Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: Schönheit)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 



Stichwort: Schönheit

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20. Jh.

 

16./17. Jh.

 

  • Anonyme Barockdichter

    Die steinerne
    schönheit

    Glänzende strahlen der blitzenden Jugend!
    Muster der erden und wunder der welt!
    Streue das leuchtende feuer der tugend
    Uber dein funckelndes rosen-gezelt /
    Tödte dein herze von ertzte von stein /
    Wiltu nicht ganz unempfindlich mir seyn.

    Läugnestu schöne / nach deinem behagen /
    Daß du von steine zusammen gesetzt /
    Wälder und felder die werden dir’s sagen /
    Wie du mich grausame stündlich verletzt:
    Daphnis / Narcissus / die hirten und Pan
    Klagen die steinerne härtigkeit an.

    Glaube nicht / schönste / daß ich dich wil loben /
    Gleichstu gleich Paphos und Iliums pracht;
    Wird in den tempeln zu götzen erhoben /
    Was aus den schweresten steinen gemacht;
    Sind doch die glieder ganz steinern an dir.

    Jupiter machte die güldenen haare /
    Aber von chrysolith und von magnet:
    Dieses ist / schöne die kostbahre waare /
    Welche dir nunmehr am besten ansteht;
    Chrysopras / Agtstein und gelber Syphir /
    Sagen die haare seyn steinern an dir.

    Glänzend ist an dir die stirne zu schauen /
    Frölich und munter und ohne verdacht /
    Aber wer darff dem gesichte vertrauen /
    Weil es aus härtestem marmor gemacht;
    Kanstu nicht lieben / O süsseste zier!
    Glaub‘ es die stirne ist steinern an dir.

    Schönste / wie sind doch so niedlich die brüste /
    Weiß als albaster mit Türckis durchsetzt /
    An dem milchlieblichen liebes-gerüste
    Stehen rubinen zufördest gesetzt;
    Birgest du aber die berge vor mir /
    Ruff‘ ich die brüste sind steinern an dir.

    Warum sieht aber dein angesicht dunckel?
    Hatt dir die liebe was liebes verletzt?
    Hastu nicht augen? Ja zwene Carfunckel /
    Wurden für augen ins antlitz gesetzt;
    Streustu nicht goldnene strahlen zu mir /
    Glaub es die augen sind steinern an dir.

    Artlich durchflinckern die rosen die wangen /
    Wenn sie durch lachen geziereter seyn /
    Aber wenn ich sie will küssend umbfangen /
    Sind sie nicht anders alß sardischer stein;
    Wiltus noch leugnen mein Engel / vor mir?
    Glaub es / die wangen sind steinern an dir.

    Zwar in dem purpurnen blute der schnecken /
    Sind die verzuckerten lippen genetzt /
    Aber es müssen Corallen sie decken /
    Weil man sich immer an ihnen verletzt;
    Hälstu mir ferner dies muschelwerck für /
    Glaub ich die lippen sind steinern an dir.

    Summa / die nägel / die finger / die glieder /
    Welche bey andern vor göttlich geacht /
    Aermchen und beinchen / des angesichts lieder /
    Sind von der mutter der perlen gemacht.
    Zeigstu nicht / Seelgen / die perlene zier /
    Alle die glieder sind steinern an dir.

    Andere sagen von demantenen herzen /
    Andere setzen noch kiesel dazu /
    Ich kan in wahrheit / O herze! nicht scherzen /
    Herze / der Donnerstein selber bistu;
    Zitterst-und lauffestu Engel vor mir /
    Glaub es das herz ist steinern an dir.

    Würd‘ es so leichte mit blutte gezwungen /
    Wie sich sonst zwingen der diamant läst /
    Wären mir längsten die adern gesprungen /
    Aber der donnerstein bleibet zu fest /
    Daß ich nun sagen muß: steinerne zier /
    Alles ist härter als steine bey dir.
    _____

    Alles ist nunmehr ganz ruhig und stille /
    Komm' und vergnüge mich liebste Lisille /
    Laß mich die blumen / ach! laß mich den mäyen
    Deiner holdseeligen
    schönheit erfreuen.
    _____


    Auf ihre
    Schönheit

    Wie! soll ich schönes kind dich einen menschen nennen?
    Dich ziert des himmels schmuck; nicht falsche pralerey;
    Dein holder tugend-glanz heist endlich mich bekennen /
    Daß bey dir / edles kind / was mehr als irrdisch sey.
    Der Götter angesicht hat dich ganz eingenommen /
    In deiner brust zeigt sich des himmels hoher schein /
    Du bist entweder nur zu uns vom himmel kommen /
    Wo nicht / so muß allhier der götter wohnung seyn.
    _____

    Die wangen / wo die reiche anmuth spielte /
    Wo sich die glut an weissen rosen kühlte /
    Bestrahlt ein strenger blitz /
    Der holde mund / der
    schönheit sitz /
    Läst rauhe donner-worte knallen /
    Ich höre schon mein urtheil fallen /
    Florettens wanckelmuth hat höll und tod verdient /
    Weil er Celinden sich zu lieben hat erkühnt.
    Ihr zornig auge zeiget frey /
    Daß diß ihr schluß und steter wille sey.
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    Schlaff sanffte / göttin / in der pracht
    Der wunder deines leibes gaben /
    Der kühlen lufft in dieser stillen nacht
    Sey die verwundrung eingegraben /
    Die aus dem herzen quillt /
    Das sich verwirrt in deiner
    schönheit netze
    Und ganz mit liebe deiner schätze
    Ist angefüllt.
    _____

    Du blume Schlesiens / du sonne dieser welt /
    Die die annehmlichkeit auff purpur-blättern träget /
    Auff welche Venus selbst ihr ebenbild gepräget /
    Als / irrdsche göttin / sie dich kaum ans licht gestellt.
    Du bist der
    schönheit preiß / ein auszug aller zierden;
    Doch auch ein marmelstein an fühlen und begierden.
    _____


    Abbildung der vollkommenen
    schönheit

    Holdseliges geschlecht / hör an / ich will dichs lehren /
    Wie es gestalt muß seyn / was man vor schön soll ehren.
    Liß diese zeilen durch / so wird dir seyn bekant /
    Wodurch die Helena so trefflich schön genant.
    Der leib muß seine pracht erst von den farben haben /
    Von diesen müssen drey sich gleichen schwarzen raben /
    Drey müssen wie der schnee so weiß sein anzusehn /
    Drey die an röthe selbst den purpur übergehn.
    Drey andre müssen ruhm durch ihre kürz' erlangen /
    Hingegen andre drey mit schöner länge prangen;
    Drey müssen seyn was dick / doch wohlgebildt dabey /
    Darneben müssen schmal und schlanck seyn andre drey.
    Die weite muß man auch an eben so viel rühmen /
    Und andern gleicher zahl will eng zu seyn geziemen.
    Wenn man zu diesen fügt drey / welche zierlich klein /
    So kan die
    schönheit selbst nicht vollenkommner seyn.
    Die augen preiset man / die schwarzen kohlen gleichen /
    An strahlen doch der sonnen selbst nicht weichen;
    Und um dieselbe muß ein schwarzer bogen gehn /
    Dadurch diß sternen-paar kan überschattet stehn.
    Zum dritten muß der pusch / der jene höle decket /
    In welcher Venus selbst das ziel der brunst verstecket /
    Ganz eingehüllet seyn in schwarze dunckelheit /
    Weil Amor solch ein kind / das sich im dunckeln freut.
    Die haare müssen seyn so weiß / als reine seide /
    Der alabaster-halß / wie nie berührte kreide /
    Die zähne müssen recht / wie blanckes helffenbein /
    Wenn sie von tadel ganz entfernet sollen seyn.
    Der mund muß röther seyn als brennende rubinen /
    Soll sonst der lippen saum den rechten preiß verdienen.
    Die wangen / die nicht roth / sind nicht vollkommen schön /
    Und auff den brüsten selbst muß roth am gipffel stehn.
    Die zähne müssen kurz nur seyn in ihren reihen /
    Derselben masse sich die füsse gleichfalls weihen.
    Diß einz'ge giebet auch den ohren ihren preiß /
    Daß man / wie andre theil / sie schön zu nennen weiß.
    Es muß ein schöner leib sich nach den g'raden fichten /
    Die wie die säulen stehn / in seiner länge richten.
    Die hände / die mit lust der liebe zügel führn /
    Muß / wenn sie zierlich sind / gewünschte länge ziern.
    Und soll dem Venus-sohn die liebes-jagt gelücken /
    Muß er aus langem haar ihm netz und sehnen stricken.
    Denn soll in sclaverey die freyheit seyn gebracht /
    So müssen fesseln seyn aus langem haar gemacht.
    Es ist ein solcher leib vor andern hoch zu preisen /
    An dem die hüfften sich in rechter dicke weisen.
    Auch das / was die natur zum sitz-platz ausersehn /
    Ist dadurch / wenn es dick und ausgefüllet / schön.
    Und drittens muß der ort / der unsre sinnen raubet /
    Wenn er mit schöner kräuß' als ein gepüsch belaubet /
    Seyn einem hügel gleich von bergen eingehüllt /
    So daß er eine hand mit seiner dicke füllt.
    Die finger / welche schmal und zierlich sich erstrecken /
    Die können / was sonst halb erstorben / aufferwecken /
    Und arme dieser art sind das gewünschte band /
    Wodurch man an das joch der liebe wird gespannt.
    Auch muß ein schönes kind seyn schmal und schlanck von beinen /
    Daß / wenn die flammen sich im mittel-punct vereinen /
    Ganz umb das oberste das unterste sich schwenckt /
    Gleichwie Adonis ward von Venus eingeschränckt.
    Der weite lob kan man aus dreyen stücken lernen:
    An augenbrauen / die von ander sich entfernen /
    An lenden / die nicht gar zu nah beysammen stehn /
    Vornehmlich wenn man will in Amors irrgang gehn.
    Auch müssen weit entfernt sich zeigen jene hügel
    Der schwanen-gleichen brust / daß mit verhängtem zügel
    Die brunst / wenn sie genug mit küssen hat gespielt /
    Durch dieses thal kan gehn / wo sie wird abgekühlt.
    Drey enge müssen sich bey jenen dreyen weisen:
    Ein rosengleicher mund muß enge seyn zu preisen;
    Die seiten müssen eng und dicht zusammen seyn /
    Daß eine elle sie bey nah kan schliessen ein.
    Vor allen aber muß die grufft da Venus lachet /
    Wo das / was stählern schien / wie wachs wird weich gemachet /
    Ganz enge seyn / damit wenn unsre brunst entsteht /
    Sie ein und wieder aus mit mehrerm kitzel geht.
    Und letztlich müssen drey seyn zierlich klein zu nennen:
    Die nase muß man erst deßwegen loben können;
    Die brüste gleiches falls / die eine hand spannt ein;
    Die gipffel müssen drauff gleich kleinen erdbeern seyn.
    Wann dann der leib gebildt in solchem schönen wesen /
    So hat zum wohnplatz ihn die liebe selbst erlesen /
    Und wann an diesem auch bald diß bald jenes fehlt /
    So hat Cupido schon ein anders auserwehlt;
    Dann wann die
    schönheit gleich nicht völlig ist zu finden /
    So kan die freundlichkeit doch alles überwinden:
    Der nun die
    schönheit nicht auf allen gliedern schwebt /
    Der rath' ich / daß sie sich durch freundlichkeit erhebt.
    Hie seht ihr / schönstes volck / wodurch ihr schön zu nennen /
    Werdt ihr ins künfftige mir besser nachricht gönnen /
    Soll meine feder euch zum dienst seyn angewand /
    Wenn ihr dieselbe führt mit eurer schönen hand.
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    Soll Doris ich den stets in banden gehn /
    Soll scherz und schmerz stets an der spitze stehn /
    Soll seel und mund so hart gekräncket seyn /
    So fällt gewiß der liebe grundstein ein.

    Entbinde mich durch deiner
    schönheit macht /
    Und sprich mich frey von dieser trüben nacht:
    Denn wo dein aug nicht pol und leitstern ist /
    So hat mein mast den schiffbruch schon erkist.
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    Wilst du mir Magdalis /
    Princessin meiner sinnen /
    Der
    schönheit göldnes fließ /
    Ein küßgen nicht vergönnen?
    Ein kuß ist ambrosiner-safft /
    Der nichts als nur vergnügen schafft.
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    Geh' indessen Rosemunde /
    Geh' auff einer rosenbahn /
    Es kommt doch wohl eine stunde /
    Die den hochmuth stürzen kan.
    Wird dein wangenfeld erblassen /
    Geht die
    schönheit endlich ein /
    O so wird dich ieder hassen /
    Und ein kuß sehr theuer seyn.
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    Die bewachte
    Schönheit

    Ist der garten gleich verschlossen /
    Wo die götter-früchte seyn /
    Gucke dennoch ich zum possen
    Zum stackete noch hinein.
    Ob ihn thür und riegel schlüssen /
    Will ich doch noch was geniessen.

    Diß / woraus vergnügen quillet /
    Kan auch eine rose seyn /
    So sich noch in knospen hüllet /
    Rosen so an sonnenschein
    Ihre welcke blätter breiten /
    Können schlechte lust bereiten.

    Ist mit gittern sie umfangen /
    Will ich mich doch noch bemühn /
    Sie durchs gitter zu erlangen;
    Lilgen die nicht ieden blühn
    Werden mit mehr lust beschaut /
    Als was ieder bauer baut.

    Ja wenn diesen Götter-garten
    Hercules schon selbst bewahrt /
    Kan mans doch so bund noch karten /
    Wenn die müh nicht wird gespart /
    Daß / trotz allem widersprechen /
    Ich kan seine frühte brechen.

    Er wird ja nicht aller enden
    Mit gleich grossem eyffer stehn:
    Wird er sich zur rechten wenden /
    Will ich auff die lincke gehn.
    Will er denn von hinten wachen /
    Will ich seiner forne lachen.

    Ist der garten schon verschlossen /
    Wo nur meine rose steht /
    Wart ich dennoch unverdrossen /
    Biß der hüter sich vergeht /
    Der mich noch wird lassen müssen
    Ihren hohen purpur küssen.
    _____


    Schönheit besteht in der einbildung

    Der eiteln
    schönheit unbestand
    Ist ein recht zweiffelhafftes wesen /
    Ein blick / ein blitz / ein tand /
    Sie wird von diesem auserlesen /
    Von jenem aber ganz veracht:
    So daß nur blinder wahn die
    schönheit schöne macht.

    Sie ist vor den / so sie besitzt /
    Ein unglückhafftes glück voll schmerzen /
    Und welchen sie erhitzt /
    Dem bringt sie noth und tod zum herzen.
    Ihr glück ist nichts als eitelkeit /
    Und gleichwohl wircket sie ein wesentliches leid.

    Sie ist zu schwach an rechter macht
    Ein herz in liebe zu entzünden:
    Ihr zwang wird nur verlacht /
    Und sie muß wie ein rauch verschwinden /
    Wenn der versehung starcke krafft
    Nicht in uns gegen sie die strenge liebe schafft.

    Die schickung ist es nur allein /
    Durch die wir werden angetrieben /
    Daß wir der
    schönheit schein
    Entweder hassen oder lieben.
    Und es steht in unser hand /
    Worzu in uns der sinn und wille wird gewandt.

    Des leibes und der güter zier /
    Und daß ich kan in purpur leben /
    Das alles ist nur mir
    Zu schwerer todtes-pein gegeben.
    Weil mein geliebter mich nicht liebt /
    So ist das lauter angst / was mir der himmel giebt.
    _____


    Auff ihre
    Schönheit

    Dein schöner mund kan rosen übersteigen /
    Und wenn dein arm mit der narcisse spielt /
    Muß die beschämt ihr haubt zur erden neigen /
    Weil sie die macht von deiner
    schönheit fühlt;
    Denn deiner hand gebleichte silber-liljen /
    Die können schnee und alabaster tilgen.

    Mein antlitz bricht / wenn dein entflammtes blitzen /
    Durch schwarze nacht verbulter augen schlägt /
    Ja wenn sich will dein heisser blitz erhitzen /
    Der meinen geist schier in die asche legt /
    So muß das gold der sonnen dieser erden /
    In einem nu erblast und dunckel werden.

    Die nackte brust gespitzet mit rubinen /
    Der schöne hals mit perlen überschneit /
    Die sind der ort wo Venus mir erschienen /
    Und wo ihr sohn mir waffen zubereit /
    Kurz du allein / (ich rede frey von höhnen)
    Bist und wirfst seyn die Crone aller schönen.
    _____

    Die sonne / wenn man sie nicht sieht /
    Durchwürcket dennoch das geblütt /
    Und
    schönheit reitzt auch in der ferne /
    So hab ich auch in frembder welt
    Dein bildnüß mir stets vorgestellt /
    Und zwar im hellen Venus-sterne.
    _____

    Traut also nicht den engel-gleichen blicken /
    Ihr feuer heget lauter rauch /
    Sirenen sing'n die menschen zu berücken /
    Und
    schönheit reizt und tödtet auch /
    Der Sodoms-apfel ist zwar roth /
    Doch stecket er voll würmer und voll koth.
    _____

    Wer nur urtheil fällen /
    Und von
    schönheit richten kan /
    Schaue Amarellen
    Himmelswerthen zierath an /
    Lebte Paris noch / er würde
    Nicht nach Sparthen ziehn /
    Sonder hie mit dieser bürde
    Auff sein Troja fliehn.
    _____

    Jedoch wer kan die hand zurücke ziehen /
    Wenn
    schönheit uns beut ihren Nectar an?
    Vor menschen-krafft ist es ein bloß bemühen /
    Weil niemand hier / als engel / leben kan /
    Der mund mag noch so viel von zucht und keuschheit sprechen /
    Ein schönes auge kan ihm bald den hochmuth brechen.
    _____

    Kan
    schönheit nun so süssen Nectar schencken /
    Der Fürsten blendt und helden taumeln lehrt /
    Was wunder? wenn sie uns mit zauber-träncken /
    Den geist auffs neu mit liebe hat bethört /
    Ich wag es noch einmahl / und fehl ich gleich auch heute /
    So ist mein fehler doch ein fehler grosser leute.
    _____

    Du bist an licht, und aller
    schönheit reich,
    Was an dir ist, kömmt reinen perlen gleich.
    Du bist ein nettes meisterstück,
    Woran die engel selbst gebauet:
    So offt ich dich, holdseligs kind, beschauet,
    Entgienge mir ein tropffen warmes blut,
    Indem du mich an deine brust gedrücket.
    _____

     

  • Johann von Besser (1654-1729)

    Wett-streit
    Der
    Schönheit und Stärcke
    Entschieden aus dem munde der erfahrung


    Die stärcke
    So fern der helden haupt verdienet sieges-kränze /
    Daß ihre starcke faust den feinden obgesiegt;
    Weiß dessen ursprung / ich / der lorbeern keine gränze /
    Da ihre tapferkeit durch meine macht gekriegt.
    Was hilfft es seyn beherzt / wann das vermögen fehlet?
    Die tugend gibt den muth / und das vollbringen ich /
    Durch mich wird erst ein mensch den göttern zugezehlet /
    Und wer gesieget hat / der hat gesiegt durch mich.

    Die schönheit
    Kan dir diß einen ruhm / vermeßne stärcke / bringen /
    Daß helden offt durch dich mit kränzen seyn beziert?
    So wird mein lobspruch weit sich über deinen schwingen /
    Weil kinder auch durch mich den krieg und sieg geführt.
    Hat nicht mein lieb-reiz viel bezwungen sonder stärcke /
    Je schwächre sieger seyn / ie grösser ist der ruhm:
    Die menschen kennen wol / auch götter meine wercke /
    Die stärcksten haben mir gebaut manch heiligthum.

    Die stärcke
    Nachdem die streiter sind / ist der triumph zu schätzen /
    Du führst durch kinder krieg / dein sieg ist kinderspiel.
    Man sieht dich keinen mehr / als der sich giebt / verletzen /
    Ich zwinge durch mein heer auch den / der gar nicht will.
    Wer meine gunst nicht kennt / muß seinen tod erkennen /
    Der scharrt sich in das grab / der mir nicht weyrauch streut.
    Und muß ein starcker gleich dir auch ein opffer brennen /
    Geschicht es mir aus schuld / dir nur aus höfflichkeit.

    Die schönheit
    Ist diß ein kinderspiel / wo götter unterliegen /
    Wo nur ein einzigs kind sie wehrloß hat gemacht?
    So hastu nie noch nicht gewust von rechten siegen /
    Und deine hand hat nicht ein solches werck vollbracht.
    Gesetzt: Sie hätten mir selbst das gewehr gegeben;
    Wer ohne noth sich giebt / erkennt sich schwach zu seyn;
    Dir aber traut sich auch ein mensch zu widerstreben /
    Drum geht er eh den todt / als frieden / mit dir ein.

    Die stärcke
    Wer menschen überwindt / kan auch mit göttern ringen /
    Ein steinern haben sie / und die ein seidnes herz:
    Durch demuth kan ich ihrs / durch krafft der menschen zwingen;
    So sieg' ich oben gut und glücklich unterwerts.
    Durch mich hat Simsons arm allein ein heer geschlagen;
    Der Theseus zu dem volck der höllen sich gewagt:
    Und Hercules die welt fast gar ins grab getragen;
    Wird diß von
    schönheit so / gleich wie von mir / gesagt?


    Die schönheit
    Diß sagt man nicht von mir / doch weit belobtre dinge:
    Mit göttern führt ich krieg / du scheuetest ihr schwerd;
    Der wer mit demuth kämpfft / der kämpffet sonder klinge /
    Ich habe sie mit ernst entwapnet und entwehrt.
    Die starcken / die du rühmst / sind auch durch mich gefallen /
    Den Simson hat die schooß der Delilen geschwächt;
    Um Omphaln muß Hercul in weibes-kleider wallen /
    Und um die Helena der Theseus seyn ein knecht.

    Die stärcke
    Die starcken hat kein schwerdt der schönen / sondern liebe
    Durch ihre zauberung / und nicht durch krieg gefällt;
    Wer widersteht mit ernst dem angenehmen triebe /
    Der lust und honigseim in seinen armen hält?
    Versuchtest du mit stahl und eisen meine stärcke /
    Es würde meine krafft dir deutlich kund gethan;
    Und wer noch zweiffelhafft erhebet meine wercke /
    Der greiffe mich einmahl mit vollen kräfften an.

    Die schönheit
    Der durch die liebe fällt / ist gleichfalls überwunden /
    Denn starcke müßen auch den trieben widerstehn:
    Hat nun mein liebes-seil die stärckesten gebunden /
    Wie denckstu mit triumph mir gleich / auch vorzugehn?
    Bezwinget dich mein arm durch einen blick der schönen /
    Was brauch ich wider dich das eisen und gewehr?
    Gnung! daß die welt mich mehr / als dich / sucht zu bethrönen /
    Wenn die erfahrung selbst mir gibt den beyfall her.

