Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: Traum)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 



 

Stichwort: Traum

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20.Jh.

 

16./17. Jh.
 

  • Hans Aßmann Freiherr von Abschatz (1646-1699)

    Der gutte
    Traum

    Mein Glücke lacht /
    Melinde spielt mit angenehmen Blicken /
    Ihr holder Mund giebt Worte / die entzücken /
    Ich küsse sie bey tunckler Mitternacht /
    Mein Glücke lacht.

    Mir traumt wohl nicht:
    Ich seh ihr Bild um meine Ruhstatt spielen /
    Hör ihre Sprach / und misse nichts als Fühlen.
    Ach Schade / daß das Beste noch gebricht!
    Mir traumt wohl nicht.

    Es wird wohl seyn:
    Die Hoffnung speist nicht stets mit leeren Schalen.
    Erblickt man nur der Morgenröthe Stralen /
    So folget auch der nahen Sonne Schein.
    Es wird wohl seyn.
    _____

     

  • Anonyme Barockdichter

    Er ist glückselig / aber nur im
    traum

    Was hilfft mir mein verliebter sinn /
    Weil ihre gottheit ihn verschmähet?
    Ihr leichten winde nehmt ihn hin /
    Biß ihr sein eitles thun verwehet:
    Sein urtheil ist ihm schon gesprochen /
    Die stäbe sind entzwey gebrochen.

    Die ganze erd' ist mir zu klein /
    Der himmel ists / der mich nicht kennet;
    Wie kan ich bey mir selber seyn /
    Weil mir umsonst die hoffnung brennet?
    Ich ruffe / erde / himmel / hoffen!
    Und keines hat die ohren offen.

    Was hab ich armer doch gemacht /
    O tugend-göttin aller schönen!
    Daß sie mich niemahls würdig acht
    Mit ihrer gottheit zu versöhnen?
    Soll ich denn keine ruhe finden
    Vor nie begangne liebes-sünden?

    Längst hab ich ein altar gesetzt /
    Ein denckmahl harter buß zu stifften /
    In welchen Amors hand geetzt
    Mit diamant und güldnen schrifften:
    Der schönsten göttin von der erden
    Soll dieser einzig heilig werden.

    Darauff wenn sich der morgen röth /
    Laß ich mein herz als weyrauch glühen /
    Und wenn mir Phöbus untergeht /
    Vergeß ich nicht davor zu knien.
    Es hat mich nie der schlaff bezwungen /
    Biß ich ihr göttlich thun besungen.

    Dann leg ich mich zur sanfften ruh /
    Zu meiner mutter neuer schmerzen:
    Ich schliesse zwar die augen zu /
    Und wache dennoch stets im herzen;
    Im schatten bringts die nacht getragen /
    Was mir der tag pflegt zu versagen.

    Dann tret ich endlich zu ihr hin /
    Wir singen / spielen / tanzen / lachen /
    Sie hasset gar nicht meinen sinn /
    Sie pflegt es so / wie ich / zu machen /
    Wir wechseln mund und händ zusammen
    Und doppeln unsre liebes-flammen.

    Ach aber der ich schatten lieb
    Und träumend nur auf rosen gehe /
    Ich fange wasser durch ein sieb!
    Denn dis / was ich erwachet sehe /
    Ist leichtes stroh und feder-küssen /
    Die blumen sind hinweg gerissen.

    Hinweg! verlognes schatten-werk /
    Du irrwisch der betrübten herzen /
    Du starcke glut / doch sonder stärck /
    Du falscher zunder meiner schmerzen /
    Soll ihre gnad im
    traum nur scheinen /
    So muß ich wachend drüber weinen.
    _____


    Der verliebte
    traum

    Was hilffts / daß meine lust
    Stets in gedancken spielet?
    Und deine liljen brust
    Im
    traume küst und fühlet?
    Die nacht giebt unserm wahn
    Viel tausend süsse stunden /
    Und wenn der tag bricht an /
    Ist alles schon verschwunden.

    Ein ungemeine freud
    Durchdringet marck und glieder;
    Bin ich zur ruh bereit
    So kommstu / schönste / wieder /
    Und bringst der liebe trost
    In schaalen von jesminen /
    Greif ich denn nach der kost /
    So bistu nur erschienen.

    Es ist nur schatten-spiel
    Von
    traum und phantaseyen /
    Und wenn die liebe will
    Die lust mit lust verneuen /
    So muß das liebe paar /
    Den
    traum als traum verlachen /
    Und in der that selbst wahr /
    Was man geträumet machen.
    _____


    Traum

    Mir kam im schlaffe vor / Dorindens angesicht /
    Das zeigt in minen sich ganz gegen mich verpflicht /
    Sie drückte mir die hand / und das gewüntschte küssen
    Ließ sie sich dißmahl nicht / wie andersmahl / verdrüssen.
    Ich spielte ganz vergnügt / mit dem / was die natur
    Vor schätze eingelegt in ihre liebes-spur.
    Doch ich besann mich bald daß diß ein
    traum nur sey
    Hierauff so liessen mich des schlaffes fessel frey /
    Ach wüntscht ich / da ich noch besah die leeren hände /
    Ach warum hatte denn der
    traum so bald ein ende.
    _____

     

18. Jh.
 

  • Charlotte von Ahlefeld (1781-1849)

    Vergänglichkeit

    Vergänglich ist das festeste im Leben -
    Was trauerst Du, daß Liebe auch vergeht?
    Laß sie dahin in's Reich der Zeiten schweben,
    Leicht, wie des Lenzes Blüthenhauch verweht.

    Doch halte fest ihr Schattenbild im Herzen,
    Und segne dennoch freudig Dein Geschick,
    Schließt auch sich eine Reihe bittrer Schmerzen
    An Deines Glückes kurzen Augenblick.

    Du hast gelebt, denn Liebe nur ist Leben!
    Sie nur allein webt um den dunklen
    Traum,
    Dem wir den Nahmen unsers Daseyns geben,
    Der höchsten Wonne glanzerfüllten Saum.

    So zürne nicht des Schicksals finstern Mächten,
    Wenn sie des Lebens Sonne Dir entziehn.
    Nicht ewig läßt sie sich in unsre Bahn verflechten,
    Ach, sei zufrieden, daß sie einst Dir schien.
    _____


     

  • Sophie Albrecht (1757-1840)

    Nach Mitternacht
    Im November 1784

    Ich muß mich los aus deinen Armen winden;
    Noch diesen Kuß, nun eile schnell von hier! -
    Im
    Traume wirst du mich so glühend wiederfinden,
    Und bis zum Morgen bleib' ich dann bei dir.
    _____

     

  • Rosa Maria Assing (1783-1840)

    O Frühlingszeit!
    Wie machst du das Herze so groß und weit!
    Wie regt sich Alles munter da drinnen,
    Wie werden so wach und lebendig die Sinnen!
    Es haben die süßen Gefühle nicht Raum,
    Es wogt in dem Herzen und schwebt wie ein
    Traum.
    O Frühlingszeit!
    O Wunderzeit!
    _____

     

  • Johann August von Beyer (1732-1814)

    Der
    Traum

    Hier wo mich keine Narren suchen,
    Hier schlaf ich ein bey euch ihr Buchen,
    Mit Doris Bilde. Sanfte Ruh!
    Flieh mir mit leisen Westen zu.

    Der Traumgott wird in diesen Gründen
    Vorüber gehn, mich schlummernd finden;
    Dann reiz ihn selbst der holde Baum,
    Er bleib, und Doris sey mein
    Traum.
    _____


     

  • Friedrich Bouterwek (1766-1828)

    Ergebung

    Wirklich, wirklich, bist du schon verschwunden,
    Meines Lebens holder, schöner May?
    Eh' ich noch mir einen Kranz gewunden,
    Ist die Zeit der Blumen schon vorbey?

    War es das, was ich von Liebe träumte?
    Als ich in der Hoffnung Morgenstrahl
    Jedes Pflänzchen pflegte, wie es keimte,
    War ich glücklich, ach! zum letzten Mahl.

    Laß doch, Herz, dein ungestümes Pochen!
    Lächle ruhig, trauerndes Gesicht!
    Blumen, wie wir sie im
    Traum gebrochen,
    Solche Blumen blüh'n auf Erden nicht.
    _____


     

  • Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

    Glück und
    Traum

    Du hast uns oft im
    Traum gesehen
    Zusammen zum Altare gehen,
    Und dich als Frau, und mich als Mann.
    Oft nahm ich wachend deinem Munde
    In einer unbewachten Stunde,
    So viel man Küsse nehmen kann.

    Das reinste Glück, das wir empfunden,
    Die Wollust mancher reichen Stunden
    Floh wie die Zeit mit dem Genuß.
    Was hilft es mir, daß ich genieße?
    Wie
    Träume fliehn die wärmsten Küsse,
    Und alle Freude wie ein Kuß.
    _____


    Aus einem Briefe an Charlotte v. Stein]

    Um Mitternacht, wenn die Menschen erst schlafen,
    Dann scheinet uns der Mond,
    Dann leuchtet uns der Stern;
    Wir wandlen und singen
    Und tanzen erst gern.

    Um Mitternacht, wenn die Menschen erst schlafen,
    Auf Wiesen, an den Erlen
    Wir suchen unsern Raum
    Und wandlen und singen
    Und tanzen einen
    Traum.
    _____


     

  • Friedrich von Hagedorn (1708-1754)

    An eine Schläferin

    Erwache, schöne Schläferinn,
    Falls dieser Kuß nicht zu bestrafen:
    Doch wenn ich dir zu zärtlich bin;
    Schlaf, oder scheine mir zu schlafen.

    Die Unschuld, die nur halb erwacht,
    Wann Lieb und Wollust sie erregen,
    Hat öfters manchen
    Traum vollbracht,
    Den Spröde sich zu wünschen pflegen.

    Was du empfindest, ist ein
    Traum:
    Doch kann ein
    Traum so schön betriegen?
    Giebst du der Liebe selbst nicht Raum:
    So laß dich dann ihr Bild vergnügen.
    _____


    Der
    Traum

    Ich schlief in einem Garten,
    Den Ros' und Myrthe zierten,
    In dem drey holde Schönen
    Den halbentblößten Busen
    Mit frischen Blumen krönten,
    Die jede singend pflückte.
    Bald gauckelten die Spiele
    Des Stifters leichter Träume
    Mir um die Augenlieder,
    Und mich versetzten Morpheus
    Und Phantasus, sein Bruder,
    Ans Ufer von Cythere.
    Der bunte Frühling färbte
    Die Blumen dieser Insel;
    Der leichte Zephyr küsste
    Die Pflanzen dieser Insel;
    Und sein Gefolge wiegte
    Die Wipfel dieser Insel.
    Wie manches Feld von Rosen,
    Wie mancher Busch von Myrthen
    War hier der Venus heilig!
    Der Göttinn sanfter Freuden,
    Der Freuden voller Liebe,
    Der Liebe voller Jugend.
    Ich sah die Huldgöttinnen,
    Geführt vom West und Frühling,
    Gefolgt von Zärtlichkeiten,
    Mit Rosen sich umkränzen,
    Sich Mund und Hände reichen
    Und ohne Gürtel tanzen
    Und bey den Tänzen lachen.
    Hier fand ich auch den Amor,
    Der seine Flügel sonnte
    Die ihm vom Thau befeuchtet
    Und so betröpfelt waren,
    Als da er seinen Dichter
    Anacreon besuchte.
    Er wollte von mir wissen,
    Wer von den holden Dreyen
    Bey mir den Vorzug hätte,
    Als mich von jenen Schönen,
    Die sich die Blumen pflückten,
    Die Schönste lächelnd weckte.
    _____


     

  • Johann Peter Uz (1720-1796)

    Ein
    Traum

    O
    Traum, der mich entzücket!
    Was hab ich nicht erblicket!
    Ich warf die müden Glieder
    In einem Thale nieder,
    Wo einen Teich, der silbern floß,
    Ein schattigtes Gebüsch umschloß.

    Da sah ich durch die Sträuche
    Mein Mädchen bey dem Teiche.
    Das hatte sich, zum Baden,
    Der Kleider meist entladen,
    Bis auf ein untreu weiß Gewand,
    Das keinem Lüftgen widerstand.

    Der freye Busen lachte,
    Den Jugend reizend machte.
    Mein Blick blieb sehnend stehen
    Bey diesen regen Höhen,
    Wo Zephyr unter Lilien blies
    Und sich die Wollust greifen ließ.

    Sie fieng nun an, o Freuden!
    Sich vollends auszukleiden;
    Doch, ach! indems geschiehet,
    Erwach ich und sie fliehet.
    O schlief ich doch von neuem ein!
    Nun wird sie wohl im Wasser seyn.
    _____

     


19./20. Jh.
 

  • Alexis Adolphi (1815-1874)

    Ein
    Traum

    Einmal noch im Abendstrahle
    Wollt' ich auf dem Berge stehn,
    Einmal noch zum grünen Thale
    Meinem Lieb entgegensehn.

    Ha, wie ich sie da erblickte!
    Wie sie leis und linde kam,
    Weinend an das Herz mich drückte
    Und auf ewig Abschied nahm! -

    Aus dem Schlaf hat mich gerissen,
    Herz, dein Klopfen wild und schwer:
    Naß von Thränen war mein Kissen,
    Tiefe Nacht lag um mich her ...
    _____


     

  • Alois Leopold Altmann (um 1843)

    Holder
    Traum, wie bist du schnell entronnen,
    Wo ich mir mit wonnetrunk'ner Brust
    Aus des Lebens ungetrübtem Bronnen
    Schöpfte des Geschickes heit're Lust!

    Fruchtlos streb' ich nach den Hoffnungsauen,
    Meinen Geist umnachtet tiefer Schmerz;
    Die Geliebte je nur mein zu schauen
    Strebt umsonst das liebekranke Herz.
    _____


     

  • Johanna Ambrosius (1854-1939)

    So lieb, wie mich dein Blick anschaut,
    Schaut nichts mich an hienieden,
    Kein Himmel reiner, tiefer blaut,
    Kein Himmel giebt mehr Frieden.

    Ich hab' so lieb, so lieb dein Bild,
    Hab's jede Stunde lieber,
    Und wenn die Nacht durch's Fenster quillt,
    Nehm' ich's im
    Traum hinüber.
    _____


    Erste Liebe

    Zarte, maiengrüne Liebe,
    Denk' ich dein, wird mir das Auge feucht;
    Bist wie eine weiße Taube,
    Die man durch die Wälder scheucht.
    Bist wie Heimatglocken süßer Morgensang,
    Rein wie Paradieses erster Labetrank.

    Duft von jener blauen Blume,
    Welche Gott an seinem Busen trägt,
    Altarbild, vor dem der Sünder
    Seinen Blick zu Boden schlägt.
    Bringst versteinte Herzen aus der kalten Ruh',
    Bist nicht fortzulächeln, erste Liebe, du!

    Keiner kann dich ganz vergessen,
    Sternumsäumtes, zartes Morgenrot,
    Ob uns auch das reiche Leben
    Tausend goldene Sonnen bot.
    Immer wirst du bleiben unser schönster
    Traum,
    Holde, erste Blüte an des Lebens Baum!
    _____


     

  • Theodor Apel (1811-1867)

    Ein
    Traum

    Mir träumt', ich läg' in tiefer Nacht
    Sanft schlummernd Dir zur Seite,
    Da war's, als ob in milder Pracht
    Ein Schimmer sich verbreite;

    Als ob des Waldes Dunkelgrün
    Mit Gold sich überzöge,
    Manch' Vöglein, aufgeweckt vom Glüh'n,
    Leis' singend ihn durchflöge.

    Auf Knospen ward der Liederklang
    Wie milder Thau gegossen,
    Die zitternd sich im süßen Drang
    Dem linden Hauch erschlossen.

    Da schaut' ich auf Dein Angesicht,
    Und sah mit süßem Bangen,
    Es war von Deiner Augen Licht
    Dies Alles ausgegangen.

    Und sieh, ich fühlt' in meiner Brust
    Die Zauberpracht entsprießen,
    Des Waldes Grün, die Sangeslust,
    Die Knospen sich erschließen.

    Wol ist der
    Traum mir längst entschwebt,
    Längst sind wie Silberwogen
    Die holden Bilder, ihm verwebt,
    Vorüber mir gezogen.

    Doch lieb' ich heute noch den
    Traum
    Und Dich, die mir so ferne -
    Viel weiter sind im Himmelsraum
    Ja noch die lieben Sterne!
    _____


    Die Sterne leuchten durch die Nacht

    Die Sterne leuchten durch die Nacht
    In weiten, stillen Raum,
    Nur mich, der ich an Dich gedacht,
    Beglückt kein sanfter
    Traum.

    Du liegst wol jetzt in tiefer Ruh,
    In süßem
    Traum versenkt,
    Und freundlich schwebt deß Bild Dir zu
    Dem Du Dein Herz geschenkt.

    Auch ich, der ich Dir ferne bin,
    War einst Dir werth und lieb,
    Und Deine Liebe schwand dahin,
    Wie treu ich Dir auch blieb.

    Doch treu bin ich Dir noch vereint
    Zu meiner eig'nen Qual,
    Und wenn Dein liebes Bild erscheint,
    Grüß' ich es tausendmal!
    _____


     

  • Wilhelm Arent (1864-?)

    Nur manchmal noch besuchst du mich im
    Traum,
    Daß ich dich je verloren, weiß ich kaum.
    Ein lieblich Lächeln hellt dein Angesicht,
    Aus deinen Augen deine Seele spricht.

    All' was sie kündet ist so lieb und gut,
    Unnennbar süßer Zauber darin ruht,
    Gewährung höchster Erdenseligkeit -
    Ein Glück unendlich wie die Ewigkeit.
    _____


    Maientraum

    Wie lockt die milde Maiennacht
    Mit ihrer duftigstillen Pracht!

    Leis' treibe ich in schwankem Kahn
    Auf monderhellter Wasserbahn.

    Die Wolken ziehn, die Winde rauschen,
    Ich halt' den Athem an, zu lauschen.

    Im Busch flötet die Nachtigall -
    Süß träumt der Liebe Geist im All.
    _____


    Liebessehnsucht

    Wenn deiner Lippen
    Traumduft
    Mich sanft berührt,
    Wenn meine kranke Seele
    Den Hauch des Himmels spürt,
    Wenn du mich selig küßt
    Wie nie ich es gewußt,
    Wenn du mein holdes Lieb bist -
    O süße Himmelslust!
    Einst werd' ich dich nur kennen -
    Du einzig meine Wahl! -
    Nach dir nur süß entbrennen
    In heißer Sehnsuchtsqual!
    Göttlich werd' ich gesunden
    Von allem Erdenschmerz
    Im hehren
    Traum der Stunden
    In Küssen Herz an Herz ...
    _____


     

  • Hugo Ball (1886-1927)

    Ewige Liebe

    O wüsste ich nicht, dass die Sterne verbluten,
    O wär es nicht wahr, dass die Sonne lischt,
    O dürft ich Dich lieben mit flammenden Gluten,
    Ach, und sie stürben, sie stürben nicht!

    O könntest Du bleiben, o könntest Du weilen,
    O liessest Du niemals mich, nie allein,
    O dürfte ich ewigen
    Traum mit Dir teilen,
    O dürftest Du ewig mein eigen sein!
    _____


    Die Sonne blüht aus Deinem Blick
    Und geht in meinem unter.
    So schenkst Du mir den schönen Tag,
    Ein mildes Sternenwunder.

    So hast Du meinen dunklen
    Traum
    Durchleuchtet aller Enden
    Und wo ich immer schreiten mag,
    Begegn' ich Deinen Händen.
    _____


     

  • Eufemia von Adlersfeld-Ballestrem (1854-1941)

    Es war ein
    Traum

    Mir träumte einst von Neujahrsglockenklang,
    Er stieg wie Jubelklang empor zur Höh', -
    Der Fluß lag still in flimmernd Eis gebannt,
    Und Wald und Flur bedeckte tiefer Schnee!
    Und aus des Winters Flockenbett hervor,
    Im kalten, öden, trüben Erdenraum,
    Da blühten Rosen frühlingsgleich empor -
    Es war ein
    Traum!

    Dann träumte mir, daß er gezogen kam,
    Er, meinem Dasein hell, kometengleich,
    Wie wenn ein Meteor aufflammend strahlt,
    Ich jubelte, an Glück und Lieb so reich.
    Er brach die Rosen, winterlich bethaut,
    Zu meinem Schmuck vom weißen Waldessaum,
    Er küßte mich, und nannt' mich seine Braut -
    Es war ein
    Traum!

    Ein schriller Ton voll Leid, voll Weh und Schmerz
    War das Erwachen! - Daß so früh es kam!
    O, daß die Rosen frosterstarrt im Schnee
    Hinwelkten, das Geschick mir Alles nahm!
    Daß alles Glück hinsterben muß so schnell,
    Daß alles Glück nur Trug im Weltenraum -
    Ström' hin, mein Herz, in deiner Lieder Quell,
    Es war ein
    Traum! - -
    _____


     

  • Lisa Baumfeld (1877-1897)

    Sommertraum

    Golddurchflammte Ätherwogen,
    Schwerer Äste grüne Bogen,
    Süss verwob'ne Träumerei'n ...
    Sommer, deine warmen Farben,
    Helle Blumen, gold'ne Garben
    Leuchten mir ins Herz hinein ...

    In dem Wald, dem dämm'rig düstern,
    Hörst du's rauschen, lispeln, flüstern,
    Elfenmärchen - Duft und Schaum ...?
    Blumenkinder nicken leise,
    Lauschen fromm der alten Weise
    Von des Waldes
    Sommertraum ...

    Und der See, der windumfächelt
    Lallend plätschert, sonnig lächelt,
    Netzt das Schilf aus lauem Born ...
    Rosen blühen am Gelände,
    Rosenglut, wo ich mich wende,
    Und im Herzen tief ein Dorn ...
    _____


     

  • Anna Behrens-Litzmann (1850-nach 1913)

    Traum

    Ich bin der Wind, der deine Stirne kühlt,
    Ich bin die Welle, die dich lind umspült,
    Ich bin der Morgen, der dir Rosen bringt,
    Ich bin der Vogel, der in Schlaf dich singt.

    Ich bin dein Leid, dein Glück, dein Weib, dein Kind,
    Ich bin, was dir Millionen sonst nicht sind,
    Kraft deiner Arbeit, deiner Muße Lust,
    Sonne des Hauses, Frieden deiner Brust.

    So sprach ich heut' im
    Traum, — da wacht' ich auf,
    Grau, einsam, dämmerte der Tag herauf,
    Doch immer noch den langen, dunklen Tag
    Klangen die stolzen, schönen Worte nach.
    _____


     

  • Otto Julius Bierbaum (1865-1910)

    Glück im
    Traum

    Ach, was sah ich im
    Traum:
    Du hast die Hand mir gegeben,
    Und stumm sprach mir dein Mund:
    Ja, ich fühle wie du.

    Tief im Walde geschahs;
    Es sangen um uns die Vögel,
    Sonne küßte das Moos
    Und deinen seidenen Schuh.

    Nahe warst du mir so,
    Daß deinen Atem ich fühlte,
    Und ich sah dir ins Aug,
    Und ich weinte vor Glück.

    Mädchen, was mir der Tag
    An Kümmernissen mag bringen:
    Lächelnd denk ich des
    Traums,
    Selig denk ich an dich.
    _____


    Liebe ist des Traums der ewigen Götter
    Einziger Sinn, wer Liebe träumt, den lieben
    Sie als ihren schönsten
    Traum. O träume
    Liebe, Dichter, sei kein Alp der Götter!
    _____


    Liebe

    Es ist ein Glück zu wissen, daß du bist,
    Von dir zu träumen hohe Wonne ist,
    Nach dir sich sehnen macht zum
    Traum die Zeit,
    Bei dir zu sein, ist ganze Seligkeit.
    _____


     

  • Rudolf G. Binding (1867-1938)

    Traumverkündigung

    Heut Nacht, mein Lieb, da nehm ich dich
    in meinen
    Traum.
    Da ist's so licht. Und sänftiglich
    selbander liegen wir wohl unter einem grünen Baum
    und schauen durch das Grün das Blau.
    Ach, Freundin, trau
    dem Grün, dem Blau,
    dem Licht, der Nacht, dem Schläfer und dem
    Traum.
    _____


     

  • Ernst Blass (1890-1939)

    Karnevalstraum

    Ich fühle zwischen meinen offnen Armen
    Die goldne Luft des Saals und süßen Lichts.
    Ich fühle zwischen meinen goldnen Armen
    Den Jaguarmund deines Angesichts.

    In unsrer träumerischen Sofaecke,
    Wir fliegen langsam durch den großen Saal.
    Wir sind in einem schwebenden Verstecke.
    Um unsre Schultern liegt ein zarter Shawl

    Von Licht. O, wie wir aus dem Fenster fahren!
    Wie man auf Films im Nachthemd reist zum Mond,
    So sehn wir nachtschwarz abgezeichnet starren
    Nah unter uns die Stadt, worin man wohnt.

    Wir fahren weiter durch die Luft und weiter.
    Du siehst, wie dicht vor uns die Nebel schwinden.
    Du spürst - und ich dein glücklicher Begleiter! -
    Trotz Februar warm den Geruch der Linden.

    Der schöne Sommer schwärmt schon gar nicht fern.
    Die Grillen zirpen, und ein edler Stern
    Küßt mich in sanfter Treue auf die Stirn ...
    Wir werden uns im nahen Wald verirrn,

    Um den Hals uns zu fallen und um Augen und Munde,
    Und Eichhörnchen sein und selige Hunde.
    _____


    Hoher
    Traum

    Es sind in mir noch die blauen Augen
    Und lassen mich nicht ruhn, was ich auch treibe.
    Sie scheinen mir mein Leben aufzusaugen,
    Dass nicht ein Schritt, kein Atemzug mehr bleibe,

    Ganz wie der Tod, heimlich und unbeirrt,
    Und wenn sich meine Widerstände mindern,
    Dann werden sich wohl auch die Schmerzen lindern,
    Die in mir streben wirr und ohne Hirt.

    O süsses, o beruhigendes Ende!
    Ein Nehmen? Nein - ein sanftes Wiedergeben,
    Ein
    Traum, vertrauter als das wache Leben,
    O liebe Augen, o geliebte Hände!
    _____


    Der helle Tag war eine schlimme Nacht,
    Das wache Leben nur ein dumpfer Schlaf,
    Eh' ich zum
    Traum von dir bin aufgewacht,
    Eh' meine Näh deine Ferne traf,

    Zum
    Traum von mir, der, lange Zeit verborgen,
    Nun wie ein Held an meine Seite trat,
    Nicht Gestern galt, nicht Heute, nur das Morgen
    War nahe mir, geöffnet war der Pfad.

    Und Liebe flocht in keuschesten Gewinden
    Unmerklich schon den bunten ewigen Kranz.
    Was lang getrennt war, hoffte sich zu finden,
    Und das Entzweite sah sich wieder ganz.
    _____


    Bin dir tief
    Zugetan!
    Was dich rief,
    War kein Wahn.

    Glaube mir,
    Meinem Muss!
    Folge dir,
    Deinem Kuss!

    Süsses Blut,
    Hoher
    Traum,
    Bunte Glut,
    Heiliger Raum.
    _____


     

  • Ferdinande von Brackel (1835-1905)

    Es war ein
    Traum

    Es war ein
    Traum -
    Und ach, wie war er sonnig,
    Wie freudenvoll und wie bezaubernd schön,
    Wie eines Frühlings erster Morgen:
    Doch ach, zu reizend auch, um zu besteh'n.

    Es war ein
    Traum
    So duftig wie die Rose,
    Die eben erst der Knospe sich entwand,
    So spiegelnd lockend wie der Regenbogen, -
    Doch rasch, wie jener, der entschwand.

    Es war ein
    Traum,
    Der erste
    Traum des Herzens -
    Es war des jungen Herzens erster Mai;
    Es war das Glück, das sich ihm schimmernd zeigte:
    Und wie die Seifenblase sprang's entzwei.

    Es war ein
    Traum! -
    Hart war es, zu erwachen,
    Er hatte zu viel Seligkeit gebracht.
    So folgt wohl auf den ersten Tag im Lenze
    Die eisig kalte Winternacht.

    Es war ein
    Traum!
    Jetzt ist er längst vergessen.
    Daß einst ich träumt', ich weiß es kaum;
    Zuweilen nur zuckst's schmerzlich durch die Seele:
    Dann sag' ich leis: "Es war ein
    Traum."
    _____


    Frühlingsgedanke

    Vögel singen, neues Leben,
    Frisches Grün an Blatt und Baum:
    Für die Vögel neue Lieder,
    Für das Herz ein neuer
    Traum!

    Doch das Leben wird veralten,
    Hin zur Erde welkt das Grün;
    Blumen senken ihre Häupter:
    Wirst, mein
    Traum, auch du verblüh'n?
    _____

     

  • Helmina von Chézy (1783-1856)

    Liebe

    Ein
    Traum ist Liebe,
    Ein
    Traum, wie keiner mehr.
    Leben ist Liebe,
    All anders Leben leer.
    Ich sterb' in Liebe,
    Wann sie gekränkt auch wär,
    Liebe bleibt Liebe!
    _____


     

  • Peter Cornelius (1824-1874)

    Du meiner Seele schönster
    Traum

    Du meiner Seele schönster
    Traum!
    Du meiner schönsten Träume Seele!
    Du Herz, dem ich mein Heil befehle!
    Du Heil, wie ich es ahnte kaum!

    Du meines Lebens schönstes Lied!
    Du schönes Leben meiner Lieder!
    Aus Lied und Leben klingen wieder,
    Was deine Liebe mir beschied.

    Du meines Lenzes Blüt' und Duft!
    Du Lenz, dem reich mein Herz erblühet!
    Du Stern, der mir am Himmel glühet,
    Mein Himmel du voll Glanz und Luft!

    O laß um deine Stirne gern
    Der Liebe Glorie mich weben,
    Mein Himmel du, mein Lenz, mein Leben!
    Mein Heil, o du mein Lied, mein Stern!
    _____


    Da du den Kuß gegeben

    Da du den Kuß gegeben
    Mir unterm Blütenbaum,
    Zerrann mein ganzes Leben
    Vor deinem Kuß - ein
    Traum.
    Nun ich mit bangem Beben
    Dir ferne wandeln muß,
    Ist all mein Sein und Weben
    Ein
    Traum von deinem Kuß.
    _____


    An den
    Traum

    Öffne mir die goldne Pforte,
    Traum, zu deinem Wunderhain,
    Was mir blühte und verdorrte
    Laß mir blühend neu gedeihn.
    Zeige mir die heil'gen Orte
    Meiner Wonne, meiner Pein,
    Laß mich lauschen holdem Worte,
    Liebesstrahlen saugen ein.
    Öffne mir die goldne Pforte,
    Traum, o laß mich glücklich sein!
    _____


     

  • Max Dauthendey (1867-1918)

    Von dir lachen noch meine
    Träume

    Dein Leib ist reich gewirkt wie ein Feld voll Honig
    und königlicher Blumen
    Und kommt weich und heimlich wie der Mond in mein Bett.

    Von dir lachen noch meine
    Träume und bewachen dich.
    Und wie die Hähne kämpfen mit erhitztem Sporn,
    So töt' ich den, der dich im
    Traum begehrt.
    _____


    Weiter fällt mir mein
    Traum nicht ein

    Du warst mir nah in meinem
    Traum,
    Deine Stirn war weißer als dein Kleid.
    Ein Kuß allein hatte zwischen uns Raum,
    Mein Herz fand kaum zum Schlagen Zeit.

    Ein Blick in deinen Wimpern stand,
    Wie auf dem Samt ein Messer liegt,
    So daß ich schön den Tod empfand,
    Der heiß mit deinen Augen siegt.

    Und noch ein Blick fiel in mein Blut,
    Wie eine Rose in den Wein. -
    Weiter fällt mir mein
    Traum nicht ein,
    Eh' nicht mein Mund auf deinem ruht.
    _____


     

  • Marie Eugenie Delle Grazie (1864-1931)

    Im
    Traum

    Im
    Traum oft nahen mir die alten Zeiten,
    Dann schwindet all' mein Sehnen, all' mein Bangen,
    Von Deinen Armen liebevoll umfangen,
    Seh' ich wie ehmals durch den Wald mich schreiten.

    Die stämm'gen Eichen rauschen auf und breiten
    Ihr Laubdach über uns mit grünem Prangen,
    Die wilden Rosen selbst mit glüh'nden Wangen
    Steh'n duftend noch am Waldweg wie vor Zeiten.

    Die kleine Nachtigall singt noch im Flieder,
    Das wogt so liebestrunken auf und nieder,
    Das schallt so wonnig durch die grünen Weiten,

    Das klingt so süß, die Herzen zu berücken;
    Wir bleiben steh'n und lauschen mit Entzücken
    Und wissen uns das traute Lied zu deuten.
    _____


     

  • Gisela Etzel (1880-1918)

    Wie doch ein
    Traum so groß beglücken kann!
    Bis tief in lauten Tag hinein
    Begleitet mich sein Widerschein . . .
    Und kamst du nun, du ferner Mann,
    Nach so viel Zeit zu mir herein,
    Um eine Nacht mit mir zu sein?

    Denn Jahre sinds, seit mich dein Auge frug
    Und deine ach so wilde Hand
    Im Dunkel sich zu meiner fand
    Und ich an deiner Sehnsucht trug,
    Am Blick, der mir im Herzen stand,
    Du fremder Mann, du Unbekannt!

    Kaum eine Stunde waren wir uns nah,
    Da süße Gunst sich Günste stahl /
    Und mir zur Seite mein Gemahl!
    Dann Jahre, daß ich nicht dich sah . . .
    Und nun, so selig wie Choral,
    Dein Blick, dein Mund, dein Wunsch von Stahl . . .

    Nun trag ich dich in mir, geliebter Mann! /
    Wie doch ein
    Traum so tief beglücken kann.
    _____


    Und immer wieder dieser eine
    Traum,
    Da fest und süß dein Mund den meinen findet,
    Und Seligkeit / entrückt von Zeit und Raum!

    Nach solcher Nacht ist dann der Tag so voll
    Wie Beere, die sich schwer dem Stiel entwindet,
    Wie Samenkapsel, die zerplatzen soll.

    Und dieses Tages äußres Leben geht
    Wie hinter Schleiern sacht zum Abend nieder;
    Nur Eines ist, das klar und leuchtend steht:

    Dein Bild aus jenem tieflebendigen
    Traum!
    Wachsehnsucht bringt es mir aus Schatten wieder
    Und hält es / weit entrückt von Zeit und Raum.
    _____

     

  • Gustav Falke (1853-1916)

    Psyche

    Schuf der Wunsch die holde Dichtung?
    war es wirklich? Warum drohte
    reinstem Herzensglück Vernichtung?
    Flammen starben, kaum entlohte.
    Liebe kam, Liebe ging,
    wie ein schöner Schmetterling.
    war's ein
    Traum?

    Eine kindlich scheue Haltung
    nahm mich flugs für sie gefangen,
    und die zierlichste Gestaltung,
    die zwei Arme je umschlangen.
    Nackte Füße, braune Haut,
    eine kleine Bettelbraut
    stand sie da.

    Amor brachte selbst das Kind mir,
    Führte ritterlich die Kleine,
    und sein Blinzeln fragte: Sind wir
    guten Leute auch alleine?
    Segnete uns Hand in Hand,
    einen kurzen Ehestand,
    eine Nacht.

    Liebe sie, sie hat dich gerne.
    Frierend stand sie auf der Straße,
    Pilgerin aus weiter Ferne,
    Tochter einer fremden Rasse.
    Heißes Blut, heißer Sinn
    zwang sie nach dem Liebsten hin,
    ohne Halt.

    Und ich nahm die mir Geschenkte,
    nahm sie aus den Götterhänden.
    Die vor Scham die Wimper senkte,
    wollte halb zur Flucht sich wenden,
    aber in des Gottes Blick
    unerbittliches Geschick
    hielt sie fest.

    Auf das harte Lager zog ich
    die Erglühte zärtlich nieder,
    und auf ihre Lippen bog ich
    küssend wieder mich und wieder,
    nästelnd ärmlichstes Gewand
    zitterte die heiße Hand
    ungewohnt.

    Laß, so wehrt sie, Ungeschickter,
    wirrst die Fäden nur zum Bösen!
    Könnt ein Ungeduldverstrickter
    auch so seine Knoten lösen?
    zierlich lockert sie die Schnur,
    zeigt die lieblichste Natur
    unverhüllt.

    Leichtgebräunte Meerschaumtöne,
    draus sich rosige Lichter heben,
    eine knospenhafte Schöne,
    Frühlingsfülle, Frühlingsleben,
    wunderholde Blütenpracht,
    mir im Lenzrausch dargebracht:
    pflücke mich!

    Liebesfeier, trunknes Lallen.
    Deinen Namen laß mich kennen.
    Namenlos will ich gefallen,
    tausendfach kannst du mich nennen.
    Nenne mich mit Liebeslaut,
    nenn mich einzig deine Braut,
    die ich bin.

    Leicht beschwichtigt sie den Frager.
    Liebe traut auch Namenlosen,
    Liebe ruht auf dürftigem Lager
    wie auf Teppichen von Rosen.
    Liebe kennt nicht Zeit noch Raum,
    Liebe lebt in Glück und
    Traum
    fragelos.

    Amor hielt die Wacht am Fenster,
    und er hob des Vorhangs Falte.
    Auf die Liebesnachtgespenster
    fiel das Tageslicht, das kalte.
    Tote Glut. Ein Schattenleib.
    Geisterhauch. Was fliehst du? Bleib!
    War's ein
    Traum?
    _____


     

  • August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

    Mein
    Traum

    Ich hab im
    Traum gepflücket
    Ein liebes Röslein mir.
    Wie hat es mich entzücket
    In seiner Frühlingszier!

    Es strömte neues Leben
    Ins kranke Herz hinein.
    Ich mußt in Freude schweben,
    Wie konnt ich glücklich sein!

    Da kam ein böses Wetter,
    Ließ nichts mir als mein Leid,
    Denn meines Rösleins Blätter
    Zerstoben weit und breit.

    Die Blätter aber woben
    Sich bald zu einem Kranz
    Und sahn vom Himmel droben
    Herab im neuen Glanz.

    Das sind des Glückes Tage,
    Die mir ein Röslein gab.
    Jetzt wein ich nur und klage,
    Sie sank zu früh ins Grab.
    _____


    Träum ich oder wach ich wieder?
    Bin ich meiner mir bewußt?
    Sind das heut noch meine Lieder,
    Die ich sang aus voller Brust?

    Was ich dachte, was ich fühlte,
    Was mir schien mein bestes Sein,
    Was mich freute, labt' und kühlte,
    Darf ich's heut noch nennen mein?

    Wie ein
    Traum so ist's vergangen,
    Wie ein Schatten, Hauch und Schaum -
    Traum ist Liebe, Lust, Verlangen
    Und das Leben selbst ein
    Traum.
    _____


     

  • Johann Georg Fischer (1816-1897)

    Mein Glück

    Ich weiß es doch und glaub' es kaum,
    So wunderbar ist mir,
    Ich geh' am Tag als wie im
    Traum
    Ob all der Lust an dir.

    Und doch im tiefsten
    Traum ist mir
    So hell und sonnenklar,
    Daß nur ob all der Lust an dir
    Die Welt so wunderbar.

    Und wenn die Welt als wie im
    Traum
    Vergieng' ob dir und mir,
    Ich wüßt' es kaum, ich glaubt' es kaum,
    Ob all der Lust an dir.

    _____

     

  • Theodor Fontane (1819-1898)

    Gewonnen

    Ich schaute einst im
    Traume
    Zwei Äuglein, klar und schön,
    Die waren wie die Sterne
    So lieblich anzusehn.

    Ich küßte auch zwei Lippen,
    In Morgenrot getaucht,
    Die waren wie die Rosen,
    Von Anmut überhaucht.

    Ich hörte eine Stimme,
    Von silberhellem Klang,
    Die zitternd mir zum Ohre
    Und wohl noch tiefer drang.

    Was schon in luftgen Träumen
    Mein trunknes Herz erschaut,
    Sie, die im
    Traum ich liebte -
    Ward heute meine Braut! -

    Die Augen wie die Sterne,
    Die seien nun begrüßt,
    Die Lippen wie die Rosen,
    Die seien nun geküßt;

    Und Worte wie die Lieder
    Erlausche Herz und Sinn,
    In Worten kling' es wieder
    Wie glücklich heut ich bin.
    _____


     

  • Maria Clementine François (1823-1844)

    Traum und Erwachen

    Mein erster
    Traum in dieser Welt war Liebe,
    Mein erst Erwachen war der Schmerz.
    _____


    Der Traum

    Nein, ich will nicht länger klagen,
    Daß mein Herz nicht Freude fand,
    Daß von meinen Jugendtagen
    Mir das schönste Glück entschwand.

    Sieh', es ist noch nicht entflohen,
    Sieh, es ist noch immer nah,
    Da ich heute noch im
    Traume
    Den Geliebten wieder sah.

    Ruhend unter Blüthenlauben,
    Freut' ich mich der grünen Au;
    Alles um mich war so heiter,
    Und der Himmel war so blau.

    Liebend, wie er einst mir nahte,
    Er vor meinen Augen stand,
    Und mein Herz das süße Beben
    Seiner Liebe wiederfand.

    Ja, als wäre nichts geschehen,
    Zog er mich an seine Brust;
    Und ich staunte nicht darüber,
    Hingegeben sel'ger Lust.

    Soll mein Glück mich wen'ger freuen,
    Weil es scheut der Sonne Licht,
    Und mich in des Schlafes Armen,
    Nur als süßer
    Traum umflicht?

    Nein, die
    Träume sind auch Leben,
    Und ein
    Traum das Leben nur -
    Beide flüchtig, wenn sie schwinden,
    Bleibt von Beiden keine Spur.

    Denken will ich, was ich wachend
    Lebe, sei vielleicht nur
    Traum,
    Und was ich im
    Traum empfinde,
    Wahrheit in des Lebens Raum.
    _____


     

  • Else Galen-Gube (1869-1922)

    Mir ist, als wärst du so ganz bei mir

    Ich kann mich heut aus meinem
    Traum nicht ringen,
    aus meinem
    Traum von Liebe und von dir,
    ich kann die Phantasie nicht niederzwingen,
    mir ist, als wärest du so ganz bei mir …

    Ich fühle deinen Atem mich umwehen,
    wie in der Dämmerstunde, wonnigtraut;
    im Arm könnt ich dir liebestoll vergehen
    bei deiner Stimme süßem Schmeichellaut.

    Jetzt hältst du mich mit Leidenschaft umschlungen,
    jetzt werd ich dein, dein eigen ganz – und dann …
    besiegt, von deiner jungen Kraft bezwungen,
    stammle ich selig nur: "Du lieber Mann …"
    _____


    Danaë's
    Traum

    Ich träumte jüngst, ich wäre Danaë,
    und Du wärst Zeus, strotzend in Jugendfülle.
    In zügellosem Glück, in wildem Weh
    fiel endlich unsrer Leidenschaften Hülle.

    Goldregenzweige über Brust und Haupt,
    und Vollmondlicht auf den zerwühlten Kissen.
    In dieser Stunde hast du mir geraubt
    das Letzte - als du mich an Dich gerissen …

    Flammendurchlodert, liebestoll und wild,
    von Leidenschaft berauscht, die Sinne trunken,
    so bin ich dir, du mannhaft Götterbild,
    zu Füßen, Herrin, Sklavin, hingesunken.

    Nicht deinen Reichtum wollt ich, nicht dein Gold,
    mit Liebe zahltest du die schwülen Nächte - -
    Wußt ich Unselige denn, daß dieser Sold
    dich an den Bettelstab in kurzem brächte?

    Was tuts? Ein einzig Mal nur strotzt im Mai
    der Baum in seiner vollen Kraft und Blüte -
    Mich hat er überschüttet – ach, vorbei!!
    Nichts gibt er mehr, nichts, was mich sonst durchglühte.

    Goldregenstrauch - - es kam des Winters Weh;
    nur manchmal träum ich von den blühnden Zweigen,
    daß sie zu mir, der blonden Danaë,
    um Mitternacht in meinen Schoß sich neigen …
    _____


    In meine stillen
    Träume

    In meine stillen
    Träume
    schleichst du dich allnächtlich ein,
    dein Haupt sinkt an meine Schulter,
    der Mond blickt durchs Fenster herein.

    Vor meinem Lager duften
    die Rosen berückend schwül;
    ich berge verwirrt mein Antlitz
    in dem seidenen Spitzenpfühl.

    Du bist ja zu mir gekommen
    im
    Traume, in der Nacht;
    da ist in mir Unglückseligen
    die Leidenschaft neu erwacht.

    Die Gluten, die schlummermüden,
    schlugen zur Flamme empor,
    ich suche im
    Traume das Leben
    und finde verschlossen das Tor.
    _____


    In
    Traumes Bann

    Sinnverwirrend schön sind deine Rosen,
    so betäubend ist ihr süßer Duft.
    Flüsternd raunt es wie ein heimlich Kosen
    durch die sengend schwüle Sommerluft.

    Schlummertrunken streck ich meine Glieder,
    tief beseligt noch im
    Traumesbann
    Küsse dir die müden Augenlider -
    Was ein
    Traum heraufbeschwören kann!

    Und ich fühle dich in meiner Nähe
    schattenhaft – und doch so lebenswarm!
    Ganz in eins verschmelzend -
    ich vergehe
    selig, liebestoll in deinem Arm! …..
    _____


    Träum nur

    Träum nur und sing dein mächtig Lied,
    greif in die Laute mit Akkorden,
    bis du erwachst. Die Stunde flieht
    und Wahrheit ist dein
    Traum geworden.

    Schlich sie dir langsam hin, die Zeit?
    Sag an, war es ein sehnend Warten?
    Nun steht in Rosenpracht bereit
    ein lichtdurchglühter Zaubergarten …

    Aus roten Kelchen strömt ein Duft,
    ein Duft von Glück, von Lieb, von Küssen.
    Du heiße, schwüle Sommerluft,
    Du
    Sommertraum, du Scheiden-müssen.
    _____


     

  • Emanuel Geibel (1815-1884)

    Es stand ein Veilchenstrauß an meinem Bette,
    Der duftete mir zu gar süßen
    Traum:
    Ich lag am Abhang einer Hügelkette,
    Und überblüht von Veilchen war der Raum:
    So viele wuchsen nie an einer Stätte,
    Man sah vor ihrem Blau den Rasen kaum;
    Da sprach das Herz: Hier ging mein Lieb, das traute,
    Und Veilchen sproßten auf, wohin sie schaute.
    _____


    Goldne Brücken seien
    Alle Lieder mir,
    Drauf die Liebe wandelt,
    Süßes Kind, zu dir.

    Und des
    Traumes Flügel
    Soll in Lust und Schmerz
    Jede Nacht mich tragen
    An dein treues Herz.
    _____


    O stille dies Verlangen!

    O stille dies Verlangen,
    Stille die süße Pein!
    Zu seligem Umfangen
    Laß den Geliebten ein!
    Schon liegt die Welt im
    Traume,
    Blühet die duft'ge Nacht;
    Der Mond im blauen Raume
    Hält für die Liebe Wacht.
    Wo zwei sich treu umfangen,
    Da giebt er den holdesten Schein.
    O stille dies Verlangen,
    Laß den Geliebten ein!

    Du bist das süße Feuer,
    Das mir am Herzen zehrt;
    Lüfte, lüfte den Schleier,
    Der nun so lang' mir wehrt!
    Laß mich vom rosigen Munde
    Küssen die Seele dir,
    Aus meines Busens Grunde
    Nimm meine Seele dafür -
    O stille dies Verlangen,
    Stille die süße Pein,
    Zu seligem Umfangen
    Laß den Geliebten ein!

    Die goldnen Sterne grüßen
    So klar vom Himmelszelt,
    Es geht ein Wehn und Küssen
    Heimlich durch alle Welt,
    Die Blumen selber neigen
    Sehnsüchtig einander sich zu,
    Die Nachtigall singt in den Zweigen -
    Träume, liebe auch du!
    O stille dies Verlangen,
    Laß den Geliebten ein!
    Von Lieb' und
    Traum umfangen
    Wollen wir selig sein.
    _____


     

  • Anastasius Grün (1806-1876)

    Träumen und Wachen

    Wenn ich Liebchen heiß umfange,
    Aug' und Mund nur Liebe spricht,
    Tönt des Herzens Ruf so bange,
    "Täuscht ein eitler
    Traum dich nicht?" -

    Doch die Stunde hör' ich schlagen,
    Wo der Trennung Ruf gebeut,
    Und im Herzen hör' ich's sagen:
    "Träumer, es war Wirklichkeit!"

    Mild in Schlummer eingewieget
    Wähn' ich mich an ihrer Brust,
    Denn es tönt der Ruf: "Nun trüget
    Dich kein
    Traum in deiner Lust."

    Doch des Schlummers Bilder schwinden;
    Liebchen ach! ist auch dahin,
    Und die Stimme hör' ich künden:
    "
    Traumbild war's, was dir erschien."

    Und so sitz' ich denn im Trüben,
    Bis die Zeit es einst enthüllt:
    Ob wohl Wirklichkeit mein Lieben
    Oder bloß ein
    Traumgebild'?! -
    _____


     

  • Alfred Grünewald (1884-1942)

    Nie vergißt mein
    Traum

    Träum ich auch jede Nacht von dir,
    und träum ich dies: du bist noch hier,

    wird mir kein Trost: denn nie vergißt
    mein
    Traum, daß du gestorben bist.

    Ich fühle bang, ich darf dir's nicht
    verraten. - Liebes Angesicht,

    scheinst du mir jetzt auch so wie eh,
    sah ich dich doch schon weiß und weh.

    Dein Auge, das mich jetzt beglückt,
    ich hab es dir schon zugedrückt.
    _____


    . . .

    Verliebter Mund will stets den einen Namen sagen.
    Und wenn die Lippen dir zur Nacht erlahmen, sagen
    ihn immer noch und dann im
    Traum
    des Herzens Schläge.
    Wer wollte beten, Freund, und wollt' nicht Amen sagen!
    _____


     

  • Sidonie Grünwald-Zerkowitz (1852-1907)

    Im
    Traum

    Als ich des Abends zur Ruh gegangen,
    Besah ich des Liebsten Bildnis bewegt,
    Und daß ich davon mich trennen nicht müßte,
    Hab' unter das Kissen ich's heimlich gelegt.

    Das Bild, das ist aber dort nicht geblieben;
    Im
    Traum ist's mir näher und näher gerückt -
    Gewandelt zu meinem leibhaftigen Liebchen,
    Hat's Küsse mir überall hin ... gedrückt.

    Das Bild, das ich nachts unterm Kissen geborgen,
    Das machte - ob auch der Liebste entfernt -
    Daß ich die Küsse der Liebe alle -
    Hab' alle ... im
    Traume ... gründlich erlernt ....
    _____


    Schamhaftigkeit

    Du schiltst mich: kalt, ohne wahres Empfinden,
    Indessen Höllenlohen sich winden
    Mir durch den Leib, darin zu ringen
    Mit der - Scham, die sie dämpfen möcht' und bezwingen!

    Durchs Innerste wogt mir ein glühendes Drängen
    In eines mit Dir mich zu vermengen, -
    Mit dem ganzen Sein Dich zu umfassen,
    In jede Pore Dich einzulassen!

    Wie, nur ihre Schönheit als einzige Hülle,
    Die Erde sich bringt in nackter Fülle
    Dem glühenden Sonnenstrahl entgegen:
    So möcht' ich in Deine Arme mich legen!

    ... Ja, liehe ein
    Traum mir seine Hände,
    Den Gürtel zu lösen mir von der Lende ...
    Zum Werke der Liebe das Kleid mir zu schürzen ...
    Den Kampf mit meiner Scham mir zu kürzen!

    Und bettete mich der
    Traum auf das Kissen ...
    Ohn' daß ich, wie's geschah ... müßt wissen!
    Möcht'
    Traumes zauberhaftes Walten
    Indessen die Seele umfangen mir halten,

    Indess, bis ich auf schweigsamem Pfühle
    Süß Deinen Odem wirken fühle! -
    ... Der
    Traum der Scham die Augen verbände
    Und ich - im Himmel mich befände! ...
    _____


    Wie ich von Dir träume

    Guten Morgen! Dein war, Lieb, die Nacht!
    Ich hab' im
    Traum mit Dir sie verbracht.
    Noch hab' ich keinen Tag gesehn
    Wie diesen
    Traum, so himmlisch, so schön!
    Ach, daß eine Stunde schlagen mir möchte,
    Die solche Wonne wirklich mir brächte!

    Der Lenz hat über den Thalesgrund
    Einen Teppich gebreitet aus Blumen bunt
    Und sandte nach uns den Sonnenschein,
    Sandt' aus mit Sang die Vögelein,
    Das Heer der zirpenden Cicaden
    Unsere Liebe zur Flur zu laden.

    Wir zogen Hand in Hand hinaus
    Ins offne große Gotteshaus;
    Und als die Vögel ich gewahrt,
    In holder Freiheit traut gepaart,
    Die Blumen sah den Kelch erschließen
    Dem Blüthenstaub, sich drein zu gießen:

    Da zog es zu Dir mich auf den Grund -
    Und nahe rückte Mund an Mund
    Und immer näher ... wie war das süß!
    Geschah's, weil das Denken mich verließ? ...
    Der Gürtel war entzwei mir gerissen
    Und mir kam der Mut: Dich zu küssen ... zu küssen!
    _____


    O Du gute Nacht!

    Ich küsse Deiner Hülle Saum,
    O Nacht, die vor die Seele mild
    Mir zaubert im barmherz'gen
    Traum
    Des fernen Liebchens lichtes Bild!

    Wie süß wär' ach das Sterben mir,
    Könnt' in die Ewigkeit ich gehn
    Im Hoffen: wie im
    Traume hier
    Mein Lieb im Jenseit auch zu sehn!
    _____


     

  • Karoline von Günderrode (1780-1806)

    Der Kuß im
    Traume
    aus einem ungedruckten Romane

    Es hat ein Kuß mir Leben eingehaucht,
    Gestillet meines Busens tiefstes Schmachten,
    Komm, Dunkelheit! mich traulich zu umnachten
    Daß neue Wonne meine Lippe saugt.

    In Träume war solch Leben eingetaucht,
    Drum leb' ich, ewig Träume zu betrachten,
    Kann aller andern Freuden Glanz verachten,
    Weil nur die Nacht so süßen Balsam haucht.

    Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen,
    Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen
    Und mich verzehren seiner Sonne Gluthen.
    Drum birg dich Aug' dem Glanze irr'dscher Sonnen!
    Hüll' dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen
    Und heilt den Schmerz, wie Lethes kühle Fluthen.
    _____


     

  • Ida von Hahn-Hahn (1805-1880)

    Der Rose
    Traum

    Die Rose liegt so stille
    In Dorn und Laubes Hut,
    Als ob in Schönheitsfülle
    Sie selbstbewusst sich ruht.

    Doch solch ein eitles Wähnen
    Hegt meine Rose nicht; -
    Nur tiefes, heißes Sehnen,
    Das von der Zukunft spricht.

    Ihr Ruhen ist nur Träumen,
    Und ach! wie hold, wie süß! -
    Wird Wirklichkeit nicht säumen
    Zu thun, was
    Traum verhieß? -

    Vom schönsten Himmel steigen
    Sieht sie den Zephyr mild,
    Zur Erd' herab sich neigen
    Aufs liebliche Gefild.

    Dann fühlet sie ihn leise
    Auf Blumendüften nah'n,
    Wie immer engre Kreise
    Voll Liebe sie umfah'n.

    Und seines Athems Fächeln
    Ist Glück, das nichts ermisst. -
    Nun dieses sel'ge Lächeln! -
    Er hat sie wach geküsst. -

    Ihr
    Traum zeigt nichts von Stürmen,
    Von Winter und von Schnee,
    Nicht wie sich Wolken thürmen,
    Und nicht der Trennung Weh.

    Nur Wonne ohne Gleichen
    Fühlt sie in Zephyr's Arm,
    Und wähnt: sie könn' nicht weichen
    Dereinst dem Schmerz, dem Harm.

    Ich will den Zauber brechen
    Nicht durch ein hartes Wort.
    Die Zukunft wird es sprechen, -
    Nimmt Lebensfreude fort.

    Nein, freue du dich immer
    An diesem goldnen Schaum; -
    Des reinsten Glückes Schimmer
    Gleicht ganz der Rose
    Traum.
    _____


     

  • Robert Hamerling (1830-1889)

    Viel
    Träume

    Viel Vögel sind geflogen,
    Viel Blumen sind verblüht,
    Viel Wolken sind gezogen,
    Viel Sterne sind verglüht;
    Vom Fels aus Waldesbronnen
    Sind Wasser viel geschäumt:
    Viel
    Träume sind zerronnen
    Die du, mein Herz, geträumt.
    _____


     

  • Walter Hasenclever (1890-1940)

    Leg Deinen Kopf nur leise
    In meine kühle Hand,
    Und nach alter Weise
    Träumen wir ins Land.

    Wer von uns kennt das Leben!
    Man übersieht es kaum.
    Man glaubt es ist sein Leben,
    Und ist doch nur ein
    Traum.

    Traum und Vorüberfliehen -
    Wer weiß, was kommen mag!
    Glanz und Glück verblühen
    Wie ein Sommertag.
    _____


     

  • Friedrich Hebbel (1813-1863)

    Ich und du

    Wir träumten von einander
    Und sind davon erwacht,
    Wir leben, um uns zu lieben,
    Und sinken zurück in die Nacht.

    Du tratst aus meinem
    Traume,
    Aus deinem trat ich hervor,
    Wir sterben, wenn sich eines
    Im andern ganz verlor.

    Auf einer Lilie zittern
    Zwei Tropfen, rein und rund,
    Zerfließen in eins und rollen
    Hinab in des Kelches Grund.
    _____


     

  • Heinrich Heine (1797-1856)

    Allnächtlich im
    Traume seh ich dich,
    Und sehe dich freundlich grüßen,
    Und lautaufweinend stürz ich mich
    Zu deinen süßen Füßen.

    Du siehst mich an wehmütiglich,
    Und schüttelst das blonde Köpfchen;
    Aus deinen Augen schleichen sich
    Die Perlentränentröpfchen.

    Du sagst mir heimlich ein leises Wort,
    Und gibst mir den Strauß von Zypressen.
    Ich wache auf, und der Strauß ist fort,
    Und das Wort hab ich vergessen.
    _____


    Mir träumte wieder der alte
    Traum:
    Es war eine Nacht im Maie,
    Wir saßen unter dem Lindenbaum,
    Und schwuren uns ewige Treue.

    Das war ein Schwören und Schwören aufs neu,
    Ein Kichern, ein Kosen, ein Küssen;
    Daß ich gedenk des Schwures sei,
    Hast du in die Hand mich gebissen.

    O Liebchen mit den Äuglein klar!
    O Liebchen schön und bissig!
    Das Schwören in der Ordnung war,
    Das Beißen war überflüssig.
    _____


    Wenn ich auf dem Lager liege,
    In Nacht und Kissen gehüllt,
    So schwebt mir vor ein süßes,
    Anmutig liebes Bild.

    Wenn mir der stille Schlummer
    Geschlossen die Augen kaum,
    So schleicht das Bild sich leise
    Hinein in meinen
    Traum.

    Doch mit dem
    Traum des Morgens
    Zerrinnt es nimmermehr;
    Dann trag ich es im Herzen
    Den ganzen Tag umher.
    _____


     

  • Karl Henckell (1864-1929)

    Am Waldesrand

    O du holder
    Traum!
    Blühst so maienjung
    An dem Waldessaum
    Der Erinnerung.

    Als dein Blütenkleid
    Fest mein Finger hielt,
    Als voll Seligkeit
    Wir Versteck gespielt.

    Margarit gehascht
    Nach der Kindermär,
    Einen Kuß genascht
    Wie von ungefähr.

    Deine Zöpfe schlang
    Los ich Glied um Glied,
    Aus dem Äther klang
    Hell ein Liebeslied.

    O du holder
    Traum!
    Blühst so maienjung
    An dem Waldessaum
    Der Erinnerung.
    _____


     

  • Max Herrmann-Neiße (1886-1941)

    In der Fremde

    Als mich die unbekannte Stadt
    in ihrer Nacht gefangen hielt,
    was kamst du nicht in meinen
    Traum?

    Mir war's, als ob dein Lächeln matt,
    totmatt mir um die Wangen spielt -
    doch kamst du nicht in meinen
    Traum!

    Dann sank ich wie ein welkes Blatt,
    das niemandes Verlangen hielt,
    in einen totenbangen
    Traum,

    der schwer auf fremder Ruhestatt
    mich bis zur Früh in Bangen hielt,
    bis in des Tages wachen
    Traum,

    in einer unbekannten Stadt,
    die nichts für die Verbannten hat,
    nicht Bleibe und kein Liebeslicht
    und keinen
    Traum, der Liebes spricht,

    und du kamst nicht. - Was kamst du nicht?
    _____


    Traumwege zur Liebe

    Aus dem Alabaster der Wand wachsen Kandelaber,
    Teppiche gehn auf den Treppen mit uns ins Haus.
    Oben plötzlich spricht ein verschlossenes Tor sein "Aber!",
    wir alle stehn verlegen, schleppen uns traurig ins Dunkel hinaus.

    Wo die Lüfte sich flügelnd schwingen und schweben,
    wo aus Bächen von Winden die liebliche Stimme zerstiebt,
    zärtliche Hände den Vorhang aus duftenden Reben heben,
    damit wir Einlaß finden, wo alles einander liebt.

    Lachend stehn wir im Saale. Paare, die uns gewahren,
    rufen uns Glückliches zu, trinken uns
    Traumschönes zu.
    Die mit der goldenen Schale, die Kindliche von zehn, zwölf Jahren,
    die ich erträumte, erschuf, sagt süß zu mir: "Du!"

    Wenn sich die Schemen vergessen, kann sich die Trauer berauschen;
    schlägt die Uhr ihre Stunde, ist alles
    Traumglück aus.
    Hab' ich nur Flücht'ges besessen - mit keinem Gott mag ich tauschen,
    traumhaften Kuß am Munde, geh ich nach Haus.

    Aus dem Schatten der Nacht wachsen Flammen,
    der Schein auf den Regensteinen führt mich nach Haus.
    Du hast so lange gewacht! Nun sind wir zusammen,
    unsern Tag zu beweinen, furchtsam vor nächtlichem Graus.

    Furchtsam vor Träumen, die trügerisch schwingen und schweben,
    wenn aus flüchtigen Winden die schmeichelnde Stimme zerstiebt,
    bis die zärtlichen Hände gemeinsam den Vorhang heben
    und wir Einlaß finden, daß eines das andere liebt.
    _____


    Der Liebe
    Traumwald

    Könnt' ich dir wieder etwas Glück bedeuten,
    und möchte uns ein neues Brautjahr blühn!
    Im Wald, an dessen Lenz wir uns erfreuten,
    werden noch einmal meine Träume kühn.

    Wir lauschen in der Lichtung unsrer Liebe:
    rauscht fern die Welt ... ist sie vielleicht schon tot?
    Nur, daß mein Blick in deinen Blicken bliebe,
    ist unser Abendtrost und Morgenrot.

    Lärmt fern die Stadt? Schweigt es in den Ruinen?
    Wartet auf uns ein leerer Platz am Tisch?
    Wollen uns Dinge schaden oder dienen?
    Verlangen Spiegel uns gebieterisch?

    Fern raunt von uns Gerücht wie von Verbrechern,
    längst toten, die man noch nach Jahren schmäht,
    hocken Verwüstete bei ihren Bechern,
    von Lästerung und Feindschaft aufgebläht.

    Wir gehn als Mörder um in ihrer Rede
    und sind so sanft in unserm Liebeswald,
    beim Duft der Luft, des Quells und der Resede
    verwandelt zu waldlieblicher Gestalt.

    Wir tanzen, wenn im See die Glocken läuten,
    zu sel'gem Tod uns in das Waldesgrün ...
    Könnt' ich dir wieder etwas Glück bedeuten,
    und möchte uns ein neues Brautjahr blühn!
    _____


    Traum-Orgie des Bankbeamten A. K.

    Kühl kehrt dein Leib in meinen
    Traum
    und weich wie Pfirsich-Sammetflaum.

    Du kommst wie ein Page in Höschen gehuscht,
    deine Japan-Augen mit Bläue umtuscht.

    Deine Beine dehnen und pressen sich prall,
    gebauschte Seide zerspringt mit Geknall.

    Dein Höschen atmet, liebäugelt und hüpft,
    ein Feigenblättchen ist feucht ihm entschlüpft.

    Aus einem offnen Matrosenkragen
    ballen sich Brüste, die mich tragen ...
    _____


    Ich vertraue dem Wunder (das nie geschieht?),
    ich vertraue dem
    Traum (der jeden noch trog?),
    fehlt deiner Seele der Glaube, der Wunder sieht,
    war das dein Zagen, das meinem
    Traum sich entzog?

    Ich vertraue dem Wunder - ob es geschieht? -
    Dich zu finden im Haus unsrer Liebe? ... Du gingst!
    Ist es dein Zagen, das meinem
    Traum sich entzieht!
    Ach daß du stark wie Maria den Engel empfingst!

    Ich vertraue dem Wunder ... Das Haus unsrer Liebe
    liegt verlassen, und mich erwartet kein Trost,
    der aus zärtlichen Augen das Leben erhellt?

    Ich vertraue dem Wunder, dem Wunder der Liebe!
    Und du kehrst mir zurück, und daß du entflohst,
    bleibt nur ein böser
    Traum ... Und wir segnen die Welt.
    _____


     

  • Camill Hoffmann (1878-1944)

    Der
    Traum

    Einsame Feste sind im Tage,
    Wo still das Herz wird und das Bunte bleich,
    Und was noch Lust war, klingt wie Klage,
    Frau Sehnsucht grüsst aus einem andern Reich.

    Das Reich ist Sang, das Reich ist Sage,
    Doch keiner poch' mit Rufen an sein Thor.
    Es öffnet sich mit hellem Zauberschlage
    Dem, der des
    Traumes Kronreif nicht verlor.

    Im Auge sterben Wunsch und Frage,
    Die Welt versinkt, es schwinden Zeit und Jahr.
    Frau Sehnsucht lockt uns aus dem lauten Tage
    Und flicht uns Kränze in das wilde Haar.

    _____


    Komm doch im Traum zu mir

    Komm doch im
    Traum zu mir,
    Geliebtes Angesicht,
    Geliebtes Augenpaar,
    Geliebter Mund!

    Ich bin von Heimweh wund,
    Wie nie ein Herz noch war,
    Aus meinem Herzen bricht
    Ein Brand nach dir!

    In meinen Träumen steht
    Der Mond die ganze Nacht,
    Die Sterne sind entfacht,
    Und jedes Sternbild späht
    Nach deinem Angesicht,
    Nach deinem Augenpaar,
    Nach deinem Mund.
    _____


     

  • Hans Hopfen (1835-1904)

    Traum

    Der Gaukler
    Traum - ein schlimmes Zeichen! -
    Trat in den Dienst der Zauberin
    Und narrt mit Bildern ohne Gleichen
    Mir vollends den betroffnen Sinn.

    An eine fliehende Wolkenkette
    Gefesselt schien die Erde mir.
    Und mit den Wolken um die Wette
    Und mit dem Winde flogen wir.

    Sie saß vor mir auf ihrem Pferde
    Und flüsterte, sie stürbe gern.
    Von roten Funken stob die Erde.
    Aus jedem Funken wuchs ein Stern.

    Um meinen Hals wie weiße Schlangen
    Wand sie die Arme nackt und fahl;
    Ein Thränlein glitt von ihren Wangen,
    Von ihrem Haar des Mondes Strahl.

    Sie küßte mich und sprach ganz leise:
    "Ich liebte dich, Gott weiß, wie lang!"
    Dann frug sie: "Wohin geht die Reise?
    Mir ist um unsre Seelen bang!"

    Ich sprach: "Sei still! und laß uns reiten,
    Weil's viel noch zu erreiten giebt,
    Ein fernes Land und ferne Zeiten,
    Wo ich zum ersten Mal geliebt."
    _____


     

  • Felix Hübel (1874-1922)

    IN EINER JUNI-NACHT

    NUN bist du nur ein
    Traum im Dämmerblau,
    ein weißer
    Blütentraum, so still und licht.
    Wie eine Blume blüht dein Angesicht
    durch dieser Nebelschleier Silbergrau.

    Ein Duft von Nelken zittert in der Luft,
    weht kühl durch diese bleiche Sommernacht.
    Ein Vogel ist vom Schlafe aufgewacht
    und lallt im
    Traume, zwitschert, zirpt und ruft.

    Und dich, die wie ein
    Traum ist, seh ich wie
    im
    Traume, fühle deines Atems Hauch,
    so nah bist du! Und bist doch Meilen auch
    von mir entfernt: mein Arm erreicht dich nie.

    Denn nur mein
    Traum bist du im Dämmerblau.
    _____


    ALTE BRIEFE

    AUS alten Briefen steigt ein zarter Duft.
    Mir ist, als ob mich deine Stimme ruft.

    Du, meines Lebens wunderbarster
    Traum,
    schon schwandest du? Ich träumte dich ja kaum!

    Auf deiner Schrift verschlungenes Gewirre
    starr toten Auges ich. Ich ging wohl irre.

    Das weiß ich jetzt. Doch weiß ich es zu spät,
    wie immer — wenn man in die Irre geht.

    Nun brennt mein Herz, so daß ich weinen muß.
    Der Duft aus deinen Briefen streift mich wie ein Kuß.

    Genug der
    Traumeslügen! Meine Hand
    umfaßt die Briefe. Da! sie sind verbrannt!

    Noch eine Flamme, die nicht sterben will —
    ein Knistern — Raunen — nun ist alles still.

    Doch immer, immer hängt noch in der Luft
    aus deinen Briefen dieser müde Duft.
    _____


     

  • Ludwig Jacobowski (1868-1900)

    Resignation

    Ein
    Traum, wie ein Traum ...
    Mählich erlosch im Innern
    Der einzige Sonnenblick;
    Nachzittert ein letztes Erinnern
    Wie - ein
    Traum, wie ein Traum,
    Wie ein Schatten vom Glück.
    _____


     

  • Wilhelm Jensen (1837-1911)

    Du riefst mich im
    Traume
    In dunkler Nacht,
    Von deinem Ruf
    Bin ich erwacht.

    Ich küßte die Lippe,
    Die mich rief,
    Bis ich im
    Traum
    Mit ihr entschlief.

    O süßes Ruhen,
    O holde Rast,
    Wenn
    Traum bei Traum
    Also zu Gast.
    _____


     

  • Frieda Jung (1865-1929)

    Verklungen

    Ich lehne mein Haupt an den Lindenbaum;
    Wohl steht er kahl und bereift;
    Ich aber fühle und merke es kaum
    Und träume noch immer den seligen
    Traum,
    Daß die Liebe mein Herz gestreift.

    Ich lehne mein Haupt an den Lindenbaum,
    Und es weht im Winde mein Haar;
    Ich aber fühle und merke es kaum
    Und träume noch immer - noch immer den
    Traum,
    Daß auch ich einmal glücklich war.
    _____


    Einsam

    Einsam gehen, immer einsam gehn?
    Wenn im Dorfe hell die Fiedel klingt,
    Wenn so rot die Abendröte winkt,
    Wenn am Himmel goldne Sternlein stehn, —
    Einsam gehen, immer einsam gehn?

    Von den Bergen drüben kommt ein
    Traum
    Nachts zu mir und küßt mich auf den Mund.
    Tief aus meiner Seele tiefstem Grund
    Steigt's dann wie ein weißer Blütenbaum!
    Von den Bergen drüben kommt ein
    Traum!

    Ach, mir tut das Herz so bitter weh'.
    Lenz um Lenz schmückt sich mit holdem Glanz,
    Dirn' und Dirnlein trägt den Myrtenkranz,
    Lieb' und Lachen, wo ich geh' und steh'! —
    Ach, mir tut das Herz so weh, so weh!
    _____


     

  • Theobald Kerner (1817-1907)

    Kurzer
    Traum

    Ach, es war doch gar zu schön
    Heute Nacht im
    Traume!
    Bei einander standen wir
    An dem Waldessaume,
    Sahen nochmals scheu zurück -
    "Lebet wohl, ihr Städter!"
    Gleich darauf hat's drin gerauscht -
    Küßt der Wind die Blätter?

    Ja, es wurde wohl geküßt,
    Aber nicht vom Winde:
    Ich und du, mein Schatzerl, war's,
    Küßten uns geschwinde,
    Recht geschwind', als wüßten wir,
    Wenn der
    Traum vergangen,
    Daß wir dann viel Meilen weit
    Nicht zusammenlangen.
    Richtig war der
    Traum auch aus,
    Eh' wir's halb nur dachten -
    Ach, kein Wunder, daß wir jetzt
    Noch nach Küssen schmachten!
    _____


     

  • Gustav Kühne (1806-1888)

    Unisono

    Ich bin nicht ich mehr, wenn ich Dich erblicke,
    Du bist nicht Du mehr, schaust Du mir in's Herz,
    Und ach! in diesem süßen Wechselglücke
    Zerfliegt die stille Seele himmelwärts.

    Im Rausch der Liebe zähl' ich keine Stunden,
    Im Rausch der Seele giebt es keinen Raum.
    Vergangenheit und Zukunft sind verbunden,
    Und Alles, selbst die Gegenwart, ist
    Traum.

    Und ist es aus mit unsrem
    Traumesleben,
    Auch jenseits finden wir nicht Raum noch Zeit,
    Kein Ich, kein Du, - in Gottes Schooß entschweben
    Wir alle still in alle Ewigkeit.

    Dort werden wir uns bald zurechte finden:
    Wir wissen hier schon wie das All zerfließt,
    Und wie die Leuchten dieser Welt erblinden,
    Wenn sich das Herz dem Herzen tief erschließt.
    _____


     

  • Thekla Lingen (1866-1931)

    Rosen

    Ach, gestern hat er mir Rosen gebracht,
    Sie haben geduftet die ganze Nacht,
    Für ihn geworben, der meiner denkt -
    Da hab' ich den
    Traum der Nacht ihm geschenkt.

    Und heute geh' ich und lächle stumm,
    Trag' seine Rosen mit mir herum
    Und warte und lausche, und geht die Thür,
    So zittert mein Herz: ach, käm er zu mir!

    Und küsse die Rosen, die er gebracht,
    Und gehe und suche den
    Traum der Nacht ...
    _____


     

  • Hermann von Loeper (1820-1884)

    Klage

    Wo bist du, süßer
    Traum?
    Wo bist du, goldner Stern?
    Bist du's, am dunkeln Wolkensaum
    Du Licht, so bleich und fern?
    Ich stehe starr und stumm,
    Ich kann's, ich kann's nicht fassen -
    O sage, sprich, warum,
    Geliebte, hast du mich verlassen?

    Du warst so sanft und hold,
    Du warst so mild und gut,
    Hast meiner Liebe nicht gegrollt,
    Das gab mir frohen Muth.
    Jetzt klag' und wein' ich drum,
    Ich kann's, ich kann's nicht fassen -
    O sage, sprich, warum,
    Geliebte, hast du mich verlassen?

    Es blieb ein matter Schein
    Noch aus vergangner Zeit -
    O könnt' ich ganz vergessen dein,
    Du liebe süße Maid!
    Mir geht's im Haupt herum
    So wild, ich kann's nicht fassen -
    O sage, sprich, warum,
    Geliebte, hast du mich verlassen!

    Verronnen ist der
    Traum,
    Erblichen ist der Stern,
    Und doch am dunkeln Wolkensaum
    Seh' ich ihn noch so gern.
    Ich kehre seufzend um
    Zu dir, ich kann's nicht fassen -
    O sage, sprich, warum,
    Geliebte, hast du mich verlassen?
    _____


     

  • Hermann Löns (1866-1914)

    Mary

    In den alten Platanen flüstert der Wind
    Mit müdem, nachlässigem Wehen –
    Ich denke an dich, du totes Kind,
    Und daß ich dich gestern gesehen.

    Du schautest mich an so bittend und scheu,
    Erflehend ein Zeichen der Liebe,
    Ich aber ging höflich grüßend vorbei
    Durch das wogende Sonntagsgetriebe.

    Es war ein
    Traum, so wonnig und bang,
    Ich werde ihn niemals vergessen,
    Den kurzen
    Traum, wo mein Arm dich umschlang,
    Wo ich deine Liebe besessen.

    Ich lieb’ dich noch heut wie an jenem Tag,
    Doch will ich es dir nicht mehr sagen,
    Seitdem du mit lächelnd kokettem Schlag
    Meinen Glauben an dich hast erschlagen.

    Und blickst du auch noch so schmerzlich und lieb,
    Zertreten ist einmal der Samen,
    In das Album meiner Erinnerung schrieb
    Ich ein Kreuz dir hinter den Namen.

    Ich hätte geträumt ein schönes Gedicht:
    Dich als ehelich Weib zu umschließen,
    Doch um Liebe betteln, das tue ich nicht,
    Nicht einmal zu deinen Füßen.
    _____


    Claire

    Wie ein Hauch hast du mein Leben gestreift,
    Wie ein leiser, lauer Wind,
    Eine Liebe, die man kaum begreift,
    Die wie ein
    Traum uns umspinnt.

    Wie Samt deine Wange, wie Seide dein Haar,
    Die Augen vergißmeinnichtmild,
    Wie Quellflut im Glase dein Denken so klar,
    Ein allzu engelhaft Bild.

    Ein Rosenschein überfloß dein Gesicht,
    Mein Herz schlug ahnungsfroh,
    Doch kam es zur Liebesbesinnung nicht,
    Ach, damals empfand ich so roh.

    Ich träumte hinter dem Hauche her!
    Was war das, was ist mir geschehn,
    Ich sah dich nicht, weißblonde Claire,
    Mein rauhes Leben durchwehn ...

    Eine Liebe war’s, die man kaum begreift,
    Die wie ein
    Traum uns entrinnt, -
    Wie ein Hauch hast du mein Leben gestreift,
    Wie ein leiser, lauer Wind.
    _____


     

  • Friedrich Marc (1819-?)

    Ich nenne dich die Liebste,
    Und, ach, du kennst mich kaum.
    Mein Glück ist nur ein leerer,
    Ein allzuschöner
    Traum.

    Ich nenne dich die Liebste
    Von allen holden Frau'n
    Und sollt' ich auch die schönsten
    Im Erdenrunde schau'n.

    Ich nenne dich die Liebste
    Im Herzen ganz geheim,
    Den Lippen still verschwiegen,
    Verborgen auch im Reim.

    Ich nenne dich die Liebste,
    Und hoffen darf ich kaum,
    Daß sich erfüllen werde
    Des Herzens süßer
    Traum.
    _____


     

  • Marie Madeleine (1881-1944)

    Und doch!

    Und hat er auch eine Minute kaum,
    Nur eine Minute gewährt,
    Du hast ihn doch geträumt, den
    Traum:
    Du hast mich doch begehrt!

    Und ob Du leugnest mit aller Kraft,
    Ob Trotz und Stolz Dich umfängt, -
    Es hat meine glimmende Leidenschaft
    Dir doch die Lippen versengt!

    Und wenn Dein hochgeschwungener Mund
    Sich jetzt auch zürnend regt, -
    Er hat ja doch in süßester Stund'
    Sich weich auf den meinen gelegt.

    Und hat auch eine Minute kaum
    Dir Liebe im Herzen geschäumt, -
    Du wirst ihn nicht vergessen, den
    Traum,
    Den wir nicht zu Ende geträumt!
    _____


     

  • Angelika von Marquardt (1849-1893)

    Mein
    Traum

    Schon weht ein frischer Herbstwind übers Land,
    Das hundertfarb'ge Laub sinkt von den Bäumen -
    Und dennoch wagt mein Herz vom Lenz zu träumen,
    Von einem Lenz, wie's keinen noch gekannt?

    Des Winterschlafes harrt schon die Natur,
    Und ich fühl' Sommerglut, seh' Frühlingsblüten!
    O möchte Gott mir diesen
    Traum behüten,
    Der so unsagbar süß, ob Wahn auch nur!
    _____


     

  • Alfred Meißner (1822-1885)

    Ein
    Traum

    Ich war ertrunken in des Todes Wogen
    Und wieder auferwacht im ew'gen Lichte,
    Rings um uns stand die Wahrheit der Gedichte -
    Ich sah mit dir herab vom Himmelsbogen.

    Da in der Tiefe kam ein Stern gezogen,
    Ein Stern, zertrümmert bei dem Weltgerichte;
    Du sah'st ihn nah'n mit irrem Angesichte,
    Von des Entsetzens Blässe überflogen.

    Ich sah, wie dir die blasse Rosen-Wange
    Zwei helle Thränen still herniederglitten,
    Und leise sprachst du, aber todesschaurig:

    Siehst du den Irrstern dort auf seinem Gange?
    Die Erde ist's, wo wir so viel gelitten -
    Sie macht mein Herz selbst hier im Himmel traurig.
    _____


     

  • Christian Morgenstern (1871-1914)

    Der
    Traum

    Es war ein süßer
    Traum
    von Dir, -
    was, weiß ich kaum.
    Doch seine Süßigkeit
    blieb mir
    den ganzen Tag, -
    daß, als mein Schlittengleis
    zur Abendzeit
    die Straße lief,
    da deine Wohnung lag,
    der Heide, ich,
    ein leis
    >Gott segne dich<
    als jenes süßen
    Traumes letztes Grüßen
    rief.
    _____


    Winternacht

    Flockendichte Winternacht ...
    Heimkehr von der Schenke ...
    Stilles Einsamwandern macht,
    daß ich deiner denke.

    Schau dich fern im dunklen Raum
    ruhn in bleichen Linnen...
    Leb ich wohl in deinem
    Traum
    ganz geheim tiefinnen? ...

    Stilles Einsamwandern macht,
    daß ich nach dir leide...
    Eine weiße Flockennacht
    flüstert um uns beide...
    _____


    Zwiegesang

    Glühend zwischen dir und mir
    Julinächte brüten;
    gleiche Sterne dort und hier
    unsern Schlaf behüten.

    Wähl das schönste Sternelein,
    will das gleiche tuen; -
    morgen droben Stelldichein
    auf geheimen Schuhen.

    Gibst du nur nichts anderm Raum,
    als mich dort zu finden,
    wird ein gleicher süßer
    Traum
    dich und mich verbinden.
    _____


     

  • Eduard Mörike (1804-1875)

    An die Geliebte

    Wenn ich, von deinem Anschaun tief gestillt,
    Mich stumm an deinem heilgen Wert vergnüge,
    Dann hör ich recht die leisen Atemzüge
    Des Engels, welcher sich in dir verhüllt.

    Und ein erstaunt, ein fragend Lächeln quillt
    Auf meinem Mund, ob mich kein
    Traum betrüge,
    Daß nun in dir, zu ewiger Genüge,
    Mein kühnster Wunsch, mein einzger, sich erfüllt?

    Von Tiefe dann zu Tiefen stürzt mein Sinn,
    Ich höre aus der Gottheit nächtger Ferne
    Die Quellen des Geschicks melodisch rauschen.

    Betäubt kehr ich den Blick nach oben hin,
    Zum Himmel auf - da lächeln alle Sterne;
    Ich kniee, ihrem Lichtgesang zu lauschen.
    _____


     

  • Wolfgang Müller von Königswinter (1816-1873)

    Ich liebe dich noch immer

    Ich liebe dich noch immer
    Wie einen hellen
    Traum,
    Wie duft'gen Abendschimmer
    Am fernen Himmelssaum.

    Dein Bild in meinem Herzen
    Der Wolke gleicht es dort,
    Die lauen Winde scherzen
    Sie leis im Aether fort.

    Dein denken ist mir labend
    Wie süßer Rosenduft,
    Der voll am Sommerabend
    Durchweht die warme Luft.

    Von dir zu reden, klinget
    Mir wie ein süßes Lied,
    Das durch die Thäler singet
    Und fern am Wald verzieht.

    Ich liebe dich noch immer
    Wie einen hellen
    Traum,
    Wie duft'gen Abendschimmer
    Am fernen Himmelssaum.
    _____


    Am Lindenbaum

    In den lauen Maiennächten
    Steh' ich oft am Lindenbaume,
    Und ich schaue nach dem Fenster,
    Wo du ruhst in süßem
    Traume.

    Durch den tiefen Himmel gleitet
    Leis der Mond im Silberglanze,
    Goldne Sterne glühn unzählig
    Nah und fern in hellem Kranze.

    Durch die Lüfte geht ein Wehen
    Still auf unsichtbaren Schwingen,
    Ruhig ziehn des Rheines Wellen,
    Die im
    Traume heimlich klingen.

    Aus der Stadt entfernten Gassen
    Wehn Gesänge hin und wieder,
    Gärten senden mit den Düften
    Weiche Nachtigallenlieder.

    All dies Leben ist Begleitung
    Zu dem holden schönen
    Traume,
    Den ich träum' vor deinem Hause,
    Hingelehnt am Lindenbaume.

    Und der holde
    Traum, er heißet:
    Daß ich dein bin alle Zeiten,
    So wie gestern und wie heute,
    So in alle Ewigkeiten!
    _____


     

  • Friedrich Konrad Müller von der Werra (1823-1881)

    Bitte
    St. Gallen, 1855. Tonsatz von F. B. Hamma

    Ich denke dein mit Milde,
    Was tief mein Herz erwärmt!
    Hab' mich mit deinem Bilde
    Im
    Traum oft abgehärmt!

    Hab' dir mein Herz erschlossen,
    Weiß nicht, was deines spricht!
    Und hat es dich verdrossen,
    So zürn' mir länger nicht!

    Träumst du von mir im Leben,
    So träum' wie man vergibt,
    Dann wirst du mir vergeben,
    Daß ich dich je geliebt!
    _____


    Du schönes Aug'!
    Ruti bei Rapperswyl, 1853. Tonsatz von Ernst Mascheck

    Du schönes Aug' so wundermild,
    Wie lieb' ich dich so sehr!
    Auf Erden gibt's kein schönres Bild,
    Kein süßres Lächeln mehr!

    Es fesselt mich dein Wonneblick,
    So oft du bist mir nah;
    Mir ward durch dich ein Liebesblick,
    Weiß nicht, wie mir geschah!

    Ich habe dich im
    Traum geküßt,
    Von Liebe angefacht,
    Und denk', da es verträumet ist,
    O wär' ich nie erwacht!
    _____


    Traumerinnerung
    Zürich, 1849. Tonsatz von A. Zöllner

    Die Jugendzeit möcht ich vergessen,
    Die mir von Fernen zu noch spricht,
    Möcht' des verlornen Glücks nicht denken,
    Ach! wär' nur die Erinnrung nicht!

    Dein Bild, du Holde, wollt' ich bannen
    Aus meinem Herzen immerdar,
    Wehmüthig macht mich ja das Schauen
    In deine Augen hell und klar!

    Doch sieh! es kommt die Nacht, im
    Traume
    Grüßt mich dein mildes Angesicht,
    Und wachend denk' ich liebetrauernd:
    Ach, wären doch die Träume nicht!
    _____


     

  • Hermann Oelschläger (1839-1908)

    Noch ist mir's wie ein
    Traum;
    Ich stand betäubt, zerschlagen,
    Wie blitzumloht ein Baum
    Hinsinkt in jungen Tagen:
    Mir war, ich müßt' zur Stund'
    Auf immer von dir gehen
    Und dennoch sprach mein Mund:
    Lebwohl auf Wiedersehen.

    O liebgewohnter Gruß,
    Wenn du dich zu mir neigtest
    Und mir die Stirn zum Kuß,
    Zum Abschiedskusse reichtest.
    Du schlangst um mich den Arm
    Mit einem Blick voll Flehen
    Und sprachst so treu und warm:
    Lebwohl auf Wiedersehen.

    Und nun? Gewiß, ich soll,
    Ich muß dich ewig meiden -
    Und doch, da ohne Groll
    Ich konnte von dir scheiden,
    Möcht' aus der Götter Schooß
    Ein Zeichen drin ich sehen,
    Daß ich sprach willenlos:
    Lebwohl auf Wiedersehen.

    So möcht' ich fort und fort
    Stets neuem Wahn mich fügen;
    Doch nein, es sei dieß Wort
    Mein letztes Selbstbetrügen.
    Es soll gleich deinem Schwur
    Wie Staub im Winde wehen -
    Ich sprach's im
    Traume nur:
    Lebwohl auf Wiedersehen.
    _____


    Ein
    Traum von dir

    Denk' ich so recht aus Herzensgrund
    An dich, mein Lieb, zu mancher Stund',
    Ist mir, als wogt ein Blüthenmeer
    Rings um mich her.

    Ein wundersamer, holder Duft
    Durchweht und wallt die blaue Luft,
    Da neigt mein Haupt sich wie im
    Traum,
    Ich acht' es kaum.

    Und Worte wohlbekannt durchzieh'n
    Mein Herz wie süße Melodien,
    Ich höre deiner Stimme Laut
    So lieb und traut.

    Und deine Schönheit, deine Pracht
    Steht hell vor mir - doch hab' ich Acht
    Daß Nichts den
    Traum mir scheuchen will,
    Und lächle still.

    Denn schöner, schöner mag Nichts sein,
    Als solch ein
    Traum voll Sonnenschein,
    Ein Frühlingszauber ist er mir,
    Ein
    Traum von dir.
    _____


     

  • Betty Paoli (1814-1894)

    Lebewohl

    Deine Liebe zu erstreben,
    Dir zu weih'n mein innerst Leben,
    Dein zu sein im Erdenraum
    Und im seligen Verderben
    Einst an deinem Kuß zu sterben -
    O es war ein süßer
    Traum.

    Bald entfloh der ros'ge Schimmer;
    Feindlich trennt uns und auf immer
    Strengen Schicksals herber Schluß!
    Doch es folgt dir allerwegen
    Meines Dichterherzens Segen,
    Meines Liedes Seelengruß.
    _____


     

  • Hermione von Preuschen (1854-1918)

    In einem Garten voll bunter Flammen

    Im
    Traum - da hab ich dich wiedergesehn
    in einem Garten voll bunter Flammen,
    ich schritt am Arm dir, - in stillem Verstehn
    schmolzen in einen Wunsch wir zusammen.

    - - Doch dann verschwandst du - ich sah dich ziehn,
    in der häßlichen, gaffenden, spöttischen Menge;
    ich fühlte mir Jugend und Schönheit entfliehn
    und stand allein in dem wirren Gedränge.

    Nun wart ich umsonst im Gassenstaub -
    meine rufende Stimme verhallt im Getose -
    - ich warte - wilder Verzweiflung Raub

    - - ewig die suchende - friedelose!
    _____


    Laß ab

    Laß ab von mir - es ist ein
    Traum
    und das Erwachen bringt den Tod,
    laß ab von mir - am Wüstensaum
    erglomm purpurn das Abendrot.

    Ein Rot in Götterdämmrungsglanz,
    als berg es letzte Nacht im Schoß,
    wie allen Lebens Totentanz,
    wie Ewigkeiten tief und groß.

    Ich weiß ja, daß dein Blick mich zwingt,
    so oft du willst, in Qual und Brand -.
    Laß ab - laß ab - die Geißel schwingt
    zu hart in deiner harten Hand!
    _____


    Mein Dämon - weißt du noch - der wilde
    Traum?

    Mein Dämon - weißt du noch - der wilde
    Traum?
    Millionensternig strahlt der Himmelsraum.

    Wir saßen einsam, hoch auf dem Balkon,
    er war wie unsres Glückes erzener Thron.

    Blauschillerseide floß um meine Glieder
    auf die den Mund du preßtest immer wieder.

    Dann klang »Sakuntala« dir von den Lippen,
    den süßen, brennenden Korallenklippen,

    an denen langsam die Vernunft versank
    und tief vom Taumelkelch der Sinne trank.

    In fieberschwangern Dschungelfinsternissen,
    die Krallen tief ins wilde Herz gerissen,

    wie Tiger eines mit dem anderen rang -
    und dann zu seliger Einheit sich umschlang. -

    In Dschungelnacht - Tiger am Wüstensaum -
    ich weiß nichts weiter - alles war ein
    Traum!
    _____


    Traum und Leben

    Oft fahr' ich, oft, aus tiefem Schlafe auf,
    Geweckt von seltsam geisterhaftem Rauschen.
    Noch traumverworren, richt' ich mich empor
    In dämmernd silberweisser Sommernacht
    Und schau' mich um, in einer fremden Welt.
    Im mondhellen, engen Kämmerlein,
    Vor mir ein grosser Strauss von wilden Blüthen,
    Lieg' ich im Himmelbett. Zur Fensteröffnung
    Strömt es herein, wie stärkend salz'ger Hauch,
    Und brandend, unermüdlich wogt und fluthet
    Vor meinem Blick das Weltenmeer.

    Da weiss ich's, einsam in der Juninacht:

    Es war nur
    Traum mein ganzes früh'res Leben,
    Und hier am fernen, fremden Strande soll ich
    All' seine Süsse, seine Qual verwinden.

    Dann, in der grossen, wundergrossen Liebe,
    In Deiner Liebe, mein Geliebter, wach' ich
    Zum Leben auf, zum wahren, höchsten Leben!
    _____


     

  • Rainer Maria Rilke (1875-1926)

    Ob auch die Stunden uns wieder entfernen:
    wir sind immer beisammen im
    Traum
    wie unter einem aufblühenden Baum.
    Wir werden die Worte, die laut sind, verlernen
    und von uns reden wie Sterne von Sternen, -
    alle lauten Worte verlernen:
    wie unter einem aufblühenden Baum.
    _____


    Weisst du, ich will mich schleichen
    leise aus lautem Kreis,
    wenn ich erst die bleichen
    Sterne über den Eichen
    blühen weiß.

    Wege will ich erkiesen,
    die selten wer betritt
    in blassen Abendwiesen -
    und keinen
    Traum, als diesen:
    Du gehst mit.
    _____


     

  • Joachim Ringelnatz (1883-1934)

    Ein
    Traum

    Es war nur ein
    Traum, doch es war eine Pracht!
    Ich glaubte in mondscheinsilberner Nacht
    Auf schwellendem Rasen zu liegen.
    Ein glänzendes Schloß erhob sich kühn,
    Und ich sah aus dem Fenster epheugrün
    Ein Märchenkind lauschend sich biegen.

    Ein Mädchengesicht, so lieb, so traut,
    Wie ich es nimmer zuvor geschaut.

    Gleich flüssigem Golde erglänzte ihr Haar,
    Und ich las in dem dunklen Augenpaar
    Ein wehmütig banges Erwarten.
    Ein leiser Wind erquickte die Luft
    Und trug einen süßen, berauschenden Duft
    Vom Holunderbusch durch den Garten.

    Dort saß an des Springbrunns Sprudelquell
    Geigend ein müder Wandergesell.

    Und als dann – und das war so schön in dem
    Traum
    Eine Nachtigall hoch im Lindenbaum
    Mit einstimmte in seine Lieder
    Und schluchzend sang, wie von Schmerz und Lust,
    Da war es, als fiele auf meine Brust
    Das Glück wie ein Morgentau nieder. – –

    Die alten Linden seufzten im Wind.
    Im Schlosse weinte das Märchenkind.
    Da flog aus dem Schatten gespenstig vom Dach
    Eine Fledermaus auf. Da wurde ich wach,
    Und alles war plötzlich verschwunden.

    Ödes Erwachen. Wie leerer Schaum
    Zerronnen war alles, was ich im
    Traum
    So selig geschaut und empfunden. – –

    Doch wie ein Trost kam's über mich dann:
    O glücklich, wer noch so träumen kann!
    _____


    Über meinen gestrigen
    Traum

    Wie kam ich gerade auf ein Gestirn?
    Du sagst: Ich stöhnte träumend ganz laut.
    Vielleicht steigt die Phantasie ins Hirn,
    Wenn der Magen verdaut.

    Man sollte kurz vorm Schlafengehen
    Nichts essen. Auch war ich gestern bezecht.
    Doch warum träume ich immer nur schlecht,
    Nie gut. Das kann ich nicht verstehen.

    Ob auf der Seite, ob auf dem Rücken
    Oder auch auf dem Bauch – –
    Immer nur Schlimmes. »Alpdrücken.«
    Aber Name ist Schall und Rauch.

    Meist von der Schule und vom Militär – –
    Als ob ich schuldbeladen wär – –
    Und wenn ich aufwache, schwitze ich,
    Und manchmal kniee ich oder sitze ich,
    Du weißt ja, wie neulich!
    O, es ist greulich.

    Warum man das überhaupt weitererzählt?
    Hat doch niemand Vergnügen daran,
     Weil man da frei heraus lügen kann. –
    Aber so ein
    Traum quält.

    Gestern hab ich noch anders geträumt:
    Da waren etwa hundert Personen.
    Die haben die Dachwohnung ausgeräumt,
    Wo die Buchbinders wohnen.

    Dann haben wir auf dem Dachsims getanzt.
    Dann hast du mich, sagst du, aufgeweckt,
    Und ich, sagst du, sagte noch träumend erschreckt:
    »Ich habe ein Sternschnüppchen gepflanzt.«

    Ich weiß nur noch: Ich war vom Dach
    Plötzlich fort und bei dir und war wach.
    Und du streicheltest mich wie ein Püppchen
    Und fragtest mich – ach, so rührend war das –
    Fragtest mich immer wieder: »Was
    Hast du gepflanzt!? Ein Sternschnüppchen?«
    _____


     

  • Anna Ritter (1865-1921)

    Erinnerung

    Ist dies ein
    Traum, der meinen Sinn umschmeichelt,
    Der mit dem Mondstrahl in das Fenster kam,
    Den schweren Druck von meiner Stirne nahm,
    Mit Blüthenzweigen nun mein Antlitz streichelt,
    Und zu mir spricht in jenen altvertrauten,
    In Sturm und Trübsal nie vergeßnen Lauten?

    Noch einmal steigt der Frühling mir herauf,
    Noch einmal an den übersonnten Wegen
    Seh ich den Flieder seine Trauben regen,
    Narzissen schauen leuchtend zu mir auf,
    Und durch den Garten kommt ein Schritt gegangen,
    Der treibt das Blut in meine jungen Wangen.

    Vor lauter Sehnsucht ist das Herz mir schwer.
    Mit meinen Locken spielen Morgenwinde,
    Und an der Mauer wiegt die alte Linde
    Breitästig ihre Blüthen hin und her.
    Darunter wartet er, daß meine Seele
    In langem Kuß der seinen sich vermähle.

    Erinnerung, wie gingst du all die Zeit
    So farblos neben mir, so altbedächtig,
    Wie trittst du heute gar so übermächtig,
    So frühlingsfrisch in meine Einsamkeit
    Und lockst aus stillen, grün umwachsnen Tiefen
    Sehnsucht und Thränen, die so lange schliefen.
    _____


    Fata morgana

    Mir ist, wir stünden Hand in Hand
    Noch einmal an der lieben Stelle,
    Da jener
    Traum uns aufgeblüht.
    Vom Abendsonnenschein umglüht,
    Liegt gar so still die Wiese dort,
    In Blüthen steht die alte Linde,
    Und grüßend wandert mit dem Winde
    Ein ungesprochnes, süßes Wort.
    Es sickert immer noch die Quelle
    Leis raunend übern Brunnenstein -
    Der alte Zauber spinnt mich ein …
    Und wie die Pilger an der Schwelle
    Des Heiligsten fromm niederknien,
    So neig' ich mich in stillem Beten,
    Denn dieses Stückchen Erdenland
    Hat einst des Glückes Fuß betreten,
    Und heilig, heilig ist der Ort!
    _____


    Traumglück

    Und wenn du schläfst und träumst von mir
    Dann komm ich still gegangen
    Und leg' mein weinendes Gesicht
    An deine braunen Wangen.

    Und nehme scheu dein schlafend Haupt
    In meine beiden Hände
    Und denk, wir wären beide todt,
    Und Alles wär' zu Ende.

    Die Ahnung meiner Nähe hebt
    Dir wohl die trunk'nen Lider,
    Ich aber küsse sie dir zu
    Und gehe heimlich wieder.

    Und wenn du morgens dann erwachst,
    Liegt wohl ein blasser Schimmer
    Von
    Traumglück und verweinter Luft
    Noch über deinem Zimmer.
    _____


     

  • Hermann Rollett (1819-1904)

    Du einzige Freude

    Du einzige Freude in meinem Schmerz!
    Du Licht, das mir leuchtet allerwärts!
    Du seliger
    Traum, der oft mich umlacht
    Im Dunkel der Trauer, im Dunkel der Nacht!

    Im Dunkel der Trauer, die bang mich umfängt,
    Wenn Frühlings, wo alles die Knospen sprengt
    Das Herz der Menschheit nicht blühen mag,
    Verträumend der Freiheit Frühlingstag!

    Im Dunkel der Nacht, die, unbesiegt,
    Noch lang auf dem Auge der Menschheit liegt; -
    Im Dunkel der Trauer, im Dunkel der Nacht
    Deiner Liebe seliger
    Traum mich umlacht!
    _____


    Erblühen

    Du lagst in stillem Raume,
    Von Traumesflug umrauscht,
    Da hab' ich dich im
    Traume,
    Geliebtes Kind, belauscht. -

    O was dich da bewegte,
    Als in des
    Traumes Ruh'
    Sich hold dein Antlitz regte,
    Als lachtest du mir zu?

    Und was dich mocht' durchbeben,
    Als deiner Lippen Gluth
    Durchzuckte flammend Leben
    Indeß dein Leib geruht?

    Und was dich mocht' erfassen,
    Als du die zarte Hand
    Nicht wolltest ruhen lassen,
    Bis sie die meine fand? -

    Ich schaute mit Verlangen
    Auf deinen süßen
    Traum;
    Ich küßt' dir Mund und Wangen,
    Und konnt' es lassen kaum.

    Ich sah, wie leis' du lachtest -
    Ich sank an deine Brust, -
    Und als du drauf erwachtest,
    Da hast du's kaum gewußt.

    Doch deines Blickes Glühen
    Drang in das Herz mir heiß,
    Das von der Ros' Erblühen
    Ein schönes Märchen weiß.
    _____


    In strahlender Früh'

    Gott grüß' dich, mein Lieb', in strahlender Früh'!
    Wie hast du geruht die vergangene Nacht?
    O höre, mir war's, als ob hell mich umglüh'
    Ein
    Traum mit unendlicher Zaubermacht!

    Mir war es, als ruhte ein Auge auf mir -
    Ein Aug' mit unsäglich liebendem Blick,
    Und der Blick, o der war, als wär' er von dir,
    Verkündend mein überselig Geschick.

    Mir war es, als läg' meine zitternde Hand
    An einem erbebenden Herzen fest,
    Und es war mir im
    Traum, als ob deine Hand
    Die meine dir zitternd an's Herz gepreßt.

    Mir war es, als ging' ein seliger Hauch
    Aus in rosiger Reinheit erglühendem Mund,
    Und es war mir, als wär's dein Athem auch
    Der ein Wort mir geflüstert aus Herzensgrund.

    Mir war's, als durchzuckte die Lippen mir
    Ein Strahl, von ewiger Lieb' entzückt,
    Und mir war es im
    Traum, als ob ich dir
    Den Kuß der Lieb' auf die Lippen gedrückt.

    Es war mir, als ob eine Rose erblüh' -!
    Ich weiß nicht, ob ich geträumt, ob gewacht; -
    Gott grüß' dich, mein Lieb', in strahlender Früh' -
    Wie hast du geruht die vergangene Nacht?!
    _____


    Im Himmel

    Mein Herz hat sich erhoben
    Mit treuer Liebe Flügelschlag,
    Nun ist's im Himmel droben -
    Im ew'gen Freudentag.

    Nun ist's in ew'gen Lebens,
    In ew'ger Liebe tiefem Schooß -
    Es rang sich nicht vergebens
    Aus dunklen Banden los.

    Da wogt ein Schwall von Klängen
    Mit wunderbarem Jubelton -
    Als ob die Engel sängen
    Um Gottes lichten Thron.

    Da ist ein Glanz ergossen
    Als leuchte Gottes Angesicht -
    Von ew'ger Lieb' umflossen -
    Mich an mit ew'gem Licht.

    Da zieht ein duftig Wehen,
    Mit Rosenglanz durch heil'gen Raum, -
    Es möcht' das Herz vergehen
    In diesem sel'gen
    Traum.
    _____


     

  • Friedrich Rückert (1788-1866)

    Ich lag von sanftem
    Traum umflossen,
    Und fühlte selig mich in dir.
    Als ich die Augen aufgeschlossen,
    Da hingst du lächelnd über mir.

    Wie gerne mag dein
    Traum zerstieben,
    Von deinem Kuß hinweg geflößt,
    Wie hast du schön dich selbst vertrieben,
    Wie schön dich selbst hier abgelöst!
    _____


     

  • Ferdinand von Saar (1833-1906)

    Im
    Traum nur lieb' ich dich . . .

    Im
    Traum nur lieb' ich dich!
    Wie könnt' in wachen Tagen
    Ich mich so nah dir wagen -
    Im
    Traum nur lieb' ich dich!

    Im
    Traum nur lieb' ich dich!
    Da schwindet alles Zagen -
    Da darf dein Mund mir sagen:
    Im
    Traum auch lieb' ich dich!
    _____


     

  • Hugo Salus (1866-1929)

    Glühende Wogen

    Meine Verse kommen wie rollende Wogen
    Aus der brandenden Flut meiner Leidenschaft
    An den weißen Strand meiner Liebe gezogen.

    Zeile nach Zeile in schäumender Kraft
    Rollen sie her, du Venus am Strande,
    Durch deine Nähe emporgestrafft,

    Donnern sie her zum dröhnenden Lande
    Und verschäumen schmeichelnden Schaums
    Vor deinem Knöchel im durstigen Sande,

    Göttin du meines glühenden
    Traums ...
    _____


    Traumengel

    Heut hat
    Traumkönigin die lichten
    Traumenglein in die Nacht geschickt,
    Die wissen Träume zu erdichten,
    Vom Baum der Wünsche abgepflückt.

    Nun flattern sie durch alle Gassen.
    "Wo fliegst du hin?" - "Zu einem Kind."
    "Und du?" - "Ich darf mich niederlassen,
    Wo ich ein willig Ohr mir find'!"

    Husch hier, husch dort! An tausend Ohren
    Erklingt der holde, süße Trug.
    Ein Engel nur fliegt noch verloren,
    Ihm scheint kein Schläfer wert genug.

    Da, wie er durch den Mondschein gleitet,
    Bannt ihn an einem Giebelhaus
    Ein dunkles Fenster. Weh, da breitet
    Ein andrer schon die Flügel aus.

    "Laß mich hier meinen Träumer finden!"
    Doch Amor lacht: "Den schirme ich!
    Dem mußt du keine Märchen künden!
    Er liebt! Der träumt auch ohne dich!"
    _____


     

  • Max Schaffrath (1813-1877)

    Selige Wandlung

    Du bist mein
    Traum am Tage,
    Mein süßer
    Traum bei Nacht;
    Du hast aus mir, du Zaub'rin,
    Den seligsten Träumer gemacht!

    Die lang erloschnen Gefühle
    Sind plötzlich neu erwacht:
    Im Herzen stürmt die Liebe
    Mit nie empfundner Macht.

    Ein Mai ist mir gekommen:
    O wie es grünt und lacht!
    Hochrothe Rosen sprossen
    In meiner Seele Schacht.

    Die alten Dichtergluten
    Sind jugendfrisch entfacht:
    Ich möchte dir Lieder singen
    Voll ungeahnter Pracht.

    Ich bin so reich und glücklich,
    Wie ich es nie gedacht!
    Du bist mein
    Traum am Tage,
    Mein süßer
    Traum bei Nacht!
    _____


    Ein
    Traum

    Zu meinem Todtenbett mit schwanken Schritten
    Tratst du heran - ich sah's im nächt'gen
    Traume -
    Du warst allein im matterhellten Raume,
    Ein bleiches Bild der Qual, die du gelitten.

    "Zieh' bald mich nach!" - so hört' ich leis dich bitten -
    "Wer schützt die Ranke, losgelöst vom Baume?"
    Du bogst dich vor, und von der Wimpern Saume
    Mild auf mein Herz viel warme Tropfen glitten.

    Und wie dein Mund nun auf dem meinen ruhte
    In langem Kuß, begann mein Herz zu schlagen
    So ungestüm, daß ich darob erwachte.

    Da war so seltsam traurig mir zu Muthe:
    Mein eignes Leben wollt' ich schier verklagen,
    Das diesen
    Traum zur kurzen Täuschung machte.
    _____


     

  • Georg Scherer (1828-1909)

    Tief dein Bild im Herzen geh' ich
    Einsam hin durch Flur und Wald,
    Und des nachts im
    Traume seh' ich
    Wieder deine Lichtgestalt.

    Und wenn dämmernde Gedanken
    Locken mich in ihre Nacht,
    Daß mir alle Sinne schwanken -
    Wieder hab' ich dein gedacht.

    Und ich muß die Augen senken
    Und gesteh' mir selber kaum:
    Zauberin! mein Thun und Denken
    Wandelst du in lichten
    Traum.
    _____


    O laß den schönen
    Traum mich träumen,
    Der einmal nur auf dieser Welt,
    Wie ein Geschenk aus Himmelsräumen,
    In eine Menschenseele fällt!

    Den
    Traum, da unser ganzes Wesen
    Ans Herz der ew'gen Liebe sinkt
    Und dort, vom Irdischen genesen,
    Unsterbliches Genügen trinkt.

    Und kannst du hier ihn nicht gestalten
    Zur Wirklichkeit - laß ihn die Nacht
    Des kurzen Lebens um mich walten,
    Bis dort im Licht mein Geist erwacht!

    Er wird noch in den ew'gen Kreisen
    Verklären mich; es wird die Schar
    Der Seligkeit mich glücklich preisen,
    Daß er mir einst beschieden war.
    _____


     

  • Georg Scheurlin (1802-1872)

    Im
    Traume selig

    Nun kannst du fröhlich fort ins Weite,
    Nun Herz ist alles wohl und gut;
    Hat doch die Liebste mir zur Seite,
    An meiner Brust hat sie geruht.
    Ihr Sternlein schlaft nur - müd' und trübe,
    Mir leuchtet andrer Sonnen Schein:
    Ich trank den Himmel ihrer Liebe,
    Denn ach, sie war im
    Traume mein.

    Und wenn ich wandre heut und morgen,
    Mich trübet nimmer ein Verlust,
    Mir ruht das schönste Glück geborgen
    Erinnrungs-selig in der Brust;
    Bis wieder mich die Sterne grüßen,
    Bis mich die Dämmrung säuselt ein;
    Dann lächelt mir das Bild der Süßen,
    Und dann im
    Traume wird sie mein.

    Nur träumend geht mein Herz zu minnen,
    Doch treuer als das Leben gibt;
    Ist alles Trug und schwebt von hinnen:
    Mir bleibt was ich im
    Traum geliebt.
    Am Tage sehnend dich vermissen,
    Um Abends selig dein zu sein: -
    Und bliebst du ewig mir entrissen,
    In
    Träumen ewig bist du mein.
    _____


     

  • Hans Schiebelhuth (1895-1944)

    Traum

    Mit goldnen Bienen war dein Kleid bestickt, Ich sann,
    Wieviele Süße sie an deine Glieder trügen,
    Wieviel Musik ihr sickerndes Gesumm.
    Du schwiegst. Es war ein Singen in den Simsen,
    Als klängen alle Gläser noch einmal
    So hell, wie wir sie einst in Lust geleert.
    Ich war bei dir und in erregtem Stammeln
    Ein Mund voll Gott, und dieses würgte mich:
    Ich war bei dir und hatte nach dir Heimweh,
    Dies Heimweh, das der ausgeweinte Himmel
    Ins Fenster hing, das aus dem Duft der blassen,
    Der überblühten Blust die Flucht befiehlt.

    Der Mond ward feindlich. Blank vor Eifersucht.
    Wie einer Frau, die abends Staat abtut, entglitt
    Gewölk, das ihn zuvor verbarg. Er drohte,
    Da lösten sich die vielverflochtnen Finger fremd.
    Ich neigte tief mich, letzten Kuß und Träne trinken.
    Ich schmückte deine Stirn mit einem Stern. Entlassen
    Dann, ja entlastet, gingst du in die Nacht.

    Ich blieb. O, daß ich blieb. Nun stumpft sich meine Stunde,
    Wenn ich im Dunkelraum den Hänfling pfeifen lehre . . .
    Ich send ihn früh dir nach als einen Gruß.
    _____


    Auf Wolken komm ich ein Träumender -
    Liebste ich komm im
    Traum
    Ein sich glühend-selig Versäumender
    Wahnwandler in diesem Raum.

    Du Wunschbild und Wahrheit ich streichle dich
    Umarm dich - du bist mir gewährt
    Umatme umflüstre umschmeichle mich
    Vom Verlangen verklärt.

    Ich ahne was Lächelnde Lauschende -
    Dich froh macht dir frommt
    Da blühfüllig nun der berauschende
    Frühling der Heimat kommt.

    Mai der kühn im liebkosenden
    Kundewind Künfte verspricht
    So jäh daß Herz in dem tosenden
    Schwall der Entfaltung bricht.
    _____


    Ich stelle einen Engel an dein Bett
    Um dir zu sagen wenn du heut erwachst
    Daß ich dich liebe über alles Maß
    Und daß in dir mir - nur in dir - das eine
    Ewige Antlitz fest und faßbar wird
    Das große Bild vor dem ich dienend knie
    Drin Welt und Tod und Leben und mein
    Traum
    Von diesen sich allgöttlich menschlich heiter
    Und sonderlich versammelt hat: ein Licht
    Das ich nur vielfach wissend widerscheine.
    Daß du dies bist dazu wünsch ich dir Glück
    Und dank dirs still mit jedem Atemzug.
    Zwar wünsch ich Glück zum Glück trag Dank zum Dank
    Denn Dank ist alles was wir heilig denken
    Und Glück scheint mir vor allem andern doch:
    Mehr als der Zufall einer Füllestunde
    Und Lust am eignen sternbestimmten Los.
    _____


     

  • Emil Prinz von Schönaich-Carolath (1852-1908)

    Es liegt ein
    Traum auf der Haide,
    Es weht im Walde ein Duft,
    Ein Lied schwebt über dem Wasser,
    Ein Klingen ruht in der Luft.

    Ich möchte vor Wonne mich schwingen
    Empor in ein Meer von Licht,
    Ich möchte weinen und singen,
    Bis mir das Herz zerbricht.

    Mein Herz ist wie eine Lerche
    Und jubelt im Sonnenschein:
    Mein Stern, mein
    Traum, meine Rose,
    Du liebst mich, - bist mein, bist mein!
    _____


    Ich habe die ferne Geliebte
    In tiefem
    Traume geseh'n,
    Und weinen habe ich müssen,
    Als sollte mein Herz vergeh'n.

    Nicht bebten die süßen Lippen,
    Nicht war ihre Wange blaß,
    Nicht war von Thränen der Trauer
    Ihr dunkles Auge naß.

    Es lag voll endloser Liebe,
    Voll Glück und voll Sonnenglanz,
    Und in den wehenden Locken
    Trug sie einen Myrthenkranz.
    _____


    Nun schwellen die roten Rosen,
    Nun hab' ich im Lenzgelüst,
    In Jubel und Windestosen
    Mein schauerndes Lieb geküßt.

    Es liegt ein
    Traum auf der Heide,
    Am Rain webt Sommerduft,
    Es rauscht aus goldnem Getreide
    Die Lerche hoch in die Luft.

    O nimm auf deinen Schwingen,
    Glückzitternde Pilgerin,
    Mein Herz voll Jubel und Singen
    Mit dir zum Himmel hin.
    _____


     

  • Maria Scholz (Ps. Maria Stona) (1861-1944)

    Die Bäume meiner Gärten

    Die Bäume meiner Gärten
    Rauschen in Melodie,
    Sie tragen auf grünen Armen
    Viel goldene Poesie.

    Und ihre Wurzeln trinken
    Den dunklen Erdengrund,
    Sie trinken und sie sinken
    Tiefer mit jeder Stund.

    So sinkt in deine Seele
    Meiner Liebe rauschender Baum,
    Und deine stillen Augen
    Umspielt mein singender
    Traum.
    _____


     

  • Johann Gabriel Seidl (1804-1875)

    Traum und Liebe

    Wer so bei Nacht des Schlummers harrend liegt,
    Wo Bilder und Gedanken bunt sich treiben,
    Nimmt oft sich vor, sich klar bewußt zu bleiben,
    Bis der Moment des Schlafes ihn besiegt.

    Festhalten möcht' er gern den Augenblick,
    Wo
    Traum und Wachen magisch sich berühren,
    Und einmahl klar den Übergang verspüren,
    Der einwiegt in der Träume stilles Glück.

    Noch schaut er wach in's Ampellicht hinein;
    Doch eh' er's denkt, eh' er das Kissen richtet,
    Ist er den dunklen Mächten schon verpflichtet,
    Anheimgefallen einem andern Seyn. -

    Dem Schläfer, der so harret, gleicht, wer liebt
    Und wer in Liebe wähnt sein Selbst zu retten;
    Er spottet lächelnd noch der Zauberketten,
    Der dunklen Macht, die lauernd ihn umgibt.

    Beachten will er klar den Augenblick,
    Der seine Seele magisch könnt' umstricken. -
    "So weit, nicht weiter, soll's der Liebe glücken,
    Eh' sie mich meistert, zieh' ich mich zurück!"

    O eitler Vorsatz! Er versieht sich's kaum,
    Er wähnt noch, wach, sie standhaft zu bekriegen,
    Und schläft schon ein und läßt sich schon besiegen,
    Und träumt besiegt schon ihren schwersten
    Traum.
    _____


     

  • Karl Siebel (1836-1868)

    Es ist ein holder
    Traum die Liebe,
    Ein
    Traum, den Phantasie gewebt;
    Ein
    Traum, der gleich dem Schmetterlinge
    Auf mancher schönen Blüthe schwebt.

    Ein
    Traum, der allzubald verflieget,
    Ein
    Traum, der allzubald vergeht, -
    Der wie ein Duft, wie Lerchensingen
    Im weiten Himmelsblau verweht.

    Und dennoch reden heil'ge Bücher
    Von einer Lieb' in Noth und Tod;
    Von einer ew'gen heil'gen Liebe,
    Die ew'ge Liebe: - sie ist Gott.

    Versenke dich in diese Liebe,
    Versenk' dich ganz und gar hinein,
    Und ist auch Alles Trug und Thränen,
    Du wirst in lichter Wahrheit sein.
    _____


     

  • Thekla Skorra (1866-1943)

    Traum

    Ich hab' im
    Traum das Glück gesehn. Nicht kam's
    Auf goldner Kugel, trug kein flatternd Band,
    Nicht Rosenschleier seinen Leib umwogte,
    Auch hielt's kein blühend Füllhorn in der Hand.

    Ich sah's in einem Mannesaug'
    In einem blauen Himmel stehn,
    Von einer kraftgeschwellten Brust
    Mit Enden blonden Bartes wehn.

    Noch stand ich zögernd; traute nicht dem Schein:
    Da reisst's am Lockenhaar mein Haupt zurück
    Und hält die trotz'gen Hände ringend fest.
    Da rief ich jauchzend: "Ja, du bist das Glück!"
    _____


    Meine Seele

    Meine Seele schläft vor dir;
    Weck' sie nicht mit rauhem Schrei'n.
    Von dem deinen nie begehrt,
    Schlief mein Wesen ein.

    Wie ein dunkler Fittich schwebt
    Über ihr dein kalter Hohn -
    Und doch lacht sie, - denn sie träumt,
    Träumt vom Glück so lange schon.

    Kling, kling, es zittern die Saiten
    Wieder vom Lebensspiel.
    Sie klingen und klagen noch immer,
    Immer das alte Lied.

    Das Lied von Liebe und Sehnsucht,
    Von ungelebter Lust,
    Das meine gefrorene Seele
    Belauscht in erstarrter Brust.

    Ihr ungeküssten Lippen,
    Euch schloss keine Liebe zu;
    Noch immer verlangend geöffnet,
    Küsst nur ein
    Traum euch wund.

    Im
    Traum nur, ihr suchenden Hände,
    Umschliessen euch Finger warm,
    Im
    Traum nur halt' ich die Liebe,
    Das jauchzende Glück im Arm.

    Du hast dein Leben gelebt,
    Ich hab's geträumt.
    Dir hat das Herz in Stürmen gebebt,
    In Wonnen die Lippe geschäumt.

    Dich trägt dein Gott auf zur Höh',
    Vom Festmahl des Lebens einst müde und satt,
    Wenn Winde mich wehen in Grabesnäh',
    Vom Baume des Lebens ein welkendes Blatt.
    _____


     

  • Ernst Stadler (1883-1914)

    Betörung

    Nun bist du, Seele, wieder deinem
    Traum
    Und deiner Sehnsucht selig hingegeben.
    In holdem Feuer glühend fühlst du kaum,
    Daß Schatten alle Bilder sind, die um dich leben.

    Denn nächtelang war deine Kammer leer.
    Nun grüßen dich, wie über Nacht die Zeichen
    Des jungen Frühlings durch die Fenster her,
    Die neuen Schauer, die durch deine Seele streichen.

    Und weißt doch: niemals wird Erfüllung sein
    Den Schwachen, die ihr Blut dem
    Traum verpfänden,
    Und höhnend schlägt das Schicksal Krug und Wein
    Den ewig Dürstenden aus hochgehobnen Händen.
    _____


     

  • Karl Stieler (1842-1885)

    Ein
    Traum

    Vom Busen hast du Veilchen mir gegeben,
    Sie waren heiß von seinem heißen Leben.

    Ob sie die Freiheit wohl auch gern gewonnen,
    Die solchem holden Kerker sind entronnen?

    Ich aber barg sie in mein nächtig Kissen,
    Nicht lange sollt' ich ihren Zauber missen. -

    Mein Sinn war glühend und so schwül die Luft,
    Auf meine Wimper fiel der Veilchenduft.

    Ihr Duft und deiner – wie von Wonne trunken,
    Bin ich in
    Traum – bin ich in Schlaf gesunken.

    Es war kein Schlaf, der unser Aug' umschattet,
    In dem des Herzens Glut und Drang ermattet.

    Ein Schaffen war's – nicht stumme, dumpfe Ruh' -
    Und dieses
    Traumes Glück und Glanz warst du!

    Ich müßt' ein Wort aus "Hohem Lied" erlesen,
    Wollt' ich dir sagen, wie du schön gewesen.

    Ich müßte singen wie Hafis fürwahr,
    Wollt' ich dir sagen, wie selig ich war!

    Das hat zur Nacht der Veilchenduft getan;
    Klag' ihn, - nicht mich – und deine Schönheit an!

    Doch ich ward wach – und goß den Duft in Lieder,
    Als Lied kehrt er zu deinem Busen wieder,

    Von dem er kam, o leih' ihm gern dein Ohr
    Und gönn' ihm Einlaß in dies holde Tor!
    _____


    Nachtlied

    Die müden Augen
    Sie tragen's kaum!
    Der Tag ist zergangen,
    Nun kommt der
    Traum.

    Da kommt dein Bildnis
    Und spricht zu mir:
    "Ich lass' auch im
    Traume
    Nicht los von dir!

    Ich leg' mich nieder
    An deiner Seit',
    Du bist mein eigen
    Für alle Zeit!"

    Der Nachtwind rauschet,
    Ich lösch' das Licht -
    Ich möchte schlafen
    Und kann es nicht.

    Du bist mein Leben,
    Du bist mein Tod -
    Vom Abendrote
    Ins Morgenrot!
    _____


     

  • Theodor Storm (1817-1888)

    Liegst wohl noch im
    Traum befangen

    Liegst wohl noch im
    Traum befangen,
    Hast im
    Traume mein gedacht.
    Denn so früh ist noch die Stunde,
    Kaum entwich die lange Nacht.
    Um mich her noch in der Kammer
    Webt ein nächtlich Dämmergrau -
    Oh, wie muß ich dein gedenken,
    Süße, heißgeliebte Frau!
    _____


    Traumliebchen

    Nachts auf des
    Traumes Wogen
    Kommt in mein Kämmerlein
    Traumliebchen eingezogen,
    Luftig wie Mondenschein.
    Sie ruht auf meinem Kissen,
    Sie stört mich auf mit Küssen
    Und lullt mich wieder ein.

    Glühend um meine Glieder
    Flutet ihr dunkles Haar,
    Auf meine Augenlider
    Neigt sie der Lippen Paar.
    "So küß mich, du blöder Schäfer!
    Dein bin ich, du süßer Schläfer,
    Dein heut und immerdar!"

    "Fort, fort aus meinem Stübchen,
    Gaukelndes Nachtgesicht!
    Ich hab ein eigen Liebchen,
    Ein andres küß ich nicht!"
    Umsonst, ich blieb gefangen,
    Bis auf des Morgens Wangen
    Brannte das rosige Licht.

    Da ist sie fortgezogen,
    Schwindend wie Mondesschein,
    Singend auf
    Traumeswogen
    Schelmische Melodein:
    "
    Traum, Traum ist alles Lieben!
    Wann bist du treu geblieben?
    Wie lang wohl wirst du's sein?"
    _____


    Nachts

    Schon Mitternacht! Mein Kopf ist wüst -
    Zu Bett! Ich habe lang gewacht;
    Doch ob das Aug sich müde schließt,
    Wann kennt das Herz wohl Tag und Nacht?

    Das Herz, das Herz hat nimmer Ruh,
    Das fliegt zu dir durch Zeit und Raum,
    Im
    Traum mein süßes Leben du,
    Im Leben du mein süßer
    Traum!
    _____


     

  • Moritz Graf von Strachwitz (1822-1847)

    Vorüber

    Im Dorfe gellt des Wächters Ruf,
    Ich fahre durch die schwüle Nacht,
    Den sprühenden Kiesel haut der Huf,
    Die dampfende Achse stöhnt und kracht.

    Ich fahr' an meiner Dame Schloß
    Vorüber in die Weite trüb.
    Ich darf nicht sagen: "Steh, mein Roß!"
    Und nicht: "Gut Nacht, mein süßes Lieb!"

    Du träumst, o Herrin! - träume süß
    Und träume uns ein beß'res Glück!
    Ein
    Traum nur ist das Paradies
    Und jeder sel'ge Augenblick.

    Du träumst, o Herrin, - träume hold!
    Und breche nicht des Schlummers Kraft
    Der Wagen, der vorüberrollt
    Mit mir und meiner Leidenschaft!

    Nicht störe dich mein Auge wild,
    Das brennend durch die Nächte sprüht!
    Nicht fließe in dein
    Traumgebild
    Das wohllautlose Klagelied!

     Nicht störe dich mein tobend Herz,
    Das ich im Busen halte kaum:
    Nicht würdig ist des Sünders Schmerz,
    Zu stören einen
    Engelstraum.
    _____


     

  • Viktor von Strauß und Torney (1809-1899)

    Am Hochzeittage

    Im
    Traum sah ich dich am Rädchen,
    Mir ist als wär's erst heut',
    Ein kleines süßes Mädchen,
    Erröthend vor Lebensfreud'.
    Die Augen, aufgeschlagen,
    Blickten so groß und still,
    Als wollt'st du das Leben fragen:
    Was das wohl noch bringen will?

    Im
    Traum lag ich dir am Herzen
    Und brachte mein Leben dir;
    Die Freuden wie die Schmerzen,
    Sie wurden es dir wie mir.
    Dir war das Schönste gegeben,
    Was Menschen zugedacht:
    Du hast ein finsteres Leben
    Zum glücklich hellsten gemacht.

    Im
    Traum hört' ich am Altare
    Das Ja von deinem Mund;
    Das liebliche, ewigwahre,
    Wie drang es aus Herzensgrund!
    Dann klangen freudige Grüße,
    In Bechern perlte der Wein;
    Du Treue, Gute, du Süße,
    Vor Allen nun warest du mein.

    Nun sitzest du selber zur Lust dir
    Wie ein Bild aus alter Zeit,
    Ein holder Knab' an der Brust dir,
    Ein anderer dir zur Seit';
    Ich aber knie' dir zu Füßen
    Und fühle mich innig gestillt,
    Ich möchte dich betend grüßen
    Wie ein Muttergottesbild.

    Die Jahre, sie werden vergehen,
    Ihr Schreiten, wir hören es kaum,
    Und einst, wenn wir rückwärts sehen,
    Dünkt uns auch Heute ein
    Traum.
    Dann werd' ich die Hand dir geben,
    Und ein Greis ist, der zu dir spricht:
    Ein
    Traum war das ganze Leben,
    Nur, daß wir uns liebten, nicht.
    _____


     

  • Frank Wedekind (1864-1918)

    An Elka

    Elka, länger kann ich mich nicht halten,
    Meine Sinne toben allzu wild;
    Und in allen weiblichen Gestalten
    Seh ich schon dein Götterbild!

    Auch im
    Traum bist du mir schon erschienen,
    Dich entkleidend; o, wie ward mir da!
    Schwindlig ward mir hinter den Gardinen,
    Als ich deinen Busen sah.

    Meine beiden Knie wurden brüchig,
    Von der Stirne triefte mir das Fett.
    Als das Hemd du abgetan, da schlich ich
    Wonneschaudernd an dein Bett.

    Mach, daß dieser
    Traum sich bald erfülle;
    Mach, erhabne Königin,
    Daß bei dir ich vor Behagen brülle,
    Nicht vor Wut, weil ich dir ferne bin.
    _____


     

  • Maria Luise Weissmann (1899-1929)

    Dann, wenn Du gehst...

    Dann, wenn Du gehst, scheinst Du mir nie gewesen.
    Ich finde mich, wie der vom
    Traum erwacht,
    Versehnt nach einer nächsten tiefern Nacht,
    Zur alten Lüge lächelnd zu genesen.

    Dann, wenn Du kommst, weiß ich mich nicht erhalten
    Je ohne Dich, Du Herz der toten Welt:
    Du Brand, vor dessen Glut mich das Erkalten,
    Dem ich entrann, erinnernd überfällt -

    So schwank ich, willig immer zu verlachen
    Der frühern Stunde Armut; find ich mich
    Zwischen Phantomen taumelnd; in den Rachen

    Gleit ich der Zeit, unwissend: liebt ich Dich
    Eben im
    Traum, eben im Traum-Erwachen?
    Dies nur: ich tats, blieb unabänderlich.
    _____


     

  • Paul Wertheimer (1874-1937)

    Ständchen

    Vernimmst du meiner Geige sehnsuchtstollen
    Aufschrei der nachtgebor'nen Melodien?
    Ich will mit Liedern wie mit wundervollen
    Blumenguirlanden deine Stirn umziehen.

    Du meine Welt, du mein geheimes Wissen!
    Was ist mir der Erkenntnis Sternenklarheit!
    In Nachtviolen, Rosen und Narzissen,
    In meinem
    Traum von dir ist meine Wahrheit!
    _____


    Der Kranz

    Im
    Traume sprach ich viel zu dir
    Mit grossen Worten, voller Pracht -
    Dem Himmel nahm ich jede Zier
    Und alles Licht und Gold der Nacht.

    Und was ich auch zusammentrug
    An funkelndem und mattem Schein,
    Hielt ich noch immer nicht genug,
    Dir morgen Diadem zu sein.

    Doch als der Morgen silbern kam
    Und du hervorschrittst, fein und schlicht,
    Befiel mich eine leichte Scham;
    Da bot ich dir die Krone nicht.

    Und bot dir einen tiefern Glanz -
    Wegblüten eines bunte Schar,
    Und leise nahmst du diesen Kranz
    Und drücktest leise ihn ins Haar.
    _____


    Sehnsucht

    Sehnsucht ist Glück.
    Ich sehnte mich nach deinen Lippen hin,
    Du meines
    Traums rotblonde Königin -
    Sehnsucht war Glück.

    Ich träumte dich mit weit gelöstem Haar,
    Ich gab dir meiner Nächte Purpurschein,
    Und dein Gespräch strömte wie starker Wein,
    O wie im
    Traum dein Atem glühend war.

    Nun bin ich bei dir - und ist dies das Glück?
    All was wir reden ist so laut und schwer.
    Und unser Schweigen ist von Wünschen leer.
    Nach meiner Sehnsucht sehn' ich mich zurück. - -

    Ist die Erfüllung immer kalt und bleich?
    Dann bleibt Gestalten stumm in mich gebannt!
    Ich küsse, Abschied suchend, deine Hand.
    Nun bin ich wieder Herr in meinem Reich.
    _____


     

  • Bruno Wille (1860-1928)

    Traum von heimlicher Hochzeit

    So heimlich süß war unsre Hochzeitsfeier:
    Wir lagen dicht
    Beisammen, überwallt von einem Schleier;
    Man sah uns nicht.

    Wir hörten, wie die Leute nach uns fragten
    Im gleichen Raum.
    Wir unterm Flore blieben reglos, wagten
    Zu atmen kaum.

    Nur unsre Hände durften sacht sich drücken,
    Wie küssend fand
    Sich Hauch zu Hauch, mein Knie war mit Entzücken
    An deins gebannt.

    Mein glühend Auge, das im Dunkeln schaute,
    Versank in deins;
    Ich war in dir, du warst in mir, uns traute
    Die heilige Eins.

    Wohlan, was Edens Glut zusammenglühte,
    Trennt keine Welt.
    Hinweg denn, Angst, da uns die Hand der Güte
    Geborgen hält.

    Wir ruhn verhüllt; zum Baldachin, zum Himmel
    Ward unser Flor.
    Uns singt von Flügelköpfchen ein Gewimmel
    Den Minnechor.
    _____


    Der frühe Tag

    Tag mit deinen kalten Blicken,
    Wie so frühe bist du da!
    Meinen
    Traum hast du vertrieben,
    Ach den lieben
    Traum, darin ich Liebchen sah.

    Grämlich bleich wie eine Greisin
    Blickt in mein Gemach die Welt.
    Weib, du wirst mit öden Händen
    Nimmer spenden,
    Was der
    Traum mir lieb gesellt.

    Schließe, Tag, dein kaltes Auge,
    Schleich ein Weilchen noch zurück!
    Träume, laßt mein Lieb, mein Leben
    Mich umschweben!
    Hab ich doch kein ander Glück.
    _____


     

  • August Wolf (1816-1861)

    Im
    Traum

    Im
    Traume kommst Du noch zu mir,
    Dich hold und liebend an mich schmiegen,
    Ganz ungestört und unverstellt,
    Nur offne Lieb' in allen Zügen.

    Und Alles, was uns sonst getrennt,
    Ist fremd und ferne Dir geblieben,
    Da bist Du ganz, so wie ich Dich gewollt,
    So kann ich doch im
    Traume noch Dich lieben.
    _____


     

  • Kathinka Zitz-Halein (1801-1877)

    Alles ist
    Traum

    Einst träumte mir von süßen Rosenbanden,
    Von einem ewig wandellosen Stern;
    An ew'gen Frühlingsufern wollt' ich landen,
    Dort, wähnt' ich froh, sei Schmerz und Klage fern.
    Der Labungsbecher schwand von meinen Lippen,
    Der Anker brach, mein Schiff zerschellt' an Klippen,
    Der Donner rollt, es zischt des Meeres Schaum,
    Die Hoffnung lügt, sie ist ein eitler
    Traum.

    Die Liebe lockte mich mit Schmeicheltönen,
    Sie zeigte mir ein schönes Paradies,
    Und wollte mich mit ew'gen Myrthen krönen,
    So war die Zukunft, die sie mir verhieß.
    Die Myrthe welkt', die süßen Tön' verhallten,
    Und Nacht umfängt die täuschenden Gestalten;
    Ich steh' im weiten schrankenlosen Raum,
    Und klag: die Lieb' ist nur ein flücht'ger
    Traum.

    Doch eine Thräne macht den Unmuth milder,
    In Wehmuth lößt sich das gekränkte Herz;
    So sind des Lebens hehre Götterbilder
    Nur Träume? und nur
    Traum ist auch der Schmerz?
    Des Lebens Stunden haben rasche Flügel,
    Die Wahrheit deckt allein des Grabes Hügel,
    Wir fassen nichts auf Erden, ahnen kaum,
    Das Leben selbst ist nur ein langer
    Traum.
    _____


     

  • Stefan Zweig (1881-1942)

    Junge Glut

    Tiefe Nacht. -
    Aus sinneheißem
    Traum bin ich erwacht.
    Ich träumte von schimmernder Glieder Pracht
    Von Frauen, die mit liebesfrohen und verständnisstillen
    Verschwiegnen Blicken Wunsch und Sucht erfüllen,
    Ich träumte von glühenden brennenden Küssen
    Von trunkener Geigen laut jubelndem Klang,
    Von wilden, berauschenden Glutgenüssen
    Von Mädchen, die ich als Sieger bezwang ...
    Und jede Sehnsucht fand im
    Traum ihr Ende
    Doch nun bin ich erwacht!
    Allein! . . . . . . Allein!! . . . . .
    ... Und sinnetrunken tappen meine Hände
    In schweigende Dunkelheiten hinein
    Hinein in die leere, nichtssagende Nacht! ...
    _____


    Nun weiß ich ...

    Mich hat ein süßer
    Traum bewegt,
    Durch Wochen, Nacht für Nacht.
    Ich hatte seines Glücks nicht acht;
    Doch wie mir heut der Morgen sacht
    Den Schlummer von den Lidern trägt,
    Hab' ich an Dich gedacht.

    Nun weiß ich, wer das frohe Licht
    In meine Nächte spinnt.
    Denn ihr verklärtes
    Traumgesicht
    Ist nur Dein liebes Angesicht.
    Das heiligt sie so tief und schlicht,
    Daß sie voll Sonne sind ...
    _____


     


 

 

zurück zum Verzeichnis

zurück zur Startseite