Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar
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Stichwort: Traum
16./17. Jh.
18. Jh.
19/20.Jh.
16./17. Jh.
Hans Aßmann Freiherr
von Abschatz (1646-1699)
Der gutte
Traum
Mein Glücke lacht /
Melinde spielt mit angenehmen Blicken /
Ihr holder Mund giebt Worte / die entzücken /
Ich küsse sie bey tunckler Mitternacht /
Mein Glücke lacht.
Mir traumt wohl nicht:
Ich seh ihr Bild um meine Ruhstatt spielen /
Hör ihre Sprach / und misse nichts als Fühlen.
Ach Schade / daß das Beste noch gebricht!
Mir traumt wohl nicht.
Es wird wohl seyn:
Die Hoffnung speist nicht stets mit leeren Schalen.
Erblickt man nur der Morgenröthe Stralen /
So folget auch der nahen Sonne Schein.
Es wird wohl seyn.
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Anonyme Barockdichter
Er ist glückselig / aber nur im
traum
Was hilfft mir mein verliebter sinn /
Weil ihre gottheit ihn verschmähet?
Ihr leichten winde nehmt ihn hin /
Biß ihr sein eitles thun verwehet:
Sein urtheil ist ihm schon gesprochen /
Die stäbe sind entzwey gebrochen.
Die ganze erd' ist mir zu klein /
Der himmel ists / der mich nicht kennet;
Wie kan ich bey mir selber seyn /
Weil mir umsonst die hoffnung brennet?
Ich ruffe / erde / himmel / hoffen!
Und keines hat die ohren offen.
Was hab ich armer doch gemacht /
O tugend-göttin aller schönen!
Daß sie mich niemahls würdig acht
Mit ihrer gottheit zu versöhnen?
Soll ich denn keine ruhe finden
Vor nie begangne liebes-sünden?
Längst hab ich ein altar gesetzt /
Ein denckmahl harter buß zu stifften /
In welchen Amors hand geetzt
Mit diamant und güldnen schrifften:
Der schönsten göttin von der erden
Soll dieser einzig heilig werden.
Darauff wenn sich der morgen röth /
Laß ich mein herz als weyrauch glühen /
Und wenn mir Phöbus untergeht /
Vergeß ich nicht davor zu knien.
Es hat mich nie der schlaff bezwungen /
Biß ich ihr göttlich thun besungen.
Dann leg ich mich zur sanfften ruh /
Zu meiner mutter neuer schmerzen:
Ich schliesse zwar die augen zu /
Und wache dennoch stets im herzen;
Im schatten bringts die nacht getragen /
Was mir der tag pflegt zu versagen.
Dann tret ich endlich zu ihr hin /
Wir singen / spielen / tanzen / lachen /
Sie hasset gar nicht meinen sinn /
Sie pflegt es so / wie ich / zu machen /
Wir wechseln mund und händ zusammen
Und doppeln unsre liebes-flammen.
Ach aber der ich schatten lieb
Und träumend nur auf rosen gehe /
Ich fange wasser durch ein sieb!
Denn dis / was ich erwachet sehe /
Ist leichtes stroh und feder-küssen /
Die blumen sind hinweg gerissen.
Hinweg! verlognes schatten-werk /
Du irrwisch der betrübten herzen /
Du starcke glut / doch sonder stärck /
Du falscher zunder meiner schmerzen /
Soll ihre gnad im
traum nur scheinen /
So muß ich wachend drüber weinen.
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Der verliebte
traum
Was hilffts / daß meine lust
Stets in gedancken spielet?
Und deine liljen brust
Im
traume küst und fühlet?
Die nacht giebt unserm wahn
Viel tausend süsse stunden /
Und wenn der tag bricht an /
Ist alles schon verschwunden.
Ein ungemeine freud
Durchdringet marck und glieder;
Bin ich zur ruh bereit
So kommstu / schönste / wieder /
Und bringst der liebe trost
In schaalen von jesminen /
Greif ich denn nach der kost /
So bistu nur erschienen.
Es ist nur schatten-spiel
Von
traum und phantaseyen /
Und wenn die liebe will
Die lust mit lust verneuen /
So muß das liebe paar /
Den
traum als
traum verlachen /
Und in der that selbst wahr /
Was man geträumet machen.
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Traum
Mir kam im schlaffe vor / Dorindens angesicht /
Das zeigt in minen sich ganz gegen mich verpflicht /
Sie drückte mir die hand / und das gewüntschte küssen
Ließ sie sich dißmahl nicht / wie andersmahl / verdrüssen.
Ich spielte ganz vergnügt / mit dem / was die natur
Vor schätze eingelegt in ihre liebes-spur.
Doch ich besann mich bald daß diß ein
traum nur sey
Hierauff so liessen mich des schlaffes fessel frey /
Ach wüntscht ich / da ich noch besah die leeren hände /
Ach warum hatte denn der
traum so bald ein ende.
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18. Jh.
Charlotte von Ahlefeld
(1781-1849)
Vergänglichkeit
Vergänglich ist das festeste im Leben -
Was trauerst Du, daß Liebe auch vergeht?
Laß sie dahin in's Reich der Zeiten schweben,
Leicht, wie des Lenzes Blüthenhauch verweht.
Doch halte fest ihr Schattenbild im Herzen,
Und segne dennoch freudig Dein Geschick,
Schließt auch sich eine Reihe bittrer Schmerzen
An Deines Glückes kurzen Augenblick.
Du hast gelebt, denn Liebe nur ist Leben!
Sie nur allein webt um den dunklen
Traum,
Dem wir den Nahmen unsers Daseyns geben,
Der höchsten Wonne glanzerfüllten Saum.
So zürne nicht des Schicksals finstern Mächten,
Wenn sie des Lebens Sonne Dir entziehn.
Nicht ewig läßt sie sich in unsre Bahn verflechten,
Ach, sei zufrieden, daß sie einst Dir schien.
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Sophie Albrecht
(1757-1840)
Nach Mitternacht
Im November
1784
Ich muß mich los aus deinen Armen winden;
Noch diesen Kuß, nun eile schnell von hier! -
Im
Traume wirst du mich so glühend wiederfinden,
Und bis zum Morgen bleib' ich dann bei dir.
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Rosa Maria Assing
(1783-1840)
O Frühlingszeit!
Wie machst du das Herze so groß und weit!
Wie regt sich Alles munter da drinnen,
Wie werden so wach und lebendig die Sinnen!
Es haben die süßen Gefühle nicht Raum,
Es wogt in dem Herzen und schwebt wie ein
Traum.
O Frühlingszeit!
O Wunderzeit!
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Johann August von Beyer
(1732-1814)
Der
Traum
Hier wo mich keine Narren suchen,
Hier schlaf ich ein bey euch ihr Buchen,
Mit Doris Bilde. Sanfte Ruh!
Flieh mir mit leisen Westen zu.
Der Traumgott wird in diesen Gründen
Vorüber gehn, mich schlummernd finden;
Dann reiz ihn selbst der holde Baum,
Er bleib, und Doris sey mein
Traum.
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Friedrich Bouterwek
(1766-1828)
Ergebung
Wirklich, wirklich, bist du schon verschwunden,
Meines Lebens holder, schöner May?
Eh' ich noch mir einen Kranz gewunden,
Ist die Zeit der Blumen schon vorbey?
War es das, was ich von Liebe träumte?
Als ich in der Hoffnung Morgenstrahl
Jedes Pflänzchen pflegte, wie es keimte,
War ich glücklich, ach! zum letzten Mahl.
Laß doch, Herz, dein ungestümes Pochen!
Lächle ruhig, trauerndes Gesicht!
Blumen, wie wir sie im
Traum gebrochen,
Solche Blumen blüh'n auf Erden nicht.
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Johann Wolfgang von
Goethe (1749-1832)
Glück und
Traum
Du hast uns oft im
Traum gesehen
Zusammen zum Altare gehen,
Und dich als Frau, und mich als Mann.
Oft nahm ich wachend deinem Munde
In einer unbewachten Stunde,
So viel man Küsse nehmen kann.
Das reinste Glück, das wir empfunden,
Die Wollust mancher reichen Stunden
Floh wie die Zeit mit dem Genuß.
Was hilft es mir, daß ich genieße?
Wie
Träume fliehn die wärmsten Küsse,
Und alle Freude wie ein Kuß.
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Aus einem Briefe an Charlotte v. Stein]
Um Mitternacht, wenn die
Menschen erst schlafen,
Dann scheinet uns der Mond,
Dann leuchtet uns der Stern;
Wir wandlen und singen
Und tanzen erst gern.
Um Mitternacht, wenn die Menschen erst schlafen,
Auf Wiesen, an den Erlen
Wir suchen unsern Raum
Und wandlen und singen
Und tanzen einen
Traum.
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Friedrich von Hagedorn
(1708-1754)
An eine Schläferin
Erwache, schöne Schläferinn,
Falls dieser Kuß nicht zu bestrafen:
Doch wenn ich dir zu zärtlich bin;
Schlaf, oder scheine mir zu schlafen.
Die Unschuld, die nur halb erwacht,
Wann Lieb und Wollust sie erregen,
Hat öfters manchen
Traum vollbracht,
Den Spröde sich zu wünschen pflegen.
Was du empfindest, ist ein
Traum:
Doch kann ein
Traum so schön betriegen?
Giebst du der Liebe selbst nicht Raum:
So laß dich dann ihr Bild vergnügen.
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Der
Traum
Ich schlief in einem Garten,
Den Ros' und Myrthe zierten,
In dem drey holde Schönen
Den halbentblößten Busen
Mit frischen Blumen krönten,
Die jede singend pflückte.
Bald gauckelten die Spiele
Des Stifters leichter Träume
Mir um die Augenlieder,
Und mich versetzten Morpheus
Und Phantasus, sein Bruder,
Ans Ufer von Cythere.
Der bunte Frühling färbte
Die Blumen dieser Insel;
Der leichte Zephyr küsste
Die Pflanzen dieser Insel;
Und sein Gefolge wiegte
Die Wipfel dieser Insel.
Wie manches Feld von Rosen,
Wie mancher Busch von Myrthen
War hier der Venus heilig!
Der Göttinn sanfter Freuden,
Der Freuden voller Liebe,
Der Liebe voller Jugend.
Ich sah die Huldgöttinnen,
Geführt vom West und Frühling,
Gefolgt von Zärtlichkeiten,
Mit Rosen sich umkränzen,
Sich Mund und Hände reichen
Und ohne Gürtel tanzen
Und bey den Tänzen lachen.
Hier fand ich auch den Amor,
Der seine Flügel sonnte
Die ihm vom Thau befeuchtet
Und so betröpfelt waren,
Als da er seinen Dichter
Anacreon besuchte.
Er wollte von mir wissen,
Wer von den holden Dreyen
Bey mir den Vorzug hätte,
Als mich von jenen Schönen,
Die sich die Blumen pflückten,
Die Schönste lächelnd weckte.
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Johann Peter Uz
(1720-1796)
Ein
Traum
O
Traum, der mich entzücket!
Was hab ich nicht erblicket!
Ich warf die müden Glieder
In einem Thale nieder,
Wo einen Teich, der silbern floß,
Ein schattigtes Gebüsch umschloß.
Da sah ich durch die Sträuche
Mein Mädchen bey dem Teiche.
Das hatte sich, zum Baden,
Der Kleider meist entladen,
Bis auf ein untreu weiß Gewand,
Das keinem Lüftgen widerstand.
Der freye Busen lachte,
Den Jugend reizend machte.
Mein Blick blieb sehnend stehen
Bey diesen regen Höhen,
Wo Zephyr unter Lilien blies
Und sich die Wollust greifen ließ.
Sie fieng nun an, o Freuden!
Sich vollends auszukleiden;
Doch, ach! indems geschiehet,
Erwach ich und sie fliehet.
O schlief ich doch von neuem ein!
Nun wird sie wohl im Wasser seyn.
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19./20. Jh.
Alexis Adolphi
(1815-1874)
Ein
Traum
Einmal noch im Abendstrahle
Wollt' ich auf dem Berge stehn,
Einmal noch zum grünen Thale
Meinem Lieb entgegensehn.
Ha, wie ich sie da erblickte!
Wie sie leis und linde kam,
Weinend an das Herz mich drückte
Und auf ewig Abschied nahm! -
Aus dem Schlaf hat mich gerissen,
Herz, dein Klopfen wild und schwer:
Naß von Thränen war mein Kissen,
Tiefe Nacht lag um mich her ...
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Alois Leopold Altmann
(um 1843)
Holder
Traum, wie bist du schnell entronnen,
Wo ich mir mit wonnetrunk'ner Brust
Aus des Lebens ungetrübtem Bronnen
Schöpfte des Geschickes heit're Lust!
Fruchtlos streb' ich nach den Hoffnungsauen,
Meinen Geist umnachtet tiefer Schmerz;
Die Geliebte je nur mein zu schauen
Strebt umsonst das liebekranke Herz.
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Johanna Ambrosius
(1854-1939)
So lieb, wie mich dein Blick anschaut,
Schaut nichts mich an hienieden,
Kein Himmel reiner, tiefer blaut,
Kein Himmel giebt mehr Frieden.
Ich hab' so lieb, so lieb dein Bild,
Hab's jede Stunde lieber,
Und wenn die Nacht durch's Fenster quillt,
Nehm' ich's im
Traum hinüber.
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Erste Liebe
Zarte, maiengrüne Liebe,
Denk' ich dein, wird mir das Auge feucht;
Bist wie eine weiße Taube,
Die man durch die Wälder scheucht.
Bist wie Heimatglocken süßer Morgensang,
Rein wie Paradieses erster Labetrank.
Duft von jener blauen Blume,
Welche Gott an seinem Busen trägt,
Altarbild, vor dem der Sünder
Seinen Blick zu Boden schlägt.
Bringst versteinte Herzen aus der kalten Ruh',
Bist nicht fortzulächeln, erste Liebe, du!
Keiner kann dich ganz vergessen,
Sternumsäumtes, zartes Morgenrot,
Ob uns auch das reiche Leben
Tausend goldene Sonnen bot.
Immer wirst du bleiben unser schönster
Traum,
Holde, erste Blüte an des Lebens Baum!
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Theodor Apel
(1811-1867)
Ein
Traum
Mir träumt', ich läg' in tiefer Nacht
Sanft schlummernd Dir zur Seite,
Da war's, als ob in milder Pracht
Ein Schimmer sich verbreite;
Als ob des Waldes Dunkelgrün
Mit Gold sich überzöge,
Manch' Vöglein, aufgeweckt vom Glüh'n,
Leis' singend ihn durchflöge.
Auf Knospen ward der Liederklang
Wie milder Thau gegossen,
Die zitternd sich im süßen Drang
Dem linden Hauch erschlossen.
Da schaut' ich auf Dein Angesicht,
Und sah mit süßem Bangen,
Es war von Deiner Augen Licht
Dies Alles ausgegangen.
Und sieh, ich fühlt' in meiner Brust
Die Zauberpracht entsprießen,
Des Waldes Grün, die Sangeslust,
Die Knospen sich erschließen.
Wol ist der
Traum mir längst entschwebt,
Längst sind wie Silberwogen
Die holden Bilder, ihm verwebt,
Vorüber mir gezogen.
Doch lieb' ich heute noch den
Traum
Und Dich, die mir so ferne -
Viel weiter sind im Himmelsraum
Ja noch die lieben Sterne!
_____
Die Sterne leuchten durch die Nacht
Die Sterne leuchten durch die Nacht
In weiten, stillen Raum,
Nur mich, der ich an Dich gedacht,
Beglückt kein sanfter
Traum.
Du liegst wol jetzt in tiefer Ruh,
In süßem
Traum versenkt,
Und freundlich schwebt deß Bild Dir zu
Dem Du Dein Herz geschenkt.
Auch ich, der ich Dir ferne bin,
War einst Dir werth und lieb,
Und Deine Liebe schwand dahin,
Wie treu ich Dir auch blieb.
Doch treu bin ich Dir noch vereint
Zu meiner eig'nen Qual,
Und wenn Dein liebes Bild erscheint,
Grüß' ich es tausendmal!
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Wilhelm Arent (1864-?)
Nur manchmal noch besuchst du mich im
Traum,
Daß ich dich je verloren, weiß ich kaum.
Ein lieblich Lächeln hellt dein Angesicht,
Aus deinen Augen deine Seele spricht.
All' was sie kündet ist so lieb und gut,
Unnennbar süßer Zauber darin ruht,
Gewährung höchster Erdenseligkeit -
Ein Glück unendlich wie die Ewigkeit.
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Maientraum
Wie lockt die milde Maiennacht
Mit ihrer duftigstillen Pracht!
Leis' treibe ich in schwankem Kahn
Auf monderhellter Wasserbahn.
Die Wolken ziehn, die Winde rauschen,
Ich halt' den Athem an, zu lauschen.
Im Busch flötet die Nachtigall -
Süß träumt der Liebe Geist im All.
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Liebessehnsucht
Wenn deiner Lippen
Traumduft
Mich sanft berührt,
Wenn meine kranke Seele
Den Hauch des Himmels spürt,
Wenn du mich selig küßt
Wie nie ich es gewußt,
Wenn du mein holdes Lieb bist -
O süße Himmelslust!
Einst werd' ich dich nur kennen -
Du einzig meine Wahl! -
Nach dir nur süß entbrennen
In heißer Sehnsuchtsqual!
