Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar
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Stichwort: Mond
16./17. Jh.
18. Jh.
19/20. Jh.
16./17. Jh.
(keine Beispiele)
18. Jh.
Sophie Albrecht
(1757-1840)
An den
Mond, als er am Tage schien
Blicke nicht so bleich und traurig,
Wie auf eines Lieblings Grab,
Bald ja kommt so süß und schaurig
Deine Freundin, Nacht herab.
Lächelnd blickst aus Sternen-Höhen,
Freundlich du dann zu uns her,
Spiegelst dich in Silber-Seen
Und im blauen, stillen Meer.
Stark in deiner Silberhülle,
Hebt sich was am Mittag sank,
Und dir wird in reicher Fülle
Guter Erdensöhne Dank.
Frischer grünt die hohe Linde,
Lauter rauscht der Wasserfall,
Kühler weh'n die Sommer-Winde,
Schöner blüht das Veilchen-Thal.
Und was mehr als Baum und Blühen,
Mehr als Bach und Quelle ist,
Stille Liebe siehst du glühen,
Wo nur du der Zeuge bist. -
Sendest aus entlegner Sphäre
Hoffnung, wen nicht Liebe eint,
Schwimmest in der goldnen Zähre,
Die beglückte Liebe weint.
_____
Verzweiflung unterm
Monde
Da schwimmt er lachend ruhig durch die Sterne,
Der stille
Mond auf seiner Wolkenbahn,
Hüpft über Gräber, schleicht durch Blüthen-Lauben,
Sieht Freuden ruhig den Zerstörer nah'n.
Ha, dich! dich konnt' ich einst als Zeugen ehren,
Da mir die Freude heil'ge Treue schwur?
Dich, Heuchler! konnt' ich zum Vertrauten wählen
Vor allen Wesen rings in der Natur?
Als er und ich in süßer Herzensfülle
Ein Bündniß küßten für die Ewigkeit;
Dir schenkten wir den Blick in jene Scene
Und nannten sie: von deinem Strahl geweiht! -
Wollüstig schwammst du in der heißen Stunde,
Wie sie dein Blick Jahrhunderte nicht sah;
Wie rein, wie voll, wie näher dieser Erde,
Wie mitempfindend, Heuchler, schienst du da!
Wir freuten uns des hohen Himmels-Zeugen,
Der nur für uns so freundlich niedersah,
Und küßten keuscher in der Strahlentrauung,
Und glaubten uns dem Himmel selber nah. -
Schon lange sahst du uns nicht mehr wie damals,
Schon manche Nacht sank mir von Thränen schwer,
Vereinsamt, nicht von seinem Arm umschlungen,
Wank' ich in diesem Blüthen-Thal umher. -
Ach, jede Stelle nennt gestorbne Freuden,
Und führt mir peinlich die Erinnrung vor;
Tieftraurend wein' ich in die kalte Asche
All' meines Reichthums, den ich hier verlor.
Kein Auge weint mit mir um meine Leiden,
Ich suchte Trost und Mitgefühl bei Dir;
Ha! Falscher! Kalt und ruhig blickst du nieder,
Kein Wölkchen trübt die freche Stirne Dir.
Du schwimmst so leicht in unsrer Trennungszähre,
Du scheinst so hell in meines Jammers Nacht,
Als wär' es unsers Wiedersehns Minute. -
Weg, frecher
Mond, der meiner Leiden lacht. -
Verhülle dich in deine dicht'sten Schleier,
Die Täuschung flieht, ich seh dich wie du bist.
Ein kalter Erdball, wo, wie hier auf Erden,
Der Tugend Thräne, Blut der Unschuld fließt. -
Was meine Phantasie einst Lächeln nannte,
Sind kahle Berge, wo der Müde sinkt.
Dort ragen Scheiterhaufen, Rabensteine,
Wo man dem Fanatismus Opfer bringt.
Was ist der Stirn und Wange Silberglätte? -
Ein wildes Meer, wo Todesröcheln rauscht. -
Und deine Locken? – Schwarze tiefe Wälder,
Wo Schlang' und Tiger auf die Beute lauscht. -
Verläumdung, Bosheit, arg bethörte Liebe,
Und alle Qualen, die mein Herz empfand,
Schließt deine Gränze in gestohlne Strahlen,
Die ich Betrogne friedevoll genannt.
Vernichten will ich dir gesungne Lieder,
Kein Kranz, kein Blümchen schmücke den Altar,
Den thöricht wir dem kältsten Götzen bauten,
Der einst getäuschter Herzen Zeuge war.
_____
An den
Mond
Kaum öffnet die Nacht ihre Hallen;
Purpurn weilt noch
Der Abschied des Abends an ihrer Schwelle;
Die Nachtigall
Beginnt ihr Lied noch nicht
Und das Käuzlein lauschet in seiner Höhle.
Was siehest du so verwundernd
In mein ödes Zimmer? -
Ueberschaue die Wege
Deiner glänzenden Gefährten
Und staune! -
Siehe! der hohe Sirius
Ist kaum am Hügel erwacht,
Und der Stern der Liebe
Glänzt noch in junger Schöne. -
Der Adler beschließt erst seinen Strahlenflug,
Und du wandelst die ersten Schritte
Auf der nächtlichen Bahn.
Dennoch – o Artemis,
Findest du mein Zimmer einsam! -
Er – o verbergt euch, ihr Sterne!
Und du Leuchtende! -
Er – der die Morgenröthe schalt,
Wenn sie unsren Küssen lauschte
In der nächtlichen Laube; -
Der noch wachte in glühender Liebe,
Wenn ihr eure Kammern schlosset: -
Er schläft schon! -
Er schläft -
Und die Nacht ringt noch
Mit der Dämmerung
Um euren Schleier.
Er schläft -
Und die Stille herrschet noch nicht.
Losgewunden
Vom Kummer der Liebe
Und ihrem belebenden Entzücken
Umschweben ihn Träume des Friedens
Und der stillen Ruhe,
Die so gern
Die Herzen der Unempfindlichen beglückt. -
Er schläft
Und denkt meiner nicht mehr
In seinen süßen Träumen.
Ach, meine Thränen
Stören seine Ruhe nicht. -
Mond! und ihr prangenden Sterne!
Geht in eure Kammern
Auf ewig.
Nacht! tritt auf immer
Aus deiner schwarzen Halle
Und du, Morgenröthe!
Lausche nie wieder
Den Küssen der Liebe.
Er schläft -
Und meine Thränen
Stören seine Ruhe nicht. - -
_____
An den
Mond
Sei mir gegrüßt – du lieber
Mond,
Auf deinen Sternenhöhen;
Sag' ihm, der mir im Herzen wohnt,
Wie du mich hier gesehen;
Daß ich bei deinem sanften Blick,
Mit einer heißen Thräne,
Mich nur in seinen Arm zurück,
Voll glüh'nder Liebe sehne.
_____
Gabriele von Baumberg
(1768-1839)
An den
Mond,
als Eduard verreiset war
Verschwiegner
Mond, wärst du ein Spiegel:
O wie viel lieber wandelt' ich
Auf diesem bunten Blumenhügel!
O wie viel lieber säh' ich dich!
Trotz diesen zwischen uns gelegnen
Gebürgen würde dann mein Blick
Dem seinigen so oft begegnen,
Und niemand störte dieses Glück.
Doch strahl' auch so uns Trost hernieder,
Erheitre unsern Lebenslauf,
Und höre meine frommen Lieder,
Und trinke meine Thränen auf!
Sehnt Eduard, das Auge trübe,
Die Brust voll Seufzer, sich nach mir:
So birg ihm nicht, dass ich ihn liebe,
Und bring ihm diesen Kuss dafür.
Doch siehst du ihn bey einer Schönen,
Die mir ihn raubet: o! so zeig'
Ihm keine dieser bangen Thränen!
Bedaure mein Geschick, und – schweig!
_____
Philippine Engelhard
(geb. Gatterer) (1756-1831)
Rosalia an den
Mond
Schön ists, wenn durch das blühende Gesträuche
Dein Feuer glimmt;
Und wenn's auf jenem silberhellen Teiche
Vervielfacht schwimmt.
Doch schöner ists, wenn aus Amyntens Blicken
Die Liebe spricht:
Drum suchst du jetzt umsonst mich zu entzücken,
Ich seh dich nicht.
Jetzt seh ich nur, wie seine sanften Wangen
Die Liebe malt.
Und wie bald Geist, bald zärtliches Verlangen,
Dem Aug' entstralt.
Ich blicke nicht, auf seinen Arm gelehnet,
Nach dir zurück;
Und denke nur, indem mein Auge thränet,
Mein künftges Glück.
Doch zürne nicht! Noch lieb' ich dich, wie immer;
Du warst es ja,
Durch dessen Huld ich in dem sanften Schimmer
Zuerst ihn sah.
Dort sah ich, ganz von deinem Glanz umflossen,
Im Schlaf ihn glühn;
Am Apfelbaum, und Abendwinde gossen
Die Blüth' auf ihn.
Ich nahte mich – und ach, ein guter Engel
Erweckt' ihn hier.
Dein täuschend Licht verbarg ihm kleine Mängel,
Lieh Reize mir.
Ich floh - - er schlich in diesen Frühlingstagen
Mir immer nach;
Und gestern wagt' er's, sich mir anzutragen
Am Wiesenbach.
In deinem Glanz hab' ich Amynt gefunden,
Und er fand mich.
Dir dank ich diese wonnevollen Stunden -
Wie lieb' ich dich!
O lieber
Mond, vergönne mir noch lange
Dein Silberlicht;
Denn sonst – mir wird schon beym Gedanken bange -
Seh ich ihn nicht!
_____
Leopold Friedrich Günther
von Goeckingk (1748-1828)
An den
Mond
Lieber
Mond! verstecke dich,
Wenn mein Liebster zu mir fliegt,
Dass die Neugier müde sich
Auf dem platten Bauche liegt.
Lieber
Mond! verstecke dich,
Wenn zu viel mein Auge sagt;
Denn wer ist so schwach, wie ich?
Lieber keinen Streit gewagt!
Lieber
Mond! verstecke dich,
Wenn er meine Lippen küsst;
Denn ich Arme schaeme mich,
Ob er gleich ein Engel ist.
Lieber
Mond! verstecke dich,
Wenn die Abschiedsstunde schlaegt,
Dass bei meinem Kummer sich
Nicht das Herz in ihm bewegt.
Lieber
Mond! verstecke dich,
Wenn zurück mein Liebster kehrt,
Bis du - was klingt süsser? sprich! -
Seiner Floete Ton gehoert!
_____
Johann Wolfgang von
Goethe (1749-1832)
Vollmondnacht
Herrin, sag, was heißt das Flüstern?
Was bewegt dir leis die Lippen?
Lispelst immer vor dich hin,
Lieblicher als Weines Nippen!
Denkst du, deinen Mundgeschwistern
Noch ein Pärchen herzuziehn?
»Ich will küssen! Küssen! sagt ich.«
Schau! Im zweifelhaften Dunkel
Glühen blühend alle Zweige,
Nieder spielet Stern auf Stern,
Und smaragden durchs Gesträuche
Tausendfältiger Karfunkel:
Doch dein Geist ist allem fern.
»Ich will küssen! Küssen! sagt ich.«
Dein Geliebter, fern, erprobet
Gleicherweis im Sauersüßen,
Fühlt ein unglückselges Glück.
Euch im
Vollmond zu begrüßen,
Habt ihr heilig angelobet,
Dieses ist der Augenblick.
»Ich will küssen! Küssen! sag ich.«
_____
Suleika
Die Sonne kommt! Ein
Prachterscheinen!
Der
Sichelmond umklammert sie.
Wer konnte solch ein Paar vereinen?
Dies Rätsel, wie erklärt sichs? wie?
Hatem
Der Sultan konnt es,
er vermählte
Das allerhöchste Weltenpaar,
Um zu bezeichnen Auserwählte,
Die Tapfersten der treuen Schar.
Auch sei's ein Bild von unsrer Wonne!
Schon seh, ich wieder mich und dich:
Du nennst mich, Liebchen, deine Sonne,
Komm, süßer
Mond, umklammre mich!
_____
[Aus einem Briefe an Charlotte v. Stein]
Um Mitternacht, wenn die
Menschen erst schlafen,
Dann scheinet uns der
Mond,
Dann leuchtet uns der Stern;
Wir wandlen und singen
Und tanzen erst gern.
Um Mitternacht, wenn die Menschen erst schlafen,
Auf Wiesen, an den Erlen
Wir suchen unsern Raum
Und wandlen und singen
Und tanzen einen Traum.
_____
19./20. Jh.
Charlotte von Ahlefeld
(1781-1849)
Der
Mond und Er
Lächelndes schönes Gestirn, zu Deiner unendlichen Höhe
Wend' ich den traurigen Blick, und er erheitert sich oft.
So auch erheb' ich zu Ihm die schwermuthsvollen Gedanken,
Und dann scheint mir die Welt nicht mehr ein Kerker zu seyn.
Freundlich winkt mir sein Bild, wenn ich Dich einsam betrachte.
Still und schweigend wie Du, wandelt Er ferne von mir.
Aber es nahet mir hold auf muthlos umdämmerten Bahnen,
Sanft wie Dein leuchtender Schein, seiner Erinnerung Gruß.
Unerreichbar bist Du, o
Mond, in der Ferne des Himmels,
Dennoch verklärst Du die Nacht still mit erquickendem Glanz;
So erfüllet auch Er mit Licht und Kraft mir den Busen,
Ewig mir ferne wie Du, ist er dem Geiste doch nah.
_____
Dora's Abendlied
Still tritt der
Mond in weiter Himmelsferne
Aus des Gewölkes nächtlich grauem Flor,
In goldner Reinheit schimmernd jetzt hervor,
Umgeben von dem hellen Chor der Sterne;
Ihn, den ich mir zum Freunde auserkohr,
Ihn, dem ich klagte, was ich längst verlohr,
Begrüßt mein Blick in stiller Nacht so gerne.
Er leuchtet freundlich mir statt aller Kerzen,
Strahlt leisen Trost in die beklommne Brust,
Und schenkt in Thränen mir der Wehmuth Lust.
Wer nimmt des Kummers Last von meinem Herzen,
Wer hat um ihren Umfang je gewußt! -
Ach tief verschlossen in der wunden Brust
Ist all' mein Weh – sind alle meine Schmerzen.
Du, den ich längst nicht mehr zu nennen wage,
Und dessen Bild mich dennoch stets umschwebt!
Du, der im Innern meines Herzens lebt,
Wo ich nur Dich, und Schmerz und Sehnsucht trage,
O wenn Dein Blick hinauf zum Himmel strebt
Und holde Träume Dir der
Mondschein webt,
So denk' auch Du an unsres Glückes Tage.
Sie sind dahin – in weite Ferne bannte,
Von Dir getrennt, mich grausam mein Geschick.
Erloschen ist in Thränen nun der Blick,
In dem sonst Muth und Hoffnung lodernd brannte.
Der ersten Liebe nahmenloses Glück
Rief meines Schicksals Stimme ernst zurück,
Eh' ich des Lebens vollen Werth erkannte.
Seitdem verhüllt mit ihrem schwarzen Schleier
Die Schwermuth mir die weite offne Welt;
Des Himmels hehres, sternbesäetes Zelt,
Des
Mondes Glanz, der oft in stiller Feier
Der Nächte ödes Dunkel mir erhellt,
Und ahnungsvoll die bange Brust mir schwellt,
Eröffnet nur mein Herz der Wehmuth freier.
Ist mir auf ewig jenes Glück verschwunden?
Ist schmerzliches Entbehren nur mein Loos?
Und wird allein des Grabes finstrer Schooß
Mich schützen vor des Leidens bangen Stunden,
So reiße schnell mich von dem Leben los,
Willkommner Tod, denn in der Erde Schooß
Verbluten sanft des Herzens tiefe Wunden.
_____
Alois Leopold Altmann (um
1843)
Hermine an den
Mond
Mond, des Himmels Silberkrone,
Wenn du meine Klage hörst,
Blick' herab von deinem Throne,
Ehe du dein Antlitz kehrst!
Dem Geliebten meine Grüße
Bring' in deinem stillen Lauf,
Bring' ihm meiner Sehnsucht Küsse,
Nimm mein Flehen gnädig auf.
Künd' ihm meine heiße Liebe,
Künde sie durch deinen Glanz;
Siehe, wie Herminens Triebe
Flechten an der Liebe Kranz!
Wenn ich an des Theuren Seite
Mich der Liebe werd' erfreu'n,
Will ich dir im edlen Streite
Nachtviol'n und Rosen streu'n!
Blumen sind der Liebe Gabe,
Nach den Lüften wallt ihr Duft,
Stürzt sie auch der Sonne Labe
Oft in die zu frühe Gruft.
Also schwinden uns're Tage,
Jagen nach dem nahen Ziel,
Wohl uns, wenn wir ohne Klage
Rückseh'n auf ihr eitles Spiel! —
Uns'rer Jugend kurze Freuden
Fliehen wie der Welle Schaum;
Ach, und jahrelange Leiden
Folgen ihrem süßen Traum. —
Möcht' ich meines Blüthenlebens
Jetzt so still genährte Lust
Nimmer, nimmer doch vergebens
Suchen in der leeren Brust! —
_____
Johanna Ambrosius
(1854-1939)
Warum ich weine
Du fragst, warum ich weine?
Hab' ich dir nie gesagt,
Warum im
Mondesscheine
Die Nachtigall tief klagt?
Sie schaut des
Mondes Helle,
Sehnsucht hebt ihre Brust,
Wenn leicht die Silberwelle
Sich kräuselt still vor Lust.
Wenn alle Blumen strahlen
So geisterhaft und schön,
Dann möcht' vor Liebesqualen
Im
Mondschein sie vergehn.
Sie liebt ihn; doch vergebens
Singt sie für ihn sich müd',
Die Thränen ihres Lebens
Ergießen sich im Lied!
_____
Elsa Asenijeff
(1867-1941)
SEUFZER EINER FRAU
O
Mond, wie darfst du glücklich sein
Du scheinst ihm allnächtlich ins Fenster hinein!
Sein Mund und ich, wir müssen uns fern sein
Ein Leben lang
Aber du auf deinem nächtlichen Gang
Streichle mit deinem Licht
Sein blasses, süsses Gesicht
Und küss ihn dann viel tausendmal
Auf seinen roten Mund.
Und sag ihm in den Traum hinein
Dass Eine ihn heimlich liebt
Nur ihn allein auf der ganzen Welt
Und an ihn glaubt!
Und dass sie traurig sterben muss –
Fern seinem Gruss!
_____
ZAUBERHAFTE
MONDNACHT
Ich steh an den Balkon gelehnt,
Es ist so tiefe, tiefe Nacht – – –
Ich kann nicht ruhn – – –
So hab ich dich noch nie gesehnt –!
War ich das
Mondlicht doch,
Das über deinem Körper spielt,
Und sich an deinem Mund verfängt,
– In deinem Barte zitternd wühlt,
Und zart an deinen Händen hängt.
Es leuchtet Liebe die lichte Welt!
Alle Blätter haben sich aufgestellt
Und sehen träumend die blaue Nacht –
Die Amsel ist nach bangem Sinnen stumm –
– Alle Blumen lächeln und fürchten sich
Und wissen doch nicht warum, – – –
O fühlst du nichts?
Die Sehnsucht steht an deiner Tür
Und reckt die Brüste
Und spannt die Arme weit
Und glüht nach deiner Seligkeit – – –
O wärst du hier!
_____
MONDESNACHT
Die lange Nacht,
Die bange Nacht,
Wachend und allein!
Und draussen blüht der
Mondenschein
In lächelndem Frieden über die Welt.
Du bist noch wach,
Aus der Ferne
Strömt leises Glück
Zu mir . . . . .
O wärst du hier!
So hab ich mich noch nie gesehnt,
Flammend-Geliebter
Nach dir!
_____
Hugo Ball (1886-1927)
Schöne
Mondfrau, gehst du schlafen
Lächelnd und so munter,
Leise mit den Silberschafen
In die Nacht hinunter?
O und du im hellen Kleide,
Liebe Schehrazade,
Spielst du, daß die Nacht nicht leide
Deine Serenade?
Wandermüde, wundertrunken
Komm in meine Ruhe.
Blaue, weiche Sternenfunken
Küssen deine Schuhe.
Sieh, die Nacht ist so lebendig,
Voller Duft und Gnade.
In den Bäumen eigenhändig
Spielt sie sich die Serenade.
_____
Und bist du im
Monde der weiße Pfau,
Dann bin ich dein Liliengarten.
Es steigt ein schwebend Opferblau
Voll Bangen und Erwarten.
Du wirst zu dieser Stunde noch
Die lichten Schwingen breiten
Und über Mauern hell und hoch
Vom Brunnenrande gleiten.
Die Sterne werden dich schimmern sehn
Im schwarzen Wasserspiegel.
Dein Diadem wird leuchtend stehn
Im Hauch der Lilienhügel.
_____
Rudolf G. Binding
(1867-1938)
Auf meinem Bette
Mondenschein,
so weiß wie Reif und in dem Busch
ein Vogellied, von Lieb ein Lied,
von Liebe, stundenlang.
Ich schaue auf, und schau hinein
ins stille
Mondesangesicht,
und senk das Haupt, und bin allein.
Wozu denn Nacht und Sang?
_____
Astronomisches Gespräch
Sieh den
Mond mit schlanken Sichelarmen
glühend zucken nach dem schönsten Sterne.
Süße Ferne,
wo Gestirne liebend sich umarmen!
"Meinst du gar sie werden sich erreichen?
Wird der junge
Mond den Stern umfangen?
Hold Verlangen,
fern von dir zu stehn, dem Stern zu gleichen!"
Menschenaugen werden's nicht erspähen.
Doch im Licht des Tages scheu verborgen
mag der Morgen
der uns trennt sie bei einander sehen.
Und wenn Tag mit flammenden Alarmen
auf mich scheucht vom Lager der Geliebten
liegen wohl im Ungetrübten
Mond und Stern sich liebend in den Armen.
"Freund, so laß mich lieber dich umschlingen.
Gib den Tag als Mantel den Gestirnen.
Von den Firnen
schwand das Licht um uns die Nacht zu bringen."
_____
Ernst Blass (1890-1939)
Dein Aug' ist wie der
Mond auf meinen Wellen,
Geliebt ein Herrscher über Ebb' und Flut.
Ich fühle mächtig meine Kräfte schwellen,
Und strömend find' ich mich gesund und gut.
Befreiung rauscht in mir aus allen Quellen
In Atem, Träne, Blickeslust und Blut.
Was klug verwahrt lag an geschützten Stellen,
Wirft selig sich in die ersehnte Glut.
Die abgeschlossenen Zellen sind nun offen,
Das Tor sprang auf: da ist der bunte Weg,
Auf dem du gehst. Nun darf ich alles hoffen.
Und überströmt bin ich von Glück und leg'
Das Haupt sanft auf die jugendliche Au:
Da leuchtet über mir des Himmels Blau.
_____
Adolf Böttger (1815-1870)
Wie
Mondesglanz die Nacht durchbricht
Wie
Mondesglanz die Nacht durchbricht
Und strömt auf Thal und Matten,
So fließt der Schönheit Lilienlicht
Aus Deiner Wimpern Schatten.
Seit im Gebet die Händchen Du
Zum erstenmal gefaltet,
Hat auch des Himmels sel'ge Ruh
In Deinem Blick gewaltet.
Der Engel des Gebetes blieb
Am Glanz der Unschuld hangen,
Und hielt die Stirne fromm und lieb
Im Bruderkuß umfangen.
Er legte Dir voll Liebeshuld
Zwei Rosen auf die Lippe,
Und hauchte Worte der Geduld
In diese heil'ge Krippe.
Er nahm sein lichtes Flügelpaar
Und lieh es Deiner Liebe,
Daß sie auf Erden immerdar
Ganz ohne Flecken bliebe.
Wer einmal sah im tiefsten Schmerz
In Deines Auges Sonne,
O dessen Blick, o dessen Herz
Bricht - oder schmilzt in Wonne!
_____
Paul Boldt (1885-1921)
Die Liebesfrau
– Nackt. Ich bin es nicht gewohnt.
Du wirst so groß und so weiß
Geliebte. Glitzernd wie
Mond,
Wie der
Mond im Mai.
Du bist zweibrüstig,
Behaart und muskelblank.
So hüftenrüstig
Und tänzerinnenschwank.
Gib dich her! Draußen fallen
Die Regen. Die Fenster sind leer,
Verbergen uns … – allen, allen! –
Wieviel wiegt dein Haar. Es ist sehr schwer.
– Wo sind deine Küsse? Meine Kehle ist gegallt
Küsse du mich mit deinen Lippen!
– Frierst du?– – – Du bist so kalt
Und tot in deinen hellen Rippen.
_____
Bess Brenck-Kalischer
(1878-1933)
Aber jene Leute,
Die von der Liebe
Als einer Quelle tiefen Genießens sprechen,
Sie waren sicher vom
Mond,
Vom lieben weißen
Mond.
Und mich trug ein hohes Verlangen
Auch ein
Mondmensch zu sein.
_____
Georg Busse-Palma
(1876-1915)
Mondlied
Im Lindengrün hat sich der
Mond verfangen
Und sieht so aus, als ob er weinen möcht. —
Wie er im Laub, verfing sich mein Verlangen
In eines Mädchens braunem Haargeflecht.
In Lindenzweigen und in Mädchenflechten —
Wer, bleicher Bruder, löst so lieben Bann? —
Wir sehn so aus, als ob wir weinen möchten,
Der
Mond und ich, und sehn uns lange an ...
_____
Peter Cornelius
(1824-1874)
Komm, wir wandeln zusammen im
Mondschein
Komm, wir wandeln zusammen im
Mondschein!
So zaub'risch glänzt jedes Blatt!
Vielleicht steht auf einem geschrieben,
Wie lieb mein Herz dich hat.
Komm, wir wandeln zusammen im
Mondschein!
Der
Mond strahlt aus Wellen bewegt:
Vielleicht daß du ahnest, wie selig
Mein Herz dein Bildnis hegt.
Komm, wir wandeln zusammen im
Mondschein!
Der
Mond will ein königlich Kleid
Aus goldenen Strahlen dir weben,
Daß du wandelst in Herrlichkeit.
_____
Ich lag im stillen Zimmer
Ich lag im stillen Zimmer
Zur Nacht, doch eh' ich schlief
Warf mir der
Mond voll Schimmer
Aufs Bett einen Liebesbrief.
Und eh' an seinen Lettern
Ich zuviel Zeit verlor,
Sang mir mit hellem Schmettern
Die Nachtigall ihn vor.
Mein Lieb, mit welchem Solde
Zahlst du die Dienste all,
Dem
Mond mit seinem Golde
Und der süßen Nachtigall?
_____
Max Dauthendey
(1867-1918)
Von dir lachen noch meine Träume
Dein Leib ist reich gewirkt wie ein Feld voll Honig
und königlicher Blumen
Und kommt weich und heimlich wie der
Mond in mein Bett.
Von dir lachen noch meine Träume und bewachen dich.
Und wie die Hähne kämpfen mit erhitztem Sporn,
So töt' ich den, der dich im Traum begehrt.
_____
An deinen Lippen
Deine Küsse halten mich glühend wach,
Sie gehen wie feurige Sterne ums Dach.
An deinen Lippen wird's Blut mir rot,
Mein Herz springt ins Feuer, mein Auge loht.
Deine Augen wie kleine
Monde beim Küssen
Im letzten Himmel verschwinden müssen.
_____
Und mein Herz singt in seinem Käfig
In allem, was mir schön und allmächtig scheint, bist du,
Deine Augen kommen in mein Zimmer, und die Luft wird jung,
Und mein Herz singt in seinem Käfig.
In mein Haus bringst du Lachtäublein unter mein Dach,
Die Blumen und Kräuter richten sich auf,
Bei Scheibe und Schwelle sitzen die Sonne und der
Mond Mund an Mund.
_____
Nie war die eine Liebesnacht in deinem Schoß
der andern gleich
Nie war die eine Liebesnacht
In deinem Schoß der andern gleich,
Dein Leib ist ein
Septembermond
An immer neuen Früchten reich.
Die Brüste sind ein Traubenpaar,
Und drinnen pocht der junge Wein,
Die Augen sind ein Himmelstor
Und lassen meine Wünsche ein.
_____
Mein Herz als
Mond verkleidet
Rühr' im Schlaf an deine Wangen,
Hangen Tropfen an den Kissen,
Du und ich allein nur wissen:
Unser Sehnen hat vereint
Heiß sich in den Schlaf geweint.
Ach, mein Herz wie's liebt und leidet!
Spür es leis als
Mond verkleidet
Weiß an deiner Tür.
Sehnsucht muß mit hellen Händen
Noch im Schlaf dein Zimmer blenden,
Und die blanken Scheiben schicken
Blicke, die tags dunkel bleiben;
Wo sie ungesehen fielen,
Steigen Lichter aus den Dielen.
Schweigen müssen Uhr und Zeit,
Sehnsucht spielt auf blauen Geigen,
Und wie einst auf Märzenauen
Werden Balken in den Räumen
Wieder kühn zu Knospenbäumen.
Und auch taut im
Mond wie Eis
Lautlos deines Spiegels Glas,
Will mir Heimlichkeiten zeigen,
Die der Spiegel nie vergaß,
Er, der zärtliche Vertraute,
Der nur lebt von deinen Augen
Und in deine Sehnsucht schaute.
Dicht an deinen weißen Wangen
Will ich deinen Atem fangen.
Was die Scham mir nicht gestand,
Küß ich aus dem Schlaf der kleinen, zagen, zahmen Hand.
Rötet Morgen sich im Land,
Auf dem roten Dach der Welt
Tötet sich der
Mond gelassen;
Und wer ahnt in lauten Gassen,
Daß, wo Sehnsucht hingestellt,
Sich noch nachts das Pflaster hellt,
Und mein Herz, als
Mond verkleidet,
Nächtlich blinde Wünsche weidet.
_____
Sind zwei getrennt
Sieh droben den
Mond zwischen Türmen hängen,
Er konnte die Nacht aus dem Himmel verdrängen.
Er hängt wie der Schein alles Sehnenden oben,
Wie Helle, die sich voll Hoffnung gehoben.
Und sind zwei getrennt, auch in fremdesten Gassen,
Verliebten wird niemals ihr Himmel verblassen,
Ihr Himmel, der kann ihre Augen aufhellen
Durch brennende Botschaften zwischen zwei Schwellen.
_____
Stille weht in das Haus,
Fühlst du den Atem des
Mondes,
Löse dein Haar,
Lege dein Haupt in den Blauschein hinaus.
Hörst du, das Meer unten am Strand
Wirft dir Schätze ans Land;
Sonst wuchsen im
Mond Wünsche, ein Heer,
Seit ich dein Auge gesehn, ist die
Mondnacht wunschleer.
_____
Richard Dehmel
(1863-1920)
Der weise König
Ich will nicht immer küssen;
ich will nur fühlen, du bist mein!
Und wenn du noch viel nackter wärst,
ich würde lieber zu Stein,
als heut dich küssen.
Gieb mir die stillste Stille,
die du geben kannst.
Dann will ich wie der
Mondschein dort,
der auf den Blättern tanzt,
bei dir bleiben.
So sprach der weise König.
Da fiel ein Blatt in ihren Schooß,
der Wind fuhr durch den
Mondschein;
sie aber nickte blos
und küßte es.
Er ist bei ihr geblieben,
er riß ihr Blatt vom Munde;
er ist die ganze Nacht geblieben
und hat sie - Gott weiß wie still - geküßt,
wohl hundertmal die Stunde.
_____
Franz von Dingelstedt
(1814-1881)
Sonne und
Mond
Ich weiß nicht, soll ich dich dem
Mond vergleichen,
Der aus den Liebesaugen sanft verweint
Auf mich heruntersieht und Friedenszeichen
Versöhnend in die wilde Seele scheint?
Bist du nicht eh'r, vom Himmel hoch gesendet,
Als Sonne meinem Horizont gegeben,
Die hellen Strahls mein blödes Auge blendet
Und doch die Brust erfüllt mit warmem Leben?
Verwechselt scheint mir aller Dinge Lage,
Seit mir dein Bildniß aufgegangen ist:
Du bist der
Mond am klaren Sommertage,
Wie du der Winternächte Sonne bist.
Mein Thun und Treiben im profanen Lichte
Durchdringest du mit deinem Frieden ganz
Und tauchst die Nächte, flammende Gedichte,
In heißer Traumgesichte Gluth und Glanz.
Mond meiner Tage, meiner Nächte Sonne,
Hoch über mir geh deinen Strahlenlauf;
Es wogt zu dir mein Herz in Weh und Wonne,
Wie Fluth und Ebbe liebedurstig auf!
_____
Es kam die Fluth, als mir dein Bildniß
Im Herzen aufgegangen war,
Wie plötzlich in der Wasser Wildniß
Der
Mond sich spiegelt wunderbar.
Hochwasser war, als die Gedanken
An dich stets höher mich gefaßt,
Bis ich in selig-trunk'nem Schwanken
Erlag der ungewöhnten Last.
Die Ebbe kommt, nun unerweichbar
Das Schicksal mich von dannen treibt,
Und ach! stets weniger erreichbar
Der
Mond, dein Bild, dahintenbleibt.
Tiefwasser ist, wann dich erbleichend
Mein Angesicht zum Letzten sieht,
Daß alle Liebe, schmerzlich weichend,
Hinab in's tiefste Herz mir flieht.
Gehst du nun später am Gestade
Frühmorgens den gewohnten Lauf,
So lies auf deinem weichen Pfade,
Was dir die Fluth zurück ließ, auf.
Sind Muscheln nur und glatte Steine
Und Perlen, die wie Thränen sehn:
Auf allen muß Ein Bild, das deine,
Ein Name, dein geliebter, stehn!
_____
Carl Ferdinand
Dräxler-Manfred (1806-1879)
Der
Mond
Auf leichtem Zweig im Waldgeheg'
Süßnachtigall verweilt,
Bis auf dem lichten Sternensteg
Der
Mond herübereilt.
Der spinnt so süß und mildiglich
Waldüber seinen Strahl,
Als zög' er gerne sie zu sich
In lichten Himmelssaal.
Die aber klagt und weint so weich
Um ihr gar falsches Lieb,
Und fühlte sich den Engeln gleich
Wenn das nur treu ihr blieb.
So trauert wohl das arme Blut,
Und sieht in's blasse Licht,
Der
Mond ist, ach, so mild und gut,
Doch helfen kann er nicht!
_____
Mondnacht
Mild leuchten
Mond und Sterne
Den Liebenden im Kahn,
Die Ufer rücken ferne,
Es dringt kein Laut heran.
O zauberhaftes Leben
Der
Mondnacht auf dem See,
Und ach, zwei Herzen beben
In süßem Liebesweh.
Es geht im Schilf ein Säuseln
Es nickt dem Kahne nach,
Des Ruders sanftes Kräuseln
Schlägt jetzt die Fischlein wach;
Die meinen - holdes Wunder! -
Von Rosen sich umbaut,
Weil in den See hinunter
Ein Wangenpaar geschaut.
Wie Lispel holden Reimes
Erklingt es fort und fort:
Hat
Mond und See Geheimes?
Ist's Lippenkuß und Wort?
Sind's Lüfte, die sich küßten?
Gekos' von Well' und Licht?
Die Glücklichen, die's wüßten,
Die Beiden sagen's nicht!
_____
Demeter Dudumi (um 1856)
Hell glänzt durch dunkles Waldesgrün
Des
Mondes Silberschein,
Gern möcht' ich in der schönen Nacht
Mit dir im Walde sein!
Es spiegelt sich des
Mondes Bild
Im See so klar und rein,
Gern möcht' ich in der Sternennacht
Mit dir im Kahne sein!
Es stiehlt der Strahl des
Mondes sich
Zu dir in's Kämmerlein,
Gern möcht' ich in der stillen Nacht
Bei dir, mein Liebchen, sein!
Der
Mond erlischt, der erste Strahl
Des Morgens bricht herein,
Ach Gott, ich möchte auch bei Tag
In deiner Nähe sein!
_____
Joseph Freiherr von
Eichendorff (1788-1857)
Mondnacht
Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
_____
AN A. S.
Weine nicht, zwar trennen uns Berge und Fluren,
doch ferne über Tal und Wälder denk ich dein.
Wenn das Morgenrot emporsteigt, denk' ich dein,
bei der Abendröte denk ich dein, und wenn das
Heer der Sterne aufzieht, da blicke ich herauf zum
Mond, der auch damals uns so anlächelte, als
ich deinem Purpurmunde zum erstenmal das lispelnde
Geständnis der Liebe in der Laube, von Sternen
umblinkt, entküßte. Blickst du dann etwa auch
zum
Monde, begegnen sich in Himmelssphären
unsre Blicke, o so flüstre dir das Abendlüftchen, daß
der
Mond eine Sehnsuchtsträne beglänzt, die dein
Jüngling um dich weint.
_____
August Heinrich Hoffmann
von Fallersleben (1798-1874)
Drüben an dem Neckar schimmert
In dem hohen Haus ein Licht -
Und so schön hat mir geflimmert
Noch ein Stern auf Erden nicht.
Meine Blicke ziehn mich immer
Drüben nach dem Fensterlein,
Suchen nur des Lichtes Schimmer
Wie der
Mond den Sonnenschein.
Heitre Bilder vor mir schweben
Wie aus einer andren Welt,
Und ich seh im trüben Leben
Meiner Sehnsucht
Mond erhellt.
_____
Theodor Fontane
(1819-1898)
Trauriges Erwachen
Der
Mond, der alte Lauscher,
Steht vor dem Fensterlein;
Er horcht und schaut wie neidisch
In Liebchens Kämmerlein.
Ich lag zu ihren Füßen,
- O welch ein Götterlos! -
Und wiegte wonnetrunken
Mein Haupt in ihrem Schoß.
Sie spielte mit den Händchen
In meinem dunklen Haar
Und strich es zärtlich kosend; -
Wie schön das Mädchen war!
Mit ihrem lieben Auge,
Wie Demant rein und klar.
Versprach sie ewge Treue; -
Wie schön das Mädchen war!
Aus ihren süßen Küssen
Da fühlte ich fürwahr
Schon Seligkeit entsprießen; -
Wie schön das Mädchen war!
Die purpurfarbnen Lippen,
Die sagten endlich gar,
Daß sie mich herzlich liebe; -
Wie schön das Mädchen war!
Da, all die Lust zu fassen,
Hat meine Brust nicht Raum
Und selig rufend: Vanda!
Erwach' ich aus dem Traum.
Da war die Lust entflohen
Und bitterböser Schmerz,
Der Gram um ewge Trennung
Erfüllte nun mein Herz.
Zwar stand der
Mond, der Lauscher,
Vor meinem Fensterlein;
Doch war er bald verschwunden,
Denn ich - war ganz allein.
_____
Der Bach und der
Mond
(An Minna)
Es floß ein Bach durch Waldesgrün,
War lauter, klar und rein,
Viel Blümchen an dem Bache blühn,
Und alle nett und fein.
Doch tut er stets, als säh' er nicht
Die Blümchen um ihn her,
Des lieben
Mondes Angesicht
Gefiel dem Bache mehr.
Er hat es gleich ans Herz gedrückt
Und zärtlich es geküßt,
Wenn's nur auf ihn herabgeblickt
Und freundlich ihn gegrüßt.
Doch plötzlich raubt ein Wolkenschwarm
Dem Bach des
Mondes Bild,
Da tobt er voller Schmerz und Harm
Durchs nächtige Gefild.
Das Leben dünkt ihn kein Genuß,
Nur einzig Qual und Not,
Und voller Lebensüberdruß
Erfleht er schon den Tod; -
Da, dank dem Ewgen, bricht hervor
Der
Mond gar hell und klar; -
Was alles, auch der Bach verlor,
Jetzt droht ihm nicht Gefahr.
Jetzt, wo des
Mondes Silberglanz
Sich spiegelt in der Flut,
Ist er der alte wieder ganz,
Dem Leben wieder gut.
_____
Marie Laura Förster
(1817-1856)
In stürmischer
Mondnacht
Der Himmel ist düster, die Lüfte klagen
Im Tannenwalde; vom Sturme getragen
Ziehen Wolken auf Wolken von Westen her.
Ich auch bin düster, mein Herz ist schwer;
Es klaget und zittert da drinnen so eigen,
Wie Windesseufzer in Tannenzweigen.
Gedanken ziehen so trübe, o trüber
Als jene Wolken schattend darüber.
Da durch das Dunkel tritt plötzlich mild
Der
Mond, der helle. So tritt dein Bild,
Du Holde, du Liebe, von der ich geschieden,
Plötzlich ins Herz mir und gibt ihm Frieden.
_____
Alfred Friedmann
(1845-1923)
Liebeswiedersehen
Des
Mondes Silber floß in Strömen nieder,
Wir saßen am Clavier und sangen Lieder,
Die brachten uns vergang'ne Zeiten wieder!
Wie war so mancher
Silbermond verschwunden
Seit jener Stunde, da wir uns gefunden,
Nun kam uns wieder eine jener Stunden!
Wie vom Pocal, durch blendend weißes Linnen
In eine Schale junge Weinflut rinnt,
Durch Klärung Glut und Goldglanz zu gewinnen,
Und traumhaft dann die Sinne einzuspinnen: -
So durch das Netz, das uns ein
Mondstrahl spinnt,
Fühl' ich zu mir des Wohllauts Goldstrom rinnen,
Indeß mein Herz im Stimmeneinklang sinnt,
Wie es der Herzen Einklang rückgewinnt!
_____
Emanuel Geibel
(1815-1884)
Du bist so still, so sanft, so sinnig,
Und schau' ich dir in's Angesicht,
Da leuchtet mir verständnißinnig
Der dunkeln Augen frommes Licht.
Nicht Worte giebst du dem Gefühle,
Du redest nicht, du lächelst nur;
So lächelt in des Abends Kühle
Der lichte
Mond auf Wald und Flur.
In Traumesdämmerung allmählich
Zerrinnt die ganze Seele mir,
Und nur das Eine fühl' ich selig,
Daß ich vereinigt bin mit dir.
_____
Mein Herz ist wie die dunkle Nacht,
Wenn alle Wipfel rauschen;
Da steigt der
Mond in voller Pracht
Aus Wolken sacht -
Und sieh, der Wald verstummt in tiefem Lauschen.
Der
Mond, der helle
Mond bist du:
Aus deiner Liebesfülle
Wirf Einen, Einen Blick mir zu
Voll Himmelsruh -
Und sieh, dies ungestüme Herz wird stille.
_____
Wenn ich an dich gedenke
Bei stiller Nacht allein,
Das geht mir durch die Seele
Wie lichter
Mondenschein;
Das geht mit durch die Seele
Wie lieblich Harfenspiel,
Mir ist, ich hatte nimmer
Der Freuden also viel.
Mein Herz ist wie ein Ringlein
Von eitel güldnen Glast,
Du bist die klare Perle,
Und bist darein gefaßt.
So wie die Perl' im Golde,
So funkelst du darin,
Und trägst auch mich beschlossen
So fest in deinem Sinn.
O dank' dir's Gott, Herzliebste,
Viel tausend, tausendmal,
So viel als Veilchen blühen
Zu Ostern tief im Thal!
So viel als Veilchen blühen,
So oft gedenk' ich dein;
Das geht mir durch die Seele
Wie lichter
Mondenschein.
_____
Emilie Emma von Hallberg
(1826-1862)
O könnt' ich mit dir wallen,
Du bleicher
Mondenschein,
Ich schlich mich ganz verstohlen
In Liebchens Kämmerlein.
Und haucht' auf Mund und Stirne
Ihm wol der Küsse viel,
Und trieb in seinen Locken
Ein wunderliches Spiel.
Und Liebchen würde träumen
Gar wunderliches Zeug,
Von Kuß und Händedrücken
Wie
Mondenschein so weich.
_____
Am Himmel schimmern viel tausend Sterne
Und schauen mir zärtlich in's Herze hinein,
Das aber seufzet aus tiefsten Grunde:
"Mein Liebchen, könnte ich bei dir sein!"
Und auch der
Mond, der bleiche Geselle,
Er lächelt so kalt und so frostig mich an,
Doch seufzet mein Herz aus tiefstem Grunde:
"O wäre ich bei dem geliebten Mann!"
Ach,
Mond und Sterne sind kalt und schaurig
Und schrecken mein heißes Herze zurück,
Mein heißes Herze glühet und flammet,
Flammet wie Liebchens verlangender Blick.
_____
Die Blumen auf dem Fenster
In meinem Kämmerlein,
Die schlummern, ach, so süße
Im hellen
Mondenschein.
Der
Mond, der lose Buhle
Küßt sie viel tausendmal
Und spottet meiner Sehnsucht,
Und spottet meiner Qual.
Könnt' ich zu dieser Stunde
Doch auch ein Blümchen sein,
Und wärest du, mein Leben,
Der süße
Mondenschein!
_____
Robert Hamerling
(1830-1889)
Meine Lilie
Es flimmert der Kranz der Sterne,
Der
Mond aus Wolken bricht,
Am Fensterlein dämmert ferne
Ihr Lilienangesicht.
Verglühet, ihr Sternenkränze,
Versinke, du
Mondespracht!
Nur du meine Lilie, glänze,
Wenn sehnende Liebe wacht!
_____
Walter Hasenclever
(1890-1940)
Mond.
Gazellen rufen.
Die Öde der Täler, bedeckt von Schnee.
Sieh, ich wandle,
Ein Mensch der Liebe.
Ein Herz voll Hoffnung
Hat mich erreicht.
_____
Heinrich Heine
(1797-1856)
An dem stillen Meeresstrande
Ist die Nacht heraufgezogen,
Und der
Mond bricht aus den Wolken,
Und es flüstert aus den Wogen:
Jener Mensch dort, ist er närrisch,
Oder ist er gar verliebet,
Denn er schaut so trüb und heiter,
Heiter und zugleich betrübet?
Doch der
Mond der lacht herunter,
Und mit heller Stimme spricht er:
Jener ist verliebt und närrisch,
Und noch obendrein ein Dichter.
_____
Die Lotosblume ängstigt
Sich vor der Sonne Pracht,
Und mit gesenktem Haupte
Erwartet sie träumend die Nacht.
Der
Mond, der ist ihr Buhle,
Er weckt sie mit seinem Licht,
Und ihm entschleiert sie freundlich
Ihr frommes Blumengesicht.
Sie blüht und glüht und leuchtet,
Und starret stumm in die Höh;
Sie duftet und weinet und zittert
Vor Liebe und Liebesweh.
_____
Die schlanke Wasserlilje
Schaut träumend empor aus dem See;
Da grüßt der
Mond herunter
Mit lichtem Liebesweh.
Verschämt senkt sie das Köpfchen
Wieder hinab zu den Welln -
Da sieht sie zu ihren Füßen
Den armen blassen Geselln.
_____
Wahrhaftig, wir beiden bilden
Ein kurioses Paar,
Die Liebste ist schwach auf den Beinen,
Der Liebhaber lahm sogar.
Sie ist ein leidendes Kätzchen,
Und er ist krank wie ein Hund,
Ich glaube, im Kopfe sind beide
Nicht sonderlich gesund.
Vertraut sind ihre Seelen,
Doch jedem von beiden bleibt fremd
Was bei dem andern befindlich
Wohl zwischen Seel und Hemd.
Sie sei eine Lotosblume,
Bildet die Liebste sich ein;
Doch er, der blasse Geselle,
Vermeint der
Mond zu sein.
Die Lotosblume erschließet
Ihr Kelchlein im
Mondenlicht,
Doch statt des befruchtenden Lebens
Empfängt sie nur ein Gedicht.
_____
Wandl ich in dem Wald des Abends,
In dem träumerischen Wald,
Immer wandelt mir zur Seite
Deine zärtliche Gestalt.
Ist es nicht dein weißer Schleier?
Nicht dein sanftes Angesicht?
Oder ist es nur der
Mondschein,
Der durch Tannendunkel bricht?
Sind es meine eignen Tränen,
Die ich leise rinnen hör?
Oder gehst du, Liebste, wirklich
Weinend neben mir einher?
_____
Was treibt dich umher, in der Frühlingsnacht?
Du hast die Blumen toll gemacht,
Die Veilchen, sie sind erschrocken!
Die Rosen, sie sind vor Scham so rot,
Die Liljen, sie sind so blaß wie der Tod,
Sie klagen und zagen und stocken!
O, lieber
Mond, welch frommes Geschlecht
Sind doch die Blumen! Sie haben Recht,
Ich habe Schlimmes verbrochen!
Doch konnt ich wissen, daß sie gelauscht,
Als ich, von glühender Liebe berauscht,
Mit den Sternen droben gesprochen?
_____
Wie des
Mondes Abbild zittert
In den wilden Meereswogen,
Und er selber still und sicher
Wandelt an dem Himmelsbogen:
Also wandelst du, Geliebte,
Still und sicher, und es zittert
Nur dein Abbild mir im Herzen,
Weil mein eignes Herz erschüttert.
_____
Wie dunkle Träume stehen
Die Häuser in langer Reih;
Tief eingehüllt im Mantel,
Schreite ich schweigend vorbei.
Der Turm der Kathedrale
Verkündete die zwölfte Stund;
Mit ihren Reizen und Küssen
Erwartet mich Liebchen jetzund.
Der
Mond ist mein Begleiter,
Er leuchtet mir freundlich vor;
Da bin ich an ihrem Hause,
Und freudig ruf ich empor:
Ich danke dir, alter Vertrauter,
Daß du meinen Weg erhellt;
Jetzt will ich dich entlassen,
Jetzt leuchte der übrigen Welt!
Und findest du einen Verliebten,
Der einsam klagt sein Leid,
So tröst ihn, wie du mich selber
Getröstet in alter Zeit.
_____
Karl Henckell (1864-1929)
Vollmond am See
Mondlicht durch die Platanen rinnt,
Welle schlägt ans Gestade,
Vollmond silberne Streifen spinnt
Über die feuchten Pfade.
Jetzt mit dir, Geliebte, so
Leicht in den Lichttanz tauchen,
Überrieselt vom
Mondentau
In abgründiger Himmel Blau
Unser sehnsuchtschwellendes Herz verhauchen!
_____
Max Herrmann-Neiße
(1886-1941)
Lied der weißen
Mondnacht
Fabelhafter Schluchten
schlummerndes Getier
hütet unsrer
Mondnacht
Silber-Stier.
Schaukelnd zu der Triften
zärtlicher Schalmei
jungfräulicher Hirtin
Lorelei.
Tropfend durch die Zweige
schneeigen Altars
starb ein Stern im Neigen
deines Haars.
_____
Georg Heym (1887-1912)
Alles ist eitel
Ach, ich kann dich nicht verwinden.
Ach, nicht kann der Dichtergriffel
Dich aus meiner Seele merzen.
Ach, ich seh auf Buchenrinden
Glänzen eingeschnittne Herzen.
Ach, der laue
Mondenschein
Glänzt so bräutlich durch den Hain.
Ach, kämst du doch heut gegangen,
Ach, wie wollt ich dich umfangen,
Heute in der Sommernacht.
Doch die Träume sind zerstoben,
Eine schwere Wetterwolke
Hat sich vor den
Mond geschoben.
Nun ich geh weit zu wandern,
Weit von unsren alten Buchen.
Sieh ich werd in allen andern
Ewig rastlos dich nur suchen.
Mag dann einst in manchem Jahr,
Wenn wir beide schon verwehn,
Unterm
Mond ein stilles Paar
Aus bemoosten Herzen sehn,
Daß hier ‹einer› glücklich war.
_____
Paul Heyse (1830-1914)
In der
Mondnacht
In der
Mondnacht, in der
Frühlingsmondnacht
Gehen Engel um auf leisen Sohlen;
Blonde Engel, innig und verstohlen
Küssen sie die schönsten Menschenblumen.
Tausendschönchen, allerliebste Blume,
Weiß es wohl, woher der Schimmer stammet,
Der dir heut das Antlitz überflammet:
Bist noch in den Traum der Nacht verloren.
Denkst der Engel, die durchs kleine Fenster
Sich auf
Mondesstrahlen zu dir schwangen,
Leise dir zu küssen Mund und Wangen
In der
Mondnacht, in der
Frühlingsmondnacht.
_____
Edmund Hoefer (1819-1882)
Es glänzt der
Mond
Es glänzt der
Mond, der still am Himmel lauscht,
O schau den See, der ihm entgegenrauscht!
Er schließt sein Stralen, sanft und göttlich rein,
Voll Sehnsucht in die tiefsten Wellen ein.
Du bist der
Mond, der still am Himmel lauscht,
Ich bin der See, der dir entgegenrauscht.
Es glänzt der
Mond, der still am Himmel zieht.
O lausch' dem Sänger, der ihm bringt sein Lied!
Mit Jubel singt er in die laue Nacht
Von seinem Glanz nur, seiner milden Pracht.
Du bist der
Mond, der still am Himmel zieht,
Ich bin der Sänger, der dir bringt sein Lied.
Es glänzt der
Mond, der still am Himmel säumt.
O schau die Erde, die zu ihm sich träumt!
In seines Märchenzaubers Himmelsruh
Schließt sorglos sie die müden Augen zu.
Du bist der
Mond, der still am Himmel säumt,
Ich bin die Erde, die zu dir sich träumt.
Es glänzt der
Mond, der still am Himmel schwebt.
O schau die Wolke die zur Höhe strebt!
Doch wie sie strebt mit ihrem duft'gen Flor,
Zu ihm da droben dringt sie nie empor.
Du bist der
Mond, der still am Himmel schwebt,
Ich bin die Wolke, die zur Höhe strebt.
_____
Mia Holm (1845-1912)
Ihr beide
Der
Mond ist blass und du bist bleich,
Ihr beide seid einander gleich,
Und beide steht ihr hoch und fern
Und beide, beide hab ich gern.
Der schöne
Mond, so still und gross,
Fällt nie herab in meinen Schoss,
Und nimmer neigst du dein Gesicht,
Ob auch mein Herz in Sehnsucht bricht.
_____
Angelika von Hörmann
(1843-1921)
Es sprach der
Mond mir Tröstung zu
Am Tage seiner Wende:
Ein Weilchen noch halt' aus in Ruh',
Bald ist dein Leid zu Ende.
Noch einmal muß am Himmelsraum
Die helle Scheibe schwinden,
Schmal, wie ein winzig Strichlein kaum,
Wirst du mich wiederfinden.
Dann aber wachs' ich Tag für Tag,
Aufleuchtend wie dein Hoffen,
Bis, was dein Herz ersehnen mag,
Ist endlich eingetroffen.
Ich strahl' in voller Herrlichkeit
Ins Dunkel deiner Schmerzen,
Und finde eine selige Maid
An des Geliebten Herzen.
_____
Justinus Kerner
(1786-1862)
In der
Mondnacht
Laß dich belauschen,
Du stille Nacht!
Nur Wasser rauschen,
Nur Liebe wacht.
Vom Walde drüben
Tönt süßer Schall,
Es singt von Lieben
Die Nachtigall.
Der Vogel schweiget,
Der
Mond entwich,
Zur Blume neiget
Die Blume sich.
Der Liebe Fülle
Durchströmt die Flur,
In Nacht und Stille
Sinkt die Natur.
_____
Theobald Kerner
(1817-1907)
In der Nacht
Gedenkst du mein? - und eine Thräne rinnt,
Die Worte löschend, nieder auf's Papier;
Ich sprech' umsonst: Ach, was bin ich ein Kind! -
Die Thräne fällt, und and're folgen ihr.
Im Schlafe Alles - ich noch sitz' allein,
Denk' traurig an das treue, ferne Lieb:
Die Lampe lischt, zur Scheibe blickt herein
Der blasse
Mond, will sehen, was ich schrieb.
O ziehe weiter deine stille Bahn,
Kannst Worte wenig, viel der Thränen seh'n -
Doch wenn du kommst an ihrem Hause an,
Dann bleibe leis' vor ihrem Fenster steh'n.
Gib Acht, auch sie denkt jetzt in Kummer mein -
O
Mond, die Liebe bringt viel Herzeleid;
Doch besser, tragen solche heiße Pein,
Als geh'n wie du in kalter Einsamkeit.
_____
Hedwig Kiesekamp (Ps. L.
Rafael) (1844-1919)
Du
Du bist der Frühling meines Lebens,
Das
Mondlicht meiner öden Nacht:
Du, - was das Leben werth des Lebens,
Und dieses Leben selig macht.
_____
An den
Mond
Silbermond, mit mildem Scheine
Wandelst du am Himmelszelt,
Sanfter Tröster aller Zeiten,
Bote du der Liebeswelt!
Schauest sie, die einsam trauernd,
Sehnend blickt zu dir empor.
Schauest ihn in weiter Ferne,
Der auf ewig sie verlor!
Sag' von Allem, was du schautest,
Weise, schonend, nur Ein Wort:
Sage nicht von ihren Thränen:
Sag' ihm: "Friedlich lebt sie dort!"
_____
Karl Ernst Knodt
(1856-1917)
Ihr Bild
Der
Mond ist auf. Es glänzt sein Schein.
Mein Boot treibt auf der See.
Ich zieh' das rasche Ruder ein
Und luge in die Höh'.
Wenn so die weiche Welle wiegt,
Und an dem
Mond vorbei
Im Wind die Wanderwolke fliegt:
Wie atm' ich ruhig-frei
In all der Unrast ... Es umschweigt
Ein Traum das Herz so reich,
Und an der Hoffnung Himmel zeigt
Dein Bild sich -
mondglanzgleich.
_____
August Kopisch
(1799-1853)
An den
Mondschein
O
Mondschein, lieber
Mondschein,
Guck in ihr Fensterlein,
Weck sie und sag der Liebsten:
Dein Liebster harret dein!
Dein Liebster harret dein!
Sag ihr, sie soll erscheinen
Ohn allen Schmuck der Welt:
Weil Schönheit, holde Schönheit
Ohn allen Schmuck gefällt,
Ohn allen Schmuck der Welt.
Ihr Aeuglein soll mir glänzen,
Nicht sanfter Perlen Schein:
Ihr Hälschen will ich küssen,
Nicht Kett' und Edelstein,
Nicht Kett' und Edelstein.
Auch nicht mit Blumen soll sie
Sich schmücken, duftend, bunt:
Sie ist ein Rosensträuschen,
Ihr Mund ein Nelkenmund,
Ihr Mund ein Nelkenmund!
Da will ich Biene werden
Und fest mich saugen ein:
Und müßt' ich davon sterben,
Ich ließ es doch nicht sein,
Ich ließ es doch nicht sein!
_____
Nikolaus Lenau
(1802-1850)
Das
Mondlicht
Dein gedenkend irr' ich einsam
Diesen Strom entlang;
Könnten lauschen wir gemeinsam
Seinem Wellenklang!
Könnten wir zusammenschauen
In den
Mond empor,
Der da drüben aus den Auen
Leise taucht hervor.
Freundlich streut er meinem Blicke
Aus dem Silberschein
Stromhinüber eine Brücke
Bis zum stillen Hain.
Wo des Stromes frohe Wellen
Durch den Schimmer zieh'n,
Seh' ich, wie hinab die schnellen
Unaufhaltsam flieh'n.
Aber wo im schimmerlosen
Dunkel geht die Fluth,
Ist sie nur ein dumpfes Tosen,
Das dem Auge ruht.
Daß doch mein Geschick mir brächte
Einen Blick von dir!
Süßes
Mondlicht meiner Nächte,
Mädchen, bist du mir!
Wenn nach dir ich oft vergebens
In die Nacht geseh'n,
Scheint der dunkle Strom des Lebens
Traurend still zu steh'n;
Wenn du über seinen Wogen
Strahlest zauberhell,
Seh ich sie dahingezogen,
Ach, nur allzuschnell!
_____
Hermann Lingg (1820-1905)
Mondmythus
Ich sah heut früh im Brunnen tief
Zwei Liebende allein,
Die schöne Morgenröthe schlief
Beim bleichen
Mondenschein.
Sie küßten sich von Herzen
Mit lichtem Purpurmund,
Ein wellenheimlich Scherzen
War um die Morgenstund!
"Schlüpf' schnell in deine goldnen Schuh',
O rosenfingrig Kind,
Des Himmels Thore gehen zu,
Geh heim, geh heim geschwind!"
Voll Angst blickt in die Höhe
Das holde Morgenroth;
Da sieht es oben, wehe!
Den bleichen Liebling todt! -
_____
Feodor Löwe (1816-1890)
Schön ist der
Mond,
Der nächtlich einsam wallt,
So schön bist du!
Doch auch so ernst und kalt.
Mein Herz ein See,
In dem dein Bildniß ruht.
Und bist du nah,
So wechselt Ebb' und Fluth.
Du aber theilst
Dies wilde Drängen nicht,
Streust still auf mich
Dein träumerisches Licht.
_____
Glaubst du wirklich, daß ich fern von dir?
Ewig, ewig, weilest du bei mir.
Du mein
Mond bei stiller Abendruh;
Meines Tages lichte Sonne du.
Wie ein Vogel durch die Lüfte zieht,
Mein Gedenken stets zu dir entflieht.
Wie von keinem Schlummer weiß der Bach,
So ist meine Sehnsucht immer wach.
Ach, so fern von dir und doch so nah!
Nur wer liebet, weiß, wie mir geschah.
_____
Ernst Wilhelm Lotz
(1890-1914)
Die Morgenwiese ist ...
Die Morgenwiese ist vom Tauregen feucht.
Mir deucht,
Die Haare der Erde hätten nicht feucht sein müssen
Und waren fein trocken geblieben,
Hätt' es nicht heut Nacht den
Mond getrieben,
Sie zu bedecken mit seinen Küssen. -
Seht nur, beiden schlägt das Gewissen:
Der
Mond hat sich um die Ecke gestohlen,
Rot geworden ist die Erde
Und lacht in sich hinein ganz unverhohlen
Mit heimlichtuender Gebärde.
_____
Nachtgesang
Sieh, die Treppen des Gebirges
Kam die Nacht heraufgestiegen,
Und sie pflückte alle Abendrosen ab.
Sieh, die Treppen des Gebirges
Kam der
Mond heraufgestiegen,
Und er pflanzte
Stille weiße Lilien ein.
Wie sie zitternd Blüten treiben
Hoch und leuchtend in die Nacht.
Hör, die Treppen meines Hauses
Sehnsucht kommt heraufgestiegen,
Und sie pflückt mir meine roten Rosen ab.
Mädchen, kämst du wie ein
Vollmond
Still herauf auf meiner Treppe,
In die Brust mir
Deiner Brüste Lilien pflanzend,
Daß sie große Blumen tragen
Weiß und traumhaft in die Nacht.
_____
Selma Meerbaum-Eisinger
(1924-1942)
Poem
Die Bäume sind von weichem Lichte übergossen,
im Winde zitternd glitzert jedes Blatt.
Der Himmel, seidig-blau und glatt,
ist wie ein Tropfen Tau vom Morgenwind vergossen.
Die Tannen sind in sanfte Röte eingeschlossen
und beugen sich vor seiner Majestät, dem Wind.
Hinter den Pappeln blickt der
Mond aufs Kind,
das ihm den Gruß schon zugelächelt hat.
Im Winde sind die Büsche wunderbar:
bald sind sie Silber und bald leuchtend grün
und bald wie
Mondschein auf lichtblondem Haar
und dann, als würden sie aufs neue blühn.
Ich möchte leben.
Schau, das Leben ist so bunt.
Es sind so viele schöne Bälle drin.
Und viele Lippen warten, lachen, glühn
und tuen ihre Freude kund.
Sieh nur die Straße, wie sie steigt:
so breit und hell, als warte sie auf mich.
Und ferne, irgendwo, da schluchzt und geigt
die Sehnsucht, die sich zieht durch mich und dich.
Der Wind rauscht rufend durch den Wald,
er sagt mir, daß das Leben singt.
Die Luft ist leise, zart und kalt,
die ferne Pappel winkt und winkt.
Ich möchte leben.
Ich möchte lachen und Lasten heben
und möchte kämpfen und lieben und hassen
und möchte den Himmel mit Händen fassen
und möchte frei sein und atmen und schrein.
Ich will nicht sterben. Nein!
Nein.
Das Leben ist rot,
Das Leben ist mein.
Mein und dein.
Mein.
Warum brüllen die Kanonen?
Warum stirbt das Leben
für glitzernde Kronen?
Dort ist der
Mond.
Er ist da.
Nah.
Ganz nah.
Ich muß warten.
Worauf?
Hauf um Hauf
sterben sie.
Stehn nie auf.
Nie und nie.
Ich will leben.
Bruder, du auch.
Atemhauch
geht von meinem und deinem Mund.
Das Leben ist bunt.
Du willst mich töten.
Weshalb?
Aus tausend Flöten
weint Wald.
Der
Mond ist lichtes Silber im Blau.
Die Pappeln sind grau.
Und Wind braust mich an.
Die Straße ist hell.
Dann...
Sie kommen dann
und würgen mich.
Mich und dich
tot.
Das Leben ist rot,
braust und lacht.
Über Nacht
bin ich
tot.
Ein Schatten von einem Baum
geistert über den
Mond.
Man sieht ihn kaum.
Ein Baum.
Ein
Baum.
Ein Leben
kann Schatten werfen
über den
Mond.
Ein
Leben.
Hauf um Hauf
sterben sie.
Stehn nie auf.
Nie
und
nie.
_____
Julius Mosen (1803-1867)
Der
Mond und Sie
Wie ist so ruhig, klar und rein
Dein liebes Angesicht,
So wie im Lenz der
Mondenschein
Ein träumerisches Licht!
Ich gehe Nächtens nie allein,
Dein holdes Bild geht mit,
Und selbst der
Mond in hellem Schein
Hält mit mir Tritt und Schritt.
Doch geh' ich in mein Kämmerlein
Und drück' die Augen zu,
So schwindet zwar der
Mondenschein,
Doch, Liebchen, niemals du.
_____
Nachtlied
Dürft' ich mit dir dort oben gehn,
Du träumerischer
Mond,
Ich könnte wol hinübersehn,
Wo die Geliebte wohnt!
Zu glücklich ist die Nachtigall,
Die in dem Lindenbaum
Vor ihrem Haus mit süßem Schall
Durchklinget ihren Traum!
_____
Botschaft
Mondenschein, stiller
Mondenschein,
Eile zu ihrem Kämmerlein!
Du sollst sie oftmals grüßen,
Mondenschein, darfst sie küssen!
Willst Du mein Bote sein?
Nachtigall, traute Nachtigall,
Fliege mit deinem Liederschall,
Fliege zu ihr und sage,
Was ich im Herzen trage
Ueberall, überall!
Rosenduft, süßer Rosenduft,
Schwinge dich durch die Abendluft,
Eile mit deinem Wehen!
Schmeichler, sie wird es verstehen,
Daß dich die Liebe ruft!
Aber der treueste Bote hier
Plaudert den ganzen Tag von ihr;
Immerfort muß er springen,
Fröhliche Kunde mir bringen,
Eile, mein Herz, zu ihr!
_____
Erich Mühsam (1878-1934)
Nacht
Leis' verhallen ferne Geigenklänge,
und ein Köter bläfft gedämpft dazu.
Milde warnt der
Vollmond durch die Scheiben -
sieht, wie wir uns lieben - ich und du.
Ach, er gönnt uns unser junges Treiben
und schickt alles, was uns stört, zur Ruh.
_____
Wolfgang Müller von
Königswinter (1816-1873)
Im
Mondschein
Nun steiget still der
Mond herauf,
Er findet dich am Fensterlein;
Ich grüße dich durch seinen Strahl,
Du grüßest mich durch seinen Schein.
Derselbe Himmel überm Haupt,
Dieselbe Erde untem Fuß,
Und zwischen uns im Dämmerraum
Ein einz'ger süßer Herzensgruß!
_____
Wilhelmine Mylius (um
1846)
Wunsch und Gruß
Wenn immer doch
Mondschein blieb'!
Ich blickte all' Abend so gerne
In den
Mond und die goldenen Sterne,
Und dächte dabei in die Ferne:
Gut' Nacht, gut' Nacht, mein Lieb! -
Wenn immer doch
Mondschein blieb'!
Und somm'rige Abendmilde!
Und im Herzen die schönen Gebilde!
Wie froh grüß' ich über Gefilde:
Gut' Nacht, gut' Nacht, mein Lieb! -
Wenn immer doch
Mondschein blieb'!
Wie flimmert's am Himmelsraume,
Wie zittert's im Wasserschaume,
Wie lispelt's so halb noch im Traume:
Gut' Nacht, gut' Nacht, mein Lieb! -
_____
Hermione von Preuschen
(1854-1918)
Mondnacht
Mondnacht, blaue - alle Sehnsuchtsüße,
alle Schwermut tiefsten Menschenseins
kauert sich um deine müden Füße,
reckt sich hoch im Bann des mystischen Hains.
Mondnacht, hast umschlossen alles Leben!
Meiner dunklen Wünsche Schmerzensfracht
glüht noch einmal auf in seligem Beben
meiner letzten blauen
Mondennacht!
_____
Robert Prutz (1816-1872)
All
Du bist das keusche
Mondenlicht,
Das still und klar durch Wolken bricht,
Und bist der Sonne Feuerstrahl,
Der Blumen weckt in Berg und Thal.
Der fromme Abendstern bist du,
Der lächelnd winkt zu sel'ger Ruh',
Und bist der Blitz, der, gottentstammt,
Der Seele Dunkel mir durchflammt.
Doch – "Namen sind nur Rauch und Schall!"
Sei, wie du bist, du bist mein All!
In deine Seele schließ' mich ein,
Die Meine du, ich ewig dein!
_____
(Das Mädchen
spricht:)
Mond,
hast du auch gesehen,
Wie mich mein Schatz geküßt?
Frei muß ich dir gestehen,
Daß mich das sehr verdrießt.
Auch weiß ich nicht, wie eben
Es gestern Abend kam,
Ob ich ihn ihm gegeben,
Ob er den Kuß sich nahm.
Du mußt's nicht weiter sagen,
Ich bitte dich darum,
Wenn dich die Leute fragen,
O lieber
Mond, sei stumm!
_____
Anna Ritter (1865-1921)
Brautring
Als über den Flieder das
Mondlicht rann,
Da steckt' er mir heimlich ein Ringlein an,
Und küßte den Ring und die Hand dazu
Und lauschte selig dem ersten "Du".
Das
Mondenlicht sah in den Ring hinein,
Das gab einen fröhlichen, hellen Schein,
Der Fliederbaum neigte die Blüthen stumm,
Die Gräser raunten: "Das Glück geht um!"
_____
Der neidische
Mond
Nun küsse mich, ich halte still,
Du lieber, lieber Mann,
Und zieht der
Mond ein schief Gesicht -
Was geht's den
Mond wohl an!
Ich glaube gar, den alten Herrn
Plagt nur der blasse Neid:
Der ginge lieber auch zu Zwei'n
Durch seine Ewigkeit.
_____
Emil Rittershaus (1834-1897)
Warum nicht ich?
Nur hie und da noch Lampenschein
In einem Schlafgemach;
Nur hier und da noch schleicht zum Frei'n
Ein Kätzlein über's Dach.
Im West statt rother Abendgluth
Erglänzt ein falber Strich;
Die Nacht ist still und alles ruht.
Warum nicht ich?
Auch Dir, mein Lieb, auf's Augenpaar
Des Traumes Schleier sinkt;
Auf Deines Fensters Scheiben klar
Der Schein des
Mondes blinkt.
Der Mondschein und der Sternenschein
Umgaukeln kosend Dich;
Sie sind bei Dir im Kämmerlein.
Warum nicht ich?
Doch dürft' ich schleichen, liebes Kind,
Zu Dir nun ungesehn,
Ich fürchte fast, es wär' geschwind
Um Deine Ruh' gescheh'n!
Und dennoch gern, ach, gar zu gern
Zu Dir ich heute schlich.
Dich küßt der
Mond, Dich küßt der Stern,
Warum nicht ich?
_____
Hermann Rollett
(1819-1904)
Mondenschein
Ich schrieb ein Lied im
Mondenschein
An das entfernte Liebchen mein;
Und wie ich schrieb und schrieb – da stahl
In's Leid sich manch ein
Mondesstrahl.
Und als mein fernes, fernes Lieb
Die Worte las, die ich ihr schrieb,
Da hat in ihres Schmerzes Nacht
Ein milder Glanz sie angelacht.
Da war ihr, als ob
Mondenlicht
Ihr strömte über's Angesicht,
Und in des Liedes mildem Schein
Schlief sie verklärt und selig ein.
_____
Mondnacht
Nächtlich in verschwiegner Stunde
Kommt der
Mond heraufgezogen,
Der so liebevoll dem Bunde
Unsrer Herzen ist gewogen.
Und die tiefverschwiegnen Sterne
Sprühen auf wie helle Funken
Von der Sonne, die dort ferne
Auf die Felsen hingesunken.
Und die lichten Wogen rauschen
So wie träumend uns zu Füßen,
Und wir schauen und wir lauschen,
Wie sie leis' die Sterne grüßen.
Und wir halten uns umschlungen, -
Dein Gedanke wird mein Wille,
Und wir schweigen – süß durchdrungen
Von der
Mondnacht heil'ger Stille.
_____
Otto Roquette (1824-1896)
Sterne sind schweigende Siegel
Mondenschein
Klettert heimlich übers Dach
In die Tannenzweige,
Schaut in Liebchens Schlafgemach,
Ob sich ihm nichts zeige?
Dämmernd nur schimmert
Schwindend das Lichtlein,
Traumduft umflimmert
Schon das Gesichtlein.
Schlaft ihr schon, schlaft ihr schon,
Aeuglein, wie Veilchen?
Rosen und Schnee,
Schlankestes Reh,
Oeffne ein Weilchen
Liebchen den Riegel!
Sterne sind schweigende Siegel!
Liebchen fein,
Thu mir auf, dem
Mond zur Straf',
Laß uns für sein Spähen
Diesem alten Lauscher brav
Eine Nase drehen!
Dämmernd nur schimmert
Schwindend das Lichtlein,
Traumduft umflimmert
Schon das Gesichtlein.
Schlaft ihr schon, schlaft ihr schon,
Aeuglein, wie Veilchen?
Rosen und Schnee,
Schlankestes Reh,
Oeffne ein Weilchen
Liebchen den Riegel,
Sterne sind schweigende Siegel!
_____
Friedrich Rückert
(1788-1866)
Du ziehst, nicht sag' ich's, zum wievielten Male,
O
Mond, am Himmel deine alten Kreise,
Derweil mich selber hier im alten Gleise
Du ziehen siehst durch diese süßen Thale.
Das Fenster aber dort, das blinkt, das schmale,
Ist noch vergittert nach der alten Weise;
Und kannst du, Freund, die Gitter mir nicht leise
Zerbrechen, ach, mit einem deiner Strahle?
Kannst du, wie ohne Widerstand die Scheiben
Du selbst durchdringst, nicht mich auch werden lassen,
Hinein zu dringen, ganz in Licht zergangen?
Umsonst! ich muß am dunklen Boden bleiben;
Du gehst allein, Freund, Feind, den ich muß hassen,
Hin, wo du bleich willst ruhn auf roten Wangen.
_____
Wann still die Nacht auf dunkeln Pfaden schreitet,
Die unterm Mantel trägt die goldnen Sterne,
Und im Gewölk gleich heimlicher Laterne
Der
Mond sein wachsend Silberlicht bereitet;
Denk' ich, und meines Auges Thräne gleitet,
Zurück in jener Nächte schöne Ferne,
Wo er mit seinem lieberglühten Kerne
Auf meinen Liebesgängen mich geleitet.
Wozu, o
Mond, mit deinem Strahlenschimmer
Hat dich ein Gott in Lüften aufgehangen,
Als daß die Lieb' in deinem Licht soll wallen?
Die Liebe wallt in deinem Lichte nimmer,
Der Docht in deiner Lamp' ist ausgegangen,
Und deine Scherben laß vom Himmel fallen.
_____
Leopold Schefer
(1784-1862)
Verwandlung
Nun die Nacht mit goldnem Auge
In die stillen Thäler blickt,
Und die Liebenden nun alle
Erst vereint und still beglückt,
Muß ich leider von ihr kehren,
Die mich gern, so gern behielt,
Ach, im vollen Scheidekusse
Süß verräth, was sie mir fühlt!
Schöner
Mond, du Zaubrer, löse
Mir die menschliche Gestalt!
Busch und Blüthen press' ich an mich —
Gieb, o gieb mir Geist'sgewalt!
Diese Thürme, diese Mauern
Dann durchschweb' ich leicht und flott,
Und mit wonnevollen Schauern
Werd' ich dann bei ihr — zum Gott!
_____
Vollmondnacht
Jüngling
Wieder herauf
schwebst du, o
Mond,
Wieder wie da glänzend und schön
Als ich noch froh dich kommen sah.
Sieh, denn du kamst denen zugleich
Dämmernd, die ich liebend-geliebt
Völlig-beglückt einzig besaß!
Wieder herauf schwebst du, o
Mond,
Immer noch voll! — Aber dein Freund
Weinet seitdem lange schon, ach,
Ueber der Welt eilend Geschick!
Wie? — du verbirgst, Seliger, dich
In des Gewölks düstres Gezelt!
Kannst du noch nicht Thränen im Aug'
Einsamer Treuliebender sehn?
Mond
Selig sind die Todten.
Wohl der Erd' entgangen,
Sind sie doch im Kreise
Wo die Sterne wandeln.
Sieh', ich komm' und gehe
Leuchtend dir und schwindend —
Und schau' , wie die Todten,
Stets der Sonne Antlitz.
Alle deine Todten
Schau' ich auch; sie lächeln,
Daß du drunten weinest.
Selig sind die Todten.
_____
Max von Schenkendorf
(1783-1817)
An den
Mond
Lächle, lächle lieber
Mond
In der Zelle Nacht,
Wo die stille Liebe wohnt,
Wo die Sehnsucht wacht.
Meines Herzens ew'gen Drang
Bring' ihn doch zur Ruh,
Sing' ihm süßen Wiegensang,
Tröstungen ihm zu.
Lächle mit dem Himmelstrahl
Trauter, lieber
Mond
In das stille Friedensthal,
Wo die Freundin wohnt.
Ströme deinen Segensquell
Hin auf ihr Gemüth,
Das so lieblich, rein und hell
Wie dein Antlitz blüht.
Zeuge meiner Seligkeit,
Meiner Freundin Freund,
Der oft still und ohne Neid
Mich mit ihr vereint.
Ist der Tag nicht bald vollbracht,
Holder Bundesstern?
Ach, ist die Vermählungsnacht
Immer noch so fern?
Mond, wann fällt dein bleicher Strahl
Lächelnder herab
Auf das ew'ge Friedensthal,
Auf das stille Grab,
Wo die Sehnsucht schläft und ruht,
Ach wohin sie zieht,
Wenn mit ihrem höchsten Gut
Sie der Erd' entflieht?
Mond, mein Geist fliegt auf zu dir,
Um den Ort zu weihn,
Wo er eins mit Ihr, mit Ihr,
Seliger wird sein.
_____
René Schickele
(1883-1940)
Als ich sie abends im Garten sprechen sah
Sind ihre Lippen nicht schon ihre Brust und Hüften ganz? ...
Die Lippen, die sich regen, nicht schon ihres Leibes leiser Tanz
und ihre Müdigkeit schon ihres Schlafes Blumenglut:
ein
Mondleib, überschwemmt von Rosenblut,
und mehr noch - ganz?
_____
Um dein Gesicht ist ein Glanz
wie das Feuer eines Edelsteins um seinen Kern.
Ich seh es immer, wie's - eine Vase, ein Kelch -
dein Zimmer erhellt.
Es versinkt in unsern Umarmungen
und geht wieder auf wie ein
Mond,
den deine Liebesglut erhält.
Wenn ich von dir gehe,
starre ich lang in den Himmel. Es fällt ein Stern,
und meine Liebe steht, ein gewaltiger Erzengel,
vor dem
Mond und hütet ihn.
_____
Alexander Julius
Schindler (Julius von der Traun) (1819-1885)
Vollmondschein
1.
Der
Mond geht
schweigend durch die stille Welt,
Ein Vogel wiegt sich träumend in der Helle,
So wie mein Herz, das diese Scholle hält
Und wandern möchte zu der fernsten Stelle.
Des Baches Wogen silbersprühend wallen
Dem schilfbewachs'nen Rand des Weihers zu,
Vom Walde drüben leise Stimmen schallen
Zu mir herüber - Kind! o wär'st es du!
2.
Du flohst von mir,
wie der Novembersturm
Das letzte Blatt entreisst dem Rebgelände -
Der
Mond geht schweigend über Dach und Thurm,
Mein Haus ist leer - mein Herz, wir sind am Ende!
Sei still! - Im Walde drüben schweigt es wieder,
Des Windes Hauch allein noch stört die Ruh,
Der seufzend geht im Korne auf und nieder -
Wo in der Ferne, Kind, wo wandelst du?!
_____
Arnold Schloenbach
(1817-1866)
Mondes-Liebe
Holdes
Mondlicht! Mildes Leuchten!
Wunderbares Zauberbild!
Sag', was ist das für ein Zauber,
Der aus Deinen Strahlen quillt?
Deute mir das bange Sehnen,
Das Dein Blick in uns erschließt,
Jenes weiche trunkne Träumen,
Das Dein Glanz in uns ergießt!
"Liebe! Liebe ist mein Zauber,
Meines Dankes süße Pflicht;
Denn von ihr, der großen Erde,
Kommt mir erst mein liebes Licht.
Und nun geb' ich ihr zurücke,
Nur mit meiner Lieb' getränkt,
Was mich ihr so herrlich machte,
Was sie liebend mir geschenkt.
Nun erleucht' ich ihre Nächte,
Gebe sanften Frieden ihr! - -"
O - das sind ja Deine Worte,
Mädchen, die Du sprachst zu mir!
Mädchen -
Mondlicht meiner Seele!
Holdes, reines Liebes-Bild!
O, nun kenn' ich auch den Zauber,
Der aus Deinem Aug' mir quillt!
_____
Hans Schmidt-Kestner
(1892-1915)
Mondnacht
Wenn wir durch die Dünen gehn,
Liebste mein,
Sterne schon am Himmel stehn, -
Mondenschein, -
Rauscht leise nur das Meer,
Trägt uns alte Lieder her.
Und die Lieder seltsam klingen,
Liebste, du,
Nixen, glaube ich, sie singen,
Hör' nur zu! -
Ach wie ist die Nacht so still,
Alles nur noch schlafen will.
Unsre Hände haben sich verschlungen,
Liebste, wie?
Eben Seufzer sind zu mir gedrungen,
Hörst du sie?
Kleine, hast wohl nicht gedacht,
Wie verräterisch die Nacht!
Unsre Lippen werden sich nun finden.
Liebste, ja,
Deiner Liebe Tiefen zu ergründen,
Bin ich nah!
Sieh, da taucht der
Mond ins Meer! -
Stille, Dunkel rings umher .....
_____
Carl Sternheim
(1878-1942)
Wir waren ganz alleine
Mit unsrer Seligkeit,
Der
Mond mit mildem Scheine
Schien just zur Abendzeit.
Im Kummer und im Glücke
Ist mir der
Mond sonst wert,
Doch giebt es Augenblicke,
Wo auch der
Mond mich stört.
_____
Francisca Stoecklin
(1894-1931)
Wenn der
Mond groß ist
Wenn es Abend wird, fällt mir dein Lächeln ein,
Schwarzer Engel, der meine Träume umnachtet.
Im Herbst saßen wir oft auf den Bänken am Strom,
Stille Kinder, in der abendlichen Sonne.
Wenn dann deine Hand zärtlich über mein Haar strich,
O wie freute sich da die Seele.
Seitdem sind traurige Jahre vergangen,
Ängste und Wahnsinn, zerfallene Abende.
Wenn der
Mond groß ist, betet mein bleicher Schatten
In deinem Zimmer verlorene Tänze.
_____
Heinrich Vogeler
(1872-1942)
Wenn der
Mond in hellen Silbernächten
Steigt leise in Dein Kämmerlein,
Wenn er spielt mit Deinen goldnen Flechten,
Schaut in die Augen Dir hinein,
Wenn er küsst Dein weiches Seidenhaar,
Dann bringt er Dir meine Grüsse dar.
_____
Wilhelm Wackernagel
(1806-1869)
O du mein
Mond in stiller Nacht,
Der über mir am Himmel wacht,
Und mit mir wacht und träumet,
Und wenn ich schlafe meinen Traum
Mit duft'gem Silber säumet!
Du immer nah und immer fern,
Mein Morgenstern, mein Abendstern,
Vorbotinn aller Wonne!
Und alle Wonne selber du,
Du
Mond, du Stern, du Sonne!
O du mein Leid, du meine Lust!
Du eine Ros' an meiner Brust,
Ein Dorn in meinem Herzen!
Ich drück' ihn tief ins Herz hinein,
Und liebe dich mit Schmerzen.
_____
Maria Luise Weissmann
(1899-1929)
Uralt...
Schweig, mein Geliebter; Mund auf Mund
Wurden wir groß, wurden wir alt
In einem nie gestillten Bund,
Alt wie der uralte Wald.
Alt wie der
Mond, mein Lichtgesicht,
Bist du am Himmel tausend Jahr
O schmale Sichel aufgericht,
Der ich die Ernte war.
Alt wie das Meer, die dunkle Saat,
Nach dir gereift, sehnsüchtige Flut,
Steigt zwischen uns den ewigen Pfad
Dunkel das ewige Blut.
_____
Paul Wertheimer
(1874-1937)
Mondlicht
Nach Verlaine
Das weisse
Mondlicht
Flimmert im Wald.
Hoch von den Zweigen
Ein Liederreigen,
Ein Flüstern und Weben.
Wir schweben, schweben.
Der See ruht leuchtend.
Die Weiden ringsum
Sind schwarz und stumm;
Darüber weint
Des Windes Geige.
O schweige, schweige.
Und weiches Ermatten
Sinkt leise nieder
Vom blauschwarzen Himmel
Und löst die Glieder
Zu süssem Bunde.
Wir schlürfen die Stunde.
_____
Ernst von Wildenbruch
(1845-1909)
Liebespost
In der
Mondesnacht, in der stillen Nacht,
Wenn da alles schläft, rings kein Auge wacht,
Da gedenk' ich süßes Mädchen dein,
Möchte ach so gerne bei dir sein.
Höre
Mond mich an, stiller Wandersmann,
An ihr Fenster geh, klopfe leise an,
Schick ihr einen süßen Traum hinein,
Sage ihr, der Liebste denket dein.
_____
Joseph Christoph von
Zedlitz (1790-1862)
Der Abendhimmel
Wenn ich an Deiner Seite
Im Abenddunkel geh',
Den
Mond und sein Geleite,
Die tausend Sterne seh',
Dann möcht' ich den
Mond umfangen
Und drücken an meine Brust,
Die Sterne herunter langen
In voller, sel'ger Lust!
Mit ihnen die Locken Dir schmücken!
Und schmücken die schöne Brust,
Ich möcht' Dich schmücken und drücken,
Und sterben vor Wonn' und Lust! –
_____
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