    Ausschlag der erfahrung
    Ich / die kein nord noch west zur falschheit kan bewegen /
    Die aller sachen grund mit gleichen augen sieht /
    Will auch für diesesmahl nicht fälschlich widerlegen /
    Was aller herzen spruch und beyfall an sich zieht.
    Es streiten unter sich die
    schönheit und die stärcke /
    Ob
    schönheit / oder sie mehr rühmliches gethan?
    Ich scheide diesen streit durch rechnung ihrer wercke /
    Wer beßre siege zehlt / behält die sieges-fahn.
    Die stärcke rühmet sich von viel gemachten leichen /
    Von helden / denen sie den tapffern arm geregt;
    Daß offt für ihrer macht der purpur müst' erbleichen /
    Weil manches reich und land durch sie in grauß gelegt.
    Dergleichen kan zwar auch von sich die
    schönheit loben /
    Daß sie um Helenen ganz Troja hat verstöhrt;
    Und daß sie den Anton von reich und thron gehoben /
    Wie sich sein eigner dolch zu seiner brust gekehrt:
    Daß durch der Dido herz um sie ein schwerd gedrungen /
    Narcissus gar der zahl der blumen beygesetzt /
    Und Sappho von dem felß der höllen abgesprungen /
    Wie diß der zeiten hand der nachwelt eingeätzt.
    Allein ihr vorzug weiß von viel belobtern siegen:
    Sie siegt und störet doch nicht der bezwungnen heyl;
    Denn muß sie manchen geist bestreiten und bekriegen /
    So sticht / Achillens gleich / und heilet auch ihr pfeil.
    Die
    schönheit läst von sich mit theuren worten hören:
    Sie schone / weil man mehr durch lebende sich ehrt;
    Berühmter ist ein ding erhalten als verstören /
    Und leichter wird der todt als leben uns gewehrt.
    Die stärcke siegt zum todt / und
    schönheit mehr zum leben /
    Die menschen wünschet sie in liebes-feur zu sehn /
    Daß andre sich durch sie aus unsrer aschen heben /
    Und neue lebenden aus unser brunst entstehn.
    Auf diesen bauet sie sich ihre sieges-tempel /
    Die stärcke aber hat in leichen sie gegründt;
    Die
    schönheit bringt des siegs fast täglich ein exempel /
    Wenn die ein seltenes kaum in dem kriege findt.
    Doch ist diß nicht genung von ihren vorzugs-gaben /
    Sie übertrifft auch sonst die stärcke noch vielmehr;
    Die ganze welt kan sie in ihrer herrschafft haben /
    Da stärcke kaum aus ihr besiegt ein kleines heer.
    Muß nicht ein ieder mensch von
    schönheits-zügen sagen?
    Der stärckste kennt ihr reich / der doch die triebe zwingt.
    Auch götter müssen offt ob ihren siegen klagen /
    Wann stärcke sonder sieg mit schwachen menschen ringt.
    Die
    schönheit kan aus uns die wildsten herzen nehmen /
    Sie bändigt unsern leib und auch den starren geist;
    Die stärcke mag nur bloß den leib im siege zähmen /
    Denn ihren banden sich stets unser herz entreißt.
    Sie greifft uns an der stärck / und
    schönheit an der schwächen /
    Die eigen-liebe giebt den beyfall ihr erfreut /
    Durch anmuth lassen wir auch die vernunfft bestechen /
    Wenn jener storrigkeit und zorn die stirne beut.
    Man dencket allezeit an kräfften ihr zu gleichen /
    Und gläubet ihrer macht nicht eher / als man liegt;
    Da sonder widerstand wir gern der
    schönheit weichen /
    Weil sie durch sanfften stahl und süsse streiche siegt.
    Und wären wir bemüht uns ihr zu widersetzen /
    So hat ihr kleines kind mit pfeilen sich versehn /
    Uns nach der Scythen art im fliehen zu verletzen;
    Vermeinen wir ihr gleich durch lauffen zu entgehn /
    Kan uns sein schneller flug der flügel bald erreichen;
    Wil unser herz aus eiß und eisen seyn geprägt /
    Mag seiner fackel gluth die härtigkeit erweichen /
    Die uns für kaltes eiß das feur ins herze legt.
    Kan uns auch dieses nicht zerschmelzen und entbrennen /
    Besitzt die
    schönheit noch ein stärckeres gewehr;
    Wen hat der lippen-thau doch nicht entgeistern können /
    Und ein gefrohrnes eiß verwandelt in ein meer?
    Auff diesem trauet sich kein mensch den Silber-wellen /
    Dem seiner freyheit schiff nicht gleich in drümmern geht /
    So bald von athem sich der brüste wagen schwellen
    Und uns ein anmuths-wind zu diesen felsen weht.
    Denn scheitert unser kahn zerstückt an solche klippen
    Auff denen
    schönheit weich die harten herzen schlägt;
    Die götter litten selbst offt schiffbruch an den lippen /
    Viel leichter wird ein mensch durch diesen sturm geregt.
    Will denn ein helles aug uns zum Compasse dienen /
    Wird durch veränderung der zeit ein brennglaß draus.
    Das uns / wenn uns ihr strahl der sonnen angeschienen /
    Auch in der tieffsten fluth verzehrt zu asch und grauß.
    Der
    schönheit kans also an keinem orte fehlen /
    Zu lande sieget sie / auch auf der wüsten see;
    Sie kan durch einen blick viel tausend lanzen stehlen /
    Wenn blut aus marmel quillt / und gluth aus kaltem schnee.
    Solch rühmen kan von sich die stärcke nicht erwecken /
    Sehr mühsam wird von ihr uns menschen nachgestellt.
    Denn stärcke muß mit blitz und bley die herzen schrecken /
    Wenn uns die
    schönheit nur in still' und kurzweil fällt!
    So muß ich auch daher den ausschlag hören lassen;
    Die stärcke zwinget viel / die
    schönheit aber sie;
    Wenn männer auff der brust Cleopatren erblassen /
    Erwehrt sich ihrer macht Susanna sonder müh;
    Lucrece kan Tarquin durch einen strahl bemeistern /
    Er aber zwinget sie mit keinem dolche nicht /
    Es schadet die gewalt nicht ihren keuschen geistern /
    Ob er gleich ihren leib zu seinem willen bricht.
    Der Caesar wieß sich starck in zwey und funffzig schlachten/
    Er ward dort ober-herr / und dennoch hier ein knecht;
    Weil ihn zwey augen nur zu einen sclaven machten /
    Als er den erden-kreyß bekämpffet und geschwächt.
    Ist nun die
    schönheit so durch alle krafft gebrochen /
    Was hinderts / daß sie nicht ihr soll zur rechten stehn?
    Mein't stärcke / ob mein mund hier zu partheysch gesprochen?
    So mag der stärckste noch zu einer Venus gehn.
    _____

     

  • Christoph Gottehr Burghart (1682-1745)

    Auff ihren mund

    Gar recht! du bleibest doch ein unvergleichlich kind;
    Ich habe dich niemals ohn' uhrsach so genennet:
    Wer dich gesehen hat / und deinen nahmen kennet /
    Der findet meinen schluß mehr als zu wohl gegründet.
    Ich rühme nicht den geist / der tausend herzen bindt /
    Nicht wangen / nicht den halß / nicht wie dein auge brennet /
    Nicht dein schwarzbraunes haar / und was mir kaum vergönnet /
    Die alabaster brust / die nichts ihr gleiche findt /
    Nur der vollkomne mund soll hier alleine zeigen:
    Kan seine nettigkeit noch etwas grösser seyn?
    Vor seinem purpur muß sich aller purpur neigen /
    Sein angenehmer thon versüst die schwerste pein.
    Kurz: seine
    schönheit ist der rechte liebes-zunder /
    Und du Lisette wirst durch ihn zu einem wunder.
    _____

     

  • Simon Dach (1605-1659)

    Phyllis, o mein liecht,
    Die liel' und ros' hat nicht,
    Was an farb und schein,
    Dir möcht ähnlich seyn,
    Nur daß dein stoltzer muth
    Der
    schönheit unrecht thut.
    _____

     

  • Paul Fleming (1609-1640)

    Der Schall, das Licht, die Kraft, Bewegung, Schönheit, Zier,
    die machen so ein süß und liebliches Getöne
    in deinem Antlitz, Schöne,
    daß ihm der Himmel nur mit nichtiger Begier
    und ganz vergebens bildet ein
    (so anders er so schön als Eden nicht kan sein),
    dich göttergleiches Ding mit ihme zu vergleichen.
    _____


    Er betrachtet ihre Schönheit und Treue

    Du treue Schönheit du und auch du schöne Treue,
    die ihr den zarten Leib und edlen Geist besitzt,
    ihr Schwestern gleicher Kraft, die ihr mir das beschützt,
    worüber ich mich stets mit höchsten Freuden freue,
    was sag' ich doch von euch, daß euch und mich nicht reue?
    Ihr starke Göttinnen, habt mir den Sinn erhitzt,
    daß mir auf dieser Welt nichts als nur Eine nützt.
    Sie ists, an der ich mich ohn' Unterlaß verneue.
    Die zarte
    Schönheit folgt der Flucht der schönen Zeit,
    die feste Treue geht den Weg der Ewigkeit,
    die
    Schönheit macht mir Lust, die Treue Trost zu leben.
    O wie ein göttlichs Mensch ist diese, die euch hat!
    O wie ein Menschgott auch wird der, dem in der Tat
    wird diese schöne Treu' und treue
    Schönheit geben!
    _____


    Der Keuschen

    Wenn sich die Götter auch befreien gleich als wir,
    so nähme dich der Schmuck auch selbst zu seinem Weibe,
    dieweil die Keuschheit wohnt in einem solchen Leibe,
    in welchem sind gleich hoch die Tugend und die Zier,
    der Geist und die Gestalt. Wie seltsam ist diß hier!
    Denk, Jungfrau, daß ich nicht was Ungemeintes schreibe
    und dich berede des, was ich mir selbst nicht gläube.
    Dein Zeugnüß biet selbst du. Du sprichst es selbst von dir.
    Die schönste
    Schönheit ist ein züchtiges Gemüte;
    was eine Jungfer ziert, das wohnet im Geblüte.
    Das Ander, was das Volk für schöne hält und heißt,
    der Seelen Überzug, der Leib pflegt oft zu triegen.
    Da ist ein schöner Leib, da ist ein schöner Geist,
    wenn sie als hier den Glanz von wahrer
    Schönheit kriegen.
    _____


    Der Frommen

    Die Schönste heißest du, wenn
    Schönheit schöne macht,
    die Keuscheste von Zucht. Doch laß' ich mir behagen,
    dir von der Frömmigkeit den Namen anzutragen,
    die aus den Augen dir mit kluger Einfalt lacht.
    Mund trifft mit Herzen zu. Der
    Schönheit sanfte Pracht
    gibt deiner Demut nach. Es kommen Viel' und fragen,
    wie kan ich ihnen doch was mehr und bessers sagen,
    als was sie hatten schon bei sich von dir gedacht?
    Dein Ansehn redt für dich, das sittige, das liebe,
    in welches die Natur die Treflichkeit ganz schriebe,
    die in der Seelen liegt und hell erglänzt, wie sehr
    sie auch sich in sich hält. An Menschen nur sind Mängel
    und was verwerflich ist. An dir, du reiner Engel,
    ist ganz Verwerflichs nichts, ist ganz nichts Menschliches mehr.
    _____

     

  • Georg Greflinger (um 1620-1677)

    Mariannen
    Schönheit

    Weg mit Venus/ mit Helenen
    Und mit Tausend andern Schönen/
    Die so groß beruffen seyn/
    Und wovon so viel zu lesen.
    Was sie alle sind gewesen/
    Das ist Mariann/ allein.

    Weg Apelles/ weg Thimantes/
    Ihr beraubt euch des Verstandes
    Uber dieser grossen Zier.
    Venus die ist leicht zu mahlen/
    Mariannen blitz- und strahlen
    Mahlet uns kein Pinsel für.

    Weg jhr müsset schleunig wandern/
    So jhr nicht mit den Salmandern
    Und mit mir zur Flammen taugt.
    Flieht vor Mariannen blitzen/
    Sie wird den durchaus erhitzen
    Den sie nur einmahl beaugt.

    Weg/ verbleibt/ ein Mensch kan irren/
    Liebe kan den Kopff verwirren.
    Weil sie mir so hoch beliebt/
    Lieb ich sie vor andern allen/
    Sie mag dem wol mißgefallen
    Der sein Hertz auff andre giebt.

    Und das ist all mein Verlangen
    So werd' ich allein umbfangen/
    Wann sie niemand liebt als ich.
    Aber ach so schöne Gaben/
    Sollen die nicht Freyer haben?
    Freylich mehr als eben mich.

    Sa! So ich nicht mehr erlange/
    Wann ich nur so viel empfange/
    Das des danckens würdig ist.
    Er hat grosse Gnad' empfangen/
    Der die Lippen oder Wangen
    Einer solchen Göttin küsst.
    _____

    Möcht ich doch die Stunde wissen/
    Da ich deinen Mund darff küssen/
    Da ich mich mit Tausend Freuden
    Darff an deiner
    Schönheit weyden/
    O was grosser Freudenschein/
    Würd es meinem Hertzen seyn!
    _____

    Sie ist schön/ das ist gewiß/
    Marianna kan passiren/
    Niemand kan sie schöner zieren/
    Also sah auch Tyndaris/
    Die durch jhrer
    Schönheit Macht/
    Trojen in die Flammen bracht.
    _____

    Der die Sonne viel besieht/
    Schadet seinen guten Augen/
    Also wil es mier nicht taugen/
    Deine
    Schönheit deine Blüth/
    Edles Mariannichen
    Ubermässig anzusehn.
    _____

     

  • Andreas Gryphius (1616-1664)

    An Eugenien

    Schön ist ein schöner leib, den aller lippen preisen,
    Der von nicht schlechtem stamm und edlem blut herrührt;
    Doch schöner, wenn den leib ein' edle seele ziehrt,
    Die einig sich nur lässt die tugend unterweisen;
    Vielmehr, wenn weisheit noch, nach der wir offtmals reisen,
    Sie in der wiegen lehrt; mehr, wenn sie zucht anführt
    Und heilig seyn ergetzt, die nur nach demuth spür't;
    Mehr, wenn ihr keuscher geist nicht zagt für flamm und eisen.
    Diß schätz ich rühmens wehrt, diß ist, was diese welt,
    Die aller
    schönheit sitz, für höchste schönheit hält,
    Und das man billich mag der
    schönheit wunder nennen.
    Wer dieses schauen wil, wird finden, was er sucht
    Und kaum zu finden ist, wenn er, o blum der zucht!
    O schönste! wenn er euch wird was genauer kennen.
    _____


    An eben selbige

    So fern, mein licht! von euch, so fern von euch gerissen,
    Theil ich die trübe zeit in schmertzen und verdruss
    Und wünsch all augenblick, dass mir des himmels schluss
    Erlaub, euch bald voll lust und unverletzt zu grüßen.
    Mein trauren kan ja nichts (wie hoch es auch) versüßen,
    Als ihr, o meine lust! Wie dass mit schnellem fuß
    Ich denn mein werthes heyl bestürtzt verlassen muss,
    Indem ich einig mag die keusche
    schönheit küssen?
    Ihr Parcen, die ihr uns das tag-register setzt,
    Ach führt mich wieder hin zu dem, was mich ergetzt!
    Warum doch suchet ihr mich von mir selbst zu scheiden?
    Mein leib, ich geh es nach, sitzt ja in diesem land;
    Die seele geb ich dir zu fester treue pfand,
    Bey welcher ich voll ruh, ohn welch' ich stets muss leiden.
    _____


    An Eugenien

    Was wundert ihr euch noch, ihr rose der jungfrauen!
    Dass dieses spiel der zeit, die ros', in eurer hand,
    Die alle rosen trotzt, so unversehns verschwand?
    Eugenie! so gehts, so schwindet, was wir schauen.
    So bald des todes sens wird diesen leib abhauen,
    Schau't man den hals, die stirn, die augen, dieses pfand
    Der liebe, diese brust in nicht zu reinstem sand,
    Und dem, der euch mit lieb itzt ehrt, wird für euch grauen.
    Der seufftzer ist umsonst, nichts ist, das auf der welt,
    Wie schön es immer sey, bestand und farbe hält.
    Wir sind von mutterleib zum untergang erkohren.
    Mag auch an
    schönheit was der rosen gleiche seyn,
    Doch ehe sie recht blüht, verwelckt und fält sie ein;
    Nicht anders gehn wir fort, so bald wir sind geboren.
    _____

     

  • Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616-1679)

    Beschreibung vollkommener
    schönheit

    Ein haar so kühnlich trotz der Berenice spricht /
    Ein mund / der rosen führt und perlen in sich heget /
    Ein zünglein / so ein gifft vor tausend herzen träget /
    Zwo brüste / wo rubin durch alabaster bricht /
    Ein hals / der schwanen-schnee weit weit zurücke sticht
    Zwey wangen / wo die pracht der Flora sich beweget /
    Ein blick / der blitze führt und männer niederleget /
    Zwey armen / derer krafft offt leuen hingericht /
    Ein herz / aus welchem nichts als mein verderben quillet /
    Ein wort / so himmlisch ist / und mich verdammen kan /
    Zwey hände / derer grimm mich in den bann gethan /
    Und durch ein süsses gifft die seele selbst umhüllet /
    Ein zierrath / wie es scheint / im paradieß gemacht /
    Hat mich um meinen witz und meine freyheit bracht.
    _____


    Vergänglichkeit der
    schönheit

    Es wird der bleiche tod mit seiner kalten hand
    Dir endlich mit der zeit umb deine brüste streichen /
    Der liebliche corall der lippen wird verbleichen;
    Der schultern warmer schnee wird werden kalter sand /
    Der augen süsser blitz / die kräffte deiner hand /
    Für welchen solches fällt / die werden zeitlich weichen /
    Das haar / das itzund kan des goldes glanz erreichen /
    Tilgt endlich tag und jahr als ein gemeines band.
    Der wohlgesetzte fuß / die lieblichen gebärden /
    Die werden theils zu staub / theils nichts und nichtig werden /
    Denn opfert keiner mehr der gottheit deiner pracht.
    Diß und noch mehr als diß muß endlich untergehen /
    Dein herze kan allein zu aller zeit bestehen /
    Dieweil es die natur aus diamant gemacht.
    _____

    Was ist der
    schönheit glänzen /
    Als ein geschwinder blitz?
    Sein zubereiter sitz
    Besteht in engen gränzen.
    Kein fluß verrauscht so bald /
    Als
    schönheit und gestalt.
    _____

    Ich kan mir nicht mehr widerstreben;
    Die
    schönheit flößt mir das gelüsten ein.
    Im Paradieß kan keiner leben /
    Und ohne fall und fehl-tritt seyn.
    Dein Edens-platz / mein kind Caliste /
    Zieht meine hand
    Auff deinen kreyß der rundten brüste /
    Und meinen leib in dein gelobtes land.
    _____

    Mein herz besteht aus wachs und nicht aus eiß /
    Ich fühl und seh / wie deine augen blitzen:
    Zweyfache glut ist sterblichen zu heiß /
    Was wunder / wenn zwo sonnen mich erhitzen /
    Die gar der himmel seltner
    schönheit preist /
    Und brennen heist.
    _____

    Verzeihe mir / o göttin / meine seelen /
    Daß sich ein knecht so viel erkühnt /
    Und daß ein mensch / mit herzens-angst und qvälen /
    Um deine himmels-
    schönheit dient /
    Du gleichst mit deiner pracht der sonnen /
    Von der auch staub den schein gewonnen.
    _____

    Soll meine liebe sünde seyn /
    So wisse / daß dein schöner schein
    Zu dieser sünde micht getrieben /
    Und glaube / daß die kluge welt
    Vor leibliche geschwister hält /
    Die
    schönheit und den trieb zu lieben.
    _____


    Auff ihre
    Schönheit

    Der himmel hat dich lieb / und die natur noch lieber /
    Die pflanzet dem gesicht die schönsten rosen ein;
    Die / wenn des herbstes wind zieht noch so offt darüber /
    Dennoch in steter blüth' und voll vergnügung seyn.
    Die nelcken blühen stets auff dem zinnober-munde /
    Der stets umstreuet ist mit weisser liljen-schnee:
    Der schönste bisam steigt aus deinem liebes-grunde:
    Vergieß mein nicht steht da / wo ich vergessen steh.
    Narcissen blühen stets auff deinen schönen händen:
    Der liebreiz lässet sich auff allen Gliedern sehn:
    Ja frag' ich Floren selbst / so wil sie dies einwenden:
    Du seyst noch tausendmahl so schön / als tausend schön.
    _____

     

  • Ernst Christoph Homburg (1607-1681)

    Wilt du/ las dich einmal lencken/
    O du Himmel-hoher Geist!
    Kluge
    Schönheit du wirst schencken/
    Was mir deine Lust verheist;
    Was sie aller Welt verspricht/
    Wirst du mir verweigern nicht.

    Muß den Göttern selbst gefallen
    Deines blancken Halses Schnee/
    Deine Lippen von Corallen/
    Deines güldnen Haares Klee/
    Ey wie köndte mir allein
    Deine
    Schönheit heßlich seyn?
    _____

    Sol es leider nicht geschehen?
    Ach/ wann wird doch seyn der Tag?
    Dorila/ daß ich sol sehen/
    Daß ich wieder schawen mag
    Deiner klaren
    Schönheit Pracht/
    Die mich dir so zinsbar macht.
    _____

    Schönheit zwar ist wol zu leyden/
    Doch sie helt auff falschen Schein/
    Bringet Trawrigkeit vor Frewden/
     Halbe Kurtzweil/ gantze Pein/
    Wer auff schnöde
    Schönheit bawt/
    Sich der wilden See vertrawt.

    Wie die Blätter von den Bäumen
    Also fleucht die
    Schönheit hin;
    Schönheit bleibet Koht und Leimen/
    Heget offters falschen Sinn/
    Meiner Liebsten Angesicht
    Letzet/ und betreugt mich nicht.
    _____

    Ihr Chloris/ ihr allein/ seyd die ich preise/
    Der ich nach Mügligkeit all' Ehr' erweise;
    Ihr schönste Göttin seyd es/ welcher Gaben
    Mit keiner Schäfferin Vergleichung haben.

    Und ob ich gleich sehr hoch mich köndte schwingen/
    Und ewer Lob hin zu den Wolcken bringen/
    So müste dieses doch aus Noht verbleiben/
    Weil ewre
    Schönheit nimmer zu beschreiben.
    _____


    Epigramma
    Auff die unbarmhertzige Schäfferin Dulcimunda
    Aus seiner Tragico-Comoedien

    Ob schon dein Cörper ist mit lauterm Gold umbschrencket/
    Zu dem mit
    Schönheit mehr/ als Helena/ beschencket;
    Ob dich Fraw Venus selbst nach Wunsch hat ausgeziert/
    Und ob die Juno dir den Platz/ so ihr gebührt/
    Wie eiffrig sie auch sey/ aus Noht-zwang muß einraumen/
    Ja hettest du/ was ihm man liesse niemals traumen/
    So achtet gleichwol man deiner Gaben nicht/
    Weil bey der Menge die Barmhertzigkeit gebricht.
    _____


    An die Fillis

    Weil dich Fraw Venus hat mit
    Schönheit angekleidet;
    Mit kluger Sinnenkrafft der Pallas weise Zier;
    Als welche Helena/ O schönste Fillis/ dir/
    Ob deiner Liebligkeit dich Juno selbst beneidet.

    Ja die gesampte Welt die Augen an dir weidet/
    Weil deiner Lippen Glantz dem Purpur gehet für;
    Weil dein Hals Marmor-stein/ und deine Hoheit schier
    O Fillis/ niemals dich/ und Götter unterscheidet.

    Drumb/ Clio/ schweige still/ es kan nicht müglich seyn/
    Dein Rühmen ist umbsonst/ zeuch deine Leyer ein/
    Es mag ein solches Bild Apollo selbst erklingen.

    Dann wo die Gottheit selbst schier nichts verrichten kan/
    Da geben billich wir die schwache Menschheit an:
    Was Himmel kaum vermag/ wird Erden nicht vollbringen.
    _____

     

  • Daniel Casper von Lohenstein (1635-1683)

    Gewalt und Liebesstreit der
    Schönheit und Freundlichkeit
    (Aus den "Rosen")

    Schönheit
    Die güldnen Rosen sind die Sonnen grüner Felder;
    Die Sonn' hingegen ist des Himmels Kaiserblum';
    Die Lorbeerbäume sind der Königsschmuck der Wälder;
    Ich
    Schönheit aber bin der Seelen Heiligthum.
    Die Götter opfern mir, die Welt dient meinem Rechte,
    Die Menschen sind mein Volk, die Fürsten meine Knechte.

    Freundlichkeit
    Dem Demant weicht Rubin, den Perlen die Korallen,
    Dem Balsam weichet Oel, dem Bisame Zibeth;
    Das Gold sticht Silber aus, Glas schämt sich vor Krystallen;
    Man weiß, daß Purpurblut vor allen Farben geht;
    Des Mondes Silber muß vor Sonn' und Gold erbleichen;
    So muß der Freundlichkeit auch schönste
    Schönheit weichen.

    Schönheit
    Der Mensch, die kleine Welt, beherrscht der großen Grenze;
    Mein Königsstab beherrscht die klein' und große Welt.
    Dem Helden windet man bepalmte Siegeskränze;
    Von mir wird selbst der Sieg zum Schauspiel dargestellt.
    Der Königspurpur weicht der Röthe meiner Hirten,
    Der Helm der Frauenhaut, der Zepter meinen Myrten.

    Freundlichkeit
    Vor Feuer schmilzt Metall, das Glas muß Demant schneiden;
    Den Demant aber zwingt kein Stahl nicht, sondern Blut;
    Die Tyrannei muß selbst dich zum Tyrannen leiden;
    Das Eisen und das Eis schmilzt vor der
    Schönheit Gluth;
    Hält dir die Wage Nichts, so überwieg' ich Alles;
    Denn meine Perl' ist das Gewichte deines Balles.

    Schönheit
    Das Gift dringt bis in's Herz, der Blitz durch Mark und Beine,
    Die Sonne blendet nur der Augen blödes Licht;
    Die
    Schönheit aber blitzt durch Felsen, Erz und Steine,
    Den Augen der Vernunft entzeucht sie das Gesicht.
    Die Seele selbst, die sonst noch Strahl noch Blitz empfindet,
    Wird durch die
    Schönheit stets mit Liebesbrunst entzündet.

    Freundlichkeit
    Der Sinne Reich beruht nicht ganz in deinen Händen;
    Denn du läss'st über dich die Augen Urtheil fäll'n;
    Ich aber kann Vernunft und Augen so verblenden,
    Daß ich die Raben auch in Schwäne kann verstell'n.
    Der
    Schönheit Schnee zerschmilzt vor meiner Anmuth Hitze,
    Ihr Scharlach krieget Fleck', ihr Alabaster Ritze.

    Schönheit
    Mein Wesen ohne Mahl braucht Spiegel ohne Flecken,
    Braucht Richter ohne Falsch und Augen, die nicht blind.
    Du mußt dein farbig Nichts in meine Seide stecken;
    Mein Glanz ist wesentlich; dein Prangen ist ein Wind.
    Daß schön du scheinest, ist dein größtes Meisterstücke,
    Und daß ein Nackter sich mit meinen Federn schmücke.

    Freundlichkeit
    Es ist viel größ're Kunst, aus Nichts nicht Etwas machen,
    Als Solchem, das schon ist, zu setzen Etwas zu.
    Schmähst du die Häßlichkeit, so muß ich deiner lachen,
    Weil sie durch mich oft wird so schön, als immer du.
    Solch Schminken geht wohl hin, wo die gefärbten Strahlen
    Nur schöner, als fast selbst der
    Schönheit Pinsel, malen.

    Schönheit
    Mein ird'scher Himmel ist ein Irrsal der Gedanken,
    Mein Lebensgarten ist ein Paradies der Lust;
    Der Geist verschlinget sich in den umgarnten Schranken,
    Den Seelen ist so Flucht als Ausflucht unbewußt.
    Die Sinne sind durch mich bezaubert und entsinnet;
    Kein Mensch, kein Adler ist, der meinem Garn' entrinnet.

    Freundlichkeit
    Die Schönheit freilich ist ein Himmel, ich die Sonne;
    Ein Garten, aber ich das Blumwerk, das ihn schmückt
    Der
    Schönheit Lusthaus ist ein Kerker, meine Wonne
    Das Netz, in welches Geist und Seele wird berückt.
    Der
    Schönheit Zaubergeist kann Sinn und Herz bethören;
    Sie aber flößt ihr Gift durch meine Zuckerröhren.

    Schönheit
    Die Gluth steigt in die Höh', aus der sie ist geronnen;
    Des Eisens Unart kehrt sich immer zum Magnet;
    Die Sonnenwende folgt der angenehmen Sonnen;
    Ich bin der Flammenquell, daraus die Lieb' entsteht,
    Der Stein, der nach sich zeucht die allerhärt'sten Herzen,
    Das Oel, von welchem glühn die lichten Himmelskerzen.

    Freundlichkeit
    Das Lieben ist das Kind der Schönheit, ich bin Amme;
    Sie saugt die Muttermilch aus meiner Honigbrust.
    Sie ist der Feuerquell, ich aber bin die Flamme;
    Aus meiner Wirkung rührt die Folge süßer Lust.
    Die
    Schönheit muß nach mir das Steuerruder lenken,
    Die Lieb' ihr Segeltuch nach meinem Winde schwenken.

    Schönheit
    Ich bin ein Meisterstück des Himmels, Gottes Spiegel,
    Ein Schooßkind der Natur, des Schöpfers Ebenbild.
    Mein schöner Pinsel malt der Morgenröthe Flügel,
    In meinen Purpur ist stets Tugend eingehüllt.
    Ein Phönix nistet nicht, wie Fledermäus' in Höhlen;
    Ein wohlgestalt'ter Leib bewirthet edle Seelen.

    Freundlichkeit
    Du und die Tugend selbst wird ohne mich zum Laster.
    Wo euch mein Licht und Geist nicht anblickt und beseelt,
    Ist euer falscher Schein ein todter Alabaster,
    Den sich ein Künstler hat zum Götzen ausgehöhlt.
    Ob auch die
    Schönheit zwar mit Zucker speist die Augen,
    So pflegt die Seele selbst doch meine Milch zu saugen.

    Schönheit
    Ich bin der Wollust Brunn, die Mutter aller Zierde -
    Mein Glanz bepurpurt selbst der Sonne Augenbran* -,
    Der Götter Heiligthum, ein Abgott der Begierde;
    Zum Opfer zündet man mir tausend Seelen an.
    In meinen Blumen hat Cupido seine Wiege,
    Den Rennplatz seiner Macht, die Wahlstatt seiner Siege.

    Freundlichkeit
    Ich bin ein Himmelszweig, im Paradies erzogen
    Und durch ein Anmuthsreis gepfropft dem Menschen ein.
    Bist du der Liebe Quell und der Begierde Bogen,
    So muß mein Salz dein Kern, mein Strahl die Sehne sein.
    Cupido leidet Durst, die Liebe muß verwelken
    Sammt dir, wenn nicht mein Thau beperlet deine Nelken.

    Schönheit
    Die Schönheit ist der Grund, ein angebornes Wesen,
    Darauf die Freundlichkeit nur ihre Schminke streicht,
    Ein Buch, in dem man kann auf tausend Blättern lesen,
    Daß die Natur in mir den Gipfel hat erreicht.
    Des Himmels Vorschmack rinnt von meinen Balsamstauden,
    Kein Nektar aber träuft von Senden**, Schilf und Fauden.

    Freundlichkeit
    Die Schönheit braucht mich zwar anstatt Tapezereien;
    Sie schmückt ihr Zimmer auch mit meinen Blumen aus,
    Ich muß ihr leeres Feld mit Blumen überschneien,
    Ich throne meinen Stuhl oft in ihr güldnes Haus;
    Jedennoch kann ich auch aus kleinen Augen blitzen,
    Auf bleicher Wange spiel'n, auf kranken Lippen sitzen.

    Schönheit
    Sobald ein Hauch vergeht, wenn man sich schlafen leget,
    Ist stracks der Freundlichkeit beliebter Westwind hin;
    Mein Siegel aber bleibt den Augen eingepräget,
    Wenn ich, in Schlaf versenkt, ein Bild des Todes bin.
    Wie Sonnen nicht vertilgt von Dunst und Nebel werden,
    So wird mein Glanz beschämt von keinen Ungebehrden.

    Freundlichkeit
    Gleichwie die Augen nicht nur meine Kraft empfinden,
    So sind die Augen auch nicht nur mein Sühnaltar,
    Wo Geist und Sinnen sich, zu widmen mir, entzünden;
    Jedweder Sinn und Glied nimmt meine Wirkung wahr.
    Ein kräft'ger Seufzer ist ein Werkzeug meiner Stärke;
    Ein Blick, ein lächelnd' Mund thut hundert Wunderwerke.

    Schönheit
    Wenn Ruh' den Leib bezwingt und Mattigkeit die Glieder,
    Wenn die Vergessenheit der Sinne Uhrwerk stillt,
    Der Schlaf das Ohr verschließt, die Nacht die Augenlider,
    Wenn die Vergessenheit um die Vernunft sich hüllt,
    Bleibt doch der
    Schönheit Bild im Herzen unverrücket,
    Weil es jedweder Traum ihm in's Gedächtniß drücket.

    Freundlichkeit
    Du magst ja deinen Traum mit Traumesfarben malen;
    Bei düstrer Sinnennacht ist schlechter Sonnenschein.
    Denn ob mein Freudenstern zwar könnte seine Strahlen
    Den Seelen durch das Rohr der Träume gießen ein,
    So soll sich doch mein Licht mit Nebel, Dunst und Schatten,
    Kein flüchtig Irrlicht sich nicht mit mir, Sonne, gatten.

    Schönheit
    Ihr schwarzen Sonnen, ihr, im Himmel des Gesichtes!
    Ihr
    Schönheitsherolde! seid Zeugen meiner Macht;
    Ihr Augen seid der Brunn des hellen Seelenlichtes;
    Die Liebe schöpft die Gluth aus eurer kalten Nacht;
    In euren Wolken muß sie ihren Blitz entzünden,
    Ja, einen Herzensweg durch eure Fenster finden.

    Freundlichkeit
    Was seid ihr Sterne wohl, wenn nicht die Strahlen schießen?
    Ein Köcher ohne Pfeil, ein Uhrwerk ohne Gang!
    Wenn sie nicht ihr Metall in meine Formen gießen,
    Erweckt der Augen Thron geringen Liebeszwang.
    Ihr Augen mögt ja wohl der Liebe Zeughaus bleiben,
    Nur daß die Waffen sich aus meiner Schmiede schreiben.

    Schönheit
    Es mag der Perlenmund, den Nelken rings umblümen,
    Der Becher aus Rubin, der voller Zucker schwimmt,
    Durch eigne Wirkungen der
    Schönheit Palmen rühmen,
    Weil ja die Liebe selbst in seinem Purpur glimmt.
    Cupido muß sein Garn in seine Rosen stellen,
    Dafern er einen Geist will in sein Netze fällen.

    Freundlichkeit
    Die röthsten Lippen muß mein Honigseim besüßen
    Und den Zinnobermund mit Lächeln zuckern ein;
    Der Küsse Balsam muß auf die Korallen fließen,
    Soll er der Liebe Burg, der Seele Garten sein;
    Der Mund bleibt unbeseelt, die Herzen ohne Fühlen,
    Wenn meine Winde nicht durch ihre Blätter spielen.

    Schönheit
    Des Kinnes weiche Perl', der Hals aus Marmelsteine,
    Der Achseln blanke Milch, der Stirne Schneegestalt,
    Der Adern Türkise, der Leib aus Elfenbeine
    Sind Tempel süßer Lust, der Seelen Aufenthalt,
    Die durch der Augen Thor unlöschbar Feuer fangen
    Von Rosen, welche blühn auf weichen Sammetwangen.

    Freundlichkeit
    Als jüngst die Liebe sich von ihrem Sohn ließ malen,
    Macht' er des Mondes Horn von seinem Silber leer;
    Die Sonne gab ihr Gold, die Venus ihre Strahlen,
    Der Morgen den Rubin zu seinen Farben her.
    Der Pinsel war sein Pfeil, mein' Anmuth das Gemälde;
    Dich,
    Schönheit, braucht' er nur zum Grund' und untern Felde.

    Schönheit
    Es muß die ganze Welt der Schönheit sich bedienen;
    Die Sterne borgen Gold, der Himmel borgt Sapphir,
    Die Erd' entlehnt Smaragd, das Feuer braucht Rubinen,
    Krystall und Perlen sind des Wassers höchste Zier.
    Wenn die Natur die Welt mit Liebe will besämen,
    Muß sie das Pfropfungsreis von meinen Aesten nehmen.

    Freundlichkeit
    Wenn meine Knospen gleich noch in der Blüthe stehen,
    Hat doch mein Sommer schon die Liebe reif gemacht.
    Eh' als die Pfeile noch von meiner Sehne gehen,
    Vollführen Lieb' und Herz schon ihre Seelenschlacht.
    Ich bin die Liebe selbst, ihr Kern, ihr fünftes Wesen***;
    Was
    Schönheit machet krank, das muß durch mich genesen.

    * Augenbrauen
    ** Gemeines Haidekraut
    *** Fünftelfast, Quinessenz
    _____

     

  • Heinrich Mühlpfort (1639-1681)

    Verwundre nicht die grosse Hitze
    Die sich in meinem Herzen regt.
    Empfind ich doch der
    Schönheit Blitze
    Wormit mich stets dein Auge schlägt.
    Wilst du verdammen /
    Die linde Glut /
    Da ich doch Flammen
    Nehr in dem Blut
    Ganz wohlgemuth.
    _____


    An seine Liebste

    Der Sonnen lichter Glanz muß deinen Augen weichen /
    Die guldne Lippen sind noch rother als das Blut /
    Die Wangen können sich den schönsten Aepfeln gleichen /
    Der Mund zerschwillet nicht wann Er viel Worte thut.
    Ihr viel beweget diß / mich aber mehr für allen /
    Daß in den Augen / Mund / und Wangen
    Schönheit wohnt.
    Wem woltest du dann nicht du schönes Kind gefallen /
    Und deine Zierlichkeit die wird mit Ruhm belohnt.
    _____

     

  • Erdmann Neumeister (1671-1756)

    Erbarme dich / du schönheit dieser welt /
    Und nimm von mir die fessel meiner seelen!
    Wenn stahl und eiß die brust umschlossen hält /
    Durch sclaverey mich auff den todt zu qvälen /
    So dencke doch / der ursprung meiner noth
    Ist schon der tod.
    _____

    Mir schenckt die dunckle nacht gewünscht mein ander leben:
    Mich blickt der helle tag dargegen neidisch an.
    Und meine seele muß sich fast dem todt ergeben /
    Basmanda / siehe doch / was deine
    schönheit kan!
    Darf mein verliebtes herz gleich noch in hofnung stehen /
    So muß ich doch aus furcht als wie ein schatten gehen.
    _____

     

  • Martin Opitz (1597-1639)

    Ach Liebste / laß vns eilen /
    Wir haben Zeit:
    Es schadet das verweilen
    Vns beyderseit.
    Der edlen
    Schönheit Gaben
    Fliehn fuß für fuß:
    Das alles was wir haben
    Verschwinden muß.
    Der Wangen Ziehr verbleichet /
    Das Haar wird greiß /
    Der Augen Fewer weichet /
    Die Brunst wird Eiß.
    Das Mündlein von Corallen
    Wird vngestalt /
    Die Händ' als Schnee verfallen /
    Vnd du wirst alt.
    Drumb laß vns jetzt geniessen
    Der Jugend Frucht /
    Eh' als wir folgen müssen
    Der Jahre Flucht.
    Wo du dich selber liebest /
    So liebe mich /
    Gieb mir / das / wann du giebest /
    Verlier auch ich.

    _____

    Die Schönheit zwar veracht' ich gäntzlich nicht /
    Weil sie von oben kömpt /
    Das sag' ich nur daß sie gar leichte bricht /
    Vnnd bald ein Ende nimpt:
    Der rote Mund / die Wangen /
    Der schönen Augen Glantz /
    Ja alle Pracht vnd Prangen
    Ist wie ein Rosenkrantz.
    _____

    Mein Liecht entzünde mich mit deiner Augen Brunst /
    Auff daß ich dieser Haut / des finstern Leibes Dunst /
    Des Kerckers voller Wust vnd Grawens / werd' entnommen /
    Vnd ledig / frey vnd loß / der Schwachheit abgethan /
    Weit vber alle Lufft vnd Himmel fliegen kan
    Die
    Schönheit an zu sehn von der die deine kommen.
    _____

     

  • Johann Rist (1607-1667)

    O Chloris deine Treffligkeit
    Hat nirgends ihres gleichen/
    Ich seh' O Perlein dieser Zeit
    Die Sonne selbst dir weichen/
    Denn ihre
    Schönheit muß vergehn/
    Wenn sich der Tag verliehret/
    Dein Antlitz aber lässt sich sehn
    Bei Tag und Nacht geziehret.
    _____


    Als ihm einsmahlen die übertreffliche
    Schönheit
    Seiner vollenkommenen Rosiminden etwas freier
    zu betrachten vergünnet

    O mehr als güldner Tag/
    In dem ich das gesehen
    was über alles gehen
    und herrlich prangen mag/
    O was für
    Schönheit ist zu finden
    an meiner Schäfrin Rosiminden.

    Mein' Augen freüet Euch
    Es ist in vielen Jahren
    Kein Glük Euch wiederfahren
    Das dieser Stunde gleich/
    In der Sich alles das läst finden
    Was herrlich ist an Rosiminden.

    Wie daß mir mein Gesicht
    Ist gleichsam gahr verdunkelt?
    Ei sehet wie doch funkelt
    Das wunderschöne Licht
    Das sich hellscheinend lässet finden
    An meiner süssen Rosiminden.

    Schaut hier den Helffenbein
    Der Alabaster Hände
    Ach! wo ich mich hinwende/
    Da läst ein solcher Schein
    Der übermenschlich ist sich finden
    An meiner Göttin Rosiminden.

    Hinweg du Nimfen Pracht/
    Hier hat sich außgelassen
    Was kaum die Welt kan fassen/
    Nun läst der Liebe Macht
    Den treuen Dafnis recht empfinden
    Den schönsten Glantz von Rosiminden.

    Weg Helena/ dein Leib
    Darff auff den Sieg nicht hoffen/
    Hier hat dich übertroffen
    Das allerschönste Weib/
    Auff Erden ist doch nicht zu finden
    Die Sich vergleicht der Rosiminden.

    Gewünschter güldner Tag/
    In dem ich hab' erlanget
    Die Sonnen gleichlich pranget/
    Ach! gib mir daß ich mag
    All Augenblick die Rosiminden
    In solcher Lieb' und
    Schönheit finden.
    _____

    Ach! Ich brenn' im süssen Leiden
    Ich vergeh' in Liebes-Pein/
    Deine
    Schönheit die zu meiden
    Muß mein tunkles Grabmahl seyn
    Ich verschmacht'/ ich schwind'/ ich schwitz
    Als ein Gräßlein in der Hitz.
    _____

    Mein Edle Fillis bistu gleich
    sehr streng und hart von Sinnen
    So bistu doch von
    schönheit reich
    welch alles kan gewinnen/
    Der Augen Blitz/
    der Seelen witz/
    Princessinn keuscher Jugend/
    sind Zeugen deiner Tugend.
    _____

    Zürne nicht mein liebstes Leben/
    Das ich darff so kühne seyn/
    Und nach deiner Liebe streben/
    Ach die Schuld ist ja nicht mein/
    Deiner
    Schönheit mag ichs danken/
    Das ich sonder alles wanken
    Dein ergebner Diener bin
    Allerschönste Schäfferinn.

    Deine
    Schönheit kan ja blenden/
    Alle/ die nur ungefehr/
    Ihre Augen auff dich wenden
    Wenn du prächtig tritst daher
    Pfleget gleich der Neid zu toben
    Muß er doch gezwungen loben/
    Deinen hochbegabten Sinn/
    Tugend Edle Schäfferinn.
    _____


    Eines ungewissen/
    Dafnis preiset die
    Schönheit seiner Roselie

    Roselie du Preiß der Schäfferinnen/
    Roselie du Sonne meiner Sinnen/
    O schönstes Bild das nimmer wird
    recht wirdiglich gepriesen
    O Hertz darum so mancher Hirt
    sich quälet in den Wiesen.

    Daß deiner Augen-Glantz mich so verletzet/
    Macht/ daß die
    Schönheit sich darein gesetzet/
    Darum auch deine Blikkelein
    Als Ursprung vieler Schmertzen/
    Die allerstärksten Pfeile sein
    In meinem jungen Hertzen

    Ach zürne nicht mit mir/ weil ich es wage/
    Und alles frei herauß von Hertzen sage
    Die Lieb hat mir mein Hertz verwundt
    Es wil vor Liebe brechen/
    Die Liebe legt mir in den Mund
    Was meine Zung muß sprechen.

    Wer könte dich/ o süsses Kind/ ansehen/
    Und unverliebet wieder von dir gehen/
    Von dir/ o Himlische Figur/
    In welcher ist gesetzet/
    Das alles/ was sonst die Natur/
    Für lauter Himlisch schätzet.

    Ich kan mich deiner Gunst nicht würdig nennen
    Doch dieses/ Schönste/ wollestu mir gönnen/
    Das dein getreuster Diener mag
    Forthin für allen Dingen
    Dein hohes Lob zu Nacht und Tag
    Auß gantzer Macht besingen.
    _____

     

  • David Schirmer (1623-1687)

    Verschone meines Lebens/
    ich liebe wie ich sol.
    Bist du denn gar vergebens
    so grosser
    Schönheit voll?
    Umbsonst ists nicht/ daß dir der Götter Rath
    so eine Treffligkeit verliehen hat.

    Auff dieser gantzen Erden
    hat iedes seine Pflicht/
    warumb es muste werden.
    Du aber/ Schöne/ nicht.
    Zum lieben bistu Göttin auserkist/
    noch dennoch bleibstu allzeit wie du bist.
    _____


    An Alamannen/
    und ihre unvergleichliche
    Schönheit

    Alamanna/
    Schönste meiner Schönen/
    laß mich deine Zier
    rühmen hier
    mit verliebtem Sehnen
    Alamanna!

    Alamanna/
    schöne Frühlings-Blume/
    du bist weiß und roth/
    hilff aus Noth/
    dir zu deinem Ruhme/
    Alamanna!

    Alamanna/
    deine Wangen blühen/
    daß auch eine Bien
    den Rubin
    wolte dir entziehen
    Alamanna!

    Alamanna/
    deiner Augen Fackeln
    trotzen weit und fern
    Jeden Stern
    mit verliebtem wackeln.
    Alamanna!

    Alamanna/
    süß ist deine Lippe.
    den Corallen-Stein
    Sticht allein
    hin/ des Mundes Klippe.
    Alamanna!

    Alamanna/
    Wie vom Schnee zwey Ballen:
    So liegt deine Brust/
    voller Lust/
    im geschwellten Prallen.
    Alamanna!

    Alamanna/
    Alles deine Glieder
    stehen ausgeputzt:
    wie da stutzt
    Marmor hin und wieder.
    Alamanna!

    Alamanna/
    solt ich dich nur haben
    allzeit neben mir/
    wollt ich hier
    mein Hertz an dir laben/
    Alamanna!

    Alamanna/
    zwar/ es wird wol kommen
    die gewüntschte Zeit/
    das das Leid
    beyden wird benommen.
    Alamanna!

    Alamanna/
    bleib mir nur gewogen/
    niemals wirstu was
    sagen das
    wie ich dich betrogen.
    Alamanna!
    _____

    Liebste Seele/meiner Seelen/
    Soll ich mich denn gantz und gar/
    Uber dich zu tode quälen?
    Gieb mich doch nicht der Gefahr.
    Tödte lieber deinen Feind/
    Der es nie/ wie ich/ gemeint.

    Laß mich doch nicht ohne Leben
    Hier mein Leben bringen zu.
    Du kanst Kraft und Seele geben/
    Du geliebte
    Schönheit du/
    Daß ich/ ausser Noth und Pein/
    Könne voller Freuden seyn.
    _____

    Keine Rosen mangeln dir.
    Milch ist deiner Seele Zier/
    Die so lieblich auf dich rinnet.
    Deine Perlen sind so rein/
    Als ein weisser Schnee kan sein/
    Der den Liljen abgewinnet.

    Was dein süsser Balsam spricht/
    Wenn Er durch die Lippen bricht/
    Das verwundet meine Seele.
    Du bist aller
    Schönheit Zier/
    Die ich in der Welt alhier
    Unter allen Dingen zehle.
    _____


    Er rühmet jhre
    Schönheit

    Meine Wonne/ die mich leitet/
    Hat nicht Eitelkeit an Ihr.
    Zwar/ Sie ists/ die mich bestreitet/
    Doch allein mit jhrer Zier.
    Daß ich lieb je mehr und mehr/
    Kömt von jhrer Liebe her.

    Diese Göttin hat die Blitze
    Zweyfach auf mich angeregt.
    Ihrer Augen Glut-Geschütze
    Haben meinen Sin erlegt.
    Was jhr Rosen-Mund verspricht/
    Leugnet meine Zunge nicht.

    Ihre
    Schönheit kan nicht trügen.
    Alles ist berühmt an Ihr.
    Sie darf nicht den Blumen lügen/
    Demuth das ist jhre Zier.
    Ich darf keine Morgenröth/
    Wenn jhr schöner Glantz aufsteht.

    Wer nicht kan zu Hertzen fassen/
    Dieser Wangen liechte Glut/
    Dieses Edle Thun und lassen/
    Dieses Reichtumb ohne Gut/
    Der muß mehr/ als Holtz und Stein/
    Und gantz unempfindlich seyn.
    _____


    Ihn hat jhre
    Schönheit gefangen

    Perle keuscher Jugend/
    Zierrath aller Tugend/
    Soll dein Götterlicher Schein
    Irrdisch seyn?
    Deine Treflichkeiten
    Können überstreiten/
    Was des Himmels hoher Plan
    Mahlen kan.

    Deine zarten Wangen/
    Nehmen mich gefangen/
    Und dein Purpur-rother Mund
    Macht mich wund.
    Deiner Lippen Flammen
    Blasen mein verdammen
    Voller Angst und grossen Schmertz
    Auf mein Hertz.

    Wie kan ich entgehen/
    Weil die Sterne stehen/
    Die du auf mich hast/ mein Kind/
    Angezündt?
    Du hast Alabaster
    Umb des Leibes Pflaster/
    Deiner Liebe Blumen-Feld/
    Aufgestelt.

    Was soll ich beginnen?
    Ich kan nicht entrinnen.
    Deine
    Schönheit/ deine Zier
    Raubt mich mir.
    Ich muß es bekennen/
    Hold muß ich dich nennen/
    Wird mir gleich dein rother Mund
    Nicht vergunt.

    Und muß ich erblassen
    Durch dein stetes Hassen/
    So lieb ich doch deine Pracht
    Tag und Nacht.
    Wer will/ mag es gläuben.
    Ich will darauf bleiben:
    Es muß dein so hoher Schein
    Himlisch seyn.
    _____


    Uber Ihre
    Schönheit

    Wer will mich viel neiden/
    Daß ich was muß leiden
    Umb den hellen Schein?
    Ihre linden Tücke/
    Und der
    Schönheit Blicke
    Bringen alles wieder ein.

    Ich laß mir nicht wehren.
    Schönheit will ich ehren.
    Sie hat einen Muth.
    Sie hält mich gebunden.
    Sie hat überwunden.
    Schönheit ist mein höchstes Gut.

    Schönheit ist mein Himmel/
    Der das Angst-Getümmel
    Von mir abwerts lenckt.
    Sie ist meine Wonne/
    Mein Stern/ meine Sonne/
    Die am besten mein gedenckt.

    Schönheit ist ein Garten/
    Da ich Blumen warten
    Und abbrechen kan.
    Sie ist meine Rose/
    Meine Gold-zeitlose/
    Und mein edler Tulipan.

    Schönheit ist mein Leben/
    Das mir Krafft kan geben.
    Sie ist gut und Geld.
    Sie/ der Trutz des Falles/
    Schönheit ist mir alles
    Auf der weit- und breiten Welt.

    Drümb/ wer will mich neiden/
    Daß ich was muß leiden
    Umb den hellen Schein.
    Ihre linden Tücke
    Und der
    Schönheit Blicke
    Bringen alles wieder ein.
    _____

     

  • Sibylle Schwarz (1621-1638)

    O möcht ich itzt doch schön vohn deiner Schönheit singen!
    O Edle halb Göttin! dann deine hohe Zier
    scheint wie der Sonnen Licht / und nimpt mich selber mir.
    Ich wil dein hohes Lob ans Dach des Himmels bringen /

    da soltu durch den Neid und alle Missgunst dringen.
    Dein schöner Augenglantz bricht wie die Sonn herfür /
    dein Purpur Angesicht / und was noch sonst bey dir /
    ist Göttlich üm und an / du kanst die Hertzen zwingen.

    Dein Mund ist Rosenroht / die Brust Albasterstein /
    du magst / O Galate / die andre Venus seyn /

    das zeuget deine Zier / dein lieblich Sehn / dein Lachen /
    du bist der Nimphen Zier; ein Weib / das einen Mann
    so bald er sie anschawt / mit Liebe tödten kan /
    ist deiner
    Schönheit Licht noch nicht einst gleich zu machen.
    _____

     

  • Jacob Schwieger (um 1630-1664)

    Ach/ ach! wo sol ich armer immer hin/
    weil ich von dihr so gar verlassen bin?
    Komm Adelmuht! kom eilig hehr mein Kind/
    und sei mit Hertz und Mund wie ich gesinnt.

    Ein schneller Hirsch fühlt nimmer solche Pein
    wenn wegen Durst er stets muß flüchtig seyn;
    als ich mein Kind/ als ich o Adelmuht/
    empfinde wegen deiner
    Schönheit Gluht.
    _____


    Sie ist sein Pohl

    Du bist mein lichter Pohl der mich zur Liebe führet/
    ach Adelmuht mein Kind! du leitest mich allein
    zu deiner
    Schönheit Port; du bist es die mich zieret/
    du bist es auch/ du/ du die mihr bringt Angst und Pein.

    Mein Pohl bistu und wilt mihr doch nicht weiter dienen
    nachdem du mich gebracht am Hafen deiner Zier
    da ich vor Ankker lieg'. Warüm bistu erschienen
    mein Nord-stern wen du nicht wilt ferner helfen mihr.
    _____

    Adelmuht ich bitte sehr/
    deine hohe Zihr und Tugend/
    deine
    Schönheit noch vielmehr
    und das grüne deiner Jugend:
    daß du dich mihr wollest geben/
    daß ich Liebes Honig mag
    in dihr tragen Nacht und Tag
    sey mein Körbelein mein Leben!
    _____

     

  • Kaspar Stieler (1632-1707)

    Laß uns/ Kind/ der Jugend brauchen/
    weil uns noch die
    Schönheit blüht:
    Wenn die Geister einst verrauchen
    und die Todten-farb' umzieht
    unser runzlichtes Gesichte:
    Wer begehrt denn unsern Kuß?
    Nimm sie an der Rosen Früchte/
    eh ihr Blat verwelken muß.
    _____


    Schönheit gebiert Hochmuht

    Filidor lag in dem Schatten/
    wo der gelbe Pregel-fluß
    durch Prutenens braune Matten
    ziehet seinen leisen Guß/
    da befielen ihn die Grillen
    von der falschen Erotillen.

    Ihr/ ihr unbewohnten örter/
    (sprach er) und du stiller Hain
    wo die außgebrachten Wörter
    meiner Brunst verschwiegen sein/
    und die sachte Lufft der Westen
    höret meiner Quaal gebrösten.

    Hier dürff ich mein Leid beweinen/
    hier verräht mich niemand nicht/
    wo den stummen Ufer-steinen
    nur die Treue nicht gebricht:
    soll/ was ich bißher verschlossen/
    werden bey euch außgegossen.

    Erotill' hat mich verführet/
    Erotille/ derer Zier
    fast biß an die Wolken rühret.
    War' ach! diß verborgen Ihr!
    o wie wollt' ich meinem Feuer
    kommen so gewünscht zu steuer!

    Nu ist sie es worden innen/
    als sie in die Fluhten sach
    so durch unsre Wiesen rinnen
    da ward ihre Hoffart wach.
    Seit der Zeit sie sich gesehen
    darff ich nimmer zu ihr gehen.

    Daher hab' ich erst geweinet
    daher fing mein Elend an
    weil nechstdehm mir nimmer scheinet
    was mir einig leuchten kan/
    ihrer Blikke göldne Sternen
    wehrt die Venus nachzulernen.

    Erst ist sie mir nachgerennet/
    erst hieß sie mich stille stehn/
    und da war ich nicht entbrennet/
    hatt' auff Liebe nie gesehn/
    Flegel/ Pflug/ Karst/ Rohr und Nezze
    waren meine Lust und Schäzze.

    Eine Zytter geel gefärbet
    bunte Seiten oben drauff
    hat mir Daffnis angeerbet/
    dar spielt' ich zuweilen auff/
    wenn ich von der Arbeit müde
    nachdacht einem Schäffer-Liede.

    O wie offt kahm sie geschlichen
    auch wol mitten in der Nacht/
    ist auch eher nicht gewichen
    biß ich mich ins Stroh gemacht.
    Da hat sie sich offt beklaget/
    daß es so geschwinde taget.

    Ihre Lämmer gingen weiden
    offtermals in meiner Trifft/
    sie befräzten meine Heyden.
    Diß war darauff angestifft
    so ichs ia nicht leiden wolte/
     daß ich mit ihr reden solte.

    Denn so fragte sie bißweilen:
    hastu nicht das böse Tiehr
    heute morgen hören heulen?
    bleibe diesen Tag bey mir
    solt' es in die Heerde brechen/
    wie könt' ich mich/ Schwache/ rächen.

    Noch geschahen tausend Renke
    Doch/ ich ließ mich nirgend ein
    biß ich einmahl bey der Tränke
    macht ein weinig mich gemein.
    o ihr scharffen Nessel-küsse
    o daß ihr mir wart so süsse!

    Ja ihr milden Honigküsse!
    Nu habt ihr nur Bitterkeit
    statt der vorbeliebten Süsse
    meinem Herzen eingestreut/
    Nu ich euch nicht länger schmekke
    seid ihr mir zur Dornen-hekke.

    Da entglommen meine Flammen
    damit wars umb mich getahn:
    Zwar/ dieweil wir noch beysammen
    kehret' ich mich nirgends an/
    aber da sie von mir flohe
    und auff fremde Wiesen zohe:

    Götter weh! Indehme schwunden
    Zunge/ Mund/ Bluht/ Farb' und Geist.
    Eh er sich zu recht gefunden/
    war der Sonnen Wagen meist
    in der braunen See gekühlet
    und die Räder abgespühlet.
    _____

    Ach Schau-plaz aller Liebligkeiten/
    erhabne Brust/ der Götter Saal/
    wo Freud' und
    Schönheit sich begleiten
    und du/ du süsses Liljen-Tahl/
    wie gern wolt' ich in deinen Gründen
    Adonis gleich mein Ende finden.
    _____

     

  • Gottlieb Stolle (Leander aus Schlesien) (1673-1744)

    Auf die Amarillis und ihr conterfait

    Amarillis und ihr bildniß kommen richtig überein;
    Weil sie beyde voller
    schönheit, aber unempfindlich seyn.
    _____


    An Sylvien, über die bey ihr verlohrne freyheit

    Ich habe nächst bey dir die freyheit eingebüßt,
    Und möchte mir sie gerne wiederholen:
    Denn deine
    schönheit hat mir sie gewiß gestohlen,
    Ich weiß, daß sie die gröste diebin ist.
    Drum kan ich nicht umhin, es hilfft kein schreyn noch fluchen;
    Ich muß sie durch und durch besuchen.
    _____

     

  • Georg Rudolf Weckherlin (1584-1653)

    Seiner Liebsten lob.

    Vil schöner dan der Sonnen-glantz,
    Vil süsser dan ein blumen-crantz
    Ist meine Myrta anzuschawen;
    Sie ist ein tag aller klarheit,
    Sie ist der ruhm aller
    schönheit,
    Under den lieblichsten Jungfrawen.

    Ihre augen seind Amors brand,
    Ihre sitten seind voll wolstand,
    So ist ihr leben nichts dan Tugent,
    Und wie an ihrem leib kein fehl,
    So ist voll ehren ihre sehl,
    Und Sie ist ein wunder der Jugent.

    Also dise Sonn, dise blum,
    Diser tag, diser
    schönheit ruhm,
    Dise augen, dise geberden
    Dise Tugent und dise Ehr
    Machen das ich Sie lieb so sehr,
    Das ihr lieb mein leben auff Erden.
    _____


    Ihrer
    Schönheit wunderliche Würckung

    Wer sein betrübtes aug ab aller Götter pracht,
    Und ab der Natur kunst zu erquicken begehret,
    Der kom und schaw die sonn, die mit götlicher macht
    Mich, ja die fünstre welt des lieben liechts gewehret.

    Doch kom Er (seelig) bald: Dan mit zu früher nacht
    Der tod, sparend was böß, das best allzeit beschweret:
    Und dise Göttin wirt mit eyfer und obacht
    Der Götter, als die zierd des himmels, schon geehret.

    Ein wunderreiches werck, da lieblichkeit mit ehr,
    Da tugent mit
    schönheit, in einem leib vermählet
    Soll segnen sein gesicht mit lust, sein haupt mit lehr;

    Daß Er gestehen muß, daß mein gesang weit fehlet,
    In dem (bestutzet) ich ihr lob nicht gnug vermehr,
    Weil mich ihr aug zugleich entsehlet und besehlet.
    _____

    Ich kan zwar, und will nicht verneinen,
    Das ihr fürtrefliche
    schönheit
    Gewan meines hertzens freyheit,
    Mit liebkosen, klagen und weinen:
    Nu aber schaidet meine Rew
    Meine lieb von ihrer untrew.
    _____


    Von ihren überschönen augen

    Ihr augen, die ihr mich mit einem blick und plitz
    Scharpf oder süß nach lust könt strafen und belohnen;
    O liebliches Gestirn, Stern, deren liecht und hitz
    Kan, züchtigend den stoltz, der züchtigen verschonen:

    Und ihr, der Lieb werckzeug, kundschaffter unsrer Witz,
    Augbrawen, ja vilmehr triumfbogen, nein, Cronen,
    Darunder lieb und zucht in überschönem sitz
    Mit brauner klarheit schmuck erleuchtet, leuchtend wohnen!

    Wer recht kan ewre form, farb, wesen, würckung, krafft,
    Der kan der Engeln stand, schein,
    schönheit, thun und gehen,
    Der kan der wahren lieb gewalt und aygenschafft,

    Der
    Schönheit schönheit selbs, der seelen frewd und flehen,
    Und der Glickseeligkeit und Tugenten freindschafft,
    In Euch (der Natur kunst besehend) wol verstehen.
    _____


    Ihrer
    Schönheit übernatürliche Würckung

    Ich sah, als ihr gesicht, der Morgenröhtin gleich,
    Als ihre zwilling brust, so weiß als schnee zusehen,
    Und ihren glatten hals vil taussent ringlein reich
    Von ihrem krausen gold umbgaben, Sie auffstehen.

    Auffstehen sah ich Sie, so kunstloß als liebreich,
    Mit solcher
    schönheit schatz ohn müh, ohn sorg versehen,
    Daß Sie so schön, so früh, in der Lieb Königreich
    Kont andern umb mittag gezieret weit vorgehen.

    Alßbald ich Sie ersah, O wunder, schryh ich bald,
    Was kan von diser brunst und disem band mich freyhen,
    Wan götlich Sie an macht, und götlich an gestalt;

    Und wan, als sie mir wolt ihr angesicht verleyhen,
    Ie bloser ihre brust, ie stärcker ihr gewalt,
    Ie freyher ihre haar, ie mehr sie mich entfreyhen.
    _____


    Von ihrer
    Schönheit Wundern - Stände

    Seind es haar oder garn das kraußlecht, reine gold,
    Nach dessen purem schatz die Götter ein verlangen?
    Ach! Es seind zarte haar, meiner lieb wehrter sold:
    Nein. Es seind starcke garn, da sich die sehlen fangen.

    Ein gestirn oder stirn ist dan das helfenbein,
    Darauff sich Mayestet, weißheit und zucht erfrewet?
    Es ist ein glatte stirn, die hofnung meiner pein:
    Nein. Es ist ein gestirn, das die freche betröwet.

    Seind es blick oder plitz der schnell und helle glantz,
    Darab wir uns zugleich entsötzen und ergötzen?
    Ach! Es seind süsse blick auß Amors starcker schantz:
    Nein. Es seind scharpfe plitz, so die hertzen verlötzen.

    Ist ein brust oder blust der zwirig-böbend thron,
    Darauff die Charites den Liebelein liebkosen?
    Es ist ein vöste brust, da wohnet all mein wohn:
    Es ist ein edle blust von erdbör-gilg-und-rosen.

    Ist ein hand oder band der fünffgezincket ast,
    Dessen schneeweisser pracht das aug und hertz verblindet.
    Es ist ein zarte hand, erleuchtend der Lieb last:
    Es ist ein hartes band, das die Freyheit verbindet.

    Wie seelig bin ich doch, O haar, stirn, blick, brust, hand,
    So köstlich, freindlich, klar, anmuhtig und beglicket!
    Daß ich durch solches garn, gestirn, plitz, blust und band,
    Gefangen bin, freyh, wund, erquicket und verstricket!
    _____


    Eine Schöne Bettlerin

    Als von mir eine Fraw, von Gottes reicher hand
    Mit grösserer
    Schönheit dan haab und gut verehret,
    Mit fliegend-schönem haar, und lumpechtem gewand
    Umb Got in ihrer noht ein stücklein gelts begehret:

    Empfand mit andern ich, daß ihrer augen brand
    Vil mehr dan ihre bit mit lieb das hertz versehret,
    Und ihr haupt, aug und leib sich (ihrem armen stand
    Zu wider) einen schatz unschätzlich reich vermehret.

    Darumb, O Reiche Fraw, sprach seufzend ich zu ihr,
    Was bettlet diser mund, der würdig zu befehlen?
    Und dessen Reichtumb mich arm machet gegen dir?

    Dan weder Rubin ihm noch reine Perlein fehlen,
    Und das Gold deines haupts will daß selbs (Bettler) wir
    Uns deiner freindlichkeit und lieb miltreich befehlen.
    _____


    An die schönste und gaileste Rosina

    An
    Schönheit kan dir keine gleichen,
    An Gailheit wilt du keiner weichen,
    Ach! wär dein hertz der keuschheit Ruhm,
    Gleichwie dein Leib der
    Schönheit Blum,
    So könt dich weitter nichts bereichen.
    _____

     

18. Jh.

 

  • Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

    Lieb um Liebe, Stund um Stunde,
    Wort um Wort und Blick um Blick;
    Kuß um Kuß vom treusten Munde,
    Hauch um Hauch und Glück um Glück.
    So am Abend, so am Morgen!
    Doch du fühlst an meinen Liedern
    Immer noch geheime Sorgen;
    Jussuphs Reize möcht ich borgen,
    Deine
    Schönheit zu erwidern.
    _____

     

  • Johann Christian Günther (1695-1723)

    Deiner
    Schönheit reife Früchte
    Martern mich ja auch zu scharf,
    Denn sie sind nur Schaugerichte,
    Die mein Mund nicht kosten darf.
    O betrübter Appetit,
    Der verbothne Früchte sieht!
    _____


    AN SEINE SCHÖNE

    NUR eine bleibet meine Taube,
    Und diese, werthes Kind, bist du;
    Die Welt hat nichts von süßrem Schmerze,
    Als wenn ich dir, vertrautes Herze,
    Die Armen um den Nacken thu
    Und dort zwey Handvoll Blumen raube.

    So wie uns oft nach warmen Regen
    Ein grünlichter Geruch erquickt,
    So geil, so kräftig und so süße
    Erfahr ich den Geruch der Küße,
    Die, wenn sich deine Zunge rückt,
    Herz, Nieren, Marck und Bein bewegen.

    So herrlich dämpft Dianens Tempel
    Mit seinem theuren Räuchwerk nicht,
    So liebreich wißen keine Rosen
    Den schwachen Sinnen liebzukosen
    Als dies, was hier die Regung spricht:
    Die Wollust leidet kein Exempel.

    Mich deucht, es geht auf deinem Munde
    Der nechste Weg in Amors Reich.
    Der Vorschmack von den reinen Lüsten
    Führt mich durch Berge, Thal und Wüsten;
    So denck ich oft, und irr ich gleich,
    So irr ich doch mit gutem Grunde.

    Reißt, sanfte Lippen, reißt mein Leben
    Durch so ein warmes Gift dahin;
    So komm ich beßer und auch eher
    Ins Paradies der Elisäer,
    Allwo ich schon im Traume bin,
    Weil Fried und
    Schönheit um mich schweben.

    Ja, ja, du magst es auch belachen,
    Ich will mit deinen Küßen fliehn,
    Und wird mich dort Petrarch umfaßen,
    Ihn gleichfalls einen kosten laßen.
    Was gilt's? Er soll vor Sehnsucht glühn
    Und viele Geister lüsternd machen.
    _____

    STIRBT meine Flavie, so klagen meine Flöthen,
    Der Schlag, so sie gefällt, muß mich auch selber tödten.
    Die
    Schönheit und ihr Kind, mein Leben, sinckt ins Grab,
    Das meine Lust vergräbt. Was mir der Himmel gab,
    Nimm jezt die Erde hin. Der Zierrath aller Wälder
    Der Ausbund aller Treu, macht der Elyser Felder
    Durch seinen Tod beglückt. Die ewig schwarze Nacht
    Verhüllt mein Sonnenlicht. Was mir das Leben bracht,
    Geht zu den Todten hin. Der Augen holden Sterne
    Verlieren Glanz und Schein. Die Schale liegt vom Kerne
    Zusamt den Schlacken hier, und der beredte Mund
    Macht durch ein stummes Wort die lezte Rede kund.
    _____

    ICH leugne nicht die starcken Triebe
    Und seufze nach der Gegenliebe
    Der
    Schönheit, die mich angesteckt.
    Der Traum entzückt mir das Gemüthe,
    So oft mir mein erregt Geblüte
    Dein artig Bild auch blind entdeckt.
    _____

    Mich deucht, du nimmst es wohl zu Herzen.
    Erhalt ich das in meinen Schmerzen,
    Daß dir mein Feuer wohlgefällt,
    So will ich heimlich gerne brenen
    Und dir sonst nichts als dies bekennen:
    Du seist die
    Schönheit dieser Welt.
    _____

    Die Ehrfurcht, so mein Geist vor deiner Gottheit heget,
    Die Liebe, so mein Herz zu deiner
    Schönheit träget,
    Sind Feinde, derer Streit mich beiderseits verlezt,
    Nachdem sie meine Brust zur Wahlstatt ausgesezt,
    Auf welcher sie bisher mit gleichem Glücke kriegen;
    Denn beide sind geschickt, einander obzusiegen.
    _____

    DIE
    Schönheit ist es nicht gewohnt,
    Gefangne los zu laßen;
    Ihr Auge bindet mehr als Gold.
    Wer einmahl ihrer Herrschaft zollt,
    Der muß die Freyheit haßen
    Und wird davor mit Lust belohnt.
    _____

    BISTU gar nicht zu gewinnen,
    So beklag ich dich, mein Kind,
    Weil dir die verstockten Sinnen
    Selbst am meisten schädlich sind.
    Wem versparstu deinen Garthen?
    Glaube nur: Ein langes Warthen
    Speist die Hofnung oft mit Wind.

    Blumen wachsen nicht vergebens,
    Früchte reifen vor den Mund,
    Schönheit blüht zur Lust des Lebens,
    Brauchen macht den Werth erst kund;
    Nimm ein Beyspiel an den Bienen,
    Die mit Honig andern dienen,
    Und versüße mir den Bund.
    _____

    Bis die schwere Zunge stammlet,
    Bis mich ein gedrungnes Haus
    Zu der Väter Beinen sammlet,
    Sprech ich deinen Nahmen aus.
    Deine
    Schönheit, dein Gemüthe,
    Deine Tugend, deine Güte
    Soll mit mir zu Grabe gehn.
    Dich nur wieder zu umfangen,
    Will ich, wenn die Welt vergangen,
    Noch so rüstig auferstehn.
    _____

     

  • Friedrich von Hagedorn (1708-1754)

    Das Recht, mein Herze zu entzücken,
    Und meiner Wünsche Ziel zu seyn,
    Räum ich nur einer Phyllis Blicken,
    Nur Ihrer seltnen
    Schönheit ein.
    Wie stolz war ich, Sie zu gewinnen!
    Auch dieser Ruhm verewigt sich.
    Beneidet Sie, ihr Königinnen!
    Und, Könige! beneidet mich.
    _____


    Die
    Schönheit

    Wie lieblich ist des heitern Himmels Wonne,
    Der reine Mond, der hellen Sterne Heer,
    Aurorens Licht, der Glanz der güldnen Sonne!
    Und doch ergetzt ein schön Gesicht weit mehr.
    Der Tropfen Kraft, die Wald und Feld verjüngen,
    Belebt sie kaum, wie uns ein froher Kuß,
    Und nimmer kann ein Vogel süßer singen,
    Als uns ein Mund, den man verehren muß.

    Eleonor! auf Deren zarten Wangen
    Der Jugend Blüht in frischen Rosen lacht,
    Und Zärtlichkeit, Bewundrung und Verlangen
    Dir, und nur Dir so zeitig eigen macht;
    Ob Psyche gleich die Liebe selbst regierte,
    Als sie, mit Recht, des Gottes Göttinn hieß;
    So glaub ich doch, daß ihn nichts schöners rührte,
    Als die Natur in Deiner Bildung wies.

    Dein Auge spielt und Deine Locken fliegen
    Sanft, wie die Luft im Strahl der Sonne wallt;
    Gefälligkeit und Anmuth und Vergnügen
    Sind ungetrennt von Deinem Aufenthalt.
    Dir huldigen die Herzen muntrer Jugend;
    Das Alter selbst beneidet Deinen Witz.
    Es wird, in Dir, der angenehmsten Tugend,
    Und nirgend sonst der angenehmste Sitz.

    Man schmeichelt mir, daß, in zufriednen Stunden,
    Eleonor auch meine Lieder singt,
    Und manches Wort, das viele nicht empfunden,
    Durch Ihre Stimm' in aller Herzen dringt,
    Gewähre mir, den Dichter zu beglücken,
    Der edler nichts als Deinen Beifall fand,
    Nur einen Blick von Deinen schönen Blicken,
    Nur einen Kuß auf Deine weisse Hand.
    _____

     

  • Friedrich Leopold Graf zu Stolberg (1750-1819)

    Die
    Schönheit

    Wie freudig die Lerche
    Schwebet entgegen
    Dem röthlichen Morgen,
    So schwebet in melodischem Fluge des Gesangs,
    Lieblichste Tochter der Natur,
    Schönheit, meine dürstende Seele dir nach!

    Deine heimische Laube
    Blühet unter den Sternen nicht:
    Aber auf Strahlen des Himmels
    Schwebest oft zu Sterblichen du hinab!
    Lächeltest mir oft,
    Von purpurnen Wangen des Morgens,
    Oft vom Schimmer des Mondes,
    Und vom Spiegel des Sees, den der Hain umkränzt,
    Sanfte Ruh in die Seele,
    Ahndungen und Himmelsgefühl!

    Ach, auf Wangen des Mädchens
    Sah ich dich himlischer noch!
    In sanftrollender Unschuld
    Ihrer schmelzenden Augen
    Sah ich dich himlischer noch!
    Hörte dich in den bebenden Melodien.
    Ihrer schwebenden Stimme!
    Hörte dich! sah dich! fühlte dich!
    Und in Flammen der Liebe ...

    Wehe mir! wehe!
    Was bebt meine Seele
    Plözlich in die Ebbe des Gesangs zurück!
    Selinde!
    Selinde!
    Versiegt bei deinem Namen mein Gesang? ...

    Stolberg sei ein Mann!
    Ströme wieder, Gesang!
    Ström', ich beschwöre dich bei deiner Kraft!
    Denn die heimische Laube
    Der seligen Göttin
    Blühet unter den Sternen nicht!

    Himmlische
    Urschönheit!
    Oder wie nennen die Unsterblichen dich,
    Welche besser dich kennen, als Homer,
    Plato, Klopstock und Oßian?
    Bist du der olympischen Tugend
    Schwester? oder sie selbst?

    Selige Bewohner des Lichts,
    Welche sich sonnen in deinem Stral,
    Und mit schwellendem Segel
    Schiffen auf der Wahrheit unendlichem Oceanus!

    Weise der Erde
    Stehn am sandigen Ufer,
    Freun sich, wie Kinder,
    Wenn die kleine Kenntniß
    Zappelt an der Angel schwankendem Rohr!

    Lächeln, wie Kinder,
    Ueber den weissen Schaum
    Und die bunte Blase,
    Ehe sie am Gestade zerplazt!

    Lieber wall' ich am Ufer,
    Ruhig und Gedankenvoll!
    So hört doch mein Ohr
    Der ernsten Wogen rauschenden Fall!
    Es spähet mein Blick
    Die Argo, die einst
    Zum reineren Golde mich führt!

    Schweig indessen, Gesang!
    Bis du einst der Göttin,
    Wie die Donau der Sonne,
    Von ihrem Glanze golden und roth,
    Freudig und donnernd entgegen strömst!
    _____

     

  • Christian Felix Weisse (1726-1804)

    Dass jeder Priester heilig lebt,
    Der Philosoph nach Weisheit strebt,
    Die Unschuld vor Gerichte sieget:
    Das glaubt' ich? - Nein!
    Dass oft der Fromme menschlich irrt,
    Der Philosoph sehr sinnlich wird,
    Das Recht der
    Schönheit unterlieget:
    Das könnte seyn!

    Wenn sich Beatrix schminkt und schmückt,
    Liebäugelt, buhlt, die Hände drückt,
    Dass sie dadurch ein Herz entrissen:
    Das glaubt' ich? - Nein!
    Doch dass, wenn auch kein Putz sie ziert,
    Selinde jedes Auge rührt,
    Und jeder Mund sie wünscht zu küssen:
    Das könnte seyn!
    _____

     

  • Christine Westphalen (1758-1840)

    Philosophie der Liebe

    Zarteste Blüthe! verbirg den Busen der glühenden Sonne!
    Thau ernähre dich nur; leise berühre dich Hauch.
    Plato lehret: das Sehnen im Streben zur göttlichen
    Schönheit,
    Sey ihr lebendiger Geist; Haben ihr ewiger Tod.
    _____

     

19./20. Jh.

 

  • Otto Julius Bierbaum (1865-1910)

    Einem schönen Mädchen unter sein Bildnis

    Wo sah ich das doch schon einmal?
    Dies zart und liebliche Oval,
    Die großen Augen tief und klar,
    Dies bogenfeine Lippenpaar
    Und diesen Strudel Lockenhaar?

    Wo, wo? Und plötzlich seh ichs licht:
    In Form und Farben ein Gedicht,
    Das Botticellis teure Hand
    Gedichtet auf die Leinenwand.

    Stand lange in Florenz davor,
    Mich ganz in Schauens Lust verlor,
    Andächtig zu der klaren Kraft,
    Die uns in
    Schönheit Tröstung schafft.

    Denn aller
    Schönheit höchste Huld
    Ist Trost und Stille und Geduld.
    Wer recht zu sehen weiß, der spürt
    Sein Herz von Schwingen angerührt,
    Die himmelher und heilig sind.
    Ihr Wehen ist so lieb und lind
    Wie Mutteratem über der Wiegen;
    Du fühlst dich eingebettet liegen,
    Liebeeingefriedet wie ein Kind.

    Dem Meister, der so hohes gab,
    Legt Dankbarkeit den Kranz aufs Grab;
    Der
    Schönheit, die ins Leben blüht,
    Naht sich mit Wünschen das Gemüt:

    Sei nicht bloß Schenkerin -: Beschenkte auch!
    Im eignen Innern wohne dir der Hauch,
    Den
    Schönheit atmet: Friede sei dein Teil!
    Du lieb Gesicht, halt deine Seele heil!
    _____

     

  • Friedrich von Bodenstedt (1819-1892)

    Anmuth gürtet deine Lenden,
    Schönheit blüht um deine Glieder;
    Schultern, die vor Weiße blenden,
    Ziehen dunkle Locken nieder.
    Wenn in deine Zauberkreise
    Mächtig mich dein Auge zieht:
    Zürne nicht, daß ich dich preise,
    Hochbeseligte! im Lied.
    _____

    Mir das Lieblichste erwähl' ich
    Anzubeten und zu loben,
    Wer hier strauchelt, der wird selig,
    Wer hier fällt, der wird erhoben;
    Der ist nicht der rechte Weise
    Der nicht vor der
    Schönheit kniet -
    Zürne nicht, wenn ich dich preise,
    Hochbeseligte! im Lied.
    _____

    Seh' ich Deine zarten Füßchen an,
    So begreif' ich nicht, Du süßes Mädchen,
    Wie sie so viel
    Schönheit tragen können!
    _____

     

  • Adolf Böttger (1815-1870)

    Wie Mondesglanz die Nacht durchbricht
    Und strömt auf Thal und Matten,
    So fließt der
    Schönheit Lilienlicht
    Aus Deiner Wimpern Schatten.
    _____

    Mich treibt es ruhlos, Dich, nur Dich zu schauen,
    In Deiner Näh' empfind' ich volles Leben,
    Anmutge Bilder seh' ich um mich schweben,
    Die mir der Dichtung Himmel auferbauen.

    Wenn Deine Blicke sonnenmächtig thauen
    Die Kälte, welche lang dies Herz umgeben,
    So mag ich kaum dem Drange widerstreben,
    Dir Alles, ja das Liebste, zu vertrauen.

    Und dennoch faßt allstündlich mich ein Bangen,
    Mein tiefstes Wesen frei Dir zu entfalten
    Mit allen seinen Plänen und Verlangen:

    Denn vor der
    Schönheit fesselnden Gewalten
    Verstummt der Mund, die Seele stockt befangen
    Und wähnt die Glut im Worte zu erkalten.
    _____

     

  • Udo Brachvogel (1835-1913)

    Es schießt da, wo Du schwebend gehst, die
    Schönheitspflanze auf,
    Der Liebe Falter steigt von ihr in leichtem Tanze auf.
    Du schau'st nach Osten, und berauscht von Deinem Anblick steigt
    Der schon so schöne Sonnengott in schöner'm Glanze auf.
    Nur eine halbe
    Schönheit trägt die Rose und erliegt
    Schnell welkend ihrer Last, Du nimmst siegreich die ganze auf.
    Der Frühling ist das Postament, das Deiner harrt, Du steigst,
    Geschmückt das
    schönheitsmüde Haupt mit ew'gem Kranze auf;
    Es flocht Dein Dichter Dir den Kranz; sein Tag'werk ist Dein Preis;
    Sein Lied hält keines Menschen Groll, nicht Schwert und Lanze auf.
    Wir leben Beide ewig fort, denn sterbend steigen wir
    Ein flammend Liebesmeteor im Sonnenglanze auf!
    _____

    Der Himmel glüht wie eine Purpurflur,
    Es ist nur Widerschein von Deiner Wange;
    Der Abendwind, der leise, sehnsuchtsbange,
    Er ist der Nachhall Deiner Lieder nur.

    Mir wiesen Blumen einstens Deine Spur,
    Die ich verfolgt in heißem Herzensdrange;
    Im Wellentanz, im Nachtigallensange
    Vorahnend hört' ich Deine Stimme nur.

    Und endlich fand ich Dich, - welch ein Begegnen!
    Ich wollte beten, doch ich konnt' es nicht,
    Rings um mich wogte eine Fluth von Licht.

    Erschrocken starrt' ich Dir in's Angesicht!
    Ja, lass mich jauchzend Deine
    Schönheit segnen,
    Bis das Entzücken diese Lippe bricht.
    _____


    Sonnenaufgang

    Zu kühnem Sitze haben wir erkoren
    Den Felsengipfel, reich bedeckt mit Moos,
    Ein kleiner Raum trennt uns vom Abgrund blos,
    Und Nebel dampft aus allen Erdenporen.

    Da tritt der Morgen aus den gold'nen Thoren,
    Aufsteigt die Sonne feierlich und groß,
    Es öffnen weiße Blumen ihren Schooß
    Und spenden Duft in
    Schönheit wie verloren.

    Ob ihnen schwebt der Tanz von Schmetterlingen,
    Durch Flur und Wälder Morgenhymnen schallen,
    Der Adler hebt die gluthgewohnten Schwingen;

    Und doch will ich nur Dir zu Füßen fallen,
    Nur Deiner
    Schönheit Dithyramben singen,
    Du bist ja doch die Herrlichste von Allen!
    _____

     

  • Carl Busse (1872-1918)

    So zürne nicht, wenn jeder Hauch
    Zu dieser Zeit nach dir verlangt;
    Um deine
    Schönheit heißer auch
    Mein zitterndes Begehren rankt.

    O laß mich dir zu Füßen sein,
    Bis lieblich sich dein Blick verwirrt,
    Und mein und immer wieder mein
    Die Fülle deiner
    Schönheit wird!
    _____


    Schönheit

    Schönheit der Erde, die du in Mädchen blühst,
    Die du in Blumen düftest - sei gegrüßt!

    Hab' ich den Hut mir oft auch mit Blüten geschmückt,
    Immer dacht' ich doch derer, die ungepflückt.

    Immer von röteren Lippen hab' ich geträumt,
    Wenn sich auf roten mein durstiger Mund versäumt.

    Schönheit der Erde, wie du auch leuchtest und blühst,
    Horch, wie in Schmerzen meine Seele dich grüßt!
    _____

     

  • Peter Cornelius (1824-1874)

    Blühst du in der
    Schönheit Zier

    Blühst du in der
    Schönheit Zier,
    Wag' ich kaum den Wunsch zu dir
    Zu erheben;
    Still nur pocht das Herz in mir:
    "Für dich leben!"

    Aber wenn du leiden mußt
    Fühl' ich stürmisch in der Brust
    Pochend werben
    Jeden Herzschlag um die Lust:
    "Für dich sterben!"
    _____

     

  • Max Dauthendey (1867-1918)

    Deine
    Schönheit ist meine Harfe

    Auf den Apfelbäumen ist ein rosiges Gedränge,
    Die Blüten sind weich wie dein Nacken
    Und rund wie deine Wangen;
    Die Apfelbäume haben es von dir gelernt,
    Sich süß zu schmücken, sie verlernen es nie mehr.

    Deine
    Schönheit ist meine Harfe,
    Du bist unendlich schön, mein Lied sei ohne Ende.
    Du schlägst die Wimpern nieder,
    Sie sind mir eine neue Brücke in dein Herz.
    _____

    Wen köstlich liebt ein schönes Weib,
    Dem hängt sie ihre
    Schönheit an,
    Die Lust wird wonnig um den Mann,
    Aufrecht und stolz auch blüht sein Leib.
    _____

     

  • Carl Ferdinand Dräxler-Manfred (1806-1879)

    Sie war ein Bild - es läßt sich nicht beschreiben,
    Wie sie der
    Schönheit milder Glanz umfloß,
    Wie sich der Anmuth wunderbares Treiben,
    Ein Himmel, um die Engelseele goß;
    Sanft überdunkelte die schöne Miene
    Der Frohsinn mit des Lächelns holdem Sieg',
    Indeß der Lippen glühendem Rubine
    Der milde Zauber, Melodie, entstieg.

    Stillleuchtend lag das Diadem der Würde
    Auf ihrem süßen Haupt in vollem Glanz,
    Es war als ob der Himmel ihr zur Zierde
    Sich aller
    Schönheit nun entvölkert ganz;
    Der Seele Frieden - wär' er ihr geblieben! -
    Er strahlte klar aus ihrem Angesicht,
    Und nur die stille Fähigkeit zu lieben
    Wob ein geheimes Räthsel in dieß Licht.

    Ein Räthsel, das in Jammer aufzulösen
    Das Unglück zum Oedipos mich gereift; -
    Erloschen ist mein Aug', seit ich's gewesen,
    Der dieß Geheimniß grausam abgestreift;
    Vertrocknet dieses Herz, seit des Geschickes
    Abgründe gähnend ich eröffnet sah:
    Hinunter schaut' ich, - und die Sphinx des Glückes,
    Ach, sie lag leblos und zerschmettert da.
    _____

     

  • Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857)

    O selig, wem von ihrer Götterfülle
    Den ird'schen Funken
    Schönheit lächelnd schenkt,
    Der zaubrisch eint die Seele mit der Hülle,
    Daß man beim Körper nicht des Körpers denkt.
    Doch
    Schönheit nur, der schönen Seele Spiegel,
    Glaub Mädchen mir, entzücket nie allein,
    Geschirmt und von der Unschuld Rosenflügel
    Gräbt sie ins fremde Herz sich flammend ein!
    _____

     

  • August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

    Ich will von dir, was keine Zeit zerstöret,
    Nur
    Schönheit, die das Herz verleiht;
    Ich will von dir, was nie der Welt gehöret,
    Die engelreine Kindlichkeit.
    _____

     

  • Julius Grosse (1828-1902)

    Mir bist du nun ein goldner Morgentraum,
    Ein süßer, ewig unvergessen.
    Solch heil'gen Frieden giebt kein Baum
    Voll Myrthen selbst, als trauernde Cypressen.

    Und deine
    Schönheit strahlt geheimnißvoll
    Hinfort auf alle meine Lieder,
    Ich hab' geschaut, was Keiner soll:
    Die Sonne meiner Seele sank mir nieder.
    _____

     

  • Alfred Grünewald (1884-1942)

    Präludium

    In der Jugend heitrem Glanze,
    mit Gebärden flink und zier,
    regst du dich in leichtem Tanze,
    zeigst dich allen, zeigst dich mir.

    Kind, wie deine Schritte schweben,
    wie dein Auge loht und lacht!
    Weckest mich zu neuem Leben,
    mich gemahnend meiner Macht:

    daß ich nicht mehr länger säume,
    da mein Herz ja schon begann.
    Ein Gebieter meiner Träume,
    schau ich deine
    Schönheit an.
    _____


    Melancholie

    Tor, du bautest im Traum Tempel von starrem Stein.
    Säulen, ragend und licht, mit vergoldetem Knauf,
    trugen griechisch Gebälk. Aber im Tympanon
    glänzte golden ein Name dir.

    Denn Vergötterung war, Träumer, dein Teil. Wer sang,
    so ihn
    Schönheit bezwang, Hymnen, selig wie du!
    Doch nun stürzt das Gebäu, und dein Gesang versiegt.
    Stumm und gnadenlos graut der Tag.
    _____

     

  • Karoline von Günderrode (1780-1806)

    Liebe und
    Schönheit

    Prometheus hatte nun den Mensch vollendet,
    Doch unbeweglich blieb der todte Stoff,
    Bis er der Sonne Funken hat entwendet;
    (Ein Tropfe, der der
    Schönheit Meer enttroff)
    Doch dieser Funke, er entflammt im Bilde,
    In das des Künstlers Weisheit ihn verhüllte.

    Von
    Schönheit ist das Leben ausgegangen,
    Doch es vergißt den hohen Ursprung nicht;
    Es strebt zu ihm, und Lieb ist dies Verlangen,
    Die ewig ringet nach dem Sonnenlicht.
    Denn Lieb ist Wunsch, Erinnerung des Schönen,
    Die
    Schönheit schauen will der Liebe Sehnen.

    Drum kann die Liebe nimmer selbst sich g'nügen,
    Drum ist sie immer reich in ihrem Reich;
    Drum sucht sie
    Schönheit sich ihr anzufügen
    Und bettelt ewig vor der
    Schönheit Reich.
    Doch ach! unendlich ist das Reich des Schönen,
    So auch unendlich unserer Liebe Sehnen.
    _____

     

  • Robert Hamerling (1830-1889)

    Ach jene tiefdurchdringenden,
    In aller Näh' und Ferne
    Den Herztribut erzwingenden,
    Tiefdunklen Augensterne,
    Sie schleudern, wie der prächtige
    Demant'ne Sternenkranz,
    Ins ird'sche Grau'n, ins nächtige,
    Der
    Schönheit Wunderglanz.

    Sie glüh'n, als geistdurchleuchtete
    Krystall'ne Zauberbronnen,
    Von ird'schem Tau befeuchtete,
    Gedämpfte Himmelssonnen!
    Mir ist, als ob sich spiegelte
    Im Wunder ihres Scheins
    Das nie so rein entsiegelte
    Geheimnis höchsten Seins:
    _____


    Das Schöne

    Der
    Schönheit Götterleib ist wie zerstücket,
    Zerstreut die Blumen ihres Zauberkranzes,
    Den noch kein sterblich Auge sah als Ganzes,
    Der voll nur der Chariten Häupter schmücket!

    Welk flattert morgen, was uns heut' entzücket,
    Dahin im Wirbelwinde, flücht'gen Tanzes;
    Heut strahlt ein Höchstes uns voll lichten Glanzes,
    Und morgen war's ein Schein, der uns berücket.

    Fortunens Kugel gleich, entrollt im raschen
    Umschwung vor uns der gold'ne Schein des Schönen;
    Wir folgen ihm und können ihn nicht haschen.

    Und nur die Muse reicht geliebten Söhnen,
    Die in kastal'schem Tau das Auge waschen,
    Holdsel'gen Trost in Farben und in Tönen!
    _____

    Süße Sehnsucht, holdes Regen,
    Leite mir den trüben Sinn
    Immerdar auf Wolkenstegen
    In die schöne Ferne hin;
    Bis in
    Schönheit süß gebadet,
    Und in Liebe rein gestimmt,
    Sich das Herz im Lied entladet,
    Das die Nacht allein vernimmt.
    _____


    Herzlose
    Schönheit

    Kalt und herzlos lächelst du, stolze Schöne!
    Unfruchtbar ist Liebe zu dir, wie Sehnsucht,
    Heiß entbrannt für göttlichen Formenreiz in
    Farben und Marmor!

    Flechte nie die Rose sich dir zum Brautkranz!
    Ruh' am Busen nimmer ein teures Haupt dir!
    Und erwählt ein Herz dich, so sei's ein leeres
    Herz, wie das deine!

    Nur mein Lied verkünde der fernen Nachwelt
    Deinen Reiz und deiner Gefühle Kaltsinn!
    Statt der Myrten blühe wie mir, so dir auch
    Bitterer Lorbeer!
    _____


    An Miranda

    O Weib, ich vergebe dir alles!
    Trägst du doch das Götterlieblingssiegel
    Der
    Schönheit auf der Stirne!

    Denn die Erkorenen,
    Welchen auf die Stirne gedrückt ist
    Das Götterlieblingssiegel der
    Schönheit,
    Sie haben das Recht, zu entzücken die Augen
    Und tödlich zu quälen die Herzen
    Immerdar.

    Warum, o Mutter Natur,
    Giebst du dem Schönen immer so scharfen Stachel?
    Woher in aller Welt kommt ärgeres Leid,
    Als von schönen Augen und goldenen Locken,
    Von Rosenlippen und Perlenzähnen,
    Von Lilienhüften und Schwanenbusen,
    Von Wangengrübchen und lieblich gerundeter
    Fülle des Kinns,
    Von weichen, weißen Händchen
    Und von vollen runden Armen und zierlichen Füßchen?
    Hyänen sind grausam und Kröten häßlich;
    Aber der Schrecken schrecklichster
    In dieser Welt -
    Ist's nicht die
    Schönheit?
    _____


    Seligstes

    Selig, welcher das Herz hingiebt an das All, und der
    Schönheit
    Ewigem Bilde den Sinn, stille betrachtend, geweiht.
    Seliger doch, wem das Schöne verstehenden Blickes entgegen
    Tritt, wer liebend ans Herz drücken ein Göttliches darf!
    _____

    Träume, mein Herz, den Traum der
    Schönheit!
    Den fast verscholl'nen im wüsten Tagwerk,
    Hier träum' ihn,
    Selig einsam,
    Unter Cypressen und Lorbeern,
    Wo am sonnigen Strand
    Die Rebe grünt, vom Perlenschaum
    Des Südmeers golden betaut.

    Im Norden hört' ich
    Verklingen das Lied
    Im Tagslärm.
    Andere Melodien will dort die Zeit,
    Als die der
    Schönheit.
    Den Heroldsruf
    Der Tagesfehde begehrt sie,
    Nicht reiner
    Schönheit Sabbatglockenklang!
    Hier aber klingen
    Die Lüfte von Rhythmen,
    Hier tönt noch,
    Welt-unbekümmert,
    Anmutiger Herzempfindung
    Klangfrohe Musik!
    Stimm' ein, o Lied, und wälze
    Schönheittrunken
    Aus Seelentiefen
    Die süße Tonwoge des Rhythmenstroms!

    Blüht Herrlicheres auf irdischen Au'n,
    Erhab'neres in himmlischen Höhn,
    Als
    Schönheit?
    Sei's, daß auf blumiger Lenzflur,
    Auf blauenden See'n im Glanzduft,
    Oder am schroffen Gebirg
    Ihr goldener Fittig schwebt -
    Sei's, daß das Rätsel des Daseins
    In reiner, lebendiger Menschenblüte
    Sie bildend löst,
    Durch den Reiz des Maßes
    Den Schmerz der Schranke versöhnt,
    Und mit Ahnungswonne
    Künftiger Lebensvollendung
    Der Dichtersehnsucht
    Urewige Qualfrage beschwichtigt -
    Sei's, daß die Ströme der Brust
    In süßen Gesangs
    Zauberschale sie auffängt
    Und, wild Erquoll'nes
    Zart umgrenzend
    In holder Schranke des Rhythmus,
    Formprächtige Tonkrystalle
    Wie Perlen ausstreut.

    Mir hat sie die Seele berauscht,
    Das Herz mir umstrickt mit golddichtem Netz,
    Ihr Sklave bin ich!
    Zukunftspropheten,
    Welt-Heilsapostel,
    Scheltet mich nicht!
    Zeihet mich nicht der Thatlosigkeit!
    Der
    Schönheit Evangelium ist eins
    Mit dem der Zukunft!
    _____


    Sterben für ein Schönes

    Wohl ist mein Herz aus leicht entzündbar'n Stoffen,
    Doch selten thut mir Frauenreiz Genüge;
    Kalt weht mich an als eine schöne Lüge,
    Was erst wie Himmelszauber mich getroffen.

    Und doch ist Liebe noch mein höchstes Hoffen,
    Auf ihrer Spur geh'n meiner Sehnsucht Flüge:
    O fänd' ich liebenswerte, theure Züge,
    Und säh' der
    Schönheit ganzen Himmel offen!

    Bleib' ferne mir das holde Bild, verhöhn' es
    Mit stolzem Sinn mein trautes Liebewerben,
    Und keinen meiner heißen Wünsche krön' es:

    Gern füg' ich diesem Lose mich, dem herben,
    Ich will ja nichts als schau'n ein wahrhaft Schönes,
    Und wär' es auch nur, um dafür zu sterben!
    _____

     

  • Friedrich Hebbel (1813-1863)

    Das Geheimnis der
    Schönheit

    Was ist es, das an alle deine Schritte
    Uns fesselt und das Herz uns schwellt,
    Und uns zugleich in diese reine Mitte
    Von heilger Scheu und süßer Neigung stellt?

    Zwar scheinst du, wie aus einer lichtern Sphäre
    In unsre Nacht hinabgetaucht,
    Als ob der Duft in dir verleiblicht wäre,
    Den still der Lotos in die Lüfte haucht.

    Doch ists nicht dieser Zauber, der uns bindet,
    Uns trifft ein höherer durch ihn,
    Bei dem die Seele schauernd vorempfindet,
    Wie alle Welten ihre Bahnen ziehn.

    Du magst dein Auge senken oder heben,
    Den Reigen führen oder ruhn,
    So spiegelt sich das allgemeine Leben,
    Dir selbst Geheimnis, ab in deinem Tun.

    Du bist der Schmetterling, der auf den Flügeln
    Den Schlüssel zu der Schöpfung trägt
    Und sie im Gaukeln über Au'n und Hügeln
    Vorm Strahl der Sonne auseinander schlägt.

    Du folgst nur einem flüchtigen Verlangen,
    Nur einer Wallung der Natur,
    Wenn wir mit trunknen Blicken an dir hangen,
    Als zög ein neuer Stern die erste Spur.

    Du pflückst in einer kindlich-leichten Regung
    Dir Blüte oder Frucht vom Baum
    Und weckst durch eine liebliche Bewegung
    In uns den frühsten Paradieses-Traum.

    Heil uns, daß du in unbewußtem Walten,
    Wenn du auch selbst nur spielen willst,
    Durch deiner
    Schönheit leuchtendes Entfalten
    In uns das ewige Bedürfnis stillst.
    _____

     

  • Georg Heym (1887-1912)

    In meinem Herzen steht ein Tempel ...

    In meinem Herzen steht ein Tempel.
    Der
    Schönheit hab ich ihn geweiht,
    Der Göttertochter, die erhaben
    Gebietet der Unendlichkeit.

    Ihn deckten Staub und Spinneweben,
    Lang stand er in die Nacht versenkt,
    Da nahtest du, vor deinen Augen
    Klafften die Tore, freigesprengt.

    Ein Frührot strahlet meinem Tempel.
    Herrin, du kommst, ich harre dein,
    Der Göttin Tempel steht dir offen,
    Willst du die Priesterin mir sein?
    _____

    Von
    Schönheit trunken muß ich dich genießen,
    Des Wunderleibes Pracht begreifen,
    Daß du und ich im Jauchzen eins verfließen,
    Daß wir uns brünstig lichtwärts reifen.
    _____


    O welche ungeheure
    Schönheit ...
    An?

    O welche ungeheure
    Schönheit ward
    In diesen Leib gefaßt,
    Daß dieses leicht entflammte Herz
    So tiefen Schmerz noch fühlen muß.

    Ja, wie ein mildes Wunder war's.
    Siehst du, ich weiß, ich werd dich nicht mehr sehn
    In dieser großen, meilenweiten Stadt,
    Und will doch dafür dankbar sein.
    Denn du wirst ewig schön und unberührt
    Vom leichten Spiel des Tags
    In meiner Seele ruhn.
    Ein fernes Sternlein in der Ewigkeit.
    _____


    Chryseis

    Dich liebt der Gott,
    Und seine Strahlen wohnen
    In deinem goldnen Haar,

    Wen er aber liebt,
    Der weiß es nicht,
    Doch er ist glücklich.

    Doch ferne stehet,
    Den Niederen gleich,
    Der Hoffnung leer,
    Der häßliche Mensch,

    Dem deine
    Schönheit höher ist,
    Als Sternennächte und Wogengang,
    Unsterblichkeit und ewiger Ruhm.

    O, daß wir lebten
    Im alten Hellas,
    Und abends stünden
    An kleiner Insel
    Beglänztem Ufer.

    Ich aber dürfte
    Die Hand dir halten,
    Und dürfte schön sein
    Und Kränze tragen
    Im braunen Haar.

    Wohl nicht ist ärmer,
    Als daß zu tragen
    Die Lieb zur
    Schönheit
    Verurteilt wurde
    Ein Häßlicher.

    Denn einmal häufet
    Das Schicksal Leiden
    So übermenschlich
    Der Söhne einem
    Des Sonnengotts,
    Daß Leid und Freude
    Ihm gleich erscheinen.

    Sich selbst zum Ekel
    Und arm im Herzen
    Und dumm gescholten
    Sein Leben lebt er,
    Und wird verachtet
    Und wird gestoßen.
    _____

     

  • Joseph Emanuel Hilscher (1806-1837)

    Ihre
    Schönheit

    Vergebens hab' ich Worte ausgewählt,
    Um deiner
    Schönheit Allgewalt zu singen:
    Dem frommen Eifer will es nicht gelingen,
    Ich fühle, daß es mir an Ausdruck fehlt.

    Denn alle Anmuth, so die Erde zählt,
    Seh' ich in dir um Oberherrschaft ringen;
    Und alle Reize, welche dich umschlingen,
    Sind ganz von deinem schönen Geist beseelt.

    O! diese
    Schönheit hegt des Feuers Macht:
    Sie glänzet, sie erwärmet, und verzehrt
    Die Schlacken jeder Seele, die ihr naht.

    Nie wird sie von der Hand der Zeit zerstört,
    Nie wird sie schwinden in des Todes Nacht,
    Weil sie die Quelle in dem Geiste hat.
    _____

     

  • Angelika von Hörmann (1843-1921)

    Dein Liebeshimmel ist ein Wahn,
    Mein Herz, und glaubst du heute dran,
    Bist morgen du betrogen;
    Leicht wie die Ranke an der Kluft,
    Wie Spinnengewebe in der Luft
    Ist er im Wind verflogen.

    Ein feurig Aug', ein lockig Haar
    Sind meiner Feinde schlimmstes Paar,
    Die drohen mir Verderben;
    Urewig ist der
    Schönheit Macht; -
    Zeigt sie dem Liebsten ihre Pracht,
    So bricht mein Glück in Scherben.
    _____

    Jedwede
    Schönheit krankt an kleinen Lücken;
    Beschaut der Blick sie allzunah und scharf,
    So stechen uns der Mängel schlimme Mücken.
    D'rum bleib mir fern, du wundersames Bild,
    Als Ideal nur still mich zu beglücken.
    _____

    Was deiner milden
    Schönheit ich verdanke?
    Denk' dir in dumpfer Stube eine Kranke,
    Die matt an Leib und Geist viel Monde lang
    Sich sehnt ins Freie aus der engen Schranke.
    Nun gieb ihr plötzlich frische Alpenluft,
    Zeig ihr das grüne Thal, die Bergesflanke,
    Mit Hütten übersät und schneegekrönt,
    Zeig' ihr den See, der Schifflein leicht Geschwanke,
    Wölb' drüber Himmelsblau und Sonnenschein
    Und laß sie, überdacht von Zweiggeranke,
    Vor diesem Bilde schwelgen trunk'nen Blicks -
    So ward dein Reiz mir zum Genesungstranke.
    Noch holder ist als blühende Natur
    Das Menschenantlitz, die Gestalt, die schlanke.
    Seit du an meinem Aug' vorübergingst,
    Lieg' nimmer mit der Schöpfung ich im Zanke;
    Die Welt ist gut, das Leben lebenswert,
    Weil solche
    Schönheit nicht blos ein Gedanke.
    _____

     

  • Alma Johanna Koenig (1887-1942)

    Die Häßliche an die
    Schönheit

    Schön bist du, Mädchen, - wie die Sünde schön ist,
    während ich häßlich bin wie die Weisheit.
    Denn wär Weisheit häßlich nicht - wär sie dann weise?
    Töricht wäre sie, grausam und glücklich,
    Mädchen, - wie du!

    Schön bist du, Mädchen, - bliebest du's ewig!
    Denn wie trügst du's, nähme man dir den Liebsten,
    und du wärst nicht schön mehr, und nicht mehr glücklich
    und wärst doch auch weise nicht,
    Mädchen, - wie ich.

    _____

    Sag, war es Schuld, daß ich mein Herz dir bot,
    als du erschienst, wie Cherubim erscheinen?
    Sieh, ich erfuhr nie Güte vor der deinen.
    Du warst das Leben, das Entsagen Tod.

    Du warst die
    Schönheit. Süßestes Vereinen
    von Mann und Kind. Kein Brand, der wilder loht.
    Verschwenden schien ein göttliches Gebot,
    was wogen arme Gaben gleich den meinen!

    Denn ich, - lang welk in mir, verraucht und klein,
    als ob ein Fluch für ewig mich beschatte, -
    ich tat mich auf und tat dich in mich ein!

    O du mein Knabe, du mein Gott und Gatte,
    du fülltest mich, wie Gold den rostgen Schrein
    und doch gab ich dir alles, was ich hatte.
    _____

    Gott muß mich lieben, denn er züchtigt mich,
    daß helles Blut aus meinen Wunden springt.
    Er ist die Faust, die hoch die Geißel schwingt,
    und das gebundne Opferlamm bin ich.

    Mit jedem Tag, der seine Strafe bringt,
    verstärkt mein Trotz, mein innrer Aufruhr sich,
    was ich an Gutem hegte, das verblich
    dem Lichte, das tyrannisch mich bezwingt.

    Dazu ward Gott, daß solch ein Glaube wanke.
    Dazu ward Güte, daß sie schal versieche.
    Dazu ward
    Schönheit, daß ich an ihr kranke.

    Dazu ward Glück, daß ich die Fäulnis rieche.
    Dazu ward Stolz, daß ich im Staube krieche,
    dazu ward Liebe, daß ich dies ihr danke.
    _____

     

  • August Kopisch (1799-1853)

    O Mondschein, lieber Mondschein,
    Guck in ihr Fensterlein,
    Weck sie und sag der Liebsten:
    Dein Liebster harret dein!
    Dein Liebster harret dein!

    Sag ihr, sie soll erscheinen
    Ohn allen Schmuck der Welt:
    Weil
    Schönheit, holde Schönheit
    Ohn allen Schmuck gefällt,
    Ohn allen Schmuck der Welt.
    _____

    Aphrodite's Freundin,
    Komm o heil'ge Dämm'rung!
    Aus dem blauen Meere
    Birg von meiner Laura
    Mit dem dunkeln Schleier
    Schönheit die mich blendet:
    Denn in Phoibos Stralen
    Scheint sie eine Göttin,
    Daß ich kaum es wage
    Ihre Hand zu fassen.
    _____

     

  • Hermann Lingg (1820-1905)

    Dir

    Im Anschau'n deiner
    Schönheit nur versunken,
    Vergess' ich, daß die Welt mich höhnt und schmäht,
    Ich bin zu sehr von deiner Liebe trunken,
    Als daß ich's merkte, wenn mich wer verräth.

    Den Lorbeer selbst, um den ich heiß gerungen,
    Entbehren könnt' ich ihn, wie leicht, da du
    Mir Alles bist und gibst - die Huldigungen
    Des höchsten Ruhms und mehr - dein Herz dazu.
    _____

     

  • Hieronymus Lorm (1821-1902)

    Die
    Schönheit

    Die
    Schönheit dringt als Klang von gold'ner Leier,
    Als Marmorbild und Farbenreiz zur Seele.
    Doch was sie immer als Erscheinung wähle,
    Den Baum in seiner Ruh - im Flug den Geyer -

    Ob sie dem Stern, der Landschaft stiller Feier,
    Dem Gliederbau des Leibes sich vermähle,
    Welch' irdisch Formenspiel von ihr erzähle:
    Ihr selbst entsank noch nie der letzte Schleier!

    In Hüllen nur enthüllt sie sich den Sinnen,
    Als Wirkung nur verräth sie sich dem Geist,
    Nicht als Erkenntniß ist sie zu gewinnen.

    Drum ist der Sehnsucht voll, wer
    Schönheit preist:
    Sie lockt nach einem fernen Ziel von hinnen,
    Das sie versagt, indem sie es verheißt.
    _____

     

  • Alfred Mombert (1872-1942)

    Morgengebet

    Der Morgen dämmert. Ich kam nachhause.
    Ich sitze im Lehnstuhl. Die Lampe glüht ...

    Wie schön du warst, o Sünde!
    Im spanischen Wurf.
    Im weißen Nachtkleid.
    Schlummernd ...
    Lieblos!
    Und ich sehe nicht mehr, die mich lieben,
    sehe die Welt nicht mehr,
    sehe nur dich ...

    Weiß jetzt, wie das ist:
    Meine Seele hab' ich geküßt!
    Du bist meine Seele, die vor mir steht,
    leibhaft sichtbar.
    Schön, o schön!
    ohne Liebe - nur schön,
    ganz schön ...

    Tränen!
    Und ich falte die Hände und bete,
    bete für deine
    Schönheit
    und meine Seele.
    Für zwei Götter.
    _____

     

  • Christian Morgenstern (1871-1914)

    In stillster Nacht
    in tief geheimnisvoller Stunde
    kam es zu mir auf leisen Engelsfüßen.
    Aus allen Tiefen, allen Höhn
    umschwoll es mich wie klagendes Getön,
    wie einer tiefen Sehnsucht Grüßen.

    In stillster Nacht
    in tief geheimnisvoller Stunde
    da hab ich mich für alle Zeit
    aus heilig heitrem Herzensgrunde
    der
    Schönheit Sonnenreligion geweiht.
    _____


    Allein im Gebirg

    Oh du! daß du an meiner Seite wärst!
    Mit dir auf diese stillen, grünen Seen,
    auf diese edlen, blauen Berge träumen;
    aus all der
    Schönheit noch zu einer höhren
    zurückzuwissen, wenn die Seele dürstet;
    an deiner Augen Spiegel dann zu hängen,
    die klarer als das klarste Bergseebecken
    nur mich - wie meine dein Bild - widerschimmern;
    im warmen Steinsitz dann zurückzulehnen,
    bis einer Sehnsucht unsre Lippen folgen
    und, ohne Wunsch, nur wie in himmelsholder
    Gelöstheit, unsre Seelen sich berühren;
    und wieder dann so Kopf an Kopf den Weiten
    der ungeheuren Landschaft hingegeben,
    mit Augen, die vor Glück in Schleiern liegen,
    mit sanftern Atem zarter, junger Liebe -
    oh du, daß du an meiner Seite ruhtest!
    Was ist mir all die
    Schönheit ohne dich.
    _____

    Was kannst du, Süße, wider dies, daß du so schön!
    In deiner eigenen
    Schönheit wehrlos wandelst du,
    und ob du lächelst, ob du ernst wirst, bist du schön;
    und weintest du, dich ließe deine
    Schönheit nicht,
    nur rührender aus Tränen leuchtete sie vor;
    und zürntest du, so wär' es ihres Zürnens Macht,
    nicht die des Deinen, die ein jedes Herz besiegt.
    Doch welch unmöglich Scheiden zwischen ihr und Dir,
    die du sie selbst, die du die
    Schönheit selber bist!
    _____


    Wo bist du...

    Wo bist du, süße Blume meiner Tage?
    Ich strecke müde, glückverlangende Hände
    nach deinem holden Kelche aus?
    Wo bist du -
    daß ich das keusche, sammetweiche Haupt
    dir küsse?
    Wo bist du -
    daß der Falter meiner Seele
    an deiner Blüte Staub
    sich neu vergolde?
    Ich dürste, hungere nach deinem Duft!
    Wo birgst du deine
    Schönheit?
    Welcher Garten des Paradieses
    umfriedet deine Pracht?
    Wo bist du - bist du -
    süße Blume meiner Tage?
    _____

     

  • Eduard Mörike (1804-1875)

    Die Liebe, sagt man, steht am Pfahl gebunden,
    Geht endlich arm, zerrüttet, unbeschuht;
    Dies edle Haupt hat nicht mehr, wo es ruht,
    Mit Tränen netzet sie der Füße Wunden.

    Ach, Peregrinen hab ich so gefunden!
    Schön war ihr Wahnsinn, ihrer Wange Glut,
    Noch scherzend in der Frühlingsstürme Wut,
    Und wilde Kränze in das Haar gewunden.

    Wars möglich, solche
    Schönheit zu verlassen?
    - So kehrt nur reizender das alte Glück!
    O komm, in diese Arme dich zu fassen!

    Doch weh! o weh! was soll mir dieser Blick?
    Sie küßt mich zwischen Lieben noch und Hassen,
    Sie kehrt sich ab, und kehrt mir nie zurück.
    _____

     

  • Wilhelm Müller (1794-1827)

    Ein brennendes Herz

    Liebst du mich der
    Schönheit wegen,
    Stell' es ein!
    Lieb' den goldnen Sonneschein!

    Liebst du mich der Schätze wegen,
    Stell' es ein!
    Türkenkaiser müßt' ich sein.

    Liebst du mich der Liebe wegen,
    Liebe mich!
    Denn zum Sterben lieb' ich dich.
    _____

     

  • Ludwig Pfau (1821-1894)

    Was einst mein Herz erquickte,
    Der Himmel Stern an Stern,
    Seit in Dein Aug ich blickte,
    Wie lass' ich ihn so gern!
    Nach einem Zauber heb' ich
    Mein Aug', nach einer Zier:
    Ah! alle
    Schönheit geb' ich
    Um einen Blick von dir.
    _____

     

  • August Graf von Platen (1796-1835)

    Als ich gesehn das erste Mal dich habe,
    Schienst du mir schön, wiewohl von Stolz befangen,
    Die Stimmen tönten und die Gläser klangen,
    Und bald verschwandst du wieder, schöner Knabe!

    Indessen griff ich nach dem Wanderstabe,
    Doch blieb ein leiser Wunsch im Herzen hangen,
    Und Schneelawinen gleichet das Verlangen,
    Es wächst und wächst, damit es uns begrabe.

    Dann ward ich, als ich wieder dich gefunden,
    Und mehr und mehr gelernt, dich treu zu lieben,
    Aufs neu getrennt von dir und neu verbunden.

    So hat das Glück uns hin und her getrieben
    Im Wechseltrug der wandelvollen Stunden,
    Und nur dein Stolz und deine
    Schönheit blieben.
    _____

    Nicht aus Begier und aus Genuß gewoben
    War unsre Liebe, nicht in Staub versunken:
    Nur deiner
    Schönheit bebt ich wonnetrunken,
    Und gütig warst du, gleich den Engeln oben.

    Du hattest mich zu dir emporgehoben,
    In deinem Auge schwamm ein lichter Funken,
    Der Farben schuf, den Pinsel drein zu tunken,
    Den reine Dichterhände Gott geloben.

    Nun, da ich fern von dir den Tag verbringe,
    Erscheinst du der Bewunderung noch reiner,
    Je mehr im Geist ich deinen Wert durchdringe.

    Ja, immer sehnsuchtsvoller denk ich deiner,
    Und legt die Welt mir auch so manche Schlinge,
    Du sollst mich nie gefangen sehn in einer.
    _____

    Was will ich mehr, als flüchtig dich erblicken?
    Was wär ich, trüg ich heißeres Verlangen?
    In welche Netze würd ich, wenn ich hangen
    An deinem Auge bliebe, mich verstricken!

    Was will ich mehr noch, als ein eilig Nicken?
    Es würden deine Worte mich befangen:
    Vom Schützen wird ein Vogel rasch umgangen,
    Wenn mehr er will, als an der Kirsche picken.

    Wohl mögen Reize, die so ganz dein eigen,
    Den Wunsch der Sehnsucht in den Andern wecken
    Sich dir zu nahn und dir ein Herz zu zeigen.

    Ich werde nur, wenn jene sich entdecken,
    Vor deiner
    Schönheit huldigend mich neigen,
    Nicht Eine Silbe soll dein Ohr erschrecken!
    _____

    Weil da, wo
    Schönheit waltet, Liebe waltet,
    So dürfte Keiner sich verwundert zeigen,
    Wenn ich nicht ganz vermöchte zu verschweigen,
    Wie deine Liebe mir die Seele spaltet.

    Ich weiß, daß nie mir dies Gefühl veraltet,
    Denn mit Venedig wird sich's eng verzweigen:
    Stets wird ein Seufzer meiner Brust entsteigen
    Nach einem Lenz, der sich nur halb entfaltet.

    Wie soll der Fremdling eine Gunst dir danken,
    Selbst wenn dein Herz ihn zu beglücken dächte,
    Begegnend ihm in zärtlichen Gedanken?

    Kein Mittel giebt's, das mich dir näher brächte,
    Und einsam siehst du meine Tritte wanken
    Den Markus auf und nieder alle Nächte.
    _____

    Wenn ich so viele Kälte dir verzeihe,
    Geschieht's, indem ich bei mir selber sage:
    Er weiß ja nicht, wie sehr ich meiner Tage
    Zufriedenheit an seinen Namen reihe!

    Er weiß ja nicht, wie sehr ich ihm verleihe,
    Was Liebevolles ich im Herzen trage,
    Was gerne teilt des Lebens Lust und Plage,
    Ja, was dem Leben giebt die höchste Weihe!

    Du weißt es nicht, und soll ich dir's beschwören?
    O nein! ich wage kaum, mit dir zu sprechen,
    Um nicht den Traum, der mich beglückt, zu stören.

    Wie sehr mich
    Schönheit auch und Reiz bestechen,
    So fürcht ich doch, sie könnten mich betören,
    Es könnte doch an Liebe dir gebrechen!
    _____


    Tristan

    Wer die
    Schönheit angeschaut mit Augen,
    Ist dem Tode schon anheimgegeben,
    Wird für keinen Dienst auf Erden taugen,
    Und doch wird er vor dem Tode beben,
    Wer die
    Schönheit angeschaut mit Augen!

    Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe,
    Denn ein Tor nur kann auf Erden hoffen,
    Zu genügen einem solchen Triebe:
    Wen der Pfeil des Schönen je getroffen,
    Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe!

    Ach, er möchte wie ein Quell versiechen,
    Jedem Hauch der Luft ein Gift entsaugen,
    Und den Tod aus jeder Blume riechen:
    Wer die
    Schönheit angeschaut mit Augen,
    Ach, er möchte wie ein Quell versiechen!
    _____

    Wer hätte nie von deiner Macht erfahren?
    Wer hätte je dich anzuschaun bereuet?
    Wie viele Reize liegen hingestreuet
    Auf diesen Wangen, diesen schönen Haaren!

    Du bist so zart, du bist so jung an Jahren,
    Durch jede Huldigung des Glücks erfreuet;
    Doch wer die List in deinem Busen scheuet,
    Der mag vor dir sich Tag und Nacht bewahren!

    Noch prahlt ein Baum mit manchem frischen Aste,
    Die Blätter bilden noch geräum'ge Lauben,
    Da schon Zerstörung wütet unterm Baste.

    Doch soll mir frostige Betrachtung rauben
    Den süßen Schatten, unter dem ich raste?
    Nein, deine
    Schönheit fodert blinden Glauben!
    _____

    Wie ein Verlorner an verlaßner Küste
    Seh ich verzweifelnd um mich her und weine:
    Wo ist ein Blick, der glänzte wie der deine?
    Wo ist ein Mund, der wie der deine küßte?

    Und wenn ich hoffte selbst, und wenn ich wüßte,
    Daß günstig lächelte mir mehr als eine,
    Ich blickte kaum nach ihr empor zum Scheine
    Mit Augen, wie die Augen einer Büste.

    Wenn bis ans Ziel des irdischen Bestrebens
    Nie deines Anblicks wieder ich mich freue,
    Noch der Erwidrung meines Liebelebens,

    Sei ohne Sorgen wegen meiner Treue:
    Mich lockt ein neuer Liebesreiz vergebens,
    Die ew'ge
    Schönheit ist das ewig Neue.
    _____

     

  • Robert Prutz (1816-1872)

    Wohl sehn wir Gott in allen Kreaturen,
    So weit der Schöpfung linder Athem fächelt:
    Doch findest du die reinsten seiner Spuren
    Im Weibe, das in Lieb' und
    Schönheit lächelt.
    _____

    Von allem, was da ist und lebt auf Erden,
    Ist nichts so fromm und heilig im Gemüthe
    Und nichts so keusch und lieblich von Geberden:

    Als wie ein Weib in seiner
    Schönheit Blüte,
    Daß sich dem Manne will zu eigen geben,
    Aus Liebe halb und halb aus milder Güte.
    _____

     

  • Alberta von Puttkamer (1849-1923)

    Hymne der
    Schönheit

    Das Schöne, selig ist es
    in sich selbst. (Mörike)

    Die
    Schönheit hat ihre Götteraugen
    Funkelnd, schimmernd der Welt geöffnet -
    Daß ihr heiliger Strahl die Verstehenden treffe,
    Daß ihr seliges Licht die Schauenden
    Zünde zu schlackengereinigter Gluth!
    Wehe, die ihr den Blick der Gottheit
    Nicht zu ertragen vermögt!
    Wehe, wenn ihr geblendet
    Vom unird'schen Lichte,
    Taumelnd mit plumpen Händen
    In's Leere faßt ...
    Derweil die
    Schönheit lächelnd vorbeigeht,
    Die ihr, vom Glanze verwirrt,
    Ahnungslos wandeln laßt!
    Wer aber die Lichtmacht des Blickes
    Kraftvoll erträgt,
    Den wird sie klärend
    Zu ihren Höhen heben -
    Und ihm auf das Haupt,
    Unsichtbar, und doch himmelverwandten Glanzes,
    Lichtkronen legen.
    Die Andern, Verblendeten aber
    Schelten die Jünger der
    Schönheit:
    Thörichte Träumer!

    Draußen am äußersten Meer
    Bin ich gewesen,
    Da wo die Fluthen schaumkronig
    Die ewigen Tiefen
    Mit glitzernder Formenanmuth
    Trügend bedecken. -
    Draußen glänzte der Reichthum der Tiefe;
    Metallen und roth
    Und juwelenfunkelnd
    Liefen verirrte Lichter
    Ueber die Wasser.
    Feingeflügelte Vögel,
    Schneebrüstig und singend,
    Tauchten sich lustvoll
    Tief in das Naß ...
    Manchmal ging ein jauchzender Laut
    Aus den Vogelkehlen zum Himmel,
    Und das gewaltige Meer überklang ihn
    Brausend und hoch.
    Die Sonne breitet ein Goldnetz
    Ueber die flimmernden Weiten;
    Aber die wilden Wellen
    Schlüpfen keck durch die leichten,
    Sonnigen Maschen.
    Und eine Woge sprang auf
    Und warf glitzernd Gestein der Tiefe
    Vor meinen Fuß -
    Ich aber wußte:
    Es ist die
    Schönheit
    Ueber die Wasser geschritten.

    Und auf Höhen bin ich gestiegen,
    In Tiefen und Thale gedrungen -
    Vor mir dehnte sich weit die Welt.
    Sommerschauer gingen wie leise
    Athemzüge der Gottheit
    Ueber die Erde.
    Am Busch flammten Rosen -
    Und die Schärfen der Felsenlinien
    Erschienen gedämpft
    Von weichverhüllendem Moos.
    Das Goldgeäst der Wälder
    Verflocht sich eng zu duftiger Wand.
    Und blaue Kelche sahen verstohlen hindurch
    Wie Kinderaugen -
    Im Thale lag goldener Tag -
    Es klang ein glücklich Lachen
    Von fern her -
    Ein Duft, wie reifend Korn
    Stieg von den weiten Feldern
    Der Erde auf -
    Die reichen Schollen
    Gährten Lebenskraft
    In Frucht und Blüthen -
    - Und ich fühlte:
    Es hat die
    Schönheit
    In besonnter Spur
    Das Land gestreift!

    Ich habe die
    Schönheit empfunden;
    Ihr Athem hat mich berührt ...
    Der Lenzwind trug bergüber,
    Meer- und länderweit,
    Von Süden: Duft;
    Das war der
    Schönheit Athem!
    Und ihre Stimme hört' ich;
    Sie rief im Sturm
    Gewalt'gen Akkord;
    Sie tönte Zwiegesang
    Mit Echoruf an Felsen
    Und mit Rauschen in Riesenfichten.
    Sie sang das Hohelied
    In Meereswellen
    Und Quellenmurmeln,
    In Vogelliedern und Menschenworten -
    Die Welt nennts Harmonie,
    Nennt es Musik;
    Ich aber sage:
    Es ist der
    Schönheit Stimme!

    Doch ein Tag kam,
    Da sah ich die ganze
    Schönheit!
    Da kamest Du!
    Lächelnd, grüßend kamst du geschritten.
    Wie Jupiter
    Mit dem Zickzackbündel
    Der blitzeschleudernden Kraft!
    Du trugst es im Blick! - - -
    Die sonnenstrahlenden Locken
    Fielen dir tief in die Stirn.
    Dein Mund lächelte
    Und dein dunkeles Auge
    Schaute wie Lenzverheißung herüber.
    Du warst die wandelnde,
    Die lebendige
    Schönheit!
    Dein Blick drang mir ins Leben -
    Meine Seele ward
    schönheitberauscht -
    Du schlangst deinen Arm
    Jubelnd um meine Gestalt!
    Da aber wußt' ich:
    Ich habe die
    Schönheit
    Lebendig und selig
    Am Herzen gehalten.
    Sie hat mit den Götteraugen,
    Voll von Leben und Liebe
    Groß und herrlich mich angeschaut!
    _____

     

  • Anna Ritter (1865-1921)

    Wehe Liebe

    Du sagst, ich sei jung -
    Das nimmt mir schon die Ruh,
    Du sagst, ich sei schön -
    Ich weine dazu!
    Was soll mir die Jugend,
    Ich bin ja allein,
    Was taugt mir die
    Schönheit -
    Sie ist ja nicht dein!

    Ich habe dich lieb -
    Du fühlst nicht, wie sehr,
    Ich trage ein Leid -
    Du weißt nicht, wie schwer!
    Ich hatte ein Hoffen,
    Das ist nun todt …
    Ach, Gott,
    Erbarm' dich meiner Noth!
    _____

    Die Liebe hebt mich über mich empor,
    Daß ich mich selbst wie etwas Fremdes sehe,
    Und meine
    Schönheit trage wie ein Kleid,
    Wie einen Schmuck, der deinem Dienst geweiht:
    Der Sonne gleich, lockt Deine liebe Nähe
    Mich aus mir selber sehnsuchtsvoll hervor!
    _____

    So dien' ich dir! Nicht in erkaufter Treue,
    Ich diene dir, weil ich nicht ander's kann,
    Weil Leib und Seele bräutlich sich dir neigen,
    In tiefem Glück, mein König und mein Mann,
    Weil du der Künstler bist, der meinem Leben
    Gestalt und Werth und
    Schönheit erst gegeben.
    _____

     

  • Emil Rittershaus (1834-1897)

    Dieselbe Gluth, die früh mich weihte
    Zu eines Sängers heil'gem Amt,
    Die mir ins Herz die Lieder streute,
    Sie hat auch Deine Brust entflammt.
    Die Gluth, in der ich längst erglühte,
    Sie flammt durch Deinen Busen hell;
    Du liebst wie ich der Künste Blüthe,
    Wie ich der
    Schönheit Zauberquell!
    _____

    Was mein stolzes Herz gefangen,
    Was Dein Eigen mich gemacht,
    War nicht Deiner Wangen Prangen,
    War nicht Deiner
    Schönheit Pracht,
    War Dein Herz, das nicht getrachtet
    Nach dem Glück, das Schwachheit giebt,
    War Dein Herz, das mich geachtet,
    Und, mich achtend, hat geliebt!
    _____

     

  • Julius Rodenberg (1831-1914)

    Die reinen Frauen

    Die reinen Frauen steh'n im Leben
    Wie Rosen in dem dunklen Laub;
    Auf ihren Wünschen, ihrem Streben
    Liegt noch der feinste Blütenstaub.

    In ihrer Welt ist keine Fehle,
    Ist Alles ruhig, voll und weich:
    Der Blick in eine Frauenseele
    Ist wie ein Blick in's Himmelreich.

    Wol sollst Du hören hohe Geister,
    Verehren sollst Du Manneskraft;
    Dich sollen lehren Deine Meister,
    Was Kunst vermag und Wissenschaft.

    Doch was das Höchste bleibt hinieden,
    Des Ew'gen nur geahnte Spur,
    Was
    Schönheit, Poesie und Frieden:
    Das lehren Dich die Frauen nur!
    _____

     

  • Friedrich Rückert (1788-1866)

    Liebst du um Schönheit,
    O nicht mich liebe!
    Liebe die Sonne,
    Sie trägt ein gold'nes Haar.
    Liebst du um Jugend,
    O nicht mich liebe!
    Liebe den Frühling,
    Der jung ist jedes Jahr.
    Liebst du um Schätze,
    O nicht mich liebe!
    Liebe die Meerfrau,
    Die hat viel Perlen klar.
    Liebst du um Liebe,
    O ja mich liebe!
    Liebe mich immer,
    Dich lieb ich immerdar!
    _____

    O wie schön ist, daß du nicht
    Schön bist all und immer,
    Sondern nur, wenn dein Gesicht
    Klärt des Lächelns Schimmer.
    Das ist, was mir möglich macht,
    Ganz für mich zu haben,
    Wenn dein Auge mir nur lacht,
    Deine
    Schönheitsgaben.
    _____

    O Wonneschau, Lustanblick, Augenweide!
    So hab' ich sie, die Schönste, denn gesehen
    Vor meinen Blicken so verschönert stehen,
    Wie's nur die
    Schönheit werden kann vom Kleide.

    O schmeichelhaftes Kleid! Ich sah die Seide
    Von ihrem Busen mir entgegenwehen,
    Und sah die Blumen dort nach mir sich drehen,
    Die Seid' und Blumen, meine Gaben beide.

    So sieht der Frühlingstag mit Morgenstrahlen
    Herab auf der geliebten Erde Glieder,
    Die er mit seinen Farben sieht geschmücket,

    Fühlt schauend Lust, und fühlt auch schon die Qualen,
    Daß er an Abend muß vom Himmel nieder,
    Und ihm die Nacht entzieht, was ihn entzücket.
    _____

     

  • Hugo Salus (1866-1929)

    Nie, seit mich Schönheit beglückt und Frauenliebreiz mich fesselt,
    Seit ich die Kunst verstand, Grieche genießend zu sein,
    Hab' ich so schmerzlich, wie heute, die
    Schönheit des eigenen Körpers,
    So des eigenen Leibs mangelnde Anmut vermißt.
    Dir, entzückende Frau, wird
    Schönheit jede Bewegung,
    Wird das schlichteste Kleid wallend ein Königsgewand!
    Eine Göttin, so schreitest du hin zum Takte der Hüften,
    Doch das Berückendste bleibt immer dein Hausgewand.
    Die ich längst schon vergaß, der griechischen Göttinnen Namen,
    Wahrlich, der ganze Olymp, ward mir vom neuen vertraut,
    Da ich im schlotternden Rocke und deutsch bis zur knarrenden Sohle
    Dir in dein duftig Gemach, Aphrodite, gefolgt.
    Doch dein Auge blieb groß und strahlend die Glut deiner Blicke,
    Und dein zierlich Gemach ward mir Parnaß und Olymp.
    O, ich verrate uns nicht! Auch Dichter vermögen zu schweigen;
    Der sich Thersites gefühlt, ging als Apollo von dir!
    Schön macht Liebe und Gunst der Schönen. Hab' Dank, Aphrodite!
    Nein, kein klingender Reim bringt dir würdigen Dank
    Nichts von Herzen und Schmerzen und nichts von Liebe und Triebe!
    Und in griechischem Maß dankt dir pathetisch mein Lied.
    _____


    Der Ausblick

    Vor unserm Fenster liegt die Stadt gebreitet,
    Die Burg, die hundert Türme und ein Meer
    Von Kuppeln, Giebeln, Dächern um sie her,
    Und breit der Strom, der unter Brücken gleitet.

    Und wenn der Abend unsere Herzen weitet,
    Hat unser Aug', vom Licht des Tages schwer,
    Nach diesem Bild der stillen Stadt Begehr,
    Eh' sich der Lampe Traulichkeit bereitet.

    Dein Haupt an meiner Schulter, blickst du nieder,
    Du schweigst und schweigst. Nun hebst du sanft die Lider:
    "Sag, Liebster, sag, war's je so schön wie heut'?"

    Ein Kuß wie ein Gebet: o Himmel, immer
    Laß unserm Blick der Liebe feuchten Schimmer,
    Der täglich uns der
    Schönheit Bild erneut!
    _____

    Weh, daß ich dich treffen mußte,
    Du deiner
    Schönheit bewußte,
    Du, deiner Glieder und deines Ganges Künstlerin!
    Was ich all mein Leben lang
    An Zärtlichkeit im Busen trug,
    Was aus dem Knabenherzen bang
    Die ersten, irren Funken schlug,
    Der Jünglingsliebe süßen Trug,
    Der tollen Lust Sirenensang,
    Alle Sehnsucht, alle Zärtlichkeit wecktest du,
    Du Buhlerin du, kaltlockende Buhlerin,
    Und darum fluche ich dir,
    Darum bin ich so außer mir,
    Weil du mit deiner sündigen
    Schönheit Macht
    Mich so weit gebracht,
    Daß ich, mein Leben lang in der
    Schönheit Bann,
    Der
    Schönheit fluchen kann!
    _____

     

  • Adolf Friedrich von Schack (1815-1894)

    Wahre Schönheit

    Wenn du in den Fürstensälen,
    Mädchen, bei der Kerzen Schein,
    Strahlst im Glanze der Juwelen,
    Glaubst du schön zu sein?

    Wie von Welle hin zu Welle
    Hurt'gen Flugs die Schwalbe streicht,
    Auf des Marmorbodens Helle
    Schwebst du flügelleicht.

    Aus des braunen Lockenhaares
    Fülle, die dein Haupt umflicht,
    Leuchtet deiner Augen klares
    Blaues Himmelslicht.

    Aber eisig ist ihr Schimmer,
    Wie der Diamanten Pracht,
    Wie das frostige Geflimmer
    Der Decembernacht.

    Ob mit Allem, was auf Erden
    Prächtig ist, du dich umgiebst,
    Mädchen, schön erst wirst du werden,
    Glaub' mir, wenn du liebst!
    _____

     

  • Richard von Schaukal (1873-1942)

    An die Schönheit

    Ich möchte die
    Schönheit in mich trinken,
    die
    Schönheit, die schon meiner harrt.
    Wo bleibst du, sagt sie, ich steh erstarrt,
    und ich will erweichen und will versinken
    in eine lebende Gegenwart,
    ich will in einen untertauchen,
    der mich nicht allen andern zeigt,
    der mich verschlingt und mich verschweigt,
    aus seinem Atem will ich hauchen
    und wie vergangen in ihm ruhn,
    auf dass er mich erst wieder dichte,
    ich will in seinem Augenlichte
    und auferstehn in seinem Tun.
    Denn diese, die da suchend schleichen,
    sich bücken, näher mich zu sehn,
    und mich umwandeln auf den Zehn,
    mich messen und mit sich vergleichen,
    ach, alle diese sind wie Diebe,
    ihr Blick, wenn er sich hebt, entweiht.
    Ich aber bin alt wie die Zeit
    und unbesiegbar wie die Liebe
    und gross wie Gottes Schöpfersinn,
    und weil ich unermesslich bin,
    will ich in einem untergehn,
    der unersättlich ist an mir,
    nicht ein getragenes Panier,
    nicht eine Helm- und Panzerzier,
    als eine Flamme will ich wehn
    aus ihm für mich und er aus mir.
    _____

     

  • Georg Scherer (1828-1909)

    Ja, ich schwur, nicht könne des Weibes Schönheit
    Noch der Anmut Zauber berücken jemals
    So den Mann, daß völlig ihm schwinde Fassung,
    Sinn und Gedanke.

    Weh! da sah ich dich - wie geschah mir Armen?
    Plötzlich, sieh! erbebte mein Herz im Busen,
    Gleich erstarb auf flammender Zung' und Lippe
    Jegliches Wort mir.

    Durch die Glieder strömt' mir ein zartes Feuer,
    Nacht umfing mein Aug' und im Ohr mir klang es
    Dumpf - O, rief ich, naht mir der Tod von Eros'
    Rächenden Pfeilen?
    _____

    Voll strahlender
    Schönheit wandelst du
    In der Jungfrau'n blühendem Reigen,
    Und alle Blicke fliegen dir zu;
    Du aber lächelst in seliger Ruh',
    Wie nur den Göttern sie eigen.

    Vor dir zunichte wird Wunsch und Begier,
    Selbst Amor mußt' es erfahren:
    Du trägst als leuchtende Siegeszier
    Den gold'nen Pfeil, den er sandte nach dir,
    Noch heut in den duftigen Haaren.
    _____

     

  • René Schickele (1883-1940)

    Zum erstenmal seit vielen Jahren bin ich wieder still
    und weiß, daß - ja und nein - man tut und nicht tut, was man will.
    Daß alle Menschen einfach sind, und daß sie alles, was sie treiben,
    sich selber aufgegeben haben - wie die Kirchenväter schreiben.
    Und dennoch wieder nicht, und daß sie wohl nicht anders können
    und so sind oder so und bleiben, wie sie's anders auch ersönnen.
    Daß Lust und Schmerz süß oder bitter, schlecht und gut
    wie alle unsre Dinge sind und heißen sollen,
    worauf die Tage und die Nächte ihre Flut
    von Licht und Dunkel rollen.
    Und da du mir gegeben bist und ich es weiß,
    lieb ich das Dunkel und das Hell, das Kalt, das Heiß.
    Ich streiche meine Hand, die nachts auf deiner Hüfte lag,
    ich schmecke deinen Kuß, den ich wie Blut auf meinen Lippen trag,
    ich fühle deinen Blick in allem und auf allem beben.
    Wo immer eine
    Schönheit wirkt, stehst du daneben.
    _____

     

  • Adele Schopenhauer (1797-1849)

    An die Liebste


    Klar wie der Himmel
    Ist Deine Seele,
    Rein wie der Aether
    Ist Dein Gemüth!

    Reich wie die Erde
    Ist meine Liebe,
    Tausendgestaltig
    Tritt sie ans Licht.

    Töne und Bilder,
    Innere Welten
    Schafft Dir Dein Dichter,
    Liebchen, zum Schmuck.

    Blickt er ins Herz Dir,
    Holt er die Schätze
    Alle vervielfacht
    Wieder herauf.

    Laß mich versinken
    In Deiner Augen,
    In Deiner Wunder
    Lieblichen Welt.

    Wie Erd' und Himmel
    Düfte vereinen,
    Eint Lieb' und
    Schönheit
    Leben in uns!
    _____

     

  • Karl Siebel (1836-1868)

    Dichterchor

    Im Reich der
    Schönheit dienen wir,
    Da gilt nicht goldner Kronen Zier,
    Da strahlt, als himmlisch höchster Schein
    Des Weibes reines Menschlichsein!

    Drum, wo des Weibes blitzend Aug',
    Des schönen Mundes süßer Hauch,
    Der holde Gruß uns hoch beglückt,
    Da sind zum Schaffen wir entzückt.

    In unserm Reich, der Königin
    Weih'n wir mit Hoffen Herz und Sinn.
    Und wenn sie uns ein Lächeln beut,
    So hat sie Lieder ausgestreut.
    _____


    Troubadour

    Nach Liebe dürstend und von
    Schönheit trunken,
    So bin vor dir ich sehnend hingesunken.

    Du bist die Fürstin in dem Feenreiche,
    Anmuthumwob'ne, Herrlich' ohne Gleiche.

    Du bist die Göttin dieser schönen Erde.
    O schaffe du, daß mein ein Himmel werde!

    Wo du mich liebst, ist an der kleinsten Stätte
    Der Sonne hohes Zelt, des Segens Bette.
    _____

     

  • Ernst Stadler (1883-1914)

    An die
    Schönheit

    So sind wir deinen Wundern nachgegangen
    wie Kinder die vom Sonnenleuchten trunken
    ein Lächeln um den Mund voll süßem Bangen

    und ganz im Strudel goldnen Lichts versunken
    aus dämmergrauen Abendtoren liefen.
    Fern ist im Rauch die große Stadt ertrunken

    kühl schauernd steigt die Nacht aus braunen Tiefen.
    Nun legen zitternd sie die heißen Wangen
    an feuchte Blätter die von Dunkel triefen

    und ihre Hände tasten voll Verlangen
    auf zu dem letzten Sommertagsgefunkel
    das hinter roten Wäldern hingegangen - -

    ihr leises Weinen schwimmt und stirbt im Dunkel.
    _____


    Die Jünglinge und das Mädchen

    Was unsern Träumen
    Schönheit hieß, ward Leib in dir
    Und holde Schwingung sanft gezogner Glieder
    Im Schreiten, anders nicht als wie in einem Tier.
    Doch unsre Sehnsucht sinkt zu deinen Füßen nieder,

    Erhöhung stammelnd wie vor dem Altar,
    Und daß dein Blick Erfüllung ihr befehle,
    Was blind in deinem Körper Trieb und Odem war,
    Das wurde staunend unserm Suchen Sinn und Seele.

    Du ahnst nicht dieser Stunden Glück und Qual,
    Da wir dein Bild in unsern Traum versenken -
    Doch du bist Leben. Wir sind Schatten.
    Deiner
    Schönheit Strahl
    Muß, daß wir atmen, funkelnd erst uns tränken.
    _____

     

  • Karl Stieler (1842-1885)

    Rote Beeren

    Ich sprach zum Strauch am Ufer klar:
    Gib mir von deinen roten Beeren,
    Die steckt mein brauner Schatz ins Haar,
    Daß sie ihr Lust und
    Schönheit mehren!

    "Nimm sie nur mit! doch weißt du auch,
    Wie bitter Lust und
    Schönheit brennen?
    In roten Beeren steht der Strauch,
    Im roten Blut wirst du's erkennen!"
    _____

     

  • Francisca Stoecklin (1894-1931)

    Ich sehne mich nach dir,
    Nach deinen sanften Händen,
    Nach deiner frommen
    Schönheit,
    Nach deiner klugen Güte.
    O ich sehne mich nach dir.
    _____

     

  • Theodor Storm (1817-1888)

    Gasel

    Du weißt es, wie mein ganzes Herz allein durch deine Milde lebt,
    Du weißt es, wie mein ganzes Herz allein in deinem Bilde lebt;
    Denn wie die
    Schönheit nimmer schön, die nicht der Seele Atem kennt,
    Wie durch des Lichtes Kraft allein der Zauber der Gefilde lebt,
    So ist das Leben nicht belebt als durch der Liebe Sakrament;
    Das fühlet, wer die Liebe fühlt, wer unter ihrem Schilde lebt.
    Ich aber, der die liebste Frau sein unverlierbar Eigen nennt,
    Ich fühle, wie die ganze Welt allein in ihrem Bilde lebt.
    _____

     

  • Karl Streckfuss (1779-1844)

    Des Narcissus Verwandlung

    Narciss, der schönste Hirt der Flur
    Von reicher Anmuth Glanz umstrahlet,
    Sucht überall der
    Schönheit Spur,
    Die sich in seinem Innern mahlet.

    Was formlos ihm im Herzen wallt,
    Will zum Gedanken er erwecken,
    Bestrebt, im Spiegel der Gestalt
    Das Nahmenlose zu entdecken.

    So irrt er über Berg und Thal,
    Geäfft von irrer Hoffnung Schimmer,
    Ermattet von der Sehnsucht Quaal,
    Und findet das Gesuchte nimmer.

    Einst sieht er unter jungen Main
    Im Rasen eine Quelle spielen,
    Sanft lispelnd ladet sie ihn ein,
    Sein glühend Herz an ihr zu kühlen.

    Narcissus folgt dem Ruf, und giebt
    Dem Blumenbord die holden Glieder,
    Da strahlet hell und ungetrübt
    Ihm seiner Formen Zauber wieder.

    Er sieht's und staunt - die
    Schönheit lacht
    Aus stillen Wellen ihm entgegen,
    Er fühlet ihre Göttermacht
    Sein wonnetrunknes Herz bewegen.

    Und er vergisst sich selbst, er sieht
    Nur sie, die der Olymp geboren,
    Der er, von Ahndungen entglüht,
    Auf ewig Huldigung geschworen.

    Doch Zeus erblickt von seinem Thron
    Des reinen Jünglings heilig Beben,
    Ihm will er nun den schönsten Lohn
    Für die geweihten Flammen geben.

    Denn wer sein Herz dem Schönen weiht,
    Der weiht es ewig auch dem Guten,
    Und läutert sich zur Göttlichkeit
    Durch beyder nie getrennte Gluthen.

    Und Zeus gebeut: Kann so dein Herz
    Der
    Schönheit heil'ger Strahl entzünden,
    So sollst du des Vergehens Schmerz
    Der schönen Formen nie empfinden.

    Drum sey der Erd' im Flug entwandt,
    Der alles Schöne schnell entfliehet,
    Zu wohnen in dem seel'gen Land,
    Wo ewig jung die
    Schönheit blühet.

    Doch eine Blume blühe da,
    Wo einst, zur Quelle hingesunken,
    Dein Blick das Tiefempfundne sah,
    In wundersüssem Schauen trunken.

    In voller Blüthe soll die Macht
    Des Sturmes ihren Stängel knicken,
    Sie soll, wenn neu der Lenz erwacht,
    Auch neuerblüht der Quelle nicken.
    _____


    Schönheitssinn

    Im Herzen ruhet tief verborgen,
    Was jeder spürt, und keiner kennt.
    Es regt sich, wenn am jungen Morgen
    In Gold des Aethers Blau entbrennt.
    Wir fühlen's, wenn der Abend sinket,
    Wenn sich die braune Nacht uns naht,
    Wenn Luna's sanftes Auge winket,
    Umgaukelt's der Gefühle Pfad.

    Es ist ein wunderbares Wesen,
    Und scheint aus Aethersduft gewebt,
    Ein Räthsel - keiner kann es lösen,
    Was auch die Sehnsucht sich bestrebt.
    Wenn seine Zauber um uns schweifen,
    Sucht es umsonst der irre Blick,
    Die Sehnsucht heisst, den Schatten greifen,
    Dann tritt er geistergleich zurück.

    Doch treibt ein schmerzlich süsses Streben
    Uns fort, nach dem Geheimen hin,
    Es anzuschaun in That und Leben,
    Und deutlich dargestellt dem Sinn.
    Oft glauben wir, es zu erblicken,
    Wenn uns der
    Schönheit Zauber winkt,
    Dann füllt uns himmlisches Entzücken,
    Und jeden Schmerzes Spur versinkt.

    Wenn hergesandt von Himmelshöhen,
    Die
    Schönheit der Gestalt sich zeigt,
    Wenn wir des Künstlers Werke sehen,
    Dem sich die Grazie liebend neigt,
    Wenn bey des heil'gen Dichters Tönen,
    Das Herz mit Wonne sich erfüllt,
    Dann schweigt des Busens banges Sehnen,
    Und unser Streben ist gestillt.

    Der Ruhe Rosenlippe neiget
    Sich dann zu uns mit leisem Kuss,
    Und aus des Herzens Tiefen steiget
    Melodisch guter Geister Gruss.
    Dann drücken nicht der Erde Lüfte
    Des Geistes leichte Schwingen mehr.
    Es wehen lieblich reine Düfte
    Aus unbekannten Welten her.

    Das Höchste scheint sich zu entfalten,
    Die Gottheit liebend uns zu nahn,
    Und über unser Seyn zu walten,
    Zu ebnen unsers Lebens Bahn.
    Sie scheint zu sich uns zu erheben,
    Erhellt des Grabes öde Nacht,
    Uns glänzt ein neues, schönes Leben,
    Das die Vergänglichkeit verlacht.

    So stillt das Schöne unser Streben,
    Das jeder spürt und keiner kennt,
    Dess Zauber ewig uns umschweben,
    Das stets uns ruft, und nie sich nennt,
    Das nie gestillte herbe Schmerzen,
    Dem, der sich selbst verlor, gebiert,
    Und das die kindlich treuen Herzen
    Hinauf zum Thron der Gottheit führt.

    Und nicht vergehn des Schönen Spuren,
    Wenn es der Gegenwart entflieht,
    Denn wie durch Sonnenglanz den Fluren
    Ein lockig junger Lenz entblüht,
    So keimt der höchsten Menschheit Blüthe
    Nur bey des Schönen Strahl hervor;
    Die Kraft, die einmal sie durchglühte,
    Treibt sie zum Stamme hoch empor.

    So wuchert in die fernsten Zeiten
    Der
    Schönheit süsser Anblick fort;
    So reiche Segnungen verbreiten
    Des Dichters Bild und Ton und Wort;
    So ist, was du, o Kunst, geboren,
    Was die Begeisterung erzeugt,
    Für die Unsterblichkeit erkoren,
    Und wird von keiner Zeit gebeugt.

    Als noch des Himmels blaue Ferne
    Den Thron Unsterblicher umschloss,
    Als frommer Glaube durch die Sterne
    Des regen Lebens Odem goss,
    Da jauchzten laut die ew'gen Zecher,
    Wenn Hebe ihre Blicke fand,
    Und höhre Wonne gab der Becher,
    Gereicht von Ganimedes Hand.

    Wohin nur Amors Augen flogen,
    Da wich vor seinem Blick die Nacht,
    Und nicht den Pfeilen, nicht dem Bogen,
    Der
    Schönheit dankt' er seine Macht.
    Er wollt' es, und in Lieb' entglühte
    Selbst Juno's nie gebeugter Stolz.
    Du lächeltest, o Aphrodite,
    Und Jovis düstrer Ernst zerschmolz.

    Du, der die Grazien gelächelt,
    Vor allen hold, Aspasia,
    Wenn deines Nahmens Wohllaut fächelt,
    Sind uns noch süsse Träume nah.
    Noch schlägt, entglüht von schönerm Feuer,
    Bey seinem Laut das Herz empor,
    Und aus der Zeiten düsterm Schleyer
    Glänzt deine Wohlgestalt hervor.

    Noch lebt der greise Mäonide,
    Noch blühet seiner Schöpfung Pracht,
    Noch wird das Herz bey Pindars Liede
    Zu hohen Thaten angefacht.
    In ewig schönen Flammen glühet
    Noch Sapho's mächtiges Gefühl,
    Und jede düstre Sorge fliehet
    Noch bey des frohen Tejers Spiel.

    Und wie die herrlichen Gestalten,
    Die Aeschils Genius gebar,
    Mit Majestät vorüber wallten
    Vor der erstaunten Griechen Schaar,
    So gleiten sie mit hoher Würde
    Noch jetzt vor unserm Sinn vorbey,
    Erleichtern unsers Lebens Bürde,
    Und machen das Gebundne frey.

    Noch labet uns Blandusia's Quelle,
    Wenn Trübsinn unser Blut vergällt,
    Noch sehn wir auf des Lebens Welle
    Geschaukelt Maro's frommen Held.
    Im magischen Gewirr erscheinet
    Noch der Verwandelungen Schwarm.
    Noch, wenn Ovid im Pontus weinet,
    Ehrt unsre Thräne seinen Harm.

    Wenn in der Zeiten regem Streben
    Der Völker Ruhm die Welt vergass,
    So werdet ihr doch ewig leben,
    Praxiteles und Phidias.
    Zwar eure Werke sind versunken,
    Doch ist ihr Wirken nicht zerstört,
    Noch wird von eures Geistes Funken
    Des Künstlers Seele neu verklärt.

    Noch treiben eure hohen Nahmen,
    O Zeuxis, o Parrhasius,
    Zur Blüth' empor des Schönen Saamen,
    Sie schenken uns der Frucht Genuss.
    Sie weichen nicht der Zeiten Fluthen,
    Kein Schicksal hemmet ihre Macht,
    Sie lodern noch in Guido's Gluthen,
    Sie leuchten aus Correggio's Nacht.

    So wuchert in die fernsten Zeiten
    Der
    Schönheit süsser Anblick fort,
    So reiche Segnungen verbreiten
    Des Dichters Bild und Ton und Wort.
    So ist, was du, o Kunst, geboren,
    Was die Begeisterung erzeugt,
    Für die Unsterblichkeit erkoren,
    Und wird von keiner Zeit gebeugt.

    Dort, wo zu grausen Ueberhangen
    Sich auf die Felsenmasse thürmt,
    Wo durch die Wände, die ihn drängen,
    Der Giessbach wild hernieder stürmt,
    Wo kärglich klimmend nur der kühne
    Epheu dem Boden sich entstahl,
    Dort führt, bedeckt von seiner Grüne,
    Ein Pfad zu einem schönen Thal.

    Es wird von hoher Linden Zweigen
    Mit süsser Dämmerung umgraut,
    Ihm störet nie der Ruhe Schweigen
    Der Stürme schreckenvoller Laut;
    Nur den Gesang der Nachtigallen
    Lallt Echo's zarte Stimme nach,
    Ein Zephyr heisst die Blüthen fallen,
    Und schaukelt sich im grünen Dach.

    Da blühn aus milder Wiesen Matten
    Die Blumen üppig schön empor,
    Die nie vor Phöbus Strahl ermatten;
    Dort bricht ein Silberquell hervor.
    Er spielt mit lieblichem Gekose
    Hin durch der Auen frisches Grün,
    Die Blumen nicken seinem Schoosse,
    Und sehn entzückt, wie schön sie blühn.

    Hier, wo des jungen Grases Keime
    Vor mir kein Menschenfusstritt bog,
    Wo durch die dunkelhellen Räume
    Noch nie der Ton der Klage flog,
    Wo tosend nie des Lebens Welle
    An rauhen Felsen sich ergiesst,
    Wo sie so sanft und silberhelle,
    Wie aus der dunkeln Quelle fliesst;

    Hier will ich einen Altar gründen,
    Und ihn dem Dienst des Schönen weihn,
    Hier soll des Lenzes Wehn mich finden,
    Verborgen, ungestört, allein;
    Zufriedenheit soll mich begleiten,
    Und wundersüsser Träume Lust,
    Es soll kein Zweifel sie bestreiten,
    Kein Gram bekämpfen meine Brust.

    In tiefes Schauen zu versenken
    Den reinen Blick, den reinen Sinn,
    Mit Harmonie das Herz zu tränken,
    Sey meiner Einsamkeit Gewinn;
    Und reich an hohen Idealen,
    Die ihre Götterbrust genährt,
    Wird mir die Kunst entgegen strahlen,
    Die nur die reinen Herzen hört.

    Von ihr wird jeder Schleyer fallen,
    Und das Geheimste werd' ich sehn,
    In allen ihren Reizen, allen,
    Wird die Geliebte vor mir stehn.
    Ihr Anblick wird mich neu beseelen,
    Und ihrer Götterstimme Laut
    Wird mächtig meine Kräfte stählen,
    Zu singen, was ich angeschaut.
    _____


     

 

 

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