Göttlich werd' ich gesunden
Von allem Erdenschmerz
Im hehren
Traum der Stunden
In Küssen Herz an Herz ...
_____
Hugo Ball (1886-1927)
Ewige Liebe
O wüsste ich nicht, dass die Sterne verbluten,
O wär es nicht wahr, dass die Sonne lischt,
O dürft ich Dich lieben mit flammenden Gluten,
Ach, und sie stürben, sie stürben nicht!
O könntest Du bleiben, o könntest Du weilen,
O liessest Du niemals mich, nie allein,
O dürfte ich ewigen
Traum mit Dir teilen,
O dürftest Du ewig mein eigen sein!
_____
Die Sonne blüht aus Deinem Blick
Und geht in meinem unter.
So schenkst Du mir den schönen Tag,
Ein mildes Sternenwunder.
So hast Du meinen dunklen
Traum
Durchleuchtet aller Enden
Und wo ich immer schreiten mag,
Begegn' ich Deinen Händen.
_____
Eufemia von
Adlersfeld-Ballestrem (1854-1941)
Es war ein
Traum
Mir träumte einst von Neujahrsglockenklang,
Er stieg wie Jubelklang empor zur Höh', -
Der Fluß lag still in flimmernd Eis gebannt,
Und Wald und Flur bedeckte tiefer Schnee!
Und aus des Winters Flockenbett hervor,
Im kalten, öden, trüben Erdenraum,
Da blühten Rosen frühlingsgleich empor -
Es war ein
Traum!
Dann träumte mir, daß er gezogen kam,
Er, meinem Dasein hell, kometengleich,
Wie wenn ein Meteor aufflammend strahlt,
Ich jubelte, an Glück und Lieb so reich.
Er brach die Rosen, winterlich bethaut,
Zu meinem Schmuck vom weißen Waldessaum,
Er küßte mich, und nannt' mich seine Braut -
Es war ein
Traum!
Ein schriller Ton voll Leid, voll Weh und Schmerz
War das Erwachen! - Daß so früh es kam!
O, daß die Rosen frosterstarrt im Schnee
Hinwelkten, das Geschick mir Alles nahm!
Daß alles Glück hinsterben muß so schnell,
Daß alles Glück nur Trug im Weltenraum -
Ström' hin, mein Herz, in deiner Lieder Quell,
Es war ein
Traum! - -
_____
Lisa Baumfeld
(1877-1897)
Sommertraum
Golddurchflammte Ätherwogen,
Schwerer Äste grüne Bogen,
Süss verwob'ne Träumerei'n ...
Sommer, deine warmen Farben,
Helle Blumen, gold'ne Garben
Leuchten mir ins Herz hinein ...
In dem Wald, dem dämm'rig düstern,
Hörst du's rauschen, lispeln, flüstern,
Elfenmärchen - Duft und Schaum ...?
Blumenkinder nicken leise,
Lauschen fromm der alten Weise
Von des Waldes
Sommertraum ...
Und der See, der windumfächelt
Lallend plätschert, sonnig lächelt,
Netzt das Schilf aus lauem Born ...
Rosen blühen am Gelände,
Rosenglut, wo ich mich wende,
Und im Herzen tief ein Dorn ...
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Anna Behrens-Litzmann
(1850-nach 1913)
Traum
Ich bin der Wind, der deine Stirne kühlt,
Ich bin die Welle, die dich lind umspült,
Ich bin der Morgen, der dir Rosen bringt,
Ich bin der Vogel, der in Schlaf dich singt.
Ich bin dein Leid, dein Glück, dein Weib, dein Kind,
Ich bin, was dir Millionen sonst nicht sind,
Kraft deiner Arbeit, deiner Muße Lust,
Sonne des Hauses, Frieden deiner Brust.
So sprach ich heut' im
Traum, — da wacht' ich auf,
Grau, einsam, dämmerte der Tag herauf,
Doch immer noch den langen, dunklen Tag
Klangen die stolzen, schönen Worte nach.
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Otto Julius Bierbaum
(1865-1910)
Glück im
Traum
Ach, was sah ich im
Traum:
Du hast die Hand mir gegeben,
Und stumm sprach mir dein Mund:
Ja, ich fühle wie du.
Tief im Walde geschahs;
Es sangen um uns die Vögel,
Sonne küßte das Moos
Und deinen seidenen Schuh.
Nahe warst du mir so,
Daß deinen Atem ich fühlte,
Und ich sah dir ins Aug,
Und ich weinte vor Glück.
Mädchen, was mir der Tag
An Kümmernissen mag bringen:
Lächelnd denk ich des
Traums,
Selig denk ich an dich.
_____
Liebe ist des
Traums der ewigen Götter
Einziger Sinn, wer Liebe träumt, den lieben
Sie als ihren schönsten
Traum. O träume
Liebe, Dichter, sei kein Alp der Götter!
_____
Liebe
Es ist ein Glück zu wissen, daß du bist,
Von dir zu träumen hohe Wonne ist,
Nach dir sich sehnen macht zum
Traum die Zeit,
Bei dir zu sein, ist ganze Seligkeit.
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Rudolf G. Binding
(1867-1938)
Traumverkündigung
Heut Nacht, mein Lieb, da nehm ich dich
in meinen
Traum.
Da ist's so licht. Und sänftiglich
selbander liegen wir wohl unter einem grünen Baum
und schauen durch das Grün das Blau.
Ach, Freundin, trau
dem Grün, dem Blau,
dem Licht, der Nacht, dem Schläfer und dem
Traum.
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Ernst Blass (1890-1939)
Karnevalstraum
Ich fühle zwischen meinen offnen Armen
Die goldne Luft des Saals und süßen Lichts.
Ich fühle zwischen meinen goldnen Armen
Den Jaguarmund deines Angesichts.
In unsrer träumerischen Sofaecke,
Wir fliegen langsam durch den großen Saal.
Wir sind in einem schwebenden Verstecke.
Um unsre Schultern liegt ein zarter Shawl
Von Licht. O, wie wir aus dem Fenster fahren!
Wie man auf Films im Nachthemd reist zum Mond,
So sehn wir nachtschwarz abgezeichnet starren
Nah unter uns die Stadt, worin man wohnt.
Wir fahren weiter durch die Luft und weiter.
Du siehst, wie dicht vor uns die Nebel schwinden.
Du spürst - und ich dein glücklicher Begleiter! -
Trotz Februar warm den Geruch der Linden.
Der schöne Sommer schwärmt schon gar nicht fern.
Die Grillen zirpen, und ein edler Stern
Küßt mich in sanfter Treue auf die Stirn ...
Wir werden uns im nahen Wald verirrn,
Um den Hals uns zu fallen und um Augen und Munde,
Und Eichhörnchen sein und selige Hunde.
_____
Hoher
Traum
Es sind in mir noch die blauen Augen
Und lassen mich nicht ruhn, was ich auch treibe.
Sie scheinen mir mein Leben aufzusaugen,
Dass nicht ein Schritt, kein Atemzug mehr bleibe,
Ganz wie der Tod, heimlich und unbeirrt,
Und wenn sich meine Widerstände mindern,
Dann werden sich wohl auch die Schmerzen lindern,
Die in mir streben wirr und ohne Hirt.
O süsses, o beruhigendes Ende!
Ein Nehmen? Nein - ein sanftes Wiedergeben,
Ein
Traum, vertrauter als das wache Leben,
O liebe Augen, o geliebte Hände!
_____
Der helle Tag war eine schlimme Nacht,
Das wache Leben nur ein dumpfer Schlaf,
Eh' ich zum
Traum von dir bin aufgewacht,
Eh' meine Näh deine Ferne traf,
Zum
Traum von mir, der, lange Zeit verborgen,
Nun wie ein Held an meine Seite trat,
Nicht Gestern galt, nicht Heute, nur das Morgen
War nahe mir, geöffnet war der Pfad.
Und Liebe flocht in keuschesten Gewinden
Unmerklich schon den bunten ewigen Kranz.
Was lang getrennt war, hoffte sich zu finden,
Und das Entzweite sah sich wieder ganz.
_____
Bin dir tief
Zugetan!
Was dich rief,
War kein Wahn.
Glaube mir,
Meinem Muss!
Folge dir,
Deinem Kuss!
Süsses Blut,
Hoher
Traum,
Bunte Glut,
Heiliger Raum.
_____
Ferdinande von Brackel
(1835-1905)
Es war ein
Traum
Es war ein
Traum -
Und ach, wie war er sonnig,
Wie freudenvoll und wie bezaubernd schön,
Wie eines Frühlings erster Morgen:
Doch ach, zu reizend auch, um zu besteh'n.
Es war ein
Traum
So duftig wie die Rose,
Die eben erst der Knospe sich entwand,
So spiegelnd lockend wie der Regenbogen, -
Doch rasch, wie jener, der entschwand.
Es war ein
Traum,
Der erste
Traum des Herzens -
Es war des jungen Herzens erster Mai;
Es war das Glück, das sich ihm schimmernd zeigte:
Und wie die Seifenblase sprang's entzwei.
Es war ein
Traum! -
Hart war es, zu erwachen,
Er hatte zu viel Seligkeit gebracht.
So folgt wohl auf den ersten Tag im Lenze
Die eisig kalte Winternacht.
Es war ein
Traum!
Jetzt ist er längst vergessen.
Daß einst ich träumt', ich weiß es kaum;
Zuweilen nur zuckst's schmerzlich durch die Seele:
Dann sag' ich leis: "Es war ein
Traum."
_____
Frühlingsgedanke
Vögel singen, neues Leben,
Frisches Grün an Blatt und Baum:
Für die Vögel neue Lieder,
Für das Herz ein neuer
Traum!
Doch das Leben wird veralten,
Hin zur Erde welkt das Grün;
Blumen senken ihre Häupter:
Wirst, mein
Traum, auch du verblüh'n?
_____
Helmina von Chézy
(1783-1856)
Liebe
Ein
Traum ist Liebe,
Ein
Traum, wie keiner mehr.
Leben ist Liebe,
All anders Leben leer.
Ich sterb' in Liebe,
Wann sie gekränkt auch wär,
Liebe bleibt Liebe!
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Peter Cornelius
(1824-1874)
Du meiner Seele schönster
Traum
Du meiner Seele schönster
Traum!
Du meiner schönsten Träume Seele!
Du Herz, dem ich mein Heil befehle!
Du Heil, wie ich es ahnte kaum!
Du meines Lebens schönstes Lied!
Du schönes Leben meiner Lieder!
Aus Lied und Leben klingen wieder,
Was deine Liebe mir beschied.
Du meines Lenzes Blüt' und Duft!
Du Lenz, dem reich mein Herz erblühet!
Du Stern, der mir am Himmel glühet,
Mein Himmel du voll Glanz und Luft!
O laß um deine Stirne gern
Der Liebe Glorie mich weben,
Mein Himmel du, mein Lenz, mein Leben!
Mein Heil, o du mein Lied, mein Stern!
_____
Da du den Kuß gegeben
Da du den Kuß gegeben
Mir unterm Blütenbaum,
Zerrann mein ganzes Leben
Vor deinem Kuß - ein
Traum.
Nun ich mit bangem Beben
Dir ferne wandeln muß,
Ist all mein Sein und Weben
Ein
Traum von deinem Kuß.
_____
An den
Traum
Öffne mir die goldne Pforte,
Traum, zu deinem Wunderhain,
Was mir blühte und verdorrte
Laß mir blühend neu gedeihn.
Zeige mir die heil'gen Orte
Meiner Wonne, meiner Pein,
Laß mich lauschen holdem Worte,
Liebesstrahlen saugen ein.
Öffne mir die goldne Pforte,
Traum, o laß mich glücklich sein!
_____
Max Dauthendey
(1867-1918)
Von dir lachen noch meine
Träume
Dein Leib ist reich gewirkt wie ein Feld voll Honig
und königlicher Blumen
Und kommt weich und heimlich wie der Mond in mein Bett.
Von dir lachen noch meine
Träume und bewachen dich.
Und wie die Hähne kämpfen mit erhitztem Sporn,
So töt' ich den, der dich im
Traum begehrt.
_____
Weiter fällt mir mein
Traum nicht ein
Du warst mir nah in meinem
Traum,
Deine Stirn war weißer als dein Kleid.
Ein Kuß allein hatte zwischen uns Raum,
Mein Herz fand kaum zum Schlagen Zeit.
Ein Blick in deinen Wimpern stand,
Wie auf dem Samt ein Messer liegt,
So daß ich schön den Tod empfand,
Der heiß mit deinen Augen siegt.
Und noch ein Blick fiel in mein Blut,
Wie eine Rose in den Wein. -
Weiter fällt mir mein
Traum nicht ein,
Eh' nicht mein Mund auf deinem ruht.
_____
Marie Eugenie Delle
Grazie (1864-1931)
Im
Traum
Im
Traum oft nahen mir die alten Zeiten,
Dann schwindet all' mein Sehnen, all' mein Bangen,
Von Deinen Armen liebevoll umfangen,
Seh' ich wie ehmals durch den Wald mich schreiten.
Die stämm'gen Eichen rauschen auf und breiten
Ihr Laubdach über uns mit grünem Prangen,
Die wilden Rosen selbst mit glüh'nden Wangen
Steh'n duftend noch am Waldweg wie vor Zeiten.
Die kleine Nachtigall singt noch im Flieder,
Das wogt so liebestrunken auf und nieder,
Das schallt so wonnig durch die grünen Weiten,
Das klingt so süß, die Herzen zu berücken;
Wir bleiben steh'n und lauschen mit Entzücken
Und wissen uns das traute Lied zu deuten.
_____
Gisela Etzel
(1880-1918)
Wie doch ein
Traum so groß beglücken kann!
Bis tief in lauten Tag hinein
Begleitet mich sein Widerschein . . .
Und kamst du nun, du ferner Mann,
Nach so viel Zeit zu mir herein,
Um eine Nacht mit mir zu sein?
Denn Jahre sinds, seit mich dein Auge frug
Und deine ach so wilde Hand
Im Dunkel sich zu meiner fand
Und ich an deiner Sehnsucht trug,
Am Blick, der mir im Herzen stand,
Du fremder Mann, du Unbekannt!
Kaum eine Stunde waren wir uns nah,
Da süße Gunst sich Günste stahl /
Und mir zur Seite mein Gemahl!
Dann Jahre, daß ich nicht dich sah . . .
Und nun, so selig wie Choral,
Dein Blick, dein Mund, dein Wunsch von Stahl . . .
Nun trag ich dich in mir, geliebter Mann! /
Wie doch ein
Traum so tief beglücken kann.
_____
Und immer wieder dieser eine
Traum,
Da fest und süß dein Mund den meinen findet,
Und Seligkeit / entrückt von Zeit und Raum!
Nach solcher Nacht ist dann der Tag so voll
Wie Beere, die sich schwer dem Stiel entwindet,
Wie Samenkapsel, die zerplatzen soll.
Und dieses Tages äußres Leben geht
Wie hinter Schleiern sacht zum Abend nieder;
Nur Eines ist, das klar und leuchtend steht:
Dein Bild aus jenem tieflebendigen
Traum!
Wachsehnsucht bringt es mir aus Schatten wieder
Und hält es / weit entrückt von Zeit und Raum.
_____
Gustav Falke
(1853-1916)
Psyche
Schuf der Wunsch die holde Dichtung?
war es wirklich? Warum drohte
reinstem Herzensglück Vernichtung?
Flammen starben, kaum entlohte.
Liebe kam, Liebe ging,
wie ein schöner Schmetterling.
war's ein
Traum?
Eine kindlich scheue Haltung
nahm mich flugs für sie gefangen,
und die zierlichste Gestaltung,
die zwei Arme je umschlangen.
Nackte Füße, braune Haut,
eine kleine Bettelbraut
stand sie da.
Amor brachte selbst das Kind mir,
Führte ritterlich die Kleine,
und sein Blinzeln fragte: Sind wir
guten Leute auch alleine?
Segnete uns Hand in Hand,
einen kurzen Ehestand,
eine Nacht.
Liebe sie, sie hat dich gerne.
Frierend stand sie auf der Straße,
Pilgerin aus weiter Ferne,
Tochter einer fremden Rasse.
Heißes Blut, heißer Sinn
zwang sie nach dem Liebsten hin,
ohne Halt.
Und ich nahm die mir Geschenkte,
nahm sie aus den Götterhänden.
Die vor Scham die Wimper senkte,
wollte halb zur Flucht sich wenden,
aber in des Gottes Blick
unerbittliches Geschick
hielt sie fest.
Auf das harte Lager zog ich
die Erglühte zärtlich nieder,
und auf ihre Lippen bog ich
küssend wieder mich und wieder,
nästelnd ärmlichstes Gewand
zitterte die heiße Hand
ungewohnt.
Laß, so wehrt sie, Ungeschickter,
wirrst die Fäden nur zum Bösen!
Könnt ein Ungeduldverstrickter
auch so seine Knoten lösen?
zierlich lockert sie die Schnur,
zeigt die lieblichste Natur
unverhüllt.
Leichtgebräunte Meerschaumtöne,
draus sich rosige Lichter heben,
eine knospenhafte Schöne,
Frühlingsfülle, Frühlingsleben,
wunderholde Blütenpracht,
mir im Lenzrausch dargebracht:
pflücke mich!
Liebesfeier, trunknes Lallen.
Deinen Namen laß mich kennen.
Namenlos will ich gefallen,
tausendfach kannst du mich nennen.
Nenne mich mit Liebeslaut,
nenn mich einzig deine Braut,
die ich bin.
Leicht beschwichtigt sie den Frager.
Liebe traut auch Namenlosen,
Liebe ruht auf dürftigem Lager
wie auf Teppichen von Rosen.
Liebe kennt nicht Zeit noch Raum,
Liebe lebt in Glück und
Traum
fragelos.
Amor hielt die Wacht am Fenster,
und er hob des Vorhangs Falte.
Auf die Liebesnachtgespenster
fiel das Tageslicht, das kalte.
Tote Glut. Ein Schattenleib.
Geisterhauch. Was fliehst du? Bleib!
War's ein
Traum?
_____
August Heinrich
Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)
Mein
Traum
Ich hab im
Traum gepflücket
Ein liebes Röslein mir.
Wie hat es mich entzücket
In seiner Frühlingszier!
Es strömte neues Leben
Ins kranke Herz hinein.
Ich mußt in Freude schweben,
Wie konnt ich glücklich sein!
Da kam ein böses Wetter,
Ließ nichts mir als mein Leid,
Denn meines Rösleins Blätter
Zerstoben weit und breit.
Die Blätter aber woben
Sich bald zu einem Kranz
Und sahn vom Himmel droben
Herab im neuen Glanz.
Das sind des Glückes Tage,
Die mir ein Röslein gab.
Jetzt wein ich nur und klage,
Sie sank zu früh ins Grab.
_____
Träum ich oder wach ich wieder?
Bin ich meiner mir bewußt?
Sind das heut noch meine Lieder,
Die ich sang aus voller Brust?
Was ich dachte, was ich fühlte,
Was mir schien mein bestes Sein,
Was mich freute, labt' und kühlte,
Darf ich's heut noch nennen mein?
Wie ein
Traum so ist's vergangen,
Wie ein Schatten, Hauch und Schaum -
Traum ist Liebe, Lust, Verlangen
Und das Leben selbst ein
Traum.
_____
Johann Georg Fischer
(1816-1897)
Mein Glück
Ich weiß es doch und glaub' es kaum,
So wunderbar ist mir,
Ich geh' am Tag als wie im
Traum
Ob all der Lust an dir.
Und doch im tiefsten
Traum ist mir
So hell und sonnenklar,
Daß nur ob all der Lust an dir
Die Welt so wunderbar.
Und wenn die Welt als wie im
Traum
Vergieng' ob dir und mir,
Ich wüßt' es kaum, ich glaubt' es kaum,
Ob all der Lust an dir.
_____
Theodor Fontane
(1819-1898)
Gewonnen
Ich schaute einst im
Traume
Zwei Äuglein, klar und schön,
Die waren wie die Sterne
So lieblich anzusehn.
Ich küßte auch zwei Lippen,
In Morgenrot getaucht,
Die waren wie die Rosen,
Von Anmut überhaucht.
Ich hörte eine Stimme,
Von silberhellem Klang,
Die zitternd mir zum Ohre
Und wohl noch tiefer drang.
Was schon in luftgen Träumen
Mein trunknes Herz erschaut,
Sie, die im
Traum ich liebte -
Ward heute meine Braut! -
Die Augen wie die Sterne,
Die seien nun begrüßt,
Die Lippen wie die Rosen,
Die seien nun geküßt;
Und Worte wie die Lieder
Erlausche Herz und Sinn,
In Worten kling' es wieder
Wie glücklich heut ich bin.
_____
Maria Clementine
François (1823-1844)
Traum
und Erwachen
Mein erster
Traum in dieser Welt war Liebe,
Mein erst Erwachen war der Schmerz.
_____
Der
Traum
Nein, ich will nicht länger klagen,
Daß mein Herz nicht Freude fand,
Daß von meinen Jugendtagen
Mir das schönste Glück entschwand.
Sieh', es ist noch nicht entflohen,
Sieh, es ist noch immer nah,
Da ich heute noch im
Traume
Den Geliebten wieder sah.
Ruhend unter Blüthenlauben,
Freut' ich mich der grünen Au;
Alles um mich war so heiter,
Und der Himmel war so blau.
Liebend, wie er einst mir nahte,
Er vor meinen Augen stand,
Und mein Herz das süße Beben
Seiner Liebe wiederfand.
Ja, als wäre nichts geschehen,
Zog er mich an seine Brust;
Und ich staunte nicht darüber,
Hingegeben sel'ger Lust.
Soll mein Glück mich wen'ger freuen,
Weil es scheut der Sonne Licht,
Und mich in des Schlafes Armen,
Nur als süßer
Traum umflicht?
Nein, die
Träume sind auch Leben,
Und ein
Traum das Leben nur -
Beide flüchtig, wenn sie schwinden,
Bleibt von Beiden keine Spur.
Denken will ich, was ich wachend
Lebe, sei vielleicht nur
Traum,
Und was ich im
Traum empfinde,
Wahrheit in des Lebens Raum.
_____
Else Galen-Gube
(1869-1922)
Mir ist, als wärst du so ganz bei mir
Ich kann mich heut aus meinem
Traum nicht ringen,
aus meinem
Traum von Liebe und von dir,
ich kann die Phantasie nicht niederzwingen,
mir ist, als wärest du so ganz bei mir …
Ich fühle deinen Atem mich umwehen,
wie in der Dämmerstunde, wonnigtraut;
im Arm könnt ich dir liebestoll vergehen
bei deiner Stimme süßem Schmeichellaut.
Jetzt hältst du mich mit Leidenschaft umschlungen,
jetzt werd ich dein, dein eigen ganz – und dann …
besiegt, von deiner jungen Kraft bezwungen,
stammle ich selig nur: "Du lieber Mann …"
_____
Danaë's
Traum
Ich träumte jüngst, ich wäre Danaë,
und Du wärst Zeus, strotzend in Jugendfülle.
In zügellosem Glück, in wildem Weh
fiel endlich unsrer Leidenschaften Hülle.
Goldregenzweige über Brust und Haupt,
und Vollmondlicht auf den zerwühlten Kissen.
In dieser Stunde hast du mir geraubt
das Letzte - als du mich an Dich gerissen …
Flammendurchlodert, liebestoll und wild,
von Leidenschaft berauscht, die Sinne trunken,
so bin ich dir, du mannhaft Götterbild,
zu Füßen, Herrin, Sklavin, hingesunken.
Nicht deinen Reichtum wollt ich, nicht dein Gold,
mit Liebe zahltest du die schwülen Nächte - -
Wußt ich Unselige denn, daß dieser Sold
dich an den Bettelstab in kurzem brächte?
Was tuts? Ein einzig Mal nur strotzt im Mai
der Baum in seiner vollen Kraft und Blüte -
Mich hat er überschüttet – ach, vorbei!!
Nichts gibt er mehr, nichts, was mich sonst durchglühte.
Goldregenstrauch - - es kam des Winters Weh;
nur manchmal träum ich von den blühnden Zweigen,
daß sie zu mir, der blonden Danaë,
um Mitternacht in meinen Schoß sich neigen …
_____
In meine stillen
Träume …
In meine stillen
Träume
schleichst du dich allnächtlich ein,
dein Haupt sinkt an meine Schulter,
der Mond blickt durchs Fenster herein.
Vor meinem Lager duften
die Rosen berückend schwül;
ich berge verwirrt mein Antlitz
in dem seidenen Spitzenpfühl.
Du bist ja zu mir gekommen
im
Traume, in der Nacht;
da ist in mir Unglückseligen
die Leidenschaft neu erwacht.
Die Gluten, die schlummermüden,
schlugen zur Flamme empor,
ich suche im
Traume das Leben
und finde verschlossen das Tor.
_____
In
Traumes Bann
Sinnverwirrend schön sind deine Rosen,
so betäubend ist ihr süßer Duft.
Flüsternd raunt es wie ein heimlich Kosen
durch die sengend schwüle Sommerluft.
Schlummertrunken streck ich meine Glieder,
tief beseligt noch im
Traumesbann …
Küsse dir die müden Augenlider -
Was ein
Traum heraufbeschwören kann!
Und ich fühle dich in meiner Nähe
schattenhaft – und doch so lebenswarm!
Ganz in eins verschmelzend -
ich vergehe
selig, liebestoll in deinem Arm! …..
_____
Träum nur
Träum nur und sing dein mächtig Lied,
greif in die Laute mit Akkorden,
bis du erwachst. Die Stunde flieht
und Wahrheit ist dein
Traum geworden.
Schlich sie dir langsam hin, die Zeit?
Sag an, war es ein sehnend Warten?
Nun steht in Rosenpracht bereit
ein lichtdurchglühter Zaubergarten …
Aus roten Kelchen strömt ein Duft,
ein Duft von Glück, von Lieb, von Küssen.
Du heiße, schwüle Sommerluft,
Du
Sommertraum, du Scheiden-müssen.
_____
Emanuel Geibel
(1815-1884)
Es stand ein Veilchenstrauß an meinem Bette,
Der duftete mir zu gar süßen
Traum:
Ich lag am Abhang einer Hügelkette,
Und überblüht von Veilchen war der Raum:
So viele wuchsen nie an einer Stätte,
Man sah vor ihrem Blau den Rasen kaum;
Da sprach das Herz: Hier ging mein Lieb, das traute,
Und Veilchen sproßten auf, wohin sie schaute.
_____
Goldne Brücken seien
Alle Lieder mir,
Drauf die Liebe wandelt,
Süßes Kind, zu dir.
Und des
Traumes Flügel
Soll in Lust und Schmerz
Jede Nacht mich tragen
An dein treues Herz.
_____
O stille dies Verlangen!
O stille dies Verlangen,
Stille die süße Pein!
Zu seligem Umfangen
Laß den Geliebten ein!
Schon liegt die Welt im
Traume,
Blühet die duft'ge Nacht;
Der Mond im blauen Raume
Hält für die Liebe Wacht.
Wo zwei sich treu umfangen,
Da giebt er den holdesten Schein.
O stille dies Verlangen,
Laß den Geliebten ein!
Du bist das süße Feuer,
Das mir am Herzen zehrt;
Lüfte, lüfte den Schleier,
Der nun so lang' mir wehrt!
Laß mich vom rosigen Munde
Küssen die Seele dir,
Aus meines Busens Grunde
Nimm meine Seele dafür -
O stille dies Verlangen,
Stille die süße Pein,
Zu seligem Umfangen
Laß den Geliebten ein!
Die goldnen Sterne grüßen
So klar vom Himmelszelt,
Es geht ein Wehn und Küssen
Heimlich durch alle Welt,
Die Blumen selber neigen
Sehnsüchtig einander sich zu,
Die Nachtigall singt in den Zweigen -
Träume, liebe auch du!
O stille dies Verlangen,
Laß den Geliebten ein!
Von Lieb' und
Traum umfangen
Wollen wir selig sein.
_____
Anastasius Grün
(1806-1876)
Träumen und Wachen
Wenn ich Liebchen heiß umfange,
Aug' und Mund nur Liebe spricht,
Tönt des Herzens Ruf so bange,
"Täuscht ein eitler
Traum dich nicht?" -
Doch die Stunde hör' ich schlagen,
Wo der Trennung Ruf gebeut,
Und im Herzen hör' ich's sagen:
"Träumer, es war Wirklichkeit!"
Mild in Schlummer eingewieget
Wähn' ich mich an ihrer Brust,
Denn es tönt der Ruf: "Nun trüget
Dich kein
Traum in deiner Lust."
Doch des Schlummers Bilder schwinden;
Liebchen ach! ist auch dahin,
Und die Stimme hör' ich künden:
"Traumbild war's, was dir erschien."
Und so sitz' ich denn im Trüben,
Bis die Zeit es einst enthüllt:
Ob wohl Wirklichkeit mein Lieben
Oder bloß ein
Traumgebild'?! -
_____
Alfred Grünewald
(1884-1942)
Nie vergißt mein
Traum
Träum ich auch jede Nacht von dir,
und träum ich dies: du bist noch hier,
wird mir kein Trost: denn nie vergißt
mein
Traum, daß du gestorben bist.
Ich fühle bang, ich darf dir's nicht
verraten. - Liebes Angesicht,
scheinst du mir jetzt auch so wie eh,
sah ich dich doch schon weiß und weh.
Dein Auge, das mich jetzt beglückt,
ich hab es dir schon zugedrückt.
_____
. . .
Verliebter Mund will stets den einen Namen sagen.
Und wenn die Lippen dir zur Nacht erlahmen, sagen
ihn immer noch und dann im
Traum
des Herzens Schläge.
Wer wollte beten, Freund, und wollt' nicht Amen sagen!
_____
Sidonie
Grünwald-Zerkowitz (1852-1907)
Im
Traum
Als ich des Abends zur Ruh gegangen,
Besah ich des Liebsten Bildnis bewegt,
Und daß ich davon mich trennen nicht müßte,
Hab' unter das Kissen ich's heimlich gelegt.
Das Bild, das ist aber dort nicht geblieben;
Im
Traum ist's mir näher und näher gerückt -
Gewandelt zu meinem leibhaftigen Liebchen,
Hat's Küsse mir überall hin ... gedrückt.
Das Bild, das ich nachts unterm Kissen geborgen,
Das machte - ob auch der Liebste entfernt -
Daß ich die Küsse der Liebe alle -
Hab' alle ... im
Traume ... gründlich erlernt ....
_____
Schamhaftigkeit
Du schiltst mich: kalt, ohne wahres Empfinden,
Indessen Höllenlohen sich winden
Mir durch den Leib, darin zu ringen
Mit der - Scham, die sie dämpfen möcht' und bezwingen!
Durchs Innerste wogt mir ein glühendes Drängen
In eines mit Dir mich zu vermengen, -
Mit dem ganzen Sein Dich zu umfassen,
In jede Pore Dich einzulassen!
Wie, nur ihre Schönheit als einzige Hülle,
Die Erde sich bringt in nackter Fülle
Dem glühenden Sonnenstrahl entgegen:
So möcht' ich in Deine Arme mich legen!
... Ja, liehe ein
Traum mir seine Hände,
Den Gürtel zu lösen mir von der Lende ...
Zum Werke der Liebe das Kleid mir zu schürzen ...
Den Kampf mit meiner Scham mir zu kürzen!
Und bettete mich der
Traum auf das Kissen ...
Ohn' daß ich, wie's geschah ... müßt wissen!
Möcht'
Traumes zauberhaftes Walten
Indessen die Seele umfangen mir halten,
Indess, bis ich auf schweigsamem Pfühle
Süß Deinen Odem wirken fühle! -
... Der
Traum der Scham die Augen verbände
Und ich - im Himmel mich befände! ...
_____
Wie ich von Dir träume
Guten Morgen! Dein war, Lieb, die Nacht!
Ich hab' im
Traum mit Dir sie verbracht.
Noch hab' ich keinen Tag gesehn
Wie diesen
Traum, so himmlisch, so schön!
Ach, daß eine Stunde schlagen mir möchte,
Die solche Wonne wirklich mir brächte!
Der Lenz hat über den Thalesgrund
Einen Teppich gebreitet aus Blumen bunt
Und sandte nach uns den Sonnenschein,
Sandt' aus mit Sang die Vögelein,
Das Heer der zirpenden Cicaden
Unsere Liebe zur Flur zu laden.
Wir zogen Hand in Hand hinaus
Ins offne große Gotteshaus;
Und als die Vögel ich gewahrt,
In holder Freiheit traut gepaart,
Die Blumen sah den Kelch erschließen
Dem Blüthenstaub, sich drein zu gießen:
Da zog es zu Dir mich auf den Grund -
Und nahe rückte Mund an Mund
Und immer näher ... wie war das süß!
Geschah's, weil das Denken mich verließ? ...
Der Gürtel war entzwei mir gerissen
Und mir kam der Mut: Dich zu küssen ... zu küssen!
_____
O Du gute Nacht!
Ich küsse Deiner Hülle Saum,
O Nacht, die vor die Seele mild
Mir zaubert im barmherz'gen
Traum
Des fernen Liebchens lichtes Bild!
Wie süß wär' ach das Sterben mir,
Könnt' in die Ewigkeit ich gehn
Im Hoffen: wie im
Traume hier
Mein Lieb im Jenseit auch zu sehn!
_____
Karoline von Günderrode
(1780-1806)
Der Kuß im
Traume
aus einem
ungedruckten Romane
Es hat ein Kuß mir Leben eingehaucht,
Gestillet meines Busens tiefstes Schmachten,
Komm, Dunkelheit! mich traulich zu umnachten
Daß neue Wonne meine Lippe saugt.
In Träume war solch Leben eingetaucht,
Drum leb' ich, ewig Träume zu betrachten,
Kann aller andern Freuden Glanz verachten,
Weil nur die Nacht so süßen Balsam haucht.
Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen,
Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen
Und mich verzehren seiner Sonne Gluthen.
Drum birg dich Aug' dem Glanze irr'dscher Sonnen!
Hüll' dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen
Und heilt den Schmerz, wie Lethes kühle Fluthen.
_____
Ida von Hahn-Hahn
(1805-1880)
Der Rose
Traum
Die Rose liegt so stille
In Dorn und Laubes Hut,
Als ob in Schönheitsfülle
Sie selbstbewusst sich ruht.
Doch solch ein eitles Wähnen
Hegt meine Rose nicht; -
Nur tiefes, heißes Sehnen,
Das von der Zukunft spricht.
Ihr Ruhen ist nur Träumen,
Und ach! wie hold, wie süß! -
Wird Wirklichkeit nicht säumen
Zu thun, was
Traum verhieß? -
Vom schönsten Himmel steigen
Sieht sie den Zephyr mild,
Zur Erd' herab sich neigen
Aufs liebliche Gefild.
Dann fühlet sie ihn leise
Auf Blumendüften nah'n,
Wie immer engre Kreise
Voll Liebe sie umfah'n.
Und seines Athems Fächeln
Ist Glück, das nichts ermisst. -
Nun dieses sel'ge Lächeln! -
Er hat sie wach geküsst. -
Ihr
Traum zeigt nichts von Stürmen,
Von Winter und von Schnee,
Nicht wie sich Wolken thürmen,
Und nicht der Trennung Weh.
Nur Wonne ohne Gleichen
Fühlt sie in Zephyr's Arm,
Und wähnt: sie könn' nicht weichen
Dereinst dem Schmerz, dem Harm.
Ich will den Zauber brechen
Nicht durch ein hartes Wort.
Die Zukunft wird es sprechen, -
Nimmt Lebensfreude fort.
Nein, freue du dich immer
An diesem goldnen Schaum; -
Des reinsten Glückes Schimmer
Gleicht ganz der Rose
Traum.
_____
Robert Hamerling
(1830-1889)
Viel
Träume
Viel Vögel sind geflogen,
Viel Blumen sind verblüht,
Viel Wolken sind gezogen,
Viel Sterne sind verglüht;
Vom Fels aus Waldesbronnen
Sind Wasser viel geschäumt:
Viel
Träume sind zerronnen
Die du, mein Herz, geträumt.
_____
Walter Hasenclever
(1890-1940)
Leg Deinen Kopf nur leise
In meine kühle Hand,
Und nach alter Weise
Träumen wir ins Land.
Wer von uns kennt das Leben!
Man übersieht es kaum.
Man glaubt es ist sein Leben,
Und ist doch nur ein
Traum.
Traum und Vorüberfliehen -
Wer weiß, was kommen mag!
Glanz und Glück verblühen
Wie ein Sommertag.
_____
Friedrich Hebbel
(1813-1863)
Ich und du
Wir träumten von einander
Und sind davon erwacht,
Wir leben, um uns zu lieben,
Und sinken zurück in die Nacht.
Du tratst aus meinem
Traume,
Aus deinem trat ich hervor,
Wir sterben, wenn sich eines
Im andern ganz verlor.
Auf einer Lilie zittern
Zwei Tropfen, rein und rund,
Zerfließen in eins und rollen
Hinab in des Kelches Grund.
_____
Heinrich Heine
(1797-1856)
Allnächtlich im
Traume seh ich dich,
Und sehe dich freundlich grüßen,
Und lautaufweinend stürz ich mich
Zu deinen süßen Füßen.
Du siehst mich an wehmütiglich,
Und schüttelst das blonde Köpfchen;
Aus deinen Augen schleichen sich
Die Perlentränentröpfchen.
Du sagst mir heimlich ein leises Wort,
Und gibst mir den Strauß von Zypressen.
Ich wache auf, und der Strauß ist fort,
Und das Wort hab ich vergessen.
_____
Mir träumte wieder der alte
Traum:
Es war eine Nacht im Maie,
Wir saßen unter dem Lindenbaum,
Und schwuren uns ewige Treue.
Das war ein Schwören und Schwören aufs neu,
Ein Kichern, ein Kosen, ein Küssen;
Daß ich gedenk des Schwures sei,
Hast du in die Hand mich gebissen.
O Liebchen mit den Äuglein klar!
O Liebchen schön und bissig!
Das Schwören in der Ordnung war,
Das Beißen war überflüssig.
_____
Wenn ich auf dem Lager liege,
In Nacht und Kissen gehüllt,
So schwebt mir vor ein süßes,
Anmutig liebes Bild.
Wenn mir der stille Schlummer
Geschlossen die Augen kaum,
So schleicht das Bild sich leise
Hinein in meinen
Traum.
Doch mit dem
Traum des Morgens
Zerrinnt es nimmermehr;
Dann trag ich es im Herzen
Den ganzen Tag umher.
_____
Karl Henckell
(1864-1929)
Am Waldesrand
O du holder
Traum!
Blühst so maienjung
An dem Waldessaum
Der Erinnerung.
Als dein Blütenkleid
Fest mein Finger hielt,
Als voll Seligkeit
Wir Versteck gespielt.
Margarit gehascht
Nach der Kindermär,
Einen Kuß genascht
Wie von ungefähr.
Deine Zöpfe schlang
Los ich Glied um Glied,
Aus dem Äther klang
Hell ein Liebeslied.
O du holder
Traum!
Blühst so maienjung
An dem Waldessaum
Der Erinnerung.
_____
Max Herrmann-Neiße
(1886-1941)
In der Fremde
Als mich die unbekannte Stadt
in ihrer Nacht gefangen hielt,
was kamst du nicht in meinen
Traum?
Mir war's, als ob dein Lächeln matt,
totmatt mir um die Wangen spielt -
doch kamst du nicht in meinen
Traum!
Dann sank ich wie ein welkes Blatt,
das niemandes Verlangen hielt,
in einen totenbangen
Traum,
der schwer auf fremder Ruhestatt
mich bis zur Früh in Bangen hielt,
bis in des Tages wachen
Traum,
in einer unbekannten Stadt,
die nichts für die Verbannten hat,
nicht Bleibe und kein Liebeslicht
und keinen
Traum, der Liebes spricht,
und du kamst nicht. - Was kamst du nicht?
_____
Traumwege zur Liebe
Aus dem Alabaster der Wand wachsen Kandelaber,
Teppiche gehn auf den Treppen mit uns ins Haus.
Oben plötzlich spricht ein verschlossenes Tor sein "Aber!",
wir alle stehn verlegen, schleppen uns traurig ins Dunkel hinaus.
Wo die Lüfte sich flügelnd schwingen und schweben,
wo aus Bächen von Winden die liebliche Stimme zerstiebt,
zärtliche Hände den Vorhang aus duftenden Reben heben,
damit wir Einlaß finden, wo alles einander liebt.
Lachend stehn wir im Saale. Paare, die uns gewahren,
rufen uns Glückliches zu, trinken uns
Traumschönes zu.
Die mit der goldenen Schale, die Kindliche von zehn, zwölf Jahren,
die ich erträumte, erschuf, sagt süß zu mir: "Du!"
Wenn sich die Schemen vergessen, kann sich die Trauer berauschen;
schlägt die Uhr ihre Stunde, ist alles
Traumglück aus.
Hab' ich nur Flücht'ges besessen - mit keinem Gott mag ich tauschen,
traumhaften Kuß am Munde, geh ich nach Haus.
Aus dem Schatten der Nacht wachsen Flammen,
der Schein auf den Regensteinen führt mich nach Haus.
Du hast so lange gewacht! Nun sind wir zusammen,
unsern Tag zu beweinen, furchtsam vor nächtlichem Graus.
Furchtsam vor Träumen, die trügerisch schwingen und schweben,
wenn aus flüchtigen Winden die schmeichelnde Stimme zerstiebt,
bis die zärtlichen Hände gemeinsam den Vorhang heben
und wir Einlaß finden, daß eines das andere liebt.
_____
Der Liebe
Traumwald
Könnt' ich dir wieder etwas Glück bedeuten,
und möchte uns ein neues Brautjahr blühn!
Im Wald, an dessen Lenz wir uns erfreuten,
werden noch einmal meine Träume kühn.
Wir lauschen in der Lichtung unsrer Liebe:
rauscht fern die Welt ... ist sie vielleicht schon tot?
Nur, daß mein Blick in deinen Blicken bliebe,
ist unser Abendtrost und Morgenrot.
Lärmt fern die Stadt? Schweigt es in den Ruinen?
Wartet auf uns ein leerer Platz am Tisch?
Wollen uns Dinge schaden oder dienen?
Verlangen Spiegel uns gebieterisch?
Fern raunt von uns Gerücht wie von Verbrechern,
längst toten, die man noch nach Jahren schmäht,
hocken Verwüstete bei ihren Bechern,
von Lästerung und Feindschaft aufgebläht.
Wir gehn als Mörder um in ihrer Rede
und sind so sanft in unserm Liebeswald,
beim Duft der Luft, des Quells und der Resede
verwandelt zu waldlieblicher Gestalt.
Wir tanzen, wenn im See die Glocken läuten,
zu sel'gem Tod uns in das Waldesgrün ...
Könnt' ich dir wieder etwas Glück bedeuten,
und möchte uns ein neues Brautjahr blühn!
_____
Traum-Orgie des Bankbeamten A. K.
Kühl kehrt dein Leib in meinen
Traum
und weich wie Pfirsich-Sammetflaum.
Du kommst wie ein Page in Höschen gehuscht,
deine Japan-Augen mit Bläue umtuscht.
Deine Beine dehnen und pressen sich prall,
gebauschte Seide zerspringt mit Geknall.
Dein Höschen atmet, liebäugelt und hüpft,
ein Feigenblättchen ist feucht ihm entschlüpft.
Aus einem offnen Matrosenkragen
ballen sich Brüste, die mich tragen ...
_____
Ich vertraue dem Wunder (das nie geschieht?),
ich vertraue dem
Traum (der jeden noch trog?),
fehlt deiner Seele der Glaube, der Wunder sieht,
war das dein Zagen, das meinem
Traum sich entzog?
Ich vertraue dem Wunder - ob es geschieht? -
Dich zu finden im Haus unsrer Liebe? ... Du gingst!
Ist es dein Zagen, das meinem
Traum sich entzieht!
Ach daß du stark wie Maria den Engel empfingst!
Ich vertraue dem Wunder ... Das Haus unsrer Liebe
liegt verlassen, und mich erwartet kein Trost,
der aus zärtlichen Augen das Leben erhellt?
Ich vertraue dem Wunder, dem Wunder der Liebe!
Und du kehrst mir zurück, und daß du entflohst,
bleibt nur ein böser
Traum ... Und wir segnen die Welt.
_____
Camill Hoffmann
(1878-1944)
Der
Traum
Einsame Feste sind im Tage,
Wo still das Herz wird und das Bunte bleich,
Und was noch Lust war, klingt wie Klage,
Frau Sehnsucht grüsst aus einem andern Reich.
Das Reich ist Sang, das Reich ist Sage,
Doch keiner poch' mit Rufen an sein Thor.
Es öffnet sich mit hellem Zauberschlage
Dem, der des
Traumes Kronreif nicht verlor.
Im Auge sterben Wunsch und Frage,
Die Welt versinkt, es schwinden Zeit und Jahr.
Frau Sehnsucht lockt uns aus dem lauten Tage
Und flicht uns Kränze in das wilde Haar.
_____
Komm doch im
Traum zu mir
Komm doch im
Traum zu mir,
Geliebtes Angesicht,
Geliebtes Augenpaar,
Geliebter Mund!
Ich bin von Heimweh wund,
Wie nie ein Herz noch war,
Aus meinem Herzen bricht
Ein Brand nach dir!
In meinen Träumen steht
Der Mond die ganze Nacht,
Die Sterne sind entfacht,
Und jedes Sternbild späht
Nach deinem Angesicht,
Nach deinem Augenpaar,
Nach deinem Mund.
_____
Hans Hopfen (1835-1904)
Traum
Der Gaukler
Traum - ein schlimmes Zeichen! -
Trat in den Dienst der Zauberin
Und narrt mit Bildern ohne Gleichen
Mir vollends den betroffnen Sinn.
An eine fliehende Wolkenkette
Gefesselt schien die Erde mir.
Und mit den Wolken um die Wette
Und mit dem Winde flogen wir.
Sie saß vor mir auf ihrem Pferde
Und flüsterte, sie stürbe gern.
Von roten Funken stob die Erde.
Aus jedem Funken wuchs ein Stern.
Um meinen Hals wie weiße Schlangen
Wand sie die Arme nackt und fahl;
Ein Thränlein glitt von ihren Wangen,
Von ihrem Haar des Mondes Strahl.
Sie küßte mich und sprach ganz leise:
"Ich liebte dich, Gott weiß, wie lang!"
Dann frug sie: "Wohin geht die Reise?
Mir ist um unsre Seelen bang!"
Ich sprach: "Sei still! und laß uns reiten,
Weil's viel noch zu erreiten giebt,
Ein fernes Land und ferne Zeiten,
Wo ich zum ersten Mal geliebt."
_____
Felix Hübel (1874-1922)
IN EINER JUNI-NACHT
NUN bist du nur ein
Traum im Dämmerblau,
ein weißer
Blütentraum, so still und licht.
Wie eine Blume blüht dein Angesicht
durch dieser Nebelschleier Silbergrau.
Ein Duft von Nelken zittert in der Luft,
weht kühl durch diese bleiche Sommernacht.
Ein Vogel ist vom Schlafe aufgewacht
und lallt im
Traume, zwitschert, zirpt und ruft.
Und dich, die wie ein
Traum ist, seh ich wie
im
Traume, fühle deines Atems Hauch,
so nah bist du! Und bist doch Meilen auch
von mir entfernt: mein Arm erreicht dich nie.
Denn nur mein
Traum bist du im Dämmerblau.
_____
ALTE BRIEFE
AUS alten Briefen steigt ein zarter Duft.
Mir ist, als ob mich deine Stimme ruft.
Du, meines Lebens wunderbarster
Traum,
schon schwandest du? Ich träumte dich ja kaum!
Auf deiner Schrift verschlungenes Gewirre
starr toten Auges ich. Ich ging wohl irre.
Das weiß ich jetzt. Doch weiß ich es zu spät,
wie immer — wenn man in die Irre geht.
Nun brennt mein Herz, so daß ich weinen muß.
Der Duft aus deinen Briefen streift mich wie ein Kuß.
Genug der
Traumeslügen! Meine Hand
umfaßt die Briefe. Da! sie sind verbrannt!
Noch eine Flamme, die nicht sterben will —
ein Knistern — Raunen — nun ist alles still.
Doch immer, immer hängt noch in der Luft
aus deinen Briefen dieser müde Duft.
_____
Ludwig Jacobowski
(1868-1900)
Resignation
Ein
Traum, wie ein
Traum ...
Mählich erlosch im Innern
Der einzige Sonnenblick;
Nachzittert ein letztes Erinnern
Wie - ein
Traum, wie ein
Traum,
Wie ein Schatten vom Glück.
_____
Wilhelm Jensen
(1837-1911)
Du riefst mich im
Traume
In dunkler Nacht,
Von deinem Ruf
Bin ich erwacht.
Ich küßte die Lippe,
Die mich rief,
Bis ich im
Traum
Mit ihr entschlief.
O süßes Ruhen,
O holde Rast,
Wenn
Traum bei
Traum
Also zu Gast.
_____
Frieda Jung (1865-1929)
Verklungen
Ich lehne mein Haupt an den Lindenbaum;
Wohl steht er kahl und bereift;
Ich aber fühle und merke es kaum
Und träume noch immer den seligen
Traum,
Daß die Liebe mein Herz gestreift.
Ich lehne mein Haupt an den Lindenbaum,
Und es weht im Winde mein Haar;
Ich aber fühle und merke es kaum
Und träume noch immer - noch immer den
Traum,
Daß auch ich einmal glücklich war.
_____
Einsam
Einsam gehen, immer einsam gehn?
Wenn im Dorfe hell die Fiedel klingt,
Wenn so rot die Abendröte winkt,
Wenn am Himmel goldne Sternlein stehn, —
Einsam gehen, immer einsam gehn?
Von den Bergen drüben kommt ein
Traum
Nachts zu mir und küßt mich auf den Mund.
Tief aus meiner Seele tiefstem Grund
Steigt's dann wie ein weißer Blütenbaum!
Von den Bergen drüben kommt ein
Traum!
Ach, mir tut das Herz so bitter weh'.
Lenz um Lenz schmückt sich mit holdem Glanz,
Dirn' und Dirnlein trägt den Myrtenkranz,
Lieb' und Lachen, wo ich geh' und steh'! —
Ach, mir tut das Herz so weh, so weh!
_____
Theobald Kerner
(1817-1907)
Kurzer
Traum
Ach, es war doch gar zu schön
Heute Nacht im
Traume!
Bei einander standen wir
An dem Waldessaume,
Sahen nochmals scheu zurück -
"Lebet wohl, ihr Städter!"
Gleich darauf hat's drin gerauscht -
Küßt der Wind die Blätter?
Ja, es wurde wohl geküßt,
Aber nicht vom Winde:
Ich und du, mein Schatzerl, war's,
Küßten uns geschwinde,
Recht geschwind', als wüßten wir,
Wenn der
Traum vergangen,
Daß wir dann viel Meilen weit
Nicht zusammenlangen.
Richtig war der
Traum auch aus,
Eh' wir's halb nur dachten -
Ach, kein Wunder, daß wir jetzt
Noch nach Küssen schmachten!
_____
Gustav Kühne
(1806-1888)
Unisono
Ich bin nicht ich mehr, wenn ich Dich erblicