib wie du, so lieb und innig,
An allen süßen Gnaden reich,
Das Herz so tief, der Geist so sinnig,
Das Aug so klar, der Mund so weich -
Ich ahnte nichts von solchen Wesen,
Da zuckt der Blitz, ich sehe dich,
Und fromm wird, der ein Saul gewesen,
Und fleht zu dir: O liebe mich!
Du Inbegriff des Lieb- und Guten,
Mein All, mein Gott, mein
Himmel du,
Laß mich zu Füßen dir verbluten,
Doch lächle mir nur liebend zu!
_____
Sehnsucht
Wie der Weinstock im Herbste
Voll Trauben hängt,
So ist meine Seele
Voll Gedanken an dich.
Wie die Mutter jammert
Um ihr verlornes Kind,
So seufzt und sehnt sich und klaget
Mein Herz um dich.
Als ich dich hatte,
Dir liebend gesellt,
Dein Freund, dein Gatte,
War ein
Himmel die Welt.
Verwitwet jetzt wir Beide,
Nur Sehnsucht im Sinn -
O Liebe, Glück und Freude,
Wo seid ihr hin!
_____
Ida von Düringsfeld
(1815-1876)
Die Liebe
Die Liebe war mir wie die Fremde
Und schien mir alles wunderbar -
Jetzt bin daheim ich in der Liebe,
Und alles ward mir lieblich klar.
Ein tiefes Wunder ist das Leben,
Auf dessen Grund kein Auge schaut:
Doch weil Alltäglichkeit wir's nennen,
Bedünkt's uns einfach und vertraut.
So kommst auch du, o heil'ge Liebe,
Aus deinen
Himmeln schlicht herab
Und trinkst mit uns aus unserm Becher
Und brichst von unserm Brote ab.
Und also kommt es, daß ein Mädchen
Ganz deiner Göttlichkeit vergißt
Und daß dein Blick voll Ewigkeiten
Ihm der von einer Schwester ist.
_____
Joseph Freiherr von
Eichendorff (1788-1857)
Mondnacht
Es war, als hätt der
Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
_____
Liebe
Mädchen, wenn in deiner Reize
Wonnemeer mein Blick sich taucht,
Wenn von deinem Purpurmunde
Heiße Sehnsucht mich durchhaucht;
O, wie schwind't dann jeder Wunsch, der
Kühn sonst in die Zukunft sah,
Einer nur steht allverschlingend
Und allmächtig vor mir da!
Ach, der Wunsch, hinwegzuküssen
Von der Lippen zarten Rot
Sanft Vergessen des Vergangnen,
Kraft für Zukunft, Mut für Tod!
Auf dann lodern alle Kräfte,
Die, in düstrer Nacht versteckt,
In des Herzens Räumen schliefen,
Von der Liebe Tag geweckt.
Nieder stürzt der Täuschung Vorhang
Den des Menschen Sinne ziehn,
Nichtig und im bunten Wechsel,
Schwebt, was irdisch ist, dahin!
Nur die Lieb', die ew'ge Schöne
Streckt ihr Haupt den Sternen zu;
Unstet kreisen Welt und Zeiten -
Sie geneußt und spendet Ruh!
Sieh - es sinkt die alte Welt mir
Vor des Geistes kühnem Lauf;
Rosig strahlt mir eine neue -
Eine Welt der Liebe auf!
Offen, offen steht der
Himmel!
Auf, frei von der Tierheit Last,
Auf zum Vater, wo die Wesen
Alle heil'ge Lieb' umfaßt!
_____
Der Blick
Schaust du mich aus deinen Augen
Lächelnd wie aus
Himmeln an,
Fühl' ich wohl, daß keine Lippe
Solche Sprache führen kann.
Könnte sie's auch wörtlich sagen,
Was dem Herzen tief entquillt,
Still den Augen aufgetragen,
Wird es süßer nur erfüllt.
Und ich seh' des
Himmels Quelle,
Die mir lang verschlossen war,
Wie sie bricht in reinster Helle
Aus dem reinsten Augenpaar.
Und ich öffne still im Herzen
Alles, alles diesem Blick,
Und den Abgrund meiner Schmerzen
Füllt er strömend aus mit Glück.
_____
Gustav Falke (1853-1916)
Seliger Eingang
Vorm
Himmelstor, o süßer Traum,
treffen wir uns wieder,
hängt über die Mauer ein Apfelbaum
seine weißen Blüten nieder.
Hockt auf der Mauer ein Englein quer
und baumelt mit den Füßen,
kommen ans Tor zehn andere her,
uns liebreich zu begrüßen.
Schlagen zwei die Flügel leis,
will jedes ein Röslein geben,
die rote mir und dir die weiß',
und uns beiden das ewige Leben.
_____
Liebesgestammel
Es ist alles nicht auszusagen,
was ich um dich gelitten.
Du mußt meine schlaflosen Nächte fragen,
da ich mit Beten um dich gestritten,
mit Wünschen und Sehnen und Hoffen viel
trieb ein törichtes Liebesspiel.
Und am Tage ging ich umher,
eine einsame Seele, die keiner versteht.
Sie bangt um ihren
Himmel sehr
und weiß nicht, wo die Straße geht,
schlägt in rastlosem Sehnsuchtsspiel
tausend Brücken nach ihrem Ziel,
über die mit zitternden Knien
all ihre weinenden Wünsche ziehn.
Ich bin dein,
o wärst du mein!
Hülfe mir Beten, hülfe mir Bitten -
aber ich will mich des Hoffens entschlagen.
Es ist alles nicht auszusagen,
was ich so lange um dich gelitten.
_____
August Heinrich Hoffmann von
Fallersleben (1798-1874)
Liebe
Früher durft ich nicht auf Erden
Nahen dir durch Zeit und Raum,
Durfte weiter dir nichts werden
Als dein Sehnen und dein Traum.
Freundlich tret ich jetzt entgegen
Dir als Wahrheit sonnenrein,
Will dein Frieden, Heil und Segen,
Will dein Trost und Reichtum sein.
Meine Augen will ich spenden
Dir als Morgenschatz sogleich,
Und die Welt an allen Enden
Wird durch sie dein
Himmelreich.
Und ich selbst bin dir Gewährung,
Angeschmiegt an deine Brust;
Alles wird dir, auch Entbehrung
Wird Genuß und Wonnelust.
_____
Ich will von dir, was keine Zeit zerstöret,
Nur Schönheit, die das Herz verleiht;
Ich will von dir, was nie der Welt gehöret,
Die engelreine Kindlichkeit.
Das sind des
Himmels allerbeste Gaben,
Das ist des Lebens schönste Zier,
Hat dich die Welt, so kann ich dich nicht haben;
Lebst du der Welt, so stirbst du mir.
_____
O glücklich, wer ein Herz gefunden!
O glücklich, wer ein Herz gefunden,
Das nur in Liebe denkt und sinnt
Und mit der Liebe treu verbunden
Sein schönres Leben erst beginnt!
Wo liebend sich zwei Herzen einen,
Nur eins zu sein in Freud und Leid,
Da muß des
Himmels Sonne scheinen
Und heiter lächeln jede Zeit.
Die Liebe, nur die Lieb ist Leben:
Kannst du dein Herz der Liebe weihn,
So hat dir Gott genug gegeben,
Heil dir! Die ganze Welt ist dein!
_____
Frühlingsliebe
Zwischen Blumen schlaf ich, bei des Baches
Und der Vögel süßem Kosen,
Unterm Schirme des Holunderdaches
Und im Dufte frischer Rosen.
Laßt mich schlafen, träumen, bis ich werde
Meiner Liebe Glück erwerben:
Nur dem Liebenden gehört die Erde,
Ohne Liebe will ich sterben.
Blüten beben in dem Spiel der Winde
Und dem Sang der Nachtigallen,
Und die Bienen summen leis und linde
In der Laube Blütenhallen.
Laßt mich schlafen, träumen, bis ich werde
Meiner Liebe Glück erwerben:
Nur dem Liebenden gehört die Erde,
Er nur wird den
Himmel erben.
_____
Karoline von Fidler
(1801-1874)
Meine Welt
Ein Herz ist meiner Erde Rund,
Ein Auge ist mein Licht,
Mein Sommer ist ein Flammenmund,
Mein Lenz ist ein Gesicht,
Ein feuchter Blick mein Ocean,
Und meines
Himmels Luft
Sie weht mich wonneflüsternd an
Aus eines Athems Duft;
Mein Abend ist ein scheidend Geh'n,
Ein hoffend Lebewohl;
Mein Morgen ist ein Wiederseh'n,
An Strahlen übervoll!
Gewitterluft ein Druck der Hand,
Er preßt die volle Brust -
Und aller Blitze
Himmelsbrand
Ist der Umarmung Lust!
Und was vom unsichtbaren Thron
Die süße Welt durchzieht,
Das ist ein seelenvoller Ton,
Das ist ein göttlich Lied.
_____
Johann Georg Fischer
(1816-1897)
Der Liebesbrief
Der Bote kommt - o süße Schrift,
Die, Liebster, du mir schriebst!
Laß sehn dein ungeduldig Kind,
Wie treu du es noch liebst.
Du zitterst, Herz? o zittre nur
Und hüpf' in sel'gem Lauf;
Es zittert ja die Erde auch,
Thut sich der
Himmel auf.
Die Welt weiß nicht, was er mir schrieb;
Wie arm die Menschen sind!
Doch was kein Mensch auf Erden weiß,
Weiß, Einziger, dein Kind,
Kann deiner Worte Glut und Glanz
Vor Freuden kaum verstehn,
Und möcht' in ihrer Lieblichkeit
Vor Wonne fast vergehn.
_____
Ein Gott auf Erden
Des Herzens Sehnen war erreicht,
Du lagst in meinen Armen geschlossen,
Und Liebe, der kein Lieben gleicht,
Hab' ich an deiner Brust genossen;
"Wir sind allein auf dieser Welt!"
Rief meine Seele froh vermessen,
"Denn Erd' und
Himmel kann vergessen
Der Mann, der dich im Arme hält.
Wie leis', wie stille ist's umher!
Und keine Seele kann uns lauschen,
Ich höre wie ein süßes Meer
Die Säume deines Kleides rauschen;
Im weiten Garten ich und du!
Und vor den armen Menschen allen,
Die ungeliebt vorüber wallen,
Schließt er die sichern Thore zu.
O traute, sel'ge Blätternacht,
Mit deinen dämmerlichen Hallen!
Hier darf der Liebe ganze Macht
Aus voller Seele überwallen;
Wie bist du, liebes Angesicht,
Von Küssen, die ich hier genossen,
So abendröthlich übergossen
Mit holdem, träumerischem Licht!
Sieh, wie ihr hohes Wipfelpaar
Mit freudig einverstandnem Schweigen
Zwei Bäume dort so voll, so klar
Im Winde hin und wieder neigen!
So willig neigt sich unsre Brust
In der Umarmung sel'gem Schwanken
Der Liebe einzigem Gedanken,
Der Liebe grenzenloser Lust.
Wie glüht der Rosen volle Last,
So tief am Strauch herabgesunken!
Als hätten sie vor Wonne fast
Ihr jubelnd Haupt zu schwer getrunken;
Heil dir, du Blumenkönigin!
Auch dir muß überschwenglich Leben
Die weichgeschaffne Brust durchbeben,
Wo ich so froh, so selig bin.
Wie einen Träumer in die Flut
Das Bild des
Himmels hält gezogen,
So tief zu deines Herzens Glut
Halt' ich, o Kind, mein Haupt gebogen! -
Und wo ein Gott für
Himmelslust
Das süßre Menschenglück will tauschen,
Unsterblich muß er sich berauschen,
Du Erdenkind, an deiner Brust."
_____
Mit der Braut
Der Morgen öffnet
Sein Purpurthor,
In den Morgen tret' ich
Mit dir hervor.
Am Pfade, schwellend
Von Thau und Licht,
Lockt junger Frühling,
Und lockt mich nicht,
Weil mir dein Odem
Lebendig weht,
Du andrer Frühling,
Der mit mir geht.
O Erde, Erde,
Wie reich bist du,
Und dein vergess' ich
Und mein dazu
Ob zweien Augen,
Wie du sie hast,
O junges Leben,
Das mich umfaßt.
Spürst du die Fülle,
Die webt und schwebt
Und mir die Tritte
Beseelend hebt?
Fühlst du den Segen,
Der um dich quillt,
Daß mir die Seele
Ueberschwillt?
Du schweigend Wunder,
Du weißt es nicht,
Wie ich trunken trinke
Von deinem Licht!
Und ist es möglich,
Und bist du mein?
Wir zwei im Weiten
Allein, allein!
O halte mich ewig
So gefaßt
Mit Aug' und Ohren,
Wie du sie hast!
Dem
Himmel entgegen
Halt' ich dich;
Ein
Himmel selber,
Erfüllst du mich.
_____
In ihren Armen
Himmel und Erde, was wird aus dir!
Seele des Weibes, was bist du mir,
Seit mir, wie ich es nie erlebt,
So daß Herz an dem deinen bebt?
Ist dieß Quellen und Schwellen, sag,
Deiner, ist's meiner Pulse Schlag?
Singen die Lüfte, rauscht das Meer?
Alles ist Tönen um mich her,
Die Welt verschwimmt mir im Gesang,
Ich träume von seligem Untergang.
Soll ich von diesen süßen Wehn
Wieder aus deinem Arm erstehn?
Seele des Weibes, was bist du mir?
Himmel und Erde, was wird aus dir!
_____
Eine Abendstunde
Keine Seele weit und breit,
Ich allein bin dein Geleit,
Liebste, sieh, es thaut und dunkelt
Und der Stern der Liebe funkelt.
Trinke seinen vollen Schein,
Trinkt, ihr süßen Augenlider,
Liebste, laß den
Himmel ein,
So ist keine Stunde wieder.
Sieh, nun lieben alle Sterne,
Und so bring auch du, und gerne
Jedem Wunsch Erfüllung zu,
Eh ich sterben muß und du.
_____
Liebesqualen
Flammender Glaube, heldengroß
Jegliches Höchste wagend,
Stürme des Zweifels, hoffnungslos
Schiffer und Boot verschlagend,
Geister der Qual und Dämonen der Lust,
Himmel und Hölle in Einer Brust!
_____
Gestorben
Und stehen denn die Berge noch?
Zerbrach der
Himmel nicht,
Als Erd' und
Himmel mir versank
Mit zweier Augen Licht?
O Welt, wie magst du noch bestehn,
Wenn deine Leuchten untergehn!
_____
Laß,
Himmel, diesen Engel mir
Die Blumen sind herabgesunken,
Vom heißen Kuß der Sonne matt;
Und hast auch du dich müd getrunken,
Sag, schöne Freundin, bist du satt?
Nein, laß uns nimmermehr erwachen
Aus dieses Kusses Ewigkeit,
Der hat die Blumen sterben machen,
Der sie gemahnet an die Zeit.
Reich diesen Mund mir ewig wieder,
So weich an meine Brust gelegt,
Du Haupt, das solche Augenlider
Ob solchem Auge niederschlägt.
Ich hatte nie das Weib empfunden
Wie ich es angeschaut in dir,
Ich hab' es nie seitdem gefunden,
Laß,
Himmel,
diesen Engel mir.
_____
Marie Laura Förster
(1817-1856)
O wie selig, wer im Herzen
O wie selig, wer im Herzen
Einen Namen nennt,
Wenn es Niemand weiß, wenn Keiner
Diesen Namen kennt;
Wenn es Keiner weiß, welch Hoffen
Seine Seele hegt,
Was sie im Gebet zum
Himmel
Ewig aufwärts trägt;
Wenn es Keiner weiß, was Helle
In die Nacht ihm bringt
Und warum die Thrän' im Glücke
Ihm ins Auge dringt;
Wenn es Keiner weiß, was immer
Jung das Herz erhält
Und was treulich es behütet
In dem Rausch der Welt.
Selig ist er! Nur der Augen
Warmes Strahlenlicht
Sagt uns, daß er in der Stille
Oft begeistert spricht:
"O, mit Gott im
Himmel hab' ich
Etwas nun gemein -
Denn mein süß Geheimniß wissen
Er und ich allein!"
_____
Ludwig August Frankl
(1810-1894)
Wenn liebende Arme uns umstricken
Wenn Blick in Blick
Und Lipp' an Lippe heiß,
In seligem Entzücken,
So ist im engsten Kreis
Unendliches Glück.
Drin ruht ein
Himmel für dich bereit,
Drin wogt das Meer der Seligkeit!
_____
Der Kuss aufs Auge
Wenn oft bei abendspäter Gluth
In stillen Dämmerungen
Mein Haupt an deinem Busen ruht,
Von deinem Arm umschlungen;
Dann weht vom Munde mancher Traum,
Manch Wort von tiefem Leben;
Wie goldner Seifenblasen Schaum
Vom Kindermund mit Beben.
Dein blaues Auge schaut mich an,
So
himmeltief und trunken,
Als ob vom blauen
Himmelsplan
Zwei Stern' hinein gesunken.
Wie Magier im Sonnenland,
Die Lippen fest zusammen
In Andacht sich auf Bergesrand
Genaht den Gottesflammen:
Naht dann mein Mund geschlossen auch
Sich deines Auges Helle,
Daß nicht berühre ird'scher Hauch
Die blaue Flammenquelle!
_____
Maria Clementine François
(1823-1844)
Blau
An dem Tag, wo wir uns
trennten,
Reicht er mir ein Blümchen dar,
Und die Farbe dieser Blume
Eine
himmelblaue war.
Und er sprach mit düsterm Blicke:
"Dieses Zeichen, nimm es hin,
Wahre es zum Angedenken,
Daß ich, fern auch, treu doch bin!"
An dem Tag, da wir uns trennten,
Wählt' ich mir ein blaues Kleid.
Blaue Kleider will ich tragen,
Ist der Liebste fern und weit;
Denn sie sind ein stilles Zeichen,
Daß meine Treu nie wird erbleichen.
An dem Tag, da wir uns trennten,
War der
Himmel blau und rein.
Wollte er damit nicht sagen,
Daß auch er mir treu will sein?
- Ja, ich nehm' es als ein Zeichen,
Will nicht länger trauernd stehn;
Denn der
Himmel wird uns schützen,
Daß wir bald uns wiedersehn!
_____
Die Rose
Die Rose ist das Sinnbild
süßer Liebe,
Drum nimm als Weihgeschenk sie heute an.
Mit Rosen soll sich deine Stirne schmücken,
Und Rosen kränzen deine Lebensbahn.
Wo Liebe blüht, da blühet auch das Leben,
Da keimet noch des
Himmels wahres Glück,
Da kehren gern die Engel ein, und geben
Uns das verlor'ne Paradies zurück.
_____
Der Ritter
Ein Ritter liebt ein
Mädchen;
Das Mädchen ist ihm treu.
O, schöne Zeit der Liebe,
Wie eilst du schnell vorbei!
Wie ist so leicht beweglich
Des Mannes eitler Sinn!
Sie weinet bitt're Thränen,
Ihr Glück, ihr Glück ist hin.
Der Ritter ihren Leiden
Ein kaltes Mitleid zollt;
Und ihren Schmerz zu lindern,
Verheißt er reiches Gold.
Was willst du stolzer Ritter?
Was kann dein Gold ihr sein?
Sie hat ihr Herz gegeben,
Das war ein Edelstein.
Sie gab dir ihre Liebe,
Das war ein
Himmelreich.
Ist wohl dein Gold, du Armer,
Mit solchen Schätzen gleich?
Willst du zurück erstatten,
Durch dich vernichtet Glück:
Den Edelstein gieb wieder,
Den
Himmel ihr zurück!
Zerstöret ist der
Himmel,
Der Demant ist erblaßt,
Wie willst du wiedergeben,
Was du genommen hast?
_____
Die Augen
"Liebchens Augen, die
blauen,
"Bezaubern mir Herz und Sinn,
"Kann ich in's Auge ihr schauen,
"Glänzt mir der
Himmel darin!"
""Der Liebsten Augen, die dunkeln,
""Umstricken mit Geistermacht,
""Denn sie sprühen und funkeln,
""Wie Sterne um Mitternacht!""
"Komm, laß in die Augen, die blauen,
"Mein süßes Mädchen, mich schauen!" -
""O weh! laß das Sprühen und Funkeln,
""Es wird meinen
Himmel verdunkeln!""
Und als er im Wonnegefühl sie umschlingt,
Das Auge in Auge so selig versinkt:
Da öffnet sich ihm der
Himmel und winkt,
Des Sternes Funkeln zum Herzen ihr dringt.
Doch sollst du den Augen, den blauen,
Und sollst auch den schwarzen nie trauen;
Denn wehe, denn wehe, es hält dir es nicht,
Was es auch von Sternen und
Himmeln verspricht.
Des Liebsten Augen, die dunkeln,
Sind ihr, wie die Nacht noch wohl;
Doch Sterne sieht sie nicht funkeln,
Sie blicken so matt und so hohl.
Und Liebchens Augen, die blauen,
Welken nun sterbend dahin,
Thränen sind jetzt da zu schauen,
Und ach, kein
Himmel darin!
_____
Agnes Franz (1794-1843)
Ein treues Herz bleibt stark in Muth und Hoffen,
Wird gleich vom Sturm der Freuden Saat getroffen,
Sein Glaube hebt es siegend
himmelwärts!
Drum wünsch' ich mir, wenn Leiden mich umstürmen,
Wenn Wolken sich um meinen
Himmel thürmen,
Ein treues Herz!
_____
Hätt' ich Dich, o hohe, süße Liebe,
Wäre mein der
Himmel schon auf Erden!
Engel würden mich als Schwester grüßen,
Und den Vater würd' ich fühlen, schauen,
Ein's mit seinem Sohn und Ihm auf ewig!
Ach, wie sehn' ich mich nach Dir, o Liebe!
Reiche mir den Trank des ew'gen Lebens!
_____
Das Eine
Eines weiß ich, dieses Eine
Füllt Gedanken mir und Sinn.
Alles gäb' ich für die reine
Unschätzbare Perle hin!
Glaub' und Hoffnung - sie erheben
Selig zu des
Himmels Höh'n,
Doch es wird ihr Götterleben
Einst in Schauen untergeh'n.
Nur die Liebe, diese eine
Perle in der Zeiten Schoos,
Sie, das Kleinod, das ich meine,
Ist unsterblich, wandellos.
Mag aus tausend Wunden bluten
Hoffnungslos des Menschen Herz,
Sie besiegt des Leidens Gluthen,
Lieb' ist stärker als der Schmerz.
Mag der Kleinmuth ängstlich zagen,
Zweifeln an des Ew'gen Huld:
Eines kann den Zweifel schlagen,
Lieb' ist größer als die Schuld.
Fest an ihre Brust geklammert,
Hebt sich das Gesunk'ne auf,
Was verzweiflungsbang gejammert,
Blickt, durch sie erlöst, hinauf.
Und sie weckt aus Grabesnächten
Neuen Aufgangs Morgenroth;
Leben träuft aus ihrer Rechten,
Lieb' ist stärker als der Tod.
Lieb' ist stärker als das Leben,
Als das Leben der Natur;
Göttliche Gesetze geben
Kann die Lieb' dem Leben nur.
Kann verklären seine Triebe,
Adeln was das Herz entflammt,
Bis das Leben wird zur Liebe,
Zu der Lieb', die Gott entflammt.
Langmuth hebt, Erbarmen, Güte
Dann des jungen Lebens Schlag,
Und es keimt des Friedens Blüte,
Und es lacht der Wahrheit Tag.
Glaub' und Hoffnung, ihre Schwingen
Sind der Liebe zugesellt;
Liebe kann zum
Himmel dringen,
Lieb' ist stärker als die Welt.
Alles Wissen, alles Haben
O wie eitel, arme Müh!
Was sind alle
Himmelsgaben,
Alle
Himmel ohne sie?
Ja, sie ist es, die ich meine,
Die mir füllet Herz und Sinn;
Herr, nimm alles für die eine
Unschätzbare Perle hin!
_____
Der
Himmelsbote
Da steh' ich nun auf fremder Flur,
So weit von Dir geschieden!
Ach nirgends Deines Wandels Spur!
Ach nirgends Trost und Frieden!
Hier grünt kein Baum, der über Dir
Sein Laubdach ausgebreitet,
Hier lächelt keine Blume mir,
Die Deinen Pfad bekleidet.
Den Wiesengrund, die grünen Höh'n,
Du hast sie nie durchwallet,
Nie hat in dieser Lüfte Weh'n
Dein theures Wort geschallet.
Fremd bleibet alles rings umher!
- Kein Abglanz froher Stunden
Erquickt das Herz, so bang', so schwer,
Erkrankt an Trennungswunden.
Doch sieh', welch milder
Himmelsstrahl
Lacht dort aus dunklen Zweigen?
Will lindernd meiner Sehnsucht Qual
Ein theures Bild sich zeigen?
Es ist mein Stern, mein Abendstern!
Still flammt er in die Höhe,
Damit auf Alle, nah' und fern,
Sein Auge niedersehe.
Es ist dasselbe
Himmelslicht,
Das mich und Dich umflossen,
Der Strahl, der um Dein Angesicht
Verklärungsglanz gegossen.
Oft fand dies Licht uns Hand in Hand,
Versenkt in sel'ges Schauen;
Als suchten wir das Vaterland
Der Lieb', in seinen Auen.
Und noch blickt er auf Dich und mich
Auf weitgetrennten Wegen,
Und streut auf mich, und streut auf Dich
Denselben
Himmelssegen.
O, sey gegrüßt viel tausendmal!
Gegrüßt in Schmerz und Freuden,
Du lieber, Du vertrauter Strahl,
Du Zeuge froher Zeiten.
Nichts ist mehr fremd, nichts ist mehr kalt,
Seit Du mir aufgegangen,
Es hält mit süßer Allgewalt
Dein Zauber mich umfangen.
Und leis' ertönt's wie Melodie:
"Wenn nichts zum Trost Dir bliebe:
An
Himmelsboten fehlt es nie
Der treuen, frommen Liebe."
_____
Wunsch
Könnt' ich mit Dir seyn und bleiben,
O wie freundlich wär' die Welt!
Sturm und Wetter möchte treiben;
Könnt' ich mit Dir seyn und bleiben,
Wär' mein
Himmel aufgehellt.
Könnt' ich Dir ins Auge schauen,
Reiner, besser würd' ich seyn!
O wie wollt' ich Dir vertrauen!
Könnt' ich Dir ins Auge schauen,
Würde jeder Segen mein!
Könnt' ich stets Dein Wort vernehmen,
Ruhig ging ich meine Bahn.
Wollte nie mich ängst'gen, grämen,
Könnt' ich stets Dein Wort vernehmen,
Sich'rer wallt' ich
himmelan.
Könnt' ich Segen Dir erflehen,
Meine Freuden gäb' ich hin!
Müßt' ich selbst in Schmerz vergehen,
Könnt' ich Segen Dir erflehen,
Würde Leiden mir Gewinn!
Könnt' ich Dir zu Liebe sterben,
Ach das wär' ein schönes Glück!
Mögen And're Lieb' erwerben!
Könnt' ich Dir zu Liebe sterben,
Selig pries ich mein Geschick!
_____
Emanuel Geibel (1815-1884)
Als ich vertieft heut lag am Waldesrand,
Und bangt' um deine Liebe, fiel von selber
Mir ein vierblättrig Kleeblatt in die Hand.
Und als ich spät im Dunkeln dein gedacht,
Am offnen Fenster in den Garten lehnend,
Da schossen Stern' um Sterne durch die Nacht.
Was hilft's der Welt, daß sie mich von dir trieb?
Nun sind mir Erd' und
Himmel Boten worden,
Und sagen grüßend mir, du hast mich lieb.
_____
Doch suchst umsonst auf irrem Pfade
Die Liebe du im Drang der Welt;
Denn Lieb' ist Wunder, Lieb' ist Gnade,
Die wie der Thau vom
Himmel fällt.
Sie kommt wie Nelkenduft im Winde,
Sie kommt, wie durch die Nacht gelinde
Aus Wolken fließt des Mondes Schein;
Da gilt kein Ringen, kein Verlangen
In Demuth magst du sie empfangen,
Als kehrt' ein Engel bei dir ein.
_____
Kornblumen flecht' ich dir zum Kranz
Ins blonde Lockenhaar.
Wie leuchtet doch der blaue Glanz
Auf goldnem Grund so klar!
Der blaue Kranz ist meine Lust;
Er sagt mir stets auf's neu,
Wohl keine sei in tiefster Brust
Wie du, mein Kind, so treu.
Auch mahnt sein
Himmelblau zugleich
Mich heimlich süßer Art,
Daß mir ein ganzes
Himmelreich
In deiner Liebe ward.
_____
Mein Herz ist wie die dunkle Nacht,
Wenn alle Wipfel rauschen;
Da steigt der Mond in voller Pracht
Aus Wolken sacht -
Und sieh, der Wald verstummt in tiefem Lauschen.
Der Mond, der helle Mond bist du:
Aus deiner Liebesfülle
Wirf Einen, Einen Blick mir zu
Voll
Himmelsruh -
Und sieh, dies ungestüme Herz wird stille.
_____
Nun hab' ich alle Seligkeit
Erloost von dieser Erden!
An keinem Ort, zu keiner Zeit
Mag Bessres je mir werden.
Was nur das Herz zum
Himmel hebt,
Bescheerte mir die Stunde,
Der Liebe voller Becher schwebt
An meinem durst'gen Munde,
O könnt' ich leeren den Pokal,
Eh' dort verlöscht die Sonne,
Und dann mit ihrem letzten Strahl
Vergehn vor Liebeswonne!
_____
So halt' ich endlich dich umfangen,
In süßes Schweigen starb das Wort,
Und meine trunknen Lippen hangen
An deinen Lippen fort und fort.
Was nur das Glück vermag zu geben,
In sel'ger Fülle ist es mein:
Ich habe dich, geliebtes Leben,
Was braucht es mehr, als dich allein?
O, decke jetzt des Schicksals Wille
Mit Nacht die Welt und ihre Zier,
Und nur dein Auge schwebe stille,
Ein blauer
Himmel, über mir!
_____
Wohl lag ich einst in Gram und Schmerz,
Da weint' ich Nacht und Tag;
Nun wein' ich wieder, weil mein Herz
Sein Glück nicht fassen mag.
Mir ist's als trüg' ich in der Brust
Das ganze
Himmelreich -
O höchstes Leid, o höchste Lust,
Wie seid ihr euch so gleich!
_____
Stefan George (1868-1933)
SONETT NACH PETRARKA
Es hob mich der gedanke in ihre kreise
Zu ihr nach der hier vergeblich geht mein streben
Dort sah ich sie im dritten
himmel schweben ..
Schön war sie wie nie doch in minder stolzer weise.
Sie fasste mich bei der hand und sagte leise:
"So michs nicht trügt werden hier vereint wir noch leben ..
Ich bins die so grosse kämpfe dir gegeben
Und die vor abend beendete ihre reise.
Mein glück begreift kein menschlicher verstand:
Dich allein erwart ich und meine schöne hülle
Die da unten blieb - der anfang deiner liebe"
Ach warum schwieg sie und entzog sie ihre hand?
Bei solcher liebreicher und keuscher worte fülle
War mir als ob ich in dem
himmel bliebe.
_____
Hermann von Gilm (1812-1864)
Raphaele
Wohin, o Mensch? Woher bist du gekommen?
Das sind die metaphysisch dunkeln Fragen,
Die manches edle Menschenherz benagen,
Von sternenloser Zweifelsnacht beklommen.
Was dich in unser Erdenthal getragen,
Das weiß ich längst; aus deinen himmlisch frommen
Und schönen Augen hab' ich es genommen,
Die kindlich plaudernd das Geheimnis sagen.
Sei mir nicht böse, wenn ichs nacherzähle!
Du warst die einz'ge Frauenengelseele,
Daß auch im
Himmel Weiblichkeit regiere.
Nicht herrschen, - lieben wollte Raphaele;
Da wies der Schöpfer ängstlich ihr die Thüre,
Daß sie ihm seine Engel nicht verführe.
_____
Anna von Gottberg
(1826-1919)
Ich sah
den
Himmel glänzen
Ich sah den
Himmel glänzen
Im klaren Silberbach,
Wie ward nach ihm die Sehnsucht
In meinem Herzen wach!
Ich sah den
Himmel wieder
Im Auge dein so süß
Da wähnt ich zu erblicken
Das ganze Paradies.
Doch seit du mich gelehret
Der Liebe Leid und Lust,
Da trage ich den
Himmel
In meiner eig'nen Brust.
_____
Felix Grafe (1888-1942)
Am Morgen der Liebe
Ein Taubenpaar entschwirrt der goldnen Frühe,
Es lockt ins Licht ihr liebestrunkner Flug.
Verschlafne Mägde schöpfen schon den Krug
Und stampfend stehn im Staub die braunen Kühe.
Da heb' auch ich mein Herz aus Qual und Mühe
Hinauf zu dir - ich litt des Leids genug -
Von allen heißen Wünschen, die ich trug,
Blieb einer nur, von dem ich atmend glühe.
Ich wünschte, daß aus Herzens holder Tiefe
Geheimnisvoll dein Mund mir küssend riefe,
Mich wie ein schlummernd Kindlein festzusaugen
Am Brunnen deiner Lippen und zu trinken
Den ewigen Kuß des Leids - und zu versinken
Tief in der
Himmelsbläue deiner Augen.
_____
Theresa Gröhe (Ps. T. Resa)
(1853-1929)
Liebeserwachen
Nun duftet schwül der Flieder
Im Sommersonnenbrand,
Mir sinken die Augenlider,
Vom Schlummer übermannt.
Weich zieht mir durch webenden Traum
Vergess'ner Lieder süßweher Ton -
Schlaftrunken nickt drüber der rote Mohn,
Ich lebe, und weiß es kaum.
Verlernt hab' ich das Weinen,
Mein Herz vergaß sein Lied;
Leer will die Welt mir scheinen
Seit ich von Liebe schied.
Da plötzlich, in blendender Pracht,
Aus schwülen Wolken ein Wetterstrahl,
Ein Sturm durch die blühenden Rosen all',
Da bin ich erwacht - erwacht!
Nun stürm' in Wettern nieder
Aus flutendem
Himmelblau,
Küss' mir das Herz voll Lieder,
Das Aug' voll süßen Tau, -
O Liebe, seligstes Weh!
Aus Thränen und Wonne - aus Sonne und Tau
Die siebenfarb'ne Brücke mir bau',
Darauf ich zum
Himmel geh'.
_____
Julius Grosse (1828-1902)
Sehnsucht
Sehnsucht, auf den Knieen
Schauest du
himmelwärts.
Einzelne Wolken ziehen,
Kommen und entfliehen,
Ewig hofft das Herz.
Liebe, himmlisch Wallen
Goldener Jugendzeit!
Einzelne Strahlen fallen
Wie durch Pfeilerhallen
In das Leben weit.
Einsam in alten Tagen
Lächelt Erinnerung;
Einzelne Wellen schlagen
Rauschen herauf wie Sagen:
Herz, auch du warst jung!
_____
Es mußte wohl so kommen, weil wir Menschen sind
Es mußte wohl so kommen, weil wir Menschen sind.
Ich weiß es wohl, weil Göttlichkeit ich dir geliehn
Und dich verehrt wie ein erhabnes
Himmelsbild,
Drum blicktest du mit Scheue auf den Gläubigen,
Besorgt vor jenem Tage, da sein trunkenes
Gemüth ernüchtert inne ward, daß sein Idol
Ein irdisch Wesen und ein Weib wie Alle sei.
Ach, zu gerecht nur hast du mich zurückgeschreckt,
Und nur mich selber klag' ich an des Uebermuths.
Das Bildniß deines Götterthums, das ich verehrt,
Wohl war es herrlich, doch nur eigner Schöpfung Werk.
Doch seit du mich verstoßen hast, seit jenem Tag
Verließ dich auch dein
Himmelsbild, dein zürnendes.
Mir aber blieb's in allem Grame treugesellt
Und flüsterte bei Nacht mir süße Tröstungen,
Indeß dich Schlaf umfangen hielt; doch hoheitvoll
In stolzer Ruhe blickt' es, wenn du fröhlich warst.
So büß' ich nun. Weil dich mein Herz vergöttert hat,
Bin ich verlobt dem wesenlosen Geisterbild,
Unselig und voll Sehnsucht nach dem Erdenglück,
Wo warmes Blut lebendig durch die Pulse stürmt.
Doch warten will ich Jahre lang, bis du dereinst
In Eifersucht erglühen wirst auf dein Idol.
Dann soll es wieder dein sein und mit Zauberkraft
Dein sterblich Theil verklären zur Unsterblichkeit.
_____
Wieder naht in meinen Träumen
Wieder naht in meinen Träumen
Deine rührende Gestalt.
Würd' ich auch im Zeitenschäumen,
Ungezählte Jahre alt,
Unvergessen blieb dein Bildniß,
Mich umtönt ein Klagechor,
Daß ein Eden ward zur Wildniß,
Daß den
Himmel ich verlor.
Wie ein Genius lichter Tugend
Schwebst du, doch dein Auge loht:
Flammen sind es einst'ger Jugend,
Ein verdämmernd Abendroth.
Magst du fliehen, magst du schweigen
Auch im Leben ernst und kalt,
Bleibt in Träumen doch mein eigen
Deine rührende Gestalt.
_____
Elisabeth Grube geb. Diez
(1803-1871)
Ida
Wie fromm ist sie, die Liebliche, die Milde,
Wie sanft und klar, der
himmelvolle Geist!
Gleich einem hehren stillen Heil'genbilde
So lilienrein; demüthig allermeist.
Ich horche still der frommen ernsten Rede,
Die leise von den Purpurlippen floß
Und gleich der heißen Andacht im Gebete
Ein selig Ahnen in mein Herz ergoß.
Ein Blick in ihre Augen macht mich trunken,
Ein Blick in's Herz erschließt den
Himmel mir;
Mein kecker Wille ist dahin gesunken -
Ich denk' an Gott, beugt sich mein Haupt vor ihr! -
_____
Anastasius Grün (1806-1876)
Die Haarlocke
Kleinod, das als blondes Wölkchen
Einst an meinem
Himmel stand,
Einst ein Ring der goldnen Krone,
Die ums Haupt ihr Schönheit wand!
Deucht mir nur ein welkes Blättlein,
Im verfloßnen Lenz gepflückt,
Das in bangen Winterstunden
Mir den Lenz vors Auge rückt.
Und so wird gar oft im Leben,
Was uns längst die Zeit entrafft,
Neu im kleinen uns gegeben,
Fesselnd mit verjüngter Kraft;
So ein Blatt nur von dem Baume,
Der einst Liebende umwallt!
So ein Bild nur aus dem Traume,
Welcher der Geliebten galt!
_____
Sidonie Grünwald-Zerkowitz
(1852-1907)
Wann? ...
So lang', seit ich Dich nicht gesehen!
So lang', seit ich Dich nicht geküßt,
Daß ich indessen vergessen konnte,
Wie süß Dein Kuß, wie süß Du bist!
... Ist nicht Dein Herz im Waldesfrieden
Der tiefe, frische, klare Quell,
Drein ich so gern die Seele tauche,
Weil ich mein Bild drin seh' so hell?
... Ist Deine Stimme nicht Gezwitscher
Der Vögel in des Frühlings Chor?
Trägt ins Gemüt sie mir den Lenz nicht?
Berauscht ihr Klang nicht Herz und Ohr?
Vergaß ich's? ... Gleichst Du nicht dem
Himmel,
Dem blauen, wenn mich Dein Arm umfängt
Und wie der Abendstern am Himmel
Mein Sein im Kuß an Deinem hängt?
Und gleicht der Kuß ... - Dein Kuß und gleichen?! -
Ihn merkt' ich mir, der ohn' Vergleich!
Der schließt der Seele zu die Augen
Und schwebt mir ihr ins
Himmelreich!
Dem Kuß gilt eine letzte Frage,
Weil ich ihn nicht vergessen kann:
- Wann tritt mit meiner Seele wieder
Die ... Fahrt er nach dem
Himmel an?
_____
Otto Friedrich Gruppe
(1804-1875)
Die Lieb' ist aller Sterne feste Sonne,
Die durch den weiten
Himmel Leben sprühet
Und schafft, daß jede Farbe lustig glühet;
Die Wesen dürsten, und sie stillt mit Wonne.
Die Erde wäre sonst nur eine Nonne,
Die Sonn' auf ihren Wangen wär verblühet,
Nur Tod und Winter hätten sich verfrühet:
Die Welt wär nichts als eine finstre Tonne.
Wer zweifelt noch, woher die Lieb' entstamme?
Auf jeglichem Altar ist sie die Flamme,
Und ist die Flamm' auf Vesta's keuschem Heerde.
Nehmt ihrer wahr! Sonst wächst sie ungeheuer,
Verschlingt in Flammen
Himmel euch und Erde,
Und überflammet Höll' und Fegefeuer!
_____
Ida von Hahn-Hahn
(1805-1880)
Liebeständelei
Hab' ich wirklich dich gerettet
Aus des wirren Lebens Reih'n,
Bist du ganz an mich gekettet,
Bist du endlich, endlich mein? -
Darf ich mich nun überlassen
Einer wonnereichen Zeit,
Müssen meine Träum' erblassen
Vor dem Glanz der Wirklichkeit? -
Darf ich's denken, darf ich's glauben,
Daß du nun mein eigen bist,
Nimmermehr mir wegzurauben
Durch die Welt und Menschenlist?
Daß in sel'gen
Himmelshöhen
Engel unsers Glücks sich freu'n,
Und der Liebe Augen sehen
Nieder, um die Lieb' zu weih'n? -
Halt' mich fest an deinem Herzen -
Sieh, mir schwindelt vor dem Glück;
Standhaft trug' ich Leid und Schmerzen,
Und nun beb' ich bang zurück. -
Halt' mich fest an deinem Herzen,
Diesem heil'gen Friedensport,
Aller Lieb' und Wahrheit Kerzen
Leuchten, flammen mir von dort.
Wie des
Himmels höchste Gnade
Stralt dein liebes Auge mir,
Müßt' ich sterben, flöge g'rade
Meine Seel' empor zu dir.
Und du gäbest neues Leben
Meinem Dasein, neues Licht;
Könnt' ich ganz in dich verschweben,
Fürcht' ich auch das Sterben nicht.
Sollt' ich bei den Geistern weilen? -
Nein! – Ich flög' zwar
himmelwärts,
Wohin alle Geister eilen, -
Doch der
Himmel ist dein Herz.
Und du nähmst mit ew'ger Milde
Deinen Flüchtling auf, gewiß!
Öffnetest ihm die Gefilde
Deines stillen Paradies'.
Thätest dann die goldne Pforte
Leise, leise wieder zu,
Und in diesem Ruheorte
Fänd' ich meine ew'ge Ruh'.
Wie das Bienchen einen Morgen
In dem Kelch der Tulpe liegt,
Schlief ich, ganz in dir verborgen,
Von und in dein Herz gewiegt.
_____
O lieblich ist's, zu sagen,
In Bildern immer neu,
In trüb'n und guten Tagen,
Daß Lieb' die alte sei.
Aus
Himmelssphären bringe
Ich jetzt der Geister Gruß,
Die Frühlingsblüten schlinge
Ich dir um Haupt und Fuß.
Und stillt kein Lied mein Sehnen,
Genüget nichts dem Sinn,
So sink' ich unter Thränen
Zu deinen Füßen hin.
_____
Will sich die Seele zum
Himmel aufschwingen,
Los von den Fesseln des Irdischen ringen,
Und in den Raum der Unendlichkeit dringen,
Hin zu den Quellen vom ewigen Sein; -
Himmel ist dort, wo sein Athemzug wehet,
Himmel, wo fern ihn mein Auge erspähet,
Himmel und Seligkeit, die nicht vergehet -
Mir ist der
Himmel – dein Bild allein.
_____
Robert Hamerling (1830-1889)
Küsse
Leidenschaftlich, feurig, glühend,
Ist der Kuß der schönen Frau;
Doch von Lippen, magdlich blühend,
Labt er mild wie
Himmelstau.
Zu umspannen, zu umarmen,
Locken Reize, voll und rund;
Doch im Kusse zu erwarmen,
Dient zumeist ein zarter Mund.
_____
Goldner Schönheit flücht'ge Spuren
Lockten mich im Erdenthale:
Herrlicher auf
Himmelsfluren
Lockten mich die Ideale.
Und so schwebt' ich sehnend oben
In den idealen Höhen,
Drüber sich die Sternengloben
Rein, doch hoch und frostig drehen.
Ahnt' ich daß mir noch zu schauen
Schön'res vorbehalten bliebe,
Als mir zeigten Erd' und
Himmel? -
Aber sieh, da kam die Liebe!
Und – ich muß die Stunde segnen, -
Erd' und
Himmel mir zerstiebten,
Um sich schöner zu begegnen
In dem Reize der Geliebten!
_____
Heinrich Heine (1797-1856)
Als Sie mich umschlang mit
zärtlichem Pressen,
Da ist meine Seele gen
Himmel geflogen!
Ich ließ sie fliegen, und hab unterdessen
Den Nektar von Ihren Lippen gesogen.
_____
Dein Angesicht so lieb und schön,
Das hab ich jüngst im Traum gesehn,
Es ist so mild und engelgleich,
Und doch so bleich, so schmerzenbleich.
Und nur die Lippen, die sind rot;
Bald aber küßt sie bleich der Tod.
Erlöschen wird das
Himmelslicht,
Das aus den frommen Augen bricht.
_____
Du liegst mir so gern im Arme,
Du liegst mir am Herzen so gern!
Ich bin dein ganzer
Himmel,
Du bist mein liebster Stern.
Tief unter uns da wimmelt
Das närrische Menschengeschlecht;
Sie schreien und wüten und schelten,
Und haben Alle Recht.
Sie klingeln mit ihren Kappen
Und zanken ohne Grund;
Mit ihren Kolben schlagen
Sie sich die Köpfe wund.
Wie glücklich sind wir beide
Daß wir von ihnen so fern -
Du birgst in deinem
Himmel
Das Haupt, mein liebster Stern!
_____
Sie floh vor mir wie 'n Reh so scheu,
Und wie ein Reh geschwinde!
Sie kletterte von Klipp zu Klipp,
Ihr Haar das flog im Winde.
Wo sich zum Meer der Felsen senkt,
Da hab ich sie erreichet,
Da hab ich sanft mit sanftem Wort
Ihr sprödes Herz erweichet.
Hier saßen wir so
himmelhoch,
Und auch so
himmelselig;
Tief unter uns, ins dunkle Meer,
Die Sonne sank allmählig.
Tief unter uns, ins dunkle Meer,
Versank die schöne Sonne;
Die Wogen rauschten drüber hin,
Mit ungestümer Wonne.
O weine nicht, die Sonne liegt
Nicht tot in jenen Fluten;
Sie hat sich in mein Herz versteckt
Mit allen ihren Gluten.
_____
Wenn ich in deine Augen seh,
So schwindet all mein Leid und Weh;
Doch wenn ich küsse deinen Mund,
So werd ich ganz und gar gesund.
Wenn ich mich lehn an deine Brust,
Kommts über mich wie
Himmelslust;
Doch wenn du sprichst: Ich liebe dich!
So muß ich weinen bitterlich.
_____
Max Herrmann-Neiße
(1886-1941)
Choral
Sieh mich noch einmal an!
Über ein Kleines
werde ich nicht mehr sein,
geht meine Sehnsucht dann
in ein weltreines
himmlisches Lichtmeer ein.
Laß dich noch einmal zart,
hutsam berühren,
eh mich die Stunde treibt,
daß meine
Himmelfahrt
an goldnen Schnüren
mit dir verbunden bleibt!
Sage mir noch ein Wort,
das ich bewahre,
wenn mir kein Stern mehr scheint,
und ich verkünde dort
die wunderbare
Magie, die dich gern mir eint!
Bald wirst du bei mir sein:
über ein Kleines
trennt uns kein Richter mehr,
gehn wir gemeinsam ein
in ein weltreines
himmlisches Lichtermeer.
_____
Engel der Zärtlichkeit
Ich vernehme kein Echo des Ewigen mehr,
zwischen mich und den
Himmel ist Wüste geweht,
aus meinen Blicken kriecht ekler Begehr
und meine Lippen geifern Pamphlet.
Durch deine Stimme nur spricht noch
des
Himmels Zärtlichkeit mit mir -
warum verschließe ich mich doch
so oft selbstmörderisch vor ihr?
Sie führt mich aus der Städte Haft
zum märchenweiten Ozean,
in des Gebirgs Mondnachbarschaft
aus schwüler Feste Fieberwahn.
Der Sternenaufgang deiner tief
enthüllten Augen hat erhellt
die Fremde mir. Lächelnd entschlief
in deinem Bild das Ährenfeld.
Entschlief ich nicht selbst durch Gebete versöhnt,
in die mich dein Herz hüllt zur ewigen Fahrt,
war doch paradiesisch mein Abschied verschönt
und durch dich hart am Abgrund vor Satan bewahrt.
_____
Wilhelm Ritter von Hertz
(1835-1902)
Wenn
Mitternacht den Dom der Sterne
Betritt mit schweigendem Gebet;
Wenn aus des Aethers kühler Ferne
Ein leiser Schöpferodem weht;
Wenn sich der Erde Busen wieder
In bräutlichem Entzücken wiegt,
Und an des Schläfers nackte Glieder
Sich Cynthia verstohlen schmiegt, -
Dann rühret mir ein
Himmelssegen
Mit Zeugungswonnen Geist und Leib,
Dann pocht mein Herz mit Götterschlägen
An ein erbebend irdisch Weib.
Dann fühl' ich Weihegluthen thauen
Ambrosisch um mein duftend Haar,
Dann wird mir im prophet'schen Schauen
Der Schöpfung Räthsel offenbar.
So weht aus fremder Welt herüber
Ein halb verlorner Sphärenlaut.
Der Geist der Liebe geht vorüber:
O neig' dein Haupt, du Dichterbraut!
_____
An deinem süßen Herzen
Ruh' ich in stiller Stund',
Es feuchtet meine Schläfen
Dein athemwarmer Mund.
Mich wiegt ein
Himmels-Garten;
Da blühen wunderbar
Zwei weiße Rosenbüsche
Mit Knospen purpurklar.
Im traumsel'gen Schweigen
Die Rosenwogen wall'n,
Mir aber ist, als hör' ich
Viel tausend Nachtigall'n.
Nun wollen Lieder brechen
Aus stürmendem Herzensgrund -
Du aber legst die Finger
Mir mahnend auf den Mund.
_____
Komm, laß mit Myrthen dir umlauben
Der Wangen rothgeküßtes Licht!
Und frage nicht nach meinem Glauben,
Du kleiner Träumer, frage nicht!
Ob ich zum
Himmelsbürger tauge,
Lehrt dieses Busens Heiligthum;
Es predigt mir dein dunkles Auge
Ein heitres Evangelium.
Und seit du meine Augenlider
Mit nektarfeuchtem Kuß geweiht,
Schau' ich die schöne Gottheit wieder
In aller ihrer Herrlichkeit.
Ihr Tempel ist der ew'ge Aether,
Dein Marmorleib ist ihr Altar,
Dort bringe ich, ein trunk'ner Beter,
Der Liebe Flammenopfer dar.
_____
Du Mägdelein im Lockenhaar,
Was sitzest du der Freuden bar?
Komm' mit mir in mein Gartenhaus,
Da sieht man weit in's Land hinaus;
Die Blumenbeete keimen jung,
Auch ist dir Freudensang genung
Und würzig Weh'n darinne.
Dort hören wir im Laubgezelt
Den Frühling jubeln durch die Welt,
Und lauschen, wie im Innern schafft
Der Liebe zarte
Himmelskraft.
In jungen Herzen ist die Statt,
Darin am liebsten Hochzeit hat
Der Frühling und die Minne.
_____
Paul Heyse (1830-1914)
Verwandlung
Mühlen träg die Flügel drehn,
Über die Stoppeln schleicht der Wind.
Dunkle Hütten im Grunde stehn,
Kleine Fenster, trüb und blind.
Sieh, da kommt ein Sonnenschein,
Stiehlt sich durchs Gewölk heran:
Mühlen, Feld und Fensterlein
Fangen flugs zu lachen an.
Liebes Herz, so bist du ganz
Blöd und blind viel Tag und Nacht,
Bis ein leiser Liebesglanz
Dir die Welt zum
Himmel macht.
_____
Joseph Emanuel Hilscher
(1806-1837)
Abschied
Lebe wohl, du gute, liebe Seele!
Blutend reiß' ich mich von deinem Herzen,
Aber wie Gesang der Philomele
Töne zärtlich dir das Wort der Schmerzen.
Von den
Himmeln bin ich ausgetrieben,
Alle Adern sind in mir vergiftet -
War es denn ein Frevel, dich zu lieben?
Ach! nur Unheil hab' ich angestiftet!
Lebe wohl! dir bleibe nun mein Segen;
Laß' mich zitternd leise meine Hände
Auf dein liebes Haupt noch scheidend legen,
Für dich weinend beten ohne Ende.
Mögen Viele noch aus deinen Blicken
In das Herz sich ew'ge Liebe saugen,
Aber dir auch einmal das Entzücken
Sel'ger Liebe leuchten aus den Augen.
Lebe wohl! Ich sehe nie dich wieder -
Doch was rede ich vom Wiedersehen?
Senkt der Schmerz auch mir die Augenlider,
Ewig wirst du mir vor Augen stehen.
Feuchte Dämmerung vor dem Gesichte,
Zieh' ich bange fort aus Edens Thoren;
Schon hat mein Gemüth sich aus dem Lichte
In den ew'gen Traum der Nacht verloren.
_____
Namenlos
O schwelge, Blick! und juble Dank dem Licht,
Das wunderbar erst in den Wundern waltet,
Bewußtlos reichen Schatz auf Schatz entfaltet -
O schwelge! bis das dunkle Auge bricht.
Sei unersättlich, darben wirst du nicht,
Wie schön, was stets sich wechselnd neu gestaltet,
Wie schön! was ewig gleich, doch nie veraltet,
Und o, wie schön ein Menschenangesicht!
Und mehr als schön – o es ist namenlos,
Was ich in deinem Engelantlitz sehe,
Was
Himmelsthau in's welke Herz mir goß,
Was lang geahnt nur, jetzt in nächster Nähe
Sein heil'ges Dasein strahlend mir erschloß -
Ihr nennt es Liebe? – Schaler Laut, verwehe!
_____
Friedrich Hölderlin
(1770-1843)
Liebe wallt
in Wüsteneien,
Höhnt des Dursts im dürren Sand,
Sieget, wo Tyrannen dräuen,
Steigt hinab ins Totenland;
Liebe trümmert Felsen nieder,
Zaubert Paradiese hin,
Schaffet Erd und
Himmel wieder
Göttlich, wie im Anbeginn.
_____
DIOTIMA
Komm und besänftige mir, die du einst Elemente versöhntest,
Wonne der himmlischen Muse, das Chaos der Zeit,
Ordne den tobenden Kampf mit Friedenstönen des
Himmels,
Bis in der sterblichen Brust sich das Entzweite vereint,
Bis der Menschen alte Natur, die ruhige, große,
Aus der gärenden Zeit mächtig und heiter sich hebt.
Kehr in die dürftigen Herzen des Volks, lebendige Schönheit!
Kehr an den gastlichen Tisch, kehr in die Tempel zurück!
Denn Diotima lebt, wie die zarten Blüten im Winter,
Reich an eigenem Geist, sucht sie die Sonne doch auch.
Aber die Sonne des Geists, die schönere Welt, ist hinunter
Und in frostiger Nacht zanken Orkane sich nur.
_____
Diotima! selig Wesen!
Herrliche, durch die mein Geist,
Von des Lebens Angst genesen,
Götterjugend sich verheißt!
Unser
Himmel wird bestehen,
Unergründlich sich verwandt
Hat, noch eh wir uns gesehen,
Unser Wesen sich gekannt.
_____
Ach! an deine stille Schöne,
Selig holdes Angesicht!
Herz! an deine
Himmelstöne
Ist gewohnt das meine nicht;
Aber deine Melodien
Heitern mählich mir den Sinn,
Daß die trüben Träume fliehen,
Und ich selbst ein andrer bin;
Bin ich dazu denn erkoren?
Ich zu deiner hohen Ruh,
So zu Licht und Lust geboren,
Göttlichglückliche! wie du? -
_____
Angelika von Hörmann
(1843-1921)
Dein
Liebeshimmel ist ein Wahn,
Mein Herz, und glaubst du heute dran,
Bist morgen du betrogen;
Leicht wie die Ranke an der Kluft,
Wie Spinnengewebe in der Luft
Ist er im Wind verflogen.
Ein feurig Aug', ein lockig Haar
Sind meiner Feinde schlimmstes Paar,
Die drohen mir Verderben;
Urewig ist der Schönheit Macht; -
Zeigt sie dem Liebsten ihre Pracht,
So bricht mein Glück in Scherben.
_____
Es schläft in meiner Brust ein finstrer Geist,
Der mitten in das vollste Frühlingsweben
Einbricht lawinengleich und niederreißt
Mit einem Schlag das frischerblühte Leben.
Ein Sproß von jenem Wort: "Ich bin wie du!"
Das einstmals fiel zu Anfang der Geschichte,
Ein Schatten aus der alten Grabesruh,
Die ewig streitet mit dem Sonnenlichte.
O leg' erlösend deine Hand auf mich
Als güt'ger Heiland, der mit sanftem Munde
In Segen kehrt der Schlange gift'gen Stich
Durch deiner Liebe milde
Himmelskunde.
_____
Heute zärtlich süße Worte,
Morgen in gemess'ner Ruh',
Schließest du die goldne Pforte
Meines
Himmels wieder zu.
Heut' ein Tag, ein frühlingslauer,
Blütenduft und Sonnenglanz,
Morgen Frost, Dezemberschauer,
Wintersturm und Flockentanz.
Wie dein Wille mir begegne,
Wehrlos halt' ich Allem Stand,
Ob sie strafe oder segne,
Küß' ich deine liebe Hand.
_____
Ludwig Jacobowski
(1868-1900)
Die Lampe
Mein Lieb, warum so schämig rot?
Die Lampe ist ja tief geschraubt,
Du scheust das grelle Licht, drum birg
An meine Brust dein Lockenhaupt!
Laß küssen mich den weißen Hals,
Die Psychebrüste, wonnig weich ...
Lösch aus, o Licht, denn selig winkt
Der Wonnen ganzes
Himmelreich ...
_____
Himmlische Liebe
Ja doch, Liebste wir wollen uns wiegen
Hoch in unendlicher Ätherwelt,
Frei mit befreiter Seele fliegen
Dort wo die Gottheit ihr Hochamt hält,
Wollen im
Himmel in Reinheit uns kühlen,
Abtun der Wünsche verwegene Lust, -
Einmal jedoch laß mich Erde fühlen,
Irdische Fülle an irdischer Brust!
_____
Du bist ...
Du bist für meine arme Seele
Wie treuer Stab dem Sinkenden,
Wie Wein dem gierig Trinkenden,
Wie
Himmelstrost in Falsch und Fehle.
So lebt mein Herz, das ängstlich-zage,
Beglückt im Schatten deiner Mächte
Das halbe Leben meiner Tage,
Das ganze Leben meiner Nächte.
_____
Maria Janitschek (1859-1927)
Hurrah,
heil!
Rote Locken umflattern mein Angesicht,
hüpfende Flammen.
Hurrah, heil!
Meine schlanken Hüften umgürtet ein Schleier;
wer ihn löst, erblindet.
Hurrah heil!
Brennender Mohn und blaublumiges Giftkraut
sprießt unter meinen Fersen auf.
Hurrah, heil!
Meine Lippen sind heiß wie der Schrei der Lust,
süß wie weinende Sünde.
Hurrah, heil!
Feuer ist mein Hauch, mein Nein der Tod,
mein Ja die wiehernde Hölle.
Hurrah, heil!
Weißt du, weißt du, wer ich bin?
es rauchen die Wälder vor mir,
und die
Himmel betrinken sich in meinem Laut:
ich bin die Liebe!
_____
Justinus Kerner (1786-1862)
Klage
Keine Muse hab' ich mehr!
Seit sie ist von mir gegangen,
Meiner Leier Saiten sprangen,
Hab' ich keine Muse mehr.
Keinen
Himmel hab' ich mehr!
Seit das Auge sie geschlossen,
Draus ein
Himmel mir geflossen,
Hab' ich keinen
Himmel mehr,
Hab' ich keine Erde mehr,
Irr' ich, wie vom Sturm verschlagen
Eine Möwe irrt voll Klagen
Überm bodenlosen Meer;
Über einem Meer voll Nacht,
Über einem Meer voll Kummer,
Wo nicht Ruhe ist, nicht Schlummer,
Kalte Wirklichkeit nur wacht.
Ew'ge Liebe! führe du
Fort mich aus dem Meer, dem trüben,
Auf zum Lichte meiner Lieben
Oder ew'gem Schlummer zu!
_____
Ständchen
Ich kam vor Liebchens Fensterlein,
Tät viele Stunden stehen,
Ob nicht im milden Abendschein
Die Liebe wär' zu sehen.
Was fühlt dies Herz? So Lust als Weh,
Sie kömmt! o süßes Bangen!
Ich sah wohl zitternd in die Höh' -
Da kam der Mond gegangen.
Doch jetzt, doch jetzt, was fühlt dies Herz?
Gewiß! sie ist nicht ferne!
Ich sah wohl zitternd
himmelwärts -
Da stunden tausend Sterne.
Dann drüben an dem Fensterlein
Sich mir ihr Bildnis zeigte;
Es war des
Himmels Widerschein,
Was sich herunterneigte.
_____
Hedwig Kiesekamp (1844-1919)
Geisternähe
In der Waldeswipfel Rauschen
Hör' ich deiner Stimme Klang,
In dem Riesellaut der Quelle
Deinen lieblichen Gesang.
Stille Nacht haucht deinen Namen!
Erd' und
Himmel, Luft und Meer
Zaubern deiner Schönheit Fülle,
All dein Wesen um mich her.
_____
Antwort
Fragst du mich, warum ich liebe?
Trauter Freund, - o glaube mir:
"Meine Liebe kommt vom
Himmel,
Und der
Himmel kommt von dir!"
Ohne dich - verlass'ne Wüste
Wäre mir das
Himmelreich!
Aber dir am Herzen rastend
Fühl' ich mich den Engeln gleich.
Du allein bist sel'ges Ewig
Aller
Himmelswonne mir!
Und vom
Himmel kommt die Liebe!
Sieh', - die Liebe kommt von dir.
_____
Erlösung
Nach düstren Regentagen
Und ödem Wintergrau
Glänzt nun im Morgenschimmer
Der
Himmel rein und blau.
So strahlt an meinem
Himmel
Nach langer Schmerzen Nacht
Auf's Neu' die heil'ge Liebe
In ewig hehrer Pracht.
Du goldner Frühlingsmorgen,
Der siegend sie erweckt,
Gieb, daß mit duft'gen Blüthen
Sie deinen Tag bedeckt.
_____
Klabund (Alfred Henschke)
(1890-1928)
O gieb
O gieb mir deine Hände,
Der Frühling brennt im Hag,
Verschwende dich, verschwende
Diesen Tag.
Ich liege dir im Schoße
Und suche deinen Blick.
Er wirft gedämpft den
Himmel,
Der
Himmel dich zurück.
O glutend über Borden
Verrinnt ihr ohne Ruh:
Du bist
Himmel geworden,
Der
Himmel wurde du.
_____
Alma Johanna Koenig
(1887-1942)
Trennung
Jeden stillen Abend bet ich für dich,
sonst fänd ich nicht Schlaf noch Rast.
Mit gefalteten Händen nehm ich auf mich,
was vielleicht du gesündigt hast.
Jeden stillen Abend küss ich dein Bild,
- ich hab mich bescheiden gelernt -
dein Antlitz, das als mein
Himmel mir gilt,
ist ganz von Küssen besternt.
Du schreibst mir: "- ich lieb dich, so wahr und so tief,
wie's jeden nur einmal trifft ..."
Es malt sich dein lieber, zerknitterter Brief
mir am Herzen in Spiegelschrift.
_____
August Kopisch (1799-1853)
Der Sommer
Im Sommer da fällt der Bach von dem Berg
Und die Lust wird ein Ries' und der Kummer ein Zwerg.
Und die Kirschen sind reif und die Lippen sind roth:
Ach wären allein wir, ich herzte dich todt!
Ach wären allein wir, ich wüßt' was ich thät,
Ich machte geschwind dir von Rosen ein Bett:
Von Rosen, von Nelken, von feinem Jasmin,
Drauf sänken mit Küssen wir Seligen hin.
Und du wärest dann mein und ich wäre dann dein,
So würden wir beid' in dem
Himmelreich sein!
_____
Gustav Kühne (1806-1888)
Unisono
Ich bin nicht ich mehr, wenn ich Dich erblicke,
Du bist nicht Du mehr, schaust Du mir in's Herz,
Und ach! in diesem süßen Wechselglücke
Zerfliegt die stille Seele
himmelwärts.
Im Rausch der Liebe zähl' ich keine Stunden,
Im Rausch der Seele giebt es keinen Raum.
Vergangenheit und Zukunft sind verbunden,
Und Alles, selbst die Gegenwart, ist Traum.
Und ist es aus mit unsrem Traumesleben,
Auch jenseits finden wir nicht Raum noch Zeit,
Kein Ich, kein Du, - in Gottes Schooß entschweben
Wir alle still in alle Ewigkeit.
Dort werden wir uns bald zurechte finden:
Wir wissen hier schon wie das All zerfließt,
Und wie die Leuchten dieser Welt erblinden,
Wenn sich das Herz dem Herzen tief erschließt.
_____
Auferstehung
All dies göttergleiche Leben,
Diese
himmelstrunkne Lust,
Meiner Fibern heilig Leben,
Sonn' und Mond in tiefster Brust -
Meiner Wangen Glanzerröthen,
Meine Stirn so licht, so hell,
Meiner Seufzer leises Flöten,
Meiner Thränen Freudenquell -
Sprich, gabst Du mir alles dieses,
Maßest Du so reich, so voll?
Krone meines Paradieses,
Dir gebührt des Dankes Zoll.
Alle meine Geister schwiegen
Tief im Busen starr und todt:
Ich bin aus mir selbst gestiegen
Frei zum lichten Morgenroth.
Meine Kerker sind entriegelt:
Stumm sinkt meine Nacht hinab,
Meine Seele ist beflügelt
Und erlöst aus ihrem Grab.
Christus ist mir auferstanden,
Wie er stieg zum
Himmelszelt,
Und aus meinen dumpfen Banden
Schweb' ich frei durch alle Welt.
_____
Wie ich Dich lieb'
Ich sollt' es nicht bei Tag, bei Nacht nicht sagen,
Der Sonne nicht und nicht den Sternen klagen,
Mein süßes Lieb,
Und faßt' ich auch das Firmament zusammen,
Ich spräch's nicht aus mit allen seinen Flammen:
Wie ich Dich lieb'.
Die Lerche jubelt's nicht in Morgenlüften,
Die Ros' erreicht es nicht mit ihren Düften,
Mein süßes Lieb,
Kein Veilchen kann's verstohlen heimlich sagen,
Die Nachtigall es nicht zu Ende klagen:
Wie ich Dich lieb'!
Kein Meer kann es in seiner Tief' ermessen,
Kein Sturmwind es dem Schooß der Welt erpressen,
Mein süßes Lieb,
Und faßt' ich es in hunderttausend Reime,
Und rief' ich's laut durch alle
Himmelsräume:
Wie ich Dich lieb',
Kein
Himmel würd's mit seiner Macht umfassen,
Die Sonne müßt' vor meiner Gluth erblassen,
Mein süßes Lieb.
Denn mehr als Stern und Blum' und Vogelsang,
Mehr als des
Himmels weiter Sphärenklang,
Mein süßes Lieb,
Schließt in sich ein das kleine Menschenherz
Mit seinem heißen Drang in Lust und Schmerz:
Wie ich Dich lieb'!
_____
Auguste Kurs (1815-1892)
Liebe
Wenn heimlich sich mit einem Mal
Die Liebe regt im Herzen dein
Mit bitt'rer Lust und süßer Qual -
Und glänzte Dir kein Hoffnungsschein,
Gesegnet bist du allemal,
Nur durch das eig'ne Herz allein.
Denn Lieb' ist nicht von dieser Welt,
Ist eine Blüte, gottgesandt,
Die von des
Himmels
lichtem Zelt
Herabgeschwebt, und wer sie fand
Und fest im treuen Herzen hält,
Dem blüht sie, bis sein Leben schwand.
_____
Nikolaus Lenau (1802-1850)
Der
Himmel sammt ...
Der
Himmel sammt funkelnder Sternen
So wird meine Liebe doch ewig bestehen
Zu der holden erwählten Geliebten
_____
Rosen fliehen nicht allein,
Und die Lenzgesänge,
Auch dein Wangenrosenschein
Deine süßen Klänge.
O, daß ich, ein Thor, ein Thor,
Meinen
Himmel räumte!
Daß ich einen Blick verlor,
Einen Hauch versäumte!
Rosen wecken Sehnsucht hier,
Dort die Nachtigallen,
Mädchen, und ich möchte dir
In die Arme fallen!
_____
Einst o nächtlicher
Himmel! blickt' ich
Selig empor zu Dir, umschlungen
Von der Geliebten, und ich weinte
Dank dem ewigen Gott!
Und sie pflückte mit Küssen mir die
Blüthe der Wonne, von der Wang', und
Mächtiger zog ich die Geliebte
An die klopfende Brust.
Doch nun sind sie dahin! die Stunden
Seliger Lust; und ach! nun weht der
Brausende Sturm die heiße Thräne
Banger Wehmuth dahin!
_____
Im Osten hebt sich
Der klare Mond,
Und Gott bedecket
Den
Himmel mit Sternen
Und ich bedecke,
Selig wie er,
Dein liebes Antlitz,
Den schönern
Himmel,
Mit feurigen Küssen.
_____
An*
O wag es nicht, mit mir zu scherzen,
Zum Scherze schloß ich keinen Bund;
O spiele nicht mit meinem Herzen,
Weißt du noch nicht, wie sehr es wund?
Weil ich so tief für dich entbrannte,
Weil ich mich dir gezeigt so weich,
Dein Herz die süße Heimath nannte,
Und deinen Blick mein
Himmelreich:
O rüttle nicht den Stolz vom Schlummer,
Der süßer Heimath sich entreißt,
Dem
Himmel, mit verschwiegnem Kummer,
Auf immerdar den Rücken weist.
_____
Zweifelnder Wunsch
Wenn Worte dir vom Rosenmunde wehen,
Bist du so schön! - gesenkten Angesichts
Und still, bist du so schön! - was soll ich flehen:
O rede mir!? o sage nichts!?
Drum laß mich zwischen beiden
Himmeln schwanken,
Halb schweigend, sprechend halb, beglücke mich
Und flüstre mir, wie heimlich in Gedanken,
Das süße Wort: "ich liebe dich!"
_____
Heinrich Leuthold
(1827-1879)
An -.
Einst hab' ich fest an meine Kraft geglaubt.
Wie hat der Ehrgeiz diese Brust durchwühlt!
Die Schläfe hab' ich pochen oft gefühlt,
Als wäre sie von einem Kranz umlaubt.
Der grüne Baum der Hoffnung ist entlaubt.
Die Liebe ist's, die jetzt die Ruh' mir stiehlt,
Wenn deine weiße Hand die Stirn mir kühlt
Und in dem Schooß dir liegt mein krankes Haupt.
Wohl fahr' ich wie im Traume oft empor:
"Verträumt die Jugendzeit, die hinter mir -
Wie weit das Ziel, das ich mir einst erkor!"
Doch schau' ich in dein lieblich Auge dir,
Dann miss' ich gern die Welt, die ich verlor; -
Ich habe dich, den
Himmel ja dafür!
_____
Ein Wort
Ein ganzer
Himmel war mir einst beschieden,
Als deinen schönen Leib mein Arm umfangen;
Der Frühling blühte und die Lerchen sangen,
Und in dies heiße Herz ergoß sich Frieden.
Ein einzig Wort, - o hättest du's vermieden! -
Du sprachst es aus und alle Bande sprangen,
Die liebend uns're Seelen einst umschlangen,
Und ach! - auf ewig sind wir nun geschieden.
Zwar wird auf mich, den fürder Nimmerfrohen,
Noch manche Qual der heißen Sehnsucht lauern,
Bis dein geliebtes Bild mir ganz entflohen.
Einsam, verwaist wird meine Seele trauern,
Vergleichbar jenen Blumen, die beim rohen
Berühren in sich selbst zusammenschauern.
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Hermann Lingg (1820-1905)
Erste Liebe
Schwebst du mit den Erosflügeln,
Erste Liebe, noch einmal
Von der Jugend Sonnenhügeln
In dies düstre Todesthal?
Erste Liebe, du dem Leben
Als der Engel zum Geleit
Uns vom
Himmel mitgegeben
Durch die Wüsten spät'rer Zeit!
Jeder Pfad bleibt eingesegnet,
Jeder Baum am Bach, im Thal,
Wo du mir zuerst begegnet,
Mich gegrüßt im Frühlingsstrahl.
Jenem Tag bleibt ew'ge Feier,
Wo, vom
Himmelsglanz erhellt,
Du zuerst erhobst den Schleier
Vor der Seele stiller Welt.
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Feodor Löwe (1816-1890)
Du hast erkannt, o nur zu gut,
Was ich für dich gefühlt!
Dein Blick war Eis, der meine Glut,
Du hast ihn nicht gekühlt.
Wie von dem Kahn durchpflügt, der See
Die klaren Wellen regt,
Und tief aufseufzend doch sein Weh
Sich wieder glättend trägt.
So hast du oft durchpflügt mein Herz
Mit hartem, scharfem Wort,
Doch trug ich still den heißen Schmerz,
Und liebte ruhig fort.
Wie sich der Schwan, vom Pfeil erreicht,
Noch einmal aufwärts schwingt,
Die blut'ge Brust dem
Himmel zeigt,
Und niedersinkend singt: -
So zeig' ich dir die wunde Brust,
Denn
Himmel bist du mir, -
Und meines Sinkens mir bewußt,
Sing' ich doch noch von dir.
_____
Hermann Löns (1866-1914)
Alle Birken grünen ...
Alle Birken grünen in Moor und Heid,
Jeder Brahmbusch leuchtet wie Gold,
Alle Heidlerchen dudeln vor Fröhlichkeit,
Jeder Birkhahn kullert und tollt.
Meine Augen, die gehen wohl hin und her
Auf dem schwarzen, weißflockigen Moor,
Auf dem braunen, grünschäumenden Heidemeer
Und schweben zum
Himmel empor.
Zum
Blauhimmel hin, wo ein Wölkchen zieht
Wie ein Wollgrasflöckchen so leicht,
Und mein Herz, es singt sein leises Lied,
Das auf zum
Himmel steigt.
Ein leises Lied, ein stilles Lied
Ein Lied, so fein und lind,
Wie ein Wölkchen, das über die Bläue zieht,
Wie ein Wollgrasflöckchen im Wind.
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Hieronymus Lorm (1821-1902)
Verschwiegen
Es hat sich mir auf dieser Erde
Ein
Himmel heimlich aufgethan,
Zu dem aus Trübsal und Beschwerde
Empor mich trägt ein holder Wahn.
Mir leuchten schön beseelte Züge
Der Frau, der still mein Herz gehört,
Die ich zu lieben mich begnüge,
Ihr selbst verborgen, ungestört.
Wenn mich ein einzig Wort verriethe,
Schon wär's an meinem Glück Verrath,
Dem ich allmächtig nur gebiete
So lang's Gedanke blos, nicht That.
Ein heißer Blick, ein Druck der Rechten,
Die Klage sehnsuchtsvollen Drang's
Giebt Preis das Glück den finstern Mächten
Der Lebensqual, des Untergang's.
Geheimniß, das mich süß umsponnen,
Sei nicht dem Schicksal anvertraut!
Durch Schweigen bin ich ihm entronnen,
Ob vor der Einsamkeit mir graut.
Doch wenn mein Träumen ich verhülle
Der Erde räuberischem Neid -
Mich trägt der Wahn, daß sich's erfülle
In unbegriffner Ewigkeit.
_____
Arm in Arm
Der Schmerz der Welt hat auch
In meiner Brust Altäre,
Auf daß dein süßer Hauch
Zum Frieden ihn verkläre.
Der Schmerz der Welt ist nur
Die Sehnsucht nach der andern,
Von der die
Himmelsspur
Mit dir dahin zu wandern.
_____
Vereinigung
Geliebte Frau, in deinem Arm
Umfängt mich eine Welt der Ferne,
Ich lese klar die Schrift der Sterne,
Geliebte Frau, in deinem Arm.
Was ich in jenen Höhen lerne,
Besiegt der Erde nahen Harm.
Geliebte Frau, in deinem Arm
Umfängt mich eine Welt der Ferne.
Was
Himmelssterne mir vertraut,
Von deinen Lippen wird's besiegelt;
Ein ird'scher Stern, dein Auge, spiegelt,
Was
Himmelssterne mir vertraut. -
Des All's Geheimniß ist entriegelt!
Ich glaube, spricht's auch ohne Laut,
Was
Himmelssterne mir vertraut:
Von deinen Lippen wird's besiegelt!
Denn liebessel'ger Vollgenuß
Ist
Himmelreich im Raum der Stunde.
Was spricht mit kußverschlossnem Munde
Denn liebessel'ger Vollgenuß?
Daß fromme Sehnsucht ist im Bunde
Und Glut der Andacht mit dem Kuß!
Denn liebessel'ger Vollgenuß
Ist
Himmelreich im Raum der Stunde.
_____
Jetzt, da mein Leben schon zerstört, verwittert,
Bist du, ein Licht des Friedens, mir erschienen,
Wie auf in Staub zerfallende Ruinen
Ein bleicher Mondesstrahl versöhnend zittert.
Wie oft ist meine Seligkeit zersplittert
An blöden Herzen schnellbethörter Phrynen,
Bis mir mit deinen wunderbaren Mienen
Ein
Himmel ward, den Zweifel nicht verbittert.
Ich liebe dich! Mit schmerzlicher Geberde
Erheb' ich segnend über dich die Hände,
Ich fühl's, wie bald ich dir entfliehen werde.
Erhörung fleht das Wort nicht, das ich sende,
Nur wissen sollst du, Herrlichste der Erde,
Daß du der Trost in einem Menschenende.
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Stephan Milow (1836-1915)
Nach der Erfüllung
Das Schönste bleibt doch stets das Sehnen,
Der Liebe erste Werdezeit,
Das bange Zagen, süße Wähnen,
Die stille Traumesseligkeit.
Denn was du damals vorempfunden,
Die Brust von
Himmelslicht erhellt,
Das bringt, wieviel du auch gefunden,
Dir später kein Besitz der Welt.
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Lenz und Liebe
Laß mich, das Haupt an dich geschmiegt,
Hinaus ins Frühlingstreiben sehn;
Indeß mein Blick ins Weite fliegt,
Laß deinen Odem mich umwehn.
So quillt der
Himmel deiner Brust
In mich und sproßt mir im Gemüthe,
Indeß mein Auge Glück und Lust
Eintrinkt von jeder jungen Blüte.
Und wie nun, mild von dir durchglüht,
All meine Pulse Frieden finden,
Will ich das Schöne, das rings blüht,
Im Herzen doppelt schön empfinden.
_____
Nachklang
Faß' ich's? war alles nur ein Traum?
Ich hatt' ein Lieb und weiß es kaum;
Ich hielt's im Arm, ich herzt' es sehr -
Nun seh' ich's nimmer, nimmermehr.
In dumpfer Trauer sinn' ich nach,
Wie hold es war, wie süß es sprach;
Doch finden zum versunk'nen Glück
Kaum die Gedanken noch zurück.
Wie abgerissen all' mein Sein,
Noch gestern welch' ein
Himmel mein!
Und heut – ach, alles wie so weit,
Zerstäubt in der Vergangenheit!
_____
Enttäuschung
So soll auch dieser Traum entschwinden,
Auch dieser
Himmel also log!
Was schämst du dich, daß dein Empfinden,
Mein armes Herz, dich so betrog?
Gesteh's nur, du warst ganz versunken,
Es war ein tiefes, volles Glück,
Daß du in sel'ger Glut getrunken -
O nimm es jetzt nicht stolz zurück!
Und hast du falsch in ihr gelesen,
Und hast du falsch auf sie gebaut;
Du liebtest nicht, was sie gewesen,
Du liebtest nur, was du geschaut.
Und hast du, träumend schönre Welten,
Ihr Bild mit goldnem Glanz umwebt,
So darf darum dich niemand schelten,
Da dich dein Wahn nur selbst erhebt.
Gesteh's nur, du warst ganz versunken,
Es war ein tiefes, volles Glück,
Das du in sel'ger Glut getrunken -
O nimm es jetzt nicht stolz zurück!
_____
Rings blüht die Welt;
ein Treiben, Singen, Minnen!
Es drängt mich, durch die dufterfüllten Weiten,
Entfliehend meinem bangen Leid, zu schreiten,
Und warm vom Frühling laß ich mich umspinnen.
Doch wieder schweift zu dir mein träumend Sinnen,
Du schwebst vor mir mit deinen Lieblichkeiten,
Und möcht' ich jetzt die Arme nach dir breiten,
Will dann entsagungsbang die Thräne rinnen.
O du mein
Himmel, der in ew'gen Bogen
Mein Dasein überwölbt mit reiner Helle!
Mag mich die Hoffnung, mich der Schmerz entzünden,
Ach, alles, was in dieser Brust mag wogen,
Es hat in dir allein nur seine Quelle,
Um sehnsuchtsheiß in dich zurück zu münden.
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Christian Morgenstern
(1871-1914)
Der Morgen war von dir erfüllt...
Dein Bild, von Tränen oft verhüllt,
umfloß mich wie ein lichter Schein;
du warst mein Morgenlicht allein.
Die Sonne schien mir ins Gesicht,
ich sah vor dir die Sonne nicht,
erblindet lag der Augen Au
von dir, als meinem
Himmelstau.
_____
War das die Liebe, die mich gestern streifte,
wie eines seidenen Gewandes Atem
im Dunkel, wie ein windvertragner Duft,
wie Harmonien aus der blauen Nacht,
woher, du weißt es nicht, doch stockt dein Blut
und horcht in die Geheimnisse der Dinge...
und all dein Wesen flutet zögernd aus,
du fühlst dich wie ein Strom die Welt durchrinnen
und ahnst doch noch ein Mehr-als-diese-Welt,
wie hinter feiner Schleier Wehr noch wartend,
ein
Himmelreich voll Blüten, Früchten, Sonnen,
und lächelnd winkt, die dich so sehr gerührt.
_____
Erich Mühsam (1878-1934)
Alle Lippen, die ich küßte;
die mich betteten, alle Brüste;
jeder Leib, den ich betastete;
jeder Arm, in dem ich rastete;
jeder Blick, der mich verleitete;
jede Lust, die ich bereitete, -
sollen, will ich in den
Himmel hinein,
einst meiner Würdigkeit Zeugnisse sein.
Aber die Liebe, die mir versagt ward;
die Wüste des Elends, in die ich gejagt ward;
die Verzweiflung, die mich verzichten hieß;
das Grauen, das mich angstvoll dichten ließ;
das Blut, das dem Hasse entträufelte,
und die Sehnsucht - o die verteufelte! -
die werden, soll ich der Hölle mich beugen,
den Mächten der Qualen und Schmerzen bezeugen,
daß ich mehr auf Erden ausgehalten,
als mich lehren könnten die schwarzen Gewalten.
_____
Ich möchte dich so vieles fragen, -
ich möchte dir so vieles sagen, -
und find doch nie das rechte Wort;
möcht' hoch aus allem Leid dich heben, -
möcht' Heimat dir und
Himmel geben, -
und weiß mir selbst doch keinen Hort;
und weiß mir keinen Platz zu weinen
als nur den engverschlossenen einen
an deinem Herzen, deiner Brust. -
Oh, sperrt' dein Herz mir keine Kette,
Dein Leiden fände seine Stätte, -
und ich - ich hätt' mein Wort gewußt.
_____
Fleischeslust
Küsse mich! Gib mir die lüsternen Lippen,
himmlische, wilde Hetäre!
Glaubst du, daß sich an unsern Gerippen
Gottes Liebe bewähre?
Glaubst du, es könnte zu ewiger Gnade
jemals die Seele schreiten,
stählt sich der Leib nicht im zeitlichen Bade
ewiger Seligkeiten?
Liebet einander! der Herr hat's geboten.
Tu seinen Willen, du Fromme!
Liebe für Liebende! Tod für die Toten!
Wirf ab deine Hüllen - und komme!
Küsse mich! Eine Nacht soll uns schaffen
ewigen
Himmels Beglücktsein.
In meine Arme! - Laß' Nonnen und Pfaffen
Gott lästernd keusch und verrückt sein!
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Wilhelm Müller (1794-1827)
Die
Himmelfahrt
Dank deinem Kusse ganz allein, nun flieg' ich in den
Himmel,
Und hasche mit den Engeln mich im seligen Gewimmel.
Sie jagen mich, sie greifen mich, sie wollen gern mich fangen,
Ich reiß' mich los und laufe heim, zu küssen deine Wangen.
_____
Amor, ein Bettler
Verbannet aus dem
Himmel
Um seine losen Streiche,
Muß Amor hier auf Erden
Verstohlen betteln gehen.
Er klopft an alle Stübchen,
Er schaut in jedes Auge,
Und bettelt um ein Flämmchen,
Er geht an alle Lippen,
Und bettelt um ein Küßchen.
Ach, wenn von allen Mädchen
Ihm Eine, die ich meine,
Die milden Gaben gäbe,
So würd' er seinen
Himmel
Auf Erden widerfinden.
_____
Wer kann die Liebe aufschreiben?
Wären Flüss und Meere Tinte, wär' der
Himmel mein Papier,
Wüchsen Federn wie die Ähren auf der weiten Erde mir,
Hülfen mir die Engel schreiben um die Wette Tag und Nacht,
Sag', wann wär' es ausgeschrieben, was die Lieb' in mir gedacht?
_____
Clara Müller-Jahnke
(1860-1905)
Das ist der Schatten
Magst du mich ganz in deine Flammen hüllen
und mag das Blut, das deinen Leib durchmißt,
mein Herz durchpulsen, meine Adern füllen -
es bleibt ein Rest, ein Rest, der du nicht bist!
Das ist der Schatten unsrer Sonnenliebe,
auf unsern
Himmelstraum, der Erdenspott.
Wenn dieser Rest, du, dieser Rest nicht bliebe:
wir wären Gott. -
_____
Louise Otto (1819-1895)
Sonnenaufgang
Ein Morgen kam - ich starrte
himmelan
Und sah die Sonne auf der Rosenbahn.
Ein Regenbogen schien sich aufzubauen
Gleich einer Brücke in das
Himmelreich,
Gleich einem Dom ob niedren Erdenauen,
Doch Dom und Brücke ward dem Herzen gleich.
In Jenen trat's mit Beten und mit Singen
Im Gottesdienst zur Sonne sich zu schwingen,
Auf diesen schritt es siebenfach umwoben
Zur Sonne selbst, sich frei ihr zu geloben.
So war der ganze
Himmel vor mir offen!
Und in mich selbst schaut ich erstaunt, betroffen.
Da war mein Herz zu einem Garten worden,
Zwei Friedenspalmen standen an den Pforten -
Und drinnen, welch ein Drängen, welch ein Treiben!
Viel tausend Blüten lieblicher Gefühle
Erwachen aus des Morgentaues Kühle,
Kein Knöspchen will in seiner Hülle bleiben.
Es ist ein Sprossen, Streben auf zum Licht:
Und jede Hoffnung ist ein Lobgedicht
Und jeder Wunsch ein glühend Minnelied! -
Inmitten diesem seligen Gebiet
Ist mir der Liebe Sonne aufgegangen.
So bringt das Herz sich ihr voll Weihe dar.
Nach keinem
Himmel mag es mehr verlangen
Als den, der jetzt ihm plötzlich offenbar,
Denn schön und rein wie heller Sonnenglanz
Erfüllt der Liebe Seligkeit es ganz.
_____
O schönes Leben, das der Liebe Bande
Um mich mit allen ihren Zaubern wob!
Ein trauter Arm mich in den
Himmel hob
Und Herz an Herz im süßen Feuer brannte.
Ja! Liebe wird zum
Himmels Unterpfande!
Ob Sturm und Blitz die Myrthe auch umtob,
Ob auch die schönste Rose noch zerstob -:
Die Liebe ist des Ew'gen Abgesandte.
Wenn Seel' und Seele sich verwandt erkennen?
Ob wir es Freundschaft, ob wir's Liebe nennen,
Es ist ein Zeichen unsrer Göttlichkeit.
Und wenn die Geister sich vom Ird'schen trennen -
Wo ist für rechte Liebe denn das Leid?
Dort ist der Liebe Reich - ich bin bereit!
_____
Betty Paoli (1814-1894)
Die beste Spende
Im kühnen Drang', den
Himmel zu erzwingen,
Schwingt sich mein Herz zu dir, dem einzig Einen!
Heiß dürstet es nach ewigem Vereinen
Und weiß doch: nimmer wird es dich erringen.
O, selbst wenn deine Arme mich umschlingen,
Und uns're Augen Freudenthränen weinen,
Seh' plötzlich ich die Flammenschrift erscheinen:
»Den Tod nur wird dir diese Liebe bringen!« -
Den Tod? den Tod? o selige Verheißung!
So wird der tiefe Liebesbund nur enden
Mit dieses Daseins fröhlicher Zerreißung? -
Den Tod, den Tod von meiner Liebe Händen!
Was hat das Leben Schön'res zu erwerben,
Als solch ein herrlich und verklärend Sterben! -
_____
Gedächtniß
Mit rauhem Wort hast du mein Herz versehrt,
Der gläub'gen Seele schlugst du Zweifelwunden,
Bis ich dem trüben Bündniß mich entwunden,
Das sich von Gram und Bitterkeit genährt.
Jetzt hat die Trennung Sanftmuth mich gelehrt,
Der früh're Groll ist nun von mir geschwunden,
Ich denke nur der ewig lichten Stunden,
Die uns zum
Himmel diese Welt verklärt.
Vergessen hab' ich, daß du dem Gemüthe,
Deß liebvoll Streben war, sich dir zu einen,
Zerstört der Freude und der Hoffnung Blüthe:
Ich weiß nur mehr, wie ich voreinst an deinen
Entflammten Lippen wonneselig glühte -
Und wieder muß ich schmerzlich um dich weinen!
_____
Rückblick
Nein! begreifen kann und fassen
Ich den eig'nen Wahnsinn nicht!
Warum hab' ich dich verlassen,
Meiner Seele Luft und Licht?
Strahlten deine Augensterne
Mich nicht an, voll milder Pracht?
Warum zog ich in die Ferne,
In die kalte, finst're Nacht?
Als das Schicksal uns're beiden
Herzen sich begegnen ließ,
War's, als ob mit ernsten Eiden
Es den
Himmel uns verhieß.
Warum habe ich, verblendet
Wählend Schmerz und Finsterniß,
Frevelnd mich von dir gewendet
Dem ersehnten Paradies,
Um, wo gift'ge Pfeile schwirren,
Um auf wild empörtem Meer,
Qualvoll, ruhelos zu irren
Ein verfluchter Ahasver!
_____
Wovor hätt' ich zu zittern und zu zagen,
Wenn du mir bleibst?
Des Lebens Schlachten will ich muthig schlagen,
Das herbst Loos, es wird sich lassen tragen,
Wenn du mir bleibst.
Nach keinem Glücke hab' ich mehr zu jagen,
Mit freud'gem Sinn will ich der Welt entsagen,
Und nach dem
Himmel brauch' ich nicht zu fragen,
Wenn du mir bleibst!
_____
Alfons Petzold (1882-1923)
Es ist die Welt voll Süße,
seit du ihr schenktest deinen Tritt,
es brachten deine Füße
den Traum der
Himmel mit.
Wo immer du auch weilest,
glänzt in der Nacht ein heller Strahl,
und wessen Raum du teilest,
der sitzt bei Gott zu Mahl.
_____
Ich bin eine Sehnsucht, in Deine Ferne hingeträumt,
eine Landschaft, von Deinem
Himmel umsäumt!
Nenne ich Deinen Namen, löschen die Sterne aus,
stürzet in Nichts, was sich herrisch vor mir erhob,
verlieren die Ströme und Stürme ihr wildes Gebraus,
redet Christus aus mir, kündend Süße, Dein Lob.
Und beuge ich Rücken und Knie, zu küssen Dir Deinen Fuß,
bin ich von Mutter Marie ein atmender Gruß.
_____
Ich ging mit Dir an einem Dom vorbei,
darinnen sang die gottversunkne Menge;
ich flog mit Dir aus dieser Erdenenge
dem
Himmel zu, von allem Dunklen frei.
Saß dort mit Dir im Glanz der Ewigkeit,
Deine Hände, Süße, in den meinen,
wir durften beide als zwei Sterne scheinen
im horizontnem Dunkel dieser Zeit.
_____
Ludwig Pfau (1821-1894)
Nähe der Fernen
Oft bei Tage möcht' ich weinen,
Daß ich dir so ferne bin,
Seh' ich weit die Sonne scheinen
Über Berg und Thale hin.
Aber kommt die Nacht gegangen,
Hehr und mild, mit leisem Schritt,
Nimmt der Tag die hohen, langen
Berg und Thäler alle mit.
Und die Erde ist verschwunden,
Nur der
Himmel ist noch da;
Alles Ferne ist verbunden,
Alles Liebe ist sich nah.
Und ich fühle ganz den Segen
Deiner Näh' in stiller Lust;
Und mir ist, als ob wir lägen
Beid' an einer Mutter Brust.
_____
Wiedersehn
So bist du's wirklich, holdes Leben?
Du ruhst in meiner Arme Bann?
Noch dröhnt mein Herz von tiefem Beben,
Weil es sein Glück nicht glauben kann.
Wohl glänzen deine dunkeln Sterne
So treu mich an, doch wie im Traum;
Ich hab' dich wieder, süße Ferne!
Ich hab' dich und begreif' es kaum.
O halte mich so fest umschlossen
An deiner Brust und sprich kein Wort!
O bleib in heil'gem Kuß ergossen
An meinem Munde fort und fort!
Kein Sehnen ist mehr und kein Streben,
Versunken ist die wirre Welt;
Ich bin ein Gott, der über'm Leben
In Armen still den
Himmel hält.
_____
Sicherheit
Wer Liebe trägt in tiefer Brust,
Der ist ein sel'ger Mann -
Er ist es sich so klar bewußt,
Daß nichts ihn schrecken kann.
Was auch an seinem Busen schlägt,
Er geht mit frohem Schritt -
Wer seinen
Himmel in sich trägt,
Der fürcht't die Hölle nit.
_____
Luise von Ploennies
(1803-1872)
Die Blume sehnt sich …
Die Blume sehnt sich nach des Lichtes Segen,
Es sehnt die glüh'nde Flur sich nach dem Regen;
Der Morgen sehnt sich nach der goldnen Sonne,
Der Abend sehnt sich nach der Ruhe Wonne,
Es sehnt die Nacht sich nach dem Glanz der Sterne,
Der Wandrer nach der Heimath in der Ferne,
Das Waisenkind nach seiner Mutter Brust,
Der arme Kranke nach des
Himmels Lust,
Die stumme Harfe nach des Lieds Akkorden:
So sehn' ich mich nach deinen Liebesworten;
Sie sind für mich des Lichtes
Himmelssegen,
Mein Herz erquickend, wie die Flur der Regen;
Sie sind für meiner Liebe Morgen Sonne,
Für meine Unruh' süßer Ruhe Wonne,
Für meine Nacht der sanfte Glanz der Sterne,
Heimath, für meine Sehnsucht in die Ferne,
Für mein verwaistes Herz der Mutter Brust,
Für meiner Seele Leid des
Himmels Lust,
Für meines Herzens Saiten Harmonie,
Ertöne drum, o Liebesmelodie!
_____
Heloise an Abälard
O schreibe mir, du, dessen Wort den Schwingen
Der bangen Seele leihet neue Kraft,
Wenn sie auf ihrem steilen Flug erschlafft,
Wenn alle
Himmelsträume ihr zergingen.
O du! den diese Arme einst umfingen
Im Zauberbanne glüh'nder Leidenschaft,
Verzeih', verzeih', wenn ich der süßen Haft
So sel'gen Traumes nicht mich kann entringen.
Du Einziger! mit dem ich wonnetrunken
Durch alle
Himmel flog im Glutverein,
Als Stern um Stern an meine Brust gesunken;
Du Göttlicher, in deiner Liebesfülle! -
Welch kalter Schauer rinnt durch mein Gebein,
Ich beuge stumm mein Haupt, das ich verhülle.
_____
Heloise an Abälard
Und ich war glücklich, konnt' in allen Reichen
Von Sonnenaufgang bis zum Niedergang,
So weit der Liebe Lebensruf erklang,
Ein glücklich Weib dem Deinen sich vergleichen?
Der Edelste ja selber musste weichen
Dem Einzigen, den dieser Arm umschlang,
Der wie das Sonnenlicht die Welt durchdrang
Mit seinem Geist, dem klaren, lebensreichen.
Und er, den alle Stimmen jubelnd priesen,
Den sein Jahrhundert sich als Stern erkor,
Der Tausenden den Weg zum Heil gewiesen,
Hob mich an sein begeistert Herz empor.
Da war ich Gottesbraut, als Heloisen
Ihr Abälard erschloß des
Himmels Thor.
_____
Heloise an Abälard
Wenn sich zwei Herzen aneinander pressen,
Vom
Himmel selbst ersehn zum Liebesbunde,
Wie kann mit solcher lebensglühnden Stunde
Der kalte Traum des Ruhmes je sich messen?
Wir hatten Erbe, Gram und Tod vergessen,
Mein Lebenshauch ging aus von deinem Munde,
Die höchste Lust, die quoll dem Erdenrunde,
Wir hatten eins durch's andre sie besessen.
Denn deines ganzen Wesens keusche Flammen,
Und meines tiefsten Lebens reine Triebe,
Sie strömten unaufhaltsam stark zusammen;
Kein Blatt im Kelch, das unerschlossen bliebe,
Der süßen Rosen, die aus Eden stammen,
Der Geist und Sinn bewält'gend sel'gen Liebe.
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Hermione von Preuschen
(1854-1918)
Was weißt denn du von meiner dunkeln Liebe,
die wie die Urkraft stark das Herz durchbebt,
mich reißt in tiefsten Elends Nachtgetriebe,
mich in die Seligkeit der
Himmel hebt.
Mich schaffen läßt in echter Künstlerwonne,
wie Götterlieblinge, lorbeerumlaubt,
oder am Boden kriechen, fern der Sonne,
wenn deiner Liebe Trost mir wird geraubt.
Und fühlst du nicht, was in die Hand gegeben
als Herrscher dir ein ehernes Geschick?
Ein ewig großes Gottesgnadenleben,
ein qualgemordet reiches Menschenglück.
Was weißt denn du von meiner dunkeln Liebe,
die mein Verhängnis ist durch Schicksalsschluß,
in der durch Tagesglut und Nachtgetriebe
die Siegespalme treibt – mein Genius!
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Robert Prutz (1816-1872)
Einsame Rose
Du bist die einsam blühende Rose
In des Thales schattigem Grund;
Dich grüßt der
Himmel, der wolkenlose,
Dir winkt der Sterne nächtiges Rund.
Ich lausche von nahem, ich lausche von ferne,
Du duftest und prangest in funkelndem Thau;
Ich segne den
Himmel, ich segne die Sterne,
Ich segne dich selbst, o du liebliche Frau!
_____
Himmel auf Erden
Mein Frühlingshauch, mein Rosenduft,
Mein Morgenthau an grünen Zweigen,
Du lindes Säuseln in der Luft,
Wenn sich der Tag beginnt zu neigen,
Du goldner Becher übervoll,
Den milde Götter mir kredenzen,
Der mir nun ewig schäumen soll
In ewig neuen, jungen Lenzen!
Und wieder drück' ich dich ans Herz,
Wie in der Jugend sel'gen Tagen,
Und wieder muß ich
himmelwärts
Die frohbewegten Blicke schlagen:
Von wannen alles Gute kommt,
Der Sonne Glanz, der milde Regen
Und alles, was den Menschen frommt
In millionenfachem Segen.
Du bist mein
Himmel, holde Frau,
In deinem Blick, dem tiefen, feuchten,
Seh' ich des
Himmels goldnes Blau
Und sehe Mond und Sonne leuchten;
Gleich wie des
Himmels weites Rund
Die Erde liebend hält umfangen,
So ruht in deiner Seele Grund
Mein innerst Hoffen und Verlangen.
Wohl senkt vom
Sternenhimmel her
Ins Herz sich seliges Genügen,
Mir aber quillt ein Wonnemeer
Aus der Geliebten stolzen Zügen.
Nicht neid ich, Mond, dein Silber dir,
Zerstreuet euch, ihr goldnen Herden;
In der Geliebten wurde mir
Der ganze
Himmel schon auf Erden.
_____
Dämmerstunde
Was hauchst du, braune Dämmerstunde,
Du Trost dem müdgehetzten Mann,
Gleichwie ein Kuß von liebem Munde
Die fieberheiße Stirn mir an?
Du senkst dich leis mit lindem Schmeicheln
In mein verschlossnes Herz hinein,
Wie treuer Hände sanftes Streicheln,
Wie Kinderathem süß und rein.
Du holde Zeit versteckter Wonnen,
Da alle Blumen duft'ger blühn,
Indessen flammend mir als Sonnen
Die Augen der Geliebten glühn!
In ihre weichen Arme sink' ich,
Von Tages Last und Qual befreit,
Von ihrer ros'gen Lippe trink' ich
Den Balsam deiner Einsamkeit.
O säumet euch, ihr goldnen Sterne,
Verzögre dich, geliebter Mond!
In dieser Dämm'rung bleib' ich gerne,
In der die Liebe sichtbar thront;
Von ihrem weichen Netz umsponnen,
Von ihrem süßen Hauch umschwebt,
Sind Erd' und
Himmel mir zerronnen,
Und einzig meine Liebe lebt!
_____
Anton Renk (1871-1906)
Dann kam die fliederduftdurchströmte Nacht
Und um die Lilien die Falter flogen
Und über uns der große Sternenbogen
Ließ niederträufen seiner Lichter Pracht,
Und es erklang das älteste der Lieder:
"Ich liebe dich" .. "Und ich .. ich lieb' dich wieder."
Ein stiller Kuß, so heilig wie Gebet,
Das feierlich durch alle
Himmel weht,
Bei dessen Kommen sich die Engel neigen,
Und Gott sich hebt von seines Thrones Pracht
Und spricht: Es sind zwei Seelen sich zu eigen,
Es ist der Liebe Weltgesetz vollbracht.
_____
Heut muß ich aus dem Haus hinaus,
Heut muß ich von den Mauern los.
Es ist für dieses kleine Haus
Mein Glück zu groß, mein Glück zu groß.
Am Feldrand zögert still mein Schritt,
Daß keine Blume er zertritt,
Kein Käfer unter meinem Fuß
Sein Sommerleben lassen muß.
Durch's Aehrengoldmeer weht der Wind,
Der
Himmel ist so wunderblau;
Ich weiß ein lockengoldnes Kind,
Dem ich in
Himmelsaugen schau'.
Die Welt ist schön, der Himmel weit,
Mein Herz ist voller Seligkeit,
Die Sonne sinkt mit rotem Schein.
Ich wand're in das Haus zurück.
Es ist ja für mein großes Glück
Der ganze
Himmel viel zu klein.
_____
Rainer Maria Rilke
(1875-1926)
Stimmungsbilder
Hoch dort am Berge saß ich
im letzten Abendstrahl,
und doch zu schaun vergaß ich
das ausgespannte Tal.
Sah nicht die schattgen Wälder
im rötlich hellen Glanz,
sah nicht der reichen Felder
so farbenreichen Kranz
und Haine, frischbelaubte,
nicht sah ich Flur und Au -
sah nicht ob meinem Haupte
den
Himmel duftig blau,
denn aus zwei Augen winkte
ein
Himmel mir - so süß .....
aus diesem
Himmel blinkte
das wahre Paradies.
_____
Anna Ritter (1865-1921)
Verklärt
Mir ist, als hätt' ein Großes, Wunderbares,
In meiner Brust die Augen aufgeschlagen,
Seit er mich küßte!
Als ob ich, niederknieend in den Staub,
Vor meinem eignen Bilde beten müßte,
Weil es ein Glanz von Oben her verklärt.
Ich gehe still und wie in Träumen hin
Und staune wohl, daß ich so ernsthaft bin
Und doch so froh, so allem abgekehrt,
Was sonst mich peinigte.
Mein Leben treibt noch einmal Knospen,
Und kein Wintersturm
Wird ihre edle Schönheit mir zerstören,
Weil sie dem
Himmel selber angehören.
_____
Emil Rittershaus (1834-1897)
Deine süßen, rothen Lippen
Deine süßen, rothen
Lippen,
Holdes, braunes Mädel, sprich:
Haben mehr sie noch als Lächeln,
Haben Küsse sie für mich?
Deine wunderbaren Augen,
Holdes, braunes Mädel Du!
Sind's die Sonnen meines Glückes,
Sind's die Gräber meiner Ruh'?
Lass' mich länger nicht, du Schönste,
Zwischen Höll' und
Himmel sein!
Sei die Meine, sei's für ewig,
Holdes, braunes Mägdelein!
_____
Für Dich!
Dich lieb' ich heiß, wie
ich auf Erden
Noch nimmermehr ein Weib geliebt,
Und nimmer kann mir Frieden werden,
Wenn nicht Dein Herz mir Frieden giebt.
Darf ich auf Deine Liebe hoffen?
Ist mein Dein Herz? O Liebste, sprich!
Des
Himmels Pforten sprengt' ich offen
Für Dich!
Dein Bildniß schaut in meine Träume,
Wenn leis die Nacht den Schleier webt,
Wenn durch des Aethers blaue Räume
Die Legion der Sterne schwebt.
Dein Bildniß seh' ich mich umschweben
Auch dann noch, wenn die Nacht verstrich. -
Mein ganzes Sein, mein ganzes Leben
Für Dich!
_____
Ein Menschenherz
Ein Menschenherz ist wie
die Blume,
Die blühend auf dem Felde steht,
Die heute lustig prangt und duftet,
Die morgen schon der Wind verweht.
Die Blumen waren einstens Sterne
Und flammten hell in heil'ger Pracht,
Drum weinen auch die Blumen alle
In sternenheller Sommernacht.
Ein Menschenherz ist ein vom
Himmel
Herabgesunk'ner, lichter Stern,
Drum fühlt das Herz ein tiefes Sehnen
Nach einer Heimath, die ihm fern.
_____
Es war am schwülen
Sommertag
Es war am schwülen
Sommertag;
Die Fenster waren dicht verhangen
Du bargst, in tiefen Schlaf versunken,
An meiner Brust die heißen Wangen.
Kein Lüftchen durch die Zweige ging;
Kein Wolkenstreif den
Himmel säumte.
Es hing in ihres Rades Mitte
Die Spinne still, als ob sie träumte.
Am Weg verwelkt die Blume stand,
Bedeckt von Staub, dem gelben, falben,
Erklang ein Ton noch in den Lüften,
So war's der Schrei der flücht'gen Schwalben.
Auch in dem Zimmer war's so still,
Daß nichts ringsum die Ruhe störte,
Daß ich die leisen Athemzüge
Und jeder Fliege Summen hörte.
Da hört' ich Dich, o Lieb, im Traum
Auf einmal meinen Namen nennen,
Sah um den Mund ein Lächeln spielen
Und heißer Deine Wangen brennen.
Und sah dich fester als zuvor
Dein Haupt an meinen Busen schmiegen.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Mir war's, als wär' der ganze
Himmel
In meine Brust herabgestiegen!
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Glaube, Liebe, Hoffnung
Ich glaub' an Dich!
Ob tausend riefen:
Ein Sturm der Liebe Bau zerschlägt,
Ich weiß, in Deines Busen Tiefen
Hat sich mein Bildniß eingeprägt.
Den Glauben wahr' ich, daß ihn raube
Kein Zweifel mir bei Tag und Nacht.
Ich glaub' an Dich, und dieser Glaube
Hat selig mich und froh gemacht!
Ich liebe Dich! Du hast's empfunden,
Wenn liebend Dich mein Arm umfing,
Wenn in der Liebe Weihestunden
Mein Mund an Deinen Lippen hing.
Dein gluthentflammtes Herz, ich preis' es!
Es gab dem meinen
Himmelsruh'.
Ich hab' Dich lieb, und keiner weiß es,
Wie theuer meinem Herzen Du!
Ich hoff' auf Dich! Mein ganzes Hoffen
Hab' ich auf Dich, auf Dich gebaut!
Mein Auge sieht den
Himmel offen,
Wenn's Dir, mein Kind, in's Auge schaut.
Es kommt ein Tag, da wirst Du werden
Auf ewig mein, auf ewig mein,
Und beide wollen wir auf Erden
Im Arm der Liebe selig sein!
_____
Im Herbste
O selig stille Abendstund',
Wo ich auf Deinen rothen Mund
Die Lippen durfte pressen!
Ich sah' Dich an; Du sahst mich an.
Der Himmel war uns aufgethan;
Die ganze Welt vergessen.
An Deiner vollen Brust ich lag,
Bis daß die späte Stunde sprach:
Du darfst nicht länger säumen!
Dann zog ich heim bei Sternenpracht,
Und durfte in der Sommernacht
Von Deinen Küssen träumen.
Nun wird es auf den Fluren kahl
Und blasser wird der Sonnenstrahl;
Die bunten Astern blühen.
Nun welkt und stirbt die Sommerlust.
Glückauf, daß noch in uns'rer Brust
Der Liebe Sterne glühen!
Ob auch der Sommer scheiden muß,
Wir tauschen liebend Kuß um Kuß;
Wir küssen und wir kosen.
Uns bleibt der Liebe Seligkeit,
Drum blüht für uns zur Winterzeit
Die holde Zeit der Rosen!
_____
Julius Rodenberg (1831-1914)
Die reinen Frauen
Die reinen Frauen steh'n im Leben
Wie Rosen in dem dunklen Laub;
Auf ihren Wünschen, ihrem Streben
Liegt noch der feinste Blütenstaub.
In ihrer Welt ist keine Fehle,
Ist Alles ruhig, voll und weich:
Der Blick in eine Frauenseele
Ist wie ein Blick in's
Himmelreich.
Wol sollst Du hören hohe Geister,
Verehren sollst Du Manneskraft;
Dich sollen lehren Deine Meister,
Was Kunst vermag und Wissenschaft.
Doch was das Höchste bleibt hinieden,
Des Ew'gen nur geahnte Spur,
Was Schönheit, Poesie und Frieden:
Das lehren Dich die Frauen nur!
_____
Preis der Liebe
Das Feld, das ganz in Blumen steht,
Hat nicht so reiche Wonne,
Als wenn in uns die Lieb' aufgeht,
Wie eine Frühlingssonne.
Im Morgenblau der Sonnenschein,
Des Mondes kühler Flimmer:
Ist Alles nicht so goldenrein,
Als erster Liebe Schimmer.
Der
Himmel in der Frühlingszeit
Mit seinem Sterngewimmel:
Ist Alles nicht so ewig weit,
Als wie der Liebe
Himmel.
Kein schöner Glück, als man allein
Im Herzen trägt verschwiegen!
Die Boten sind die Vögelein,
Die hin und wieder fliegen.
_____
Hermann Rollett (1819-1904)
Brief
Das war ein Balsam für mein wundes Herz,
Das war ein kühler Thau für meine Seele,
Die, schon verschmachtend, trank den heißen Schmerz,
Daß nicht der kalte Gram zu Tod sie quäle.
Das war ein Wehen milder Abendluft
Nach heißem Tag, an dem ich sterben wollen,
Es war ein Klang, es war ein Strahl, ein Duft,
Der aus dem
Himmel deiner Lieb' gequollen.
Wie einer Blume zaubervoller Schein
Ist meinem Aug' ein jedes Wort gewesen, -
So mag den hellen Sternen oben sein,
Wenn sie die Blumenschrift der Erde lesen.
Und so auch mag dem
Frühlingshimmel sein,
Wenn er es sieht, wie durch sein heißes Küssen
Die Blumenengel aus dem Knospenschrein
Mit Blüthenflügeln auferstehen müssen.
_____
Lenzjubel
Die Lerchen steigen, die Wiesen blüh'n,
Die Frühlingsdüfte wehen,
Des Liebchens Wangen wie Rosen glüh'n,
Und ich möchte vor Lieb' vergehen.
Es möchte das Herz, in
Himmelslust,
Als Lerche die Lüfte durchschmettern,
Oder als Röslein an Liebchens Brust
Im Frühlingssturm sich entblättern.
_____
Himmelsleiter
Du warst so still, ich war so munter;
Du warst voll Ernst, ich war voll Lust;
Da fiel mir manch' ein Stern herunter
Vom lichten
Himmel meiner Brust.
Ich bin so trüb', du bist so heiter!
Ich bin voll Ernst, du bist so froh,
Und willst mir bauen eine Leiter
Zur
Himmelslust, die mir entfloh.
_____
Einlaß
Es schlägt mein Herz an deiner Brust
In still versunkner Liebeslust.
Es klopft an seinen
Himmel an
Und fragt, ob er wird aufgethan.
Da lächelst du voll Seligkeit.
Mir aber geht der
Himmel weit
In deinem Antlitz auf in Lust -
An deiner liebevollen Brust!
_____
Huldigung
Ich bin das Meer der Liebe,
Du bist die Perle darin.
Und die Perle ist des Meeres
Verklärte Königin.
Ich bin der tiefe
Himmel,
Du bist der Sternenschein,
Der in das Meer der Liebe
Hellschimmernd fällt hinein.
Ich bin die Abendglocke,
Du bist der holde Klang,
Der durch die Lüfte zittert
Mit friedlichem Gesang.
Ich bin dein stiller Sänger,
Deß' Herz in Liebe schlägt, -
Und du, du bist der Gedanke,
Der mich zum
Himmel trägt!
_____
Im
Himmel
Mein Herz hat sich erhoben
Mit treuer Liebe Flügelschlag,
Nun ist's im
Himmel droben -
Im ew'gen Freudentag.
Nun ist's in ew'gen Lebens,
In ew'ger Liebe tiefem Schooß -
Es rang sich nicht vergebens
Aus dunklen Banden los.
Da wogt ein Schwall von Klängen
Mit wunderbarem Jubelton -
Als ob die Engel sängen
Um Gottes lichten Thron.
Da ist ein Glanz ergossen
Als leuchte Gottes Angesicht -
Von ew'ger Lieb' umflossen -
Mich an mit ew'gem Licht.
Da zieht ein duftig Wehen,
Mit Rosenglanz durch heil'gen Raum, -
Es möcht' das Herz vergehen
In diesem sel'gen Traum.
_____
Vergib
Vergib der armen Seele,
Die sich, wie todesbang,
Aus schwülem Erdendunkel
In deinen
Himmel schwang.
Vergib dem armen Herzen,
Das, wie voll
Himmelslust,
An deine Brust gesunken,
Wo's seinen Gott gewußt!
_____
Im Abendschein
Wenn dein Blick im Abendschein
Durch den
Himmel geht,
Ist es mir, als wär' es ein
Inniges Gebet.
Und wenn so die Seele dein
Durch den
Himmel weht,
Schließe mich, o Liebchen, ein
In dein still Gebet!
_____
Otto Roquette (1824-1896)
Ein Wort von deinem Munde
Ein Wort von deinem Munde,
Das mir herüber klang,
Tönt mir wie eine Kunde
Von goldnem Märchensang.
Durch meine Seele rauschen
Die goldnen Klänge all,
Und alle Tiefen lauschen
Dem süßen Wiederhall.
Ein Blick von deinem Auge,
Mein ganzer
Himmel
du!
Bringt mit Versöhnungshauche
Mein ganzes Herz zur Ruh.
So schicken seelge Mächte
Vom blauen
Himmelsthor
Durch warme Sommernächte
Ein leuchtend Meteor.
_____
Friedrich Rückert
(1788-1866)
Der Frühling ist gekommen,
Der Freund hat Abschied genommen,
Nun wird der Lenz auch scheiden,
Daß mich verlassen die beiden.
Ach, wenn der Frühling bliebe,
So flöh' auch nicht die Liebe;
Und müßte Liebe nicht ziehen,
So müßte der Lenz nicht fliehen.
Mein Herz! wenn ewig die Liebe
Und ewig der Frühling bliebe,
So wär' der
Himmel auf Erden,
Der uns erst dort soll werden.
_____
Der
Himmel hat eine Träne geweint,
Die hat sich ins Meer zu verlieren gemeint.
Die Muschel kam und schloß sie ein;
Du sollst nun meine Perle sein.
Du sollst nicht vor den Wogen zagen,
Ich will hindurch dich ruhig tragen.
O du mein Schmerz, du meine Lust,
Du
Himmelsträn' in meiner Brust!
Gib,
Himmel, daß ich in reinem Gemüte
Den reinsten deiner Tropfen hüte!
_____
Die Liebe sprach: In der Geliebten Blicke
Mußt du den
Himmel suchen, nicht die Erde,
Daß sich die beßre Kraft daran erquicke,
Und dir das Sternbild nicht zum Irrlicht werde.
Die Liebe sprach: In der Geliebten Auge
Mußt du das Licht dir suchen, nicht das Feuer,
Daß dir's zur Lamp' in dunkler Klause tauge,
Nicht dir verzehre deines Lebens Scheuer.
Die Liebe sprach: In der Geliebten Wonne
Mußt du die Flügel suchen, nicht die Fesseln,
Daß sie dich aufwärts tragen zu der Sonne,
Nicht niederziehn zu Rosen und zu Nesseln.
_____
Die Stunde sei gesegnet,
Wo ich dir bin begegnet,
Wenn diese Liebe Lust
Dir weckt in stiller Brust,
Wie Tau auf Blumen regnet!
Der Stunde sei geflucht,
Wo ich dein Herz gesucht,
Wenn in dir diese Liebe
Statt milder Freudentriebe
Soll tragen herbe Frucht! -
Gesegnet ist die Stunde,
Sprach sie mit süßem Munde,
Mir ist kein Weh geschehn;
Den
Himmel fühl' ich stehn
In meines Herzens Grunde.
_____
Liebesfrühling
Du meine Seele, du mein Herz,
Du meine Wonn, o du mein Schmerz,
Du meine Welt, in der ich lebe,
Mein
Himmel du, darein ich schwebe,
O du mein Grab, in das hinab
Ich ewig meinen Kummer gab.
Du bist die Ruh, du bist der Frieden,
Du bist der
Himmel mir beschieden.
Daß du mich liebst, macht mich mir wert,
Dein Blick hat mich vor mir verklärt,
Du hebst mich liebend über mich,
Mein guter Geist, mein bessres Ich!
_____
Ein Obdach gegen Sturm und Regen
Der Winterzeit
Sucht' ich, und fand den
Himmelssegen
Der Ewigkeit.
O Wort, wie du bewährt dich hast:
Wer wenig sucht, der findet viel.
Ich suchte eine Wanderrast
Und fand mein Reiseziel.
Ein gastlich Tor nur wünscht' ich offen,
Mich zu empfahn.
Ein liebend Herz war wider Hoffen
Mir aufgetan.
O Wort, wie du bewährt dich hast:
Wer wenig sucht, der findet viel.
Ich wollte sein ihr Wintergast
Und ward ihr Herzgespiel.
_____
Ein Strom der Liebe ging
Aus meiner Liebsten Herzen,
Den ich in meins empfing
Herüber ohne Schmerzen;
Der, wie er meine Brust
Durchflutet und durchzogen,
Zurück in stiller Lust
Ergoß in sie sein Wogen
Sie fühlte, wie ich tief
In ihrem Frieden ruhte;
Ich fühlte, wie sie schlief,
An meinem stillen Blute.
Wir sahn uns an dazu,
Verwundert, wie auf Erden
Solch eine
Himmelsruh'
Mag zweien Herzen werden.
_____
Ich bin der Welt abhanden gekommen,
Mit der ich sonst viele Zeit verdorben.
Sie hat so lange von mir nichts vernommen,
Sie mag wohl glauben, ich sei gestorben.
Es ist mir auch gar nichts daran gelegen,
Ob sie mich für gestorben hält;
Ich kann auch gar nichts sagen dagegen,
Denn wirklich bin ich gestorben der Welt.
Ich bin gestorben dem Weltgewimmel
Und ruh' in einem stillen Gebiet.
Ich leb' in mir und meinem
Himmel,
In meinem Lieben, in meinem Lied.
_____
Ich liebe dich, weil ich dich lieben muß;
Ich liebe dich, weil ich nichts anders kann;
Ich liebe dich nach einem
Himmelschluß;
Ich liebe dich durch einen Zauberbann.
Dich lieb' ich, wie die Rose ihren Strauch;
Dich lieb' ich, wie die Sonne ihren Schein;
Dich lieb' ich, weil du bist mein Lebenshauch;
Dich lieb' ich, weil dich lieben ist mein Sein.
_____
Ich war ein Bettler und bin ein Reicher geworden,
Solch einen Schatz hab' ich gefunden.
Ich war ein Sklave und bin ein König geworden,
Solch einen Thron hab' ich gefunden.
Ich war ein Verlor'ner und bin ein Sel'ger geworden,
Solch einen
Himmel hab' ich gefunden.
Der Schatz, den ich errungen habe,
Der liegt in eines Weibes Brust.
Der Thron, den ich erschwungen habe,
Ist ihres Busens reiche Lust.
Der
Himmel, den ich ersungen habe,
Des bin ich mir in ihr bewußt.
_____
Liebste, was kann denn uns scheiden?
Kann's das Meiden?
Kann uns Meiden scheiden? Nein.
Ob wir uns zu sehn vermieden,
Ungeschieden
Wollen wir im Herzen sein.
Mein und dein,
Dein und mein,
Wollen wir, o Liebste, sein.
Liebste, was kann denn uns scheiden?
Wald und Heiden?
Kann die Fern' uns scheiden? Nein.
Unsre Lieb' ist nicht hienieden;
Ungeschieden
Wollen wir im
Himmel sein.
Mein und dein,
Dein und mein,
Wollen wir, o Liebste, sein.
Liebste, was kann denn uns scheiden?
Glück und Leiden?
Kann uns beides scheiden? Nein.
Sei mir Glück, sei Weh beschieden,
Ungeschieden
Soll mein Los von deinem sein.
Mein und dein,
Dein und mein,
Wollen wir, o Liebste, sein.
Liebste, was kann den uns scheiden?
Haß und Neiden?
Kann die Welt uns scheiden? Nein.
Niemand störe deinen Frieden!
Ungeschieden
Wollen wir auf ewig sein.
Mein und dein,
Dein und mein,
Wollen wir, o Liebste, sein.
_____
Meinen Geist vermähl' ich deiner Seele,
Wie die Welt vermählet Mann und Weib,
Ewig lebt das Paar, das ich vermähle;
Sinke dann ins Grab der morsche Leib.
Eile freudig, deine Braut zu schmücken,
Dichtergeist, entflammter Bräutigam!
Teil', o Braut, des Bräutigams Entzücken,
Und er teile deinen stillen Gram!
Geist, durch Höll' und
Himmel einst verschlagen!
Diese Kette hat dir not getan.
Seele du, versunken im Entsagen!
Dieser Flügel trägt dich
himmelan.
Lebet ineinander, o ihr beiden,
Geist beseelt, begeistet Seele du!
Was Gott fügte, soll der Mensch nicht scheiden,
Und dem Bund sah Gott vom
Himmel zu.
_____
Nicht, mit Armen dich umschlingen,
Kann mir g'nügen, sondern mich
Geist mit Geist mit dir durchdringen,
Aufgehoben du und ich.
Immer stehn die Körperschranken,
Zweier Seelen Scheidewand;
Bis sie nicht in Staub zersanken,
Wird nicht frei der
Himmelsbrand.
Liebe! diesen Leib verzehren
Müssen deine Lohen ganz;
Denn er will zwei Funken wehren
Aufzugehn in Einen Glanz.
Zitternd habet ihr, o Flammen,
Euch berührt im Sehnekuß,
Schlaget nun in Eins zusammen,
Daß die Welt verbrennen muß!
_____
O Blumen, die ihr, weil Winter schauert,
Schnee auf der Au und Eis liegt auf dem Bronne,
An eines Ofens Wärm' anstatt der Sonne
Euch müßt erschließen, o wie ihr mich dauert;
Die ihr vergebens auf Erlösung lauert,
Wie hinterm Klostergitter eine Nonne;
Dürft' ich euch pflücken, euch wie mir zu Wonne
An einem Busen stürbt ihr unbetrauert.
Nichts sind die Ding', es ist die Lieb' in ihnen;
Um Liebe drehen sich der Sterne Reihen,
Um Liebe wälzen sich des
Himmels Achsen.
Und kann die Blume nicht der Liebe dienen,
Und kann das Herz sich nicht der Liebe weihen,
So ist so Blum' als Herz umsonst gewachsen.
_____
Hugo Salus (1866-1929)
Psalm
Einst wird ein Tag so voller Liebe tagen,
Und solch ein Frieden wird die Welt erfüllen,
Der letzte Stern wird seinen Glanz enthüllen
Und stille stehn der goldne Sonnenwagen.
Aus allen
Himmeln werden Chöre schallen
Und auf zu allen
Himmeln frohe Lieder,
Auf hundertfarbigem Regenbogen nieder
Wird licht ein Zug von Friedensengeln wallen.
Und Liebe wird und Milde und Erbarmen
Aus selig klaren Menschenaugen glänzen,
Und jedes Haupt wird sich mit Rosen kränzen,
Und Hirten werden Könige umarmen.
Da wird das Reich des ewigen Glaubens enden,
Die Liebe wird von allen Türmen winken;
Und all den Toten in der Erde sinken
Die stillen Kreuze aus den müden Händen ..
_____
Vereinigung der Seelen
Zu einem Bilde
von Max Švabinsky
Und wenn uns Beide alle
Himmel trennen,
Werd' ich am jüngsten Tag aus tausend Chören
Dein Lied und deine Stimme gleich erkennen:
Denn durch die Sehnsucht aller Ewigkeiten
Werd' ich nur deine liebe Stimme hören,
Wird mich ihr holder, sanfter Klang begleiten.
Durch all die weißen, heilgen Engelscharen
Wird meine Seele, liebes Seelchen, fliegen,
Wird sich mein Wölkchen deiner Wolke paaren.
Da will ich mich auf deine Wolke schwingen
Und will mich eng an deine Seele schmiegen
Und mit dir knien und preisen, beten, singen ...
_____
Adolf Friedrich von Schack
(1815-1894)
Dein Mund, vollathmend heiß an meinem Munde -
Dein Herz mit hohem Schlag an meins gepreßt,
Wie weihst du jede flüchtige Sekunde
Des Tages mir zum Liebesfest!
Und dann die heil'gen, wonnemüden Nächte,
Das Schwelgen Arm in Arm und Brust an Brust!
Mißgönnen nicht dem sterblichen Geschlechte
Die Götter solche
Himmelslust?
Ja, denk' ich Alles, was du mir gegeben
Und noch mir giebst, so fürcht' ich ihren Neid;
Leicht zuckt ihr Blitzstrahl nieder auf ein Leben,
Das allzu voll von Seligkeit.
_____
Strophen
Du willst, daß ich in Worte füge,
Was flüchtig ist wie Windeswehn,
Und meiner Seele Athemzüge,
Die leisen, kannst du nicht verstehn?
Doch glaub! Wonne wie die Klage,
Die nur in Geistertönen lallt,
Bleibt eine unverstandne Sage,
Wenn ihr das Herz nicht widerhallt.
Ihr Sinn ist hin, ihr Laut verklungen,
Sobald die Lippe sie erst nennt;
Nicht eignet sich für Menschenzungen,
Was nur der
Himmel weiß und kennt.
_____
In deinem Blick sich ewig sonnen,
Wohl wär' es
Himmelsseligkeit;
Allein auch mit dem Mindern schon
Zufrieden sei der Erdensohn!
Denn in der Liebe großen Wonnen
Wird Glück sogar das Trennungsleid!
Glück nenn' ichs, wenn im Abschiedsharme
Die Stimme flüstert: noch einmal!
Und aneinander wiederum
Die Lippen zittern freudestumm,
Bis langsam sich der Arm dem Arme
Entwindet in des Scheidens Qual;
Und Glück dann, wenn ein theurer Name,
Der Rose gleich, die einsam blüht,
Mit Duft des Fernseins Oede füllt,
Bis sich das Weh in Seufzern stillt,
Und heißer nach dem Trennungsgrame
Der Kuß des Wiedersehens glüht.
_____
Wunsch
Wenn uns von zitternder Wimper
Die Wonnezähre tropft,
Wenn bebend Lippe an Lippe hängt
Und Ader an Ader klopft,
Was kann uns die Erde noch bieten fortan,
Das matt nicht erbleichen muß?
Sind Ewigkeit und
Himmel
Doch unser in jedem Kuß!
Nicht uns, o Herr, nach erloschner Gluth
Ein Leben öde und schaal!
Hernieder auf unser vollstes Glück
Laß zucken den Wetterstrahl,
Daß, wenn der Küsse heißester noch
Uns brennt auf der Lippen Roth,
Wir, Seele in Seele zerrinnend,
Eins werden im flammenden Tod!
_____
Max von Schenkendorf
(1783-1817)
Am 30. September 1813
Der fernen Gattin
1.
Honiglippe,
Rosenmund,
Küsse mich zu jeder Stund'!
Arme, weich und wonniglich,
Liebesketten, bindet mich!
Dunkel ist das Felsenthal
Und der Steg ist schwank und schmal;
Doch du leuchtest mir so gern,
Himmelsfunken, Augenstern.
Athem, Rede, Druck und Kuß,
Aller Wonnen Ueberfluß,
Engelseele, Götterleib,
Mein das allerschönste Weib.
Alles, alles das war mein;
Muß nun so verlassen seyn!
Sänk' ich blutend in der Schlacht,
Niemand hätte meiner Acht!
Wanke nicht mein guter Muth,
Lust am Leben, warmes Blut,
Daß der Schmerz mich nicht verzehrt,
Eh' mein
Himmel wiederkehrt.
Ach, ich bin so blaß und krank,
Wüßte wohl dem Arzte Dank!
Honiglippe, Rosenmund,
Sprich, wann machst du mich gesund?
2.
O könnt' ich zu Dir
fliegen,
Ein Vögelein, in Eil,
An deine Brust mich schmiegen,
Da träfe mich kein Pfeil.
O gält es nur zu schwimmen
Durch wilde, weite See,
Oder hinanzuklimmen,
Die steilste Felsenhöh!
Das wäre wohl ein Leichtes
Um solch ein
Himmelsgut;
Allein kein Blick erreicht es,
Kein Wünschen und kein Muth.
Doch muß ich stets mich wenden
Zu deiner Gegend hin
Und immer Grüße senden
Voll treuem Liebessinn.
_____
Georg Scherer (1828-1909)
Ich seh' deine Lippen blühen
Ich fühl' deines Atems Wehn,
Ich fühle dein Aug' mich durchglühen -
Da ist es um mich geschehn!
Es gehn die Sinne mir unter,
Es geht das Herz mir auf;
Die Erde versinkt, o Wunder!
Es thut sich der
Himmel auf.
Ich neige das Ohr, zu lauschen
Gesängen voll himmlischer Lust;
Die Brunnen der Ewigkeit rauschen
Durch meine selige Brust.
_____
So nahst du mir noch einmal wieder,
O Liebe, die du mir genaht,
Da noch die Jugend ihre Lieder
Und Rosen streut' auf meinen Pfad,
Da deine Schauer mich erhoben,
Dein Strahl mein tiefstes Herz durchdrang,
Draus, wie aus Sonnengold gewoben,
Noch hell des Liedes Saite klang.
Doch nicht wie einst kommst du gegangen,
Ein schüchtern Kind, so schlicht und hold,
Ein Lächeln auf den Rosenwangen,
Maiblumen in der Locken Gold.
Nein, fester schlingst du deine Bande:
Den Myrtenkranz im dunklen Haar
Nahst du mir heut im Brautgewande
Und winkst mir schweigend zum Altar.
Und welch ein wundersam Gewühle
Durchwogt gewaltig mir die Brust?
Das sind nicht irdische Gefühle,
Nicht dieses Lebens flücht'ge Lust.
Ich fühl', daß sie vom
Himmel stamme,
Die heil'ge Glut, die mich durchloht,
Daß mich verzehret Gottes Flamme,
Stark und gewaltig wie der Tod.
Ich fühle all mein irdisch Wesen
In dieser Flamme untergehn
Und mein unsterblich Teil genesen,
Ja neugeboren auferstehn.
Mir ward so wunderbarer Frieden,
Wie ihn die Welt nicht kann verleihn;
Und daß mir solches Glück beschieden -
Dir dank' ich's, Göttliche, allein.
Wohlan, geweiht sind dir die Hallen,
Und hoch erhöht ist dir der Thron;
Des Dankes Opferdüfte wallen,
Es hallt Gesang und Orgelton.
Wie pocht mein Herz so froh erschrocken,
Sich ganz nur deinem Dienst zu weihn!
Schon rufen laut des Festes Glocken:
Zieh ein, o Königin, zieh ein!
_____
O laß den schönen Traum mich träumen,
Der einmal nur auf dieser Welt,
Wie ein Geschenk aus
Himmelsräumen,
In eine Menschenseele fällt!
Den Traum, da unser ganzes Wesen
Ans Herz der ew'gen Liebe sinkt
Und dort, vom Irdischen genesen,
Unsterbliches Genügen trinkt.
Und kannst du hier ihn nicht gestalten
Zur Wirklichkeit - laß ihn die Nacht
Des kurzen Lebens um mich walten,
Bis dort im Licht mein Geist erwacht!
Er wird noch in den ew'gen Kreisen
Verklären mich; es wird die Schar
Der Seligkeit mich glücklich preisen,
Daß er mir einst beschieden war.
_____
Wer, heilige Liebe, deinen Kelch getrunken
Und süßberauscht, ein überseliger Mann,
Dir einmal nur ans volle Herz gesunken,
Der ist verfallen deinem Zauberbann.
Fort glimmt's in ihm wie lichte
Himmelsfunken;
Und ob er deinen Banden auch entrann -
Früh oder spät wird er mit frohem Bangen
Nach deiner holden Unruh' heim verlangen.
_____
René Schickele (1883-1940)
Denk ich an deinen Mund, o Frau,
du Liebe,
blühn
Himmel warmen Bluts, das dargebracht
aus Liebe.
Denk ich an deinen Leib,
ich durfte mich ihm liebend nahn,
gehn Meere weißen Lichts,
wie es die Frommen sahn,
sie sagten auch, daß Gott darinnen lebt.
Dies Weiß und Rot steht vor der großen Nacht
wie ein verschwommen Angesicht,
wie eines Freudenschlosses Flammenuntergang,
aus dem, ein Phönix, sich der Mond erhebt.
_____
Kommen deine Augen und sehn mich an,
weiß ich, warum mein Leben in deines rann.
Weil sie
Himmel erbauen, so tief,
als ob ein ferner Wald darinnen schlief -
und liebst du, ist's ein Wald, der rauschend
um einen Brunnen steht,
in dessen goldener Tiefe
ein Stern zergeht.
Als ob ich dich von weitem riefe,
ist dein Gesicht mir zugewandt
in allen meinen Gedanken: lauschend
ernst und unverwandt.
_____
Hymne
In ihren Umarmungen blühte die Erde,
ihr Herzschlag in diesen Nächten rührte die Welt.
Der Morgen hob mit sorgsamer Gebärde
den Vorhang von dem
Himmelszelt,
worin unsre Herzen schliefen.
Ihre Augen im Tau der Frühe waren diamantne Schächte.
Wir horchten, wie in unserm Blut die Stunden liefen,
Hand in Hand, und durch den Abend dann, von Gluten triefend
in die grenzenlosen Ebenen der Nächte.
Sie stürzten umschlungen, als auf einmal Nachtigallen riefen.
Auf der Sanftmut ihrer Haare senkten Dämmerungen sich hernieder,
schimmernde, bestirnte
Himmel waren ihre Glieder,
zwanzig Nachtigallen litten Lust in ihrer Kehle.
Unter der Berührung ihrer Hände bebte die verschlungne Seele.
Aus ihren Haaren stieg der große Mond.
_____
Geistliches Trinklied
Hoch leben die heiligen Frauen,
die unsre himmlischen Geliebten sind!
Ihre Liebe ist groß und bedingungslos.
Sie lassen wie in nächtiger Blumen Schoß
ihren Blick auf unsre Herzen tauen,
ihr Lächeln ist Sterne säender Wind.
Sie öffnen den
Himmel und gehn um die Erde mit sanftem Schritt,
sie beugen sich nieder und trösten den Armen, der Ängste litt
an Abenden ohne Vertrauen.
O Erfüllung, die von ihren lauen Hüften zur Erde sinkt!
O Mondhals! o weiße Brüste, an denen Sehnsucht trinkt!
o Freudenhäuser im Blauen ...
Hoch leben die heiligen Frauen!
_____
Adele Schopenhauer
(1797-1849)
An die Liebste
Klar wie der
Himmel
Ist Deine Seele,
Rein wie der Aether
Ist Dein Gemüth!
Reich wie die Erde
Ist meine Liebe,
Tausendgestaltig
Tritt sie ans Licht.
Töne und Bilder,
Innere Welten
Schafft Dir Dein Dichter,
Liebchen, zum Schmuck.
Blickt er ins Herz Dir,
Holt er die Schätze
Alle vervielfacht
Wieder herauf.
Laß mich versinken
In Deiner Augen,
In Deiner Wunder
Lieblichen Welt.
Wie Erd' und
Himmel
Düfte vereinen,
Eint Lieb' und Schönheit
Leben in uns!
_____
Karl Siebel (1836-1868)
Wonne der Wonnen
Ich wußte, nun hatte ich Alles besessen,
Nun hatte ich Frieden; nun hatte ich Ruh';
Himmel und Erde und Alles vergessen,
Himmel und Erd' und mich selber dazu.
O Wonne der Wonnen, wer kann dich ergründen?
Vergessen sich selbst, und die Welt und die Noth -
O Wonne der Wonnen, wo bist du zu finden?
"Nur in der Liebe und nur in dem Tod!"
_____
Troubadour
Nach Liebe dürstend und von Schönheit trunken,
So bin vor dir ich sehnend hingesunken.
Du bist die Fürstin in dem Feenreiche,
Anmuthumwob'ne, Herrlich' ohne Gleiche.
Du bist die Göttin dieser schönen Erde.
O schaffe du, daß mein ein
Himmel werde!
Wo du mich liebst, ist an der kleinsten Stätte
Der Sonne hohes Zelt, des Segens Bette.
_____
Mein Engel
Wenn dein tiefdunkles Auge
Sich mir zu lesen giebt -
Fühl' ich mit stiller Wonne,
Daß mich ein Engel liebt.
Und jede trübe Klage
Das frohe Herz vergißt;
Es weiß, daß es nun selber -
Im
Himmel heimisch ist. –
_____
Dauerndes Glück
Wenn sich zwei Herzen ein Leben geliebt
In Freuden und in Leiden:
Es nichts in allen Welten giebt,
Das je sie könnte scheiden.
Und ließ umgeben von höllischer Qual
Ein strenger Gott sie binden;
Sie würden, wie im Erdenthal,
Auch dort den
Himmel finden.
_____
Jegor von Sivers (1823-1879)
Mikrokosmos
Ich saß mit ihr an einem Quell,
Sie sah hinab zur Murmelwell,
In ihres Auges hellem Glanz
Begann der Silberwellen Tanz.
Drauf schickte sie den Blick zum Wald,
Und wie durch Zauber alsobald
Erschien das Grün so düftemild
In ihres Auges schwarzem Bild.
Dann blickte sie auf Feld und Flur,
Und schnell verschwand des Waldes Spur,
Und durch die Wiese zog der Bach
Der blauen Ferne sehnend nach.
Jetzt Wonne, schaut sie
himmelan,
Der
Himmel hat sich aufgethan!
Welch wundertiefer ernster Schein,
Und doch so lieblich klar und rein!
So lang ihr Auge mir noch strahlt,
Bleibt Erd und
Himmel frisch gemalt,
Und Erd und
Himmel sind mein Reich,
Drin herrsch ich einem König gleich.
Und schließt ihr Auge Todes Nacht,
Dann stirbt auf ewig all die Pracht,
Das Reich der Freuden ist nicht mehr,
Und Welt und Herz sind todt und leer.
_____
Viktor von Strauß und Torney
(1809-1899)
Der selige Tag
(21. März 1831)
O Lieb' im
Himmel,
Du warest wach!
Er ist mir erschienen,
Der seligste Tag!
O du wogender Busen,
An dem ich lag,
Du lieblicher Mund,
Der das Süßeste sprach,
Ihr weißen Arme,
Die ihr mich umfingt,
Ihr Augen, die thauend
Ihr übergingt,
Der Segen Gottes
Euch allzugleich!
O Liebe, wie machst du
Mich überreich!
Ist das der Weg,
Den ich gestern trat?
Der Wald, die Fluren,
Das Haus, die Stadt?
O Welt, o
Himmel,
Wie anders ganz!
Bestrahlt, vergoldet,
Von Licht und Glanz!
O du Meine, Meine
Für Ewigkeit,
Du Fülle der Liebe,
Dir mir geweiht, -
Dir lohne der
Himmel,
Was du mir verliehn,
Ich kan nur jubeln
Und dankend knie'n.
_____
Beruhigung
Wangen an Wangen,
Brust an der Brust,
Süßtes Umfangen,
Fülle der Lust!
All' in den Sinnen
Glück bis zum Weh!
Laß mich von hinnen
Eh' ich vergeh!
Küsse ohn' Ende
Tödten mich fast;
Kosende Hände,
Laßt mich, o laßt!
Schmerzlich entlassen,
Flieh' ich zurück.
Ist es zu fassen,
Alle das Glück,
Freuden und Schmerzen,
Qual und Genuß?
Immer im Herzen
Glüht mir der Kuß,
Und es umfängt mich
Schauer und Graus,
Jaget und drängt mich
Trunken hinaus;
Stern', und in euern
Seligen Chor
Jauchz' ich der Theuern
Namen empor;
Lege mein Sehnen,
Ringen und Glühn,
Selige Thränen,
Alles euch hin;
Find' auf der Erde
Himmel der Ruh,
Liebe, und werde
Heilig wie du.
Denken und Leben
Strömen zu dir.
Was kann ich geben?
Was gabst du mir!
_____
Rückkehr
Horch, horch! mein Wagen rollt zu Thal!
Als Phöbus ausfuhr, fuhr auch ich;
Sein Wagen sucht den
Himmelssaal,
Und meiner meinen
Himmel, dich.
Auf goldnen Strahlen wiegen sich
Die Vögel jubelnd mit Gesang,
Zum
Himmel jauchzt ihr Lied für sich,
Wie meins für mich zu dir erklang.
Weit schließt die Blume vor der Pracht
Sich auf wie eine Menschenbrust,
Und jedes Knöspchens Auge lacht
In heller frischer Morgenlust.
Erröthend flieht der letzte Traum
Und zögert noch in deinem Kuß;
Am Fenster nickt der Ulmenbaum
Dir flüsternd schon den Morgengruß.
Der Wagen rollt, der Wagen hält,
Ein Sel'ger stürmt die Trepp' empor, -
Und was dann vor auf Erden fällt,
Fällt nur im
Himmel wieder vor.
_____
Karl Streckfuss (1779-1844)
Erste Seeligkeit
Du bist mir gut - dein Auge hat's gestanden,
Der Stirne Falten können's nicht verneinen -
Ich sah der Augen Doppelsonne scheinen,
Und meiner Seele düstre Wolken schwanden
Wie wer entschlummert in der Erde Landen,
Sich wiederfindet in Elysiens Hainen,
So staun' ich lächelnd und die Augen weinen,
Seit in den deinen sie den
Himmel fanden.
Und Blumen spriessen unter meinem Schritte,
Genährt vom Thau der wundersüssen Zähren,
Und in mir tönen himmlisch linde Saiten,
Und Stimmen säuseln aus des Herzens Mitte:
Sie ist dir gut, sie will dem müden Sehnen
An ihrem Herzen holden Lohn bereiten.
_____
Ueberzeugung der Liebe
Wie linder Hauch umwehet mich das Leben,
Wie Blumendüfte schwinden meine Stunden,
Von jeder Fessel bin ich losgebunden,
Auf leichten Träumen lächelnd hinzuschweben,
Seit mich der Liebe Rosenband umgeben,
Seit ich in deinem Blick den
Himmel funden -
Du warst mir hold - die Erde war verschwunden,
Mit ihren Mühn und ihrem bangen Streben.
Und wie des Aethers ruhig klare Helle,
Wie seine Sterne nie der Zeit erliegen,
Wie nie das Hohe, Himmlische vergehet,
So wird auch meiner Seeligkeiten Quelle
In deinem treuen Auge nie versiegen,
So lang um mich des Lebens Odem wehet.
_____
Julius Sturm (1816-1896)
Willkommne Ruhe
Das Meer ist still, die Stürme schlafen,
Der
Himmel ist so sternenklar;
Am Anker ruht im sichern Hafen
Das Schiff geborgen vor Gefahr.
So laß auch mich nach Kampf und Schmerzen
An deiner Brust vor Anker gehn,
Und blick' ich auf von deinem Herzen,
Den
Himmel dir im Auge sehn.
_____
O Liebe, deine Gedanken
O Liebe, deine Gedanken
Sind höher als
Himmelshöh'!
O Liebe, deine Gedanken
Sind tiefer als die See!
O Liebe, deine Gedanken
Sind schneller als der Wind,
Und leuchtender viel tausendmal
Als Sonnenstrahlen sind.
_____
Ruhe
Von des Mooses weichem Pfühle
Blick' ich träumend
himmelan,
Und es schifft die freie Seele
Durch der Lüfte Ocean.
Tiefe Ruhe, sel'ges Schweigen,
Fernab liegt die laute Welt; -
Nur der Liebe heil'ger Odem
Weht durch's stille
Himmelszelt.
_____
Lied
Wenn dein Auge freundlich
In das meine blickt,
Fühlt sich meine Seele
Allem Leid entrückt;
Und es lacht das Leben
Mich so freundlich an,
Und des
Himmels Pforten
Sind mir aufgethan;
Und mir ist, als zög' ich
Jubelnd mit dir ein,
Und als könnt' ich nimmer
Wieder traurig sein.
Doch kaum daß du scheidest,
Schwindet auch der Traum,
Düsteren Gedanken
Giebt die Seele Raum;
Und mir ist, als stünd' ich
Auf der Welt allein,
Und als könnt' ich nimmer
Wieder fröhlich sein.
_____
Friederike Susan (1784-1848)
Der Liebe Laut
Was ist es, das dies mächt'ge Sehnen
Im tiefbewegten Herzen stillt,
Mit Wonnethau und Freudenthränen
Das seelenvolle Auge füllt,
Dem Hirt und König hoffend traut?
"Es ist der Liebe süßer Laut."
Was ist es, das die Sorgen hebet
Mit wunderbarer Göttermacht,
Die Brust mit
Himmelslust durchbebet,
Den Armen reich und glücklich macht,
Auf Erden uns den
Himmel baut?
"Es ist der Liebe süßer Laut."
Was ist es, das auf stillem Hügel
Aus treuem Busen klagend dringt,
Zum
Himmel, auf der Andacht Flügel,
Im heil'gen Trostgebet sich schwingt,
Bei dem uns nicht im Sturme graut?
"Es ist der Liebe süßer Laut."
_____
Ludwig Uhland (1787-1862)
Seliger Tod
Gestorben war ich
Vor Liebeswonne:
Begraben lag ich
In ihren Armen;
Erwecket ward ich
Von ihren Küssen;
Den
Himmel sah ich
In ihren Augen.
_____
Wilhelm Wackernagel
(1806-1869)
Dürstend nach der Liebe Kelche,
Hungernd nach der Liebe Brot,
Irrt' ich um, und litt o welche
Tausendfache Herzensnoth!
Irrt' ich um im glutentfachten
Ungebahnten Wüstensand:
Himmel, soll ich hier verschmachten
Ferne vom gelobten Land?
Herr, mit aufgethanen Armen
Steh' ich und erschloßnem Herz:
Auf mich Armen mit Erbarmen
Schaut kein Auge niederwärts?
Und es schaute! Mild geregnet
Kommt aus Wolken lieberoth,
Braut, dein Lieben, ein gesegnet
Manna, Manna,
Himmelsbrot!
_____
Die aus des Segens Überflüssen
Ein gnäd'ger
Himmel mir geschenkt,
Ich grüße dich mit tausend Küssen,
Dich die mein Herz in Freuden denkt.
Ich küsse dich mit tausend Grüßen
Und halte fest dich an der Hand,
Die aus der Fülle seiner Süßen
Ein gnäd'ger
Himmel mir gesandt.
_____
Ernst von Wildenbruch
(1845-1909)
Ewige Liebe
Was soll ich anders sagen,
Dir, mein geliebtes Kind,
Als immer nur dies eine:
Ich bin dir treu gesinnt.
Dein Name steht geschrieben
Mir tief ins tiefste Herz,
Mit goldnen Flammenzügen,
Die fester stehn als Erz.
Wir wollen uns gehören
Von nun in Ewigkeit,
Dich freue, was mich freuet,
Dein Leiden sei mein Leid.
Der Leib wird welken, sterben,
Die Seele nicht verdorrt,
Lieb' ist der Seele Blume
Und blüht im
Himmel fort.
_____
Heilung
Es liegt die Nacht auf Erden schwer
Mit allen ihren Schauern;
Mein Herz ist dunkel, kalt und leer,
In mir ist nichts als Trauern.
Steh auf, du
Himmelssonnenlicht,
Zünd' an die warmen Kerzen!
Geh auf, du Engelangesicht,
In meinem müden Herzen.
Hauch' ab die kalte Erdennacht
Mit deinem Flammenmunde!
Lacht in das Herz mir, Augen, lacht!
Daß ich, daß ich gesunde!
_____
Joseph Christoph von Zedlitz
(1790-1862)
Der
Abendhimmel
Wenn ich an Deiner Seite
Im Abenddunkel geh',
Den Mond und sein Geleite,
Die tausend Sterne seh',
Dann möcht' ich den Mond umfangen
Und drücken an meine Brust,
Die Sterne herunter langen
In voller, sel'ger Lust!
Mit ihnen die Locken Dir schmücken!
Und schmücken die schöne Brust,
Ich möcht' Dich schmücken und drücken,
Und sterben vor Wonn' und Lust! –
_____
Kathinka Zitz-Halein
(1801-1877)
Mein Fühlen und Denken
Am
Himmel meiner Nacht
So wolkengrau und trübe,
Bist du in stummer Pracht
Der Abendstern der Liebe.
Die himmlisch-süße Glut
Das treu verschwiegne Sehnen,
Nähr' ich mit meinem Blut
Und sanften Wonnethränen.
Du lebst im Herzensraum,
Und auf daß ich nicht wanke,
Bist du im Schlaf mein Traum,
Im Wachen mein Gedanke.
_____
Liebeszauber
An Emilie
Was Liebe sei, soll ich Dir sagen?
Bald ist es Jubeln, bald ist's Klagen,
Wie Honig süß, wie Galle bitter,
Oft Zephirhauch, und oft Gewitter.
Der ersten Liebe süßes Sehnen
Gleicht dem geheimnißvollen Tönen
Der Memnonssäule, wenn Aurore
Dem Phöbos weicht am
Himmelsthore.
Sie flötet süß wie Philomele,
Sie ist die Sonne unsrer Seele;
Vermag sie in Dein Herz zu dringen,
Dann übet Psyche frei die Schwingen.
In Tugend wandelt sie die Mängel,
Sie stellt den Menschen zu dem Engel,
Und selbst des Lebens bange Leiden
Verkehret sie in
Himmelsfreuden.
Doch wurdest Du mit Heucheltriebe
Belohnt für Deine reiche Liebe,
Dann wandeln sich in Höllenflammen
Die Gluten, die vom
Himmel stammen.
Es nagen ihre Folterschmerzen
Mit Schlangenzähnen Dir am Herzen,
Nur Dornen blieben von den Rosen,
Und von dem Glück bist Du verstoßen.
Du wandelst fern vom Freudenschimmer
Gleich einem Geiste unter Trümmer
Der eingestürzten Tempelhallen
Woraus nur Deine Seufzer schallen.
In Schutt vermodern die Altäre
Der Liebe, Deine heiße Zähre
Fällt in den Staub, doch neues Leben
Kann selbst Dein heil'ger Schmerz nicht geben.
Nur einmal zünden jene Funken
Die von dem
Himmel selbst gesunken,
Die nicht zum zweitenmal erstehen,
Wenn gift'ge Winde sie verwehen.
_____
Wonne des
Himmels, daß ich Dich gefunden!
Heil der verhüllten, der göttlichen Macht,
Die uns auf ewig in Liebe verbunden
Bis zu des Todes umschleiernden Nacht.
Tausch' nicht mein Loos mit dem König der Welten,
Trifft auch ein Weh einst die bebenden Brust,
Wird Deine Liebe mir reichlich vergelten;
Dann hallt die Luft von dem Jauchzen der Lust.
_____
O! könntest du's nur einmal so recht denken,
Begreifen ganz mein seliges Empfinden -
Ich möchte dich mit ew'gen Ketten binden
Und gleich dem Pelikan mit Blute tränken.
O! könnt' ich für mein Sehnen Worte finden,
Und diese tief dir in die Seele senken;
Ich möchte dir mein Leben freudig schenken,
Kann nur mein Arm im Todte dich umwinden.
Nur dich trag' ich im innersten Gemüthe,
Nur dein bin ich, bin dir auf immer eigen,
Dich tauscht' ich selbst um einen
Himmel nicht.
Wie treu ich liebe soll die Zukunft zeigen,
Mich hält die starke Fessel deiner Güte,
Bis einst die Parze meinen Faden bricht.
_____
Alles in Dir
An den Verlobten
Wie Mumien in Katakomben schlummern,
So schlummerte Dein Bild in meiner Brust;
Des Lebens bin ich mir erst froh bewußt,
Seitdem ich, o Geliebter! Dein mich nenne,
Seitdem ich Dir in heil'ger Liebe brenne.
Gleich Herculanum war mein Glück versunken,
Mit Schutt bedeckt; allein was ich verlor,
Das riefst Du schöner, herrlicher hervor,
Und von Entzücken ward die Seele trunken,
Begeistert durch den heil'gen
Himmelsfunken.
Du bist mir Alles, bist mir meine Welt!
Das Rettungsbrett, das in dem Lebenssturme
Mit letzter Kraft die Hand umklammert hält,
Der Sonnenstrahl, der meines Daseins Düster
Mit seinem milden schönen Licht verklärt;
Ein Ton, der mit harmonischem Geflüster
Durch meines Lebens Harfe fährt.
Du bist der Traum der meine Nacht verschönet,
Du bist das Ziel das meine Wünsche krönet,
Dein Lächeln senket
Himmelsfreuden
Mir in das Herz, das Dir allein nur schlägt;
Dein holder Blick verscheuchet schnell die Leiden
Die fremde Mißgunst oft in mir erregt.
Ich habe ja nur Dich, nur Dich allein,
Von allen Gütern bliebest Du nur mein!
Der letzte Ring von der zerbrochnen Kette,
Der letzte blaue Punkt am Horizont,
Der letzte Stern wo meine Hoffnung wohnt,
Die einz'ge Zuflucht wo des Lebens Ruh
Ich finden kann, die ist Dein Herz, bist Du!
Du bist mir Alles, bist mir Leid und Wonne,
Du bist das Wesen das mich glücklich macht,
Du bist mein Licht, mein Frühling, meine Sonne,
Mein Tag und meine Nacht!
Du bist der Spiegel in dem meine Seele
Sich wiederspiegelt, bist das schöne Loos
Das ich erstrebe, das ich frei erwähle,
Gewiß, mein Glück ist neidenswerth und groß.
Du bist ein Strahl von der Glückseligkeit,
Die beßre Hälft' von meinem eignen Wesen,
Für mich zum Trost, zum reinsten Glück erlesen,
Mein ganzes Leben ist nur dir geweiht.
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Liebe ist von Ewigkeit
O saget nicht, daß Liebe sterben kann,
Sie stirbt nicht gleich den anderen Gefühlen,
Wenn hin das Leben stirbt, denn sie ist ewig.
Die andern Leidenschaften sind nur eitel,
Sie sind vergänglich wie die Dunstgebilde.
Die Ehrfurcht kann nicht in dem
Himmel wohnen,
Der Geiz, der Stolz, nicht in dem Sitz des Lichts;
Aus ird'schem Stoff, gehören sie der Erde
Und sterben da, wo sie geboren wurden.
Die Liebe aber ist nicht zu zerstören,
Ihr heiliges Feuer brennt in Ewigkeit.
Sie stammt vom
Himmel, darum kehrt sie wieder
Zum
Himmel auch zurück. Sie ist hienieden
Ein oft verfolgter Gast, sie wird betrogen,
Mit falschem Schwur getäuscht, wird unterdrückt -
So wird sie hier geprüft und rein geläutert
Und hat im
Himmel ihren steten Sitz.
Hier saet sie aus mit Kummer und mit Thränen,
Dort sammelt sie die reiche Ernte ein.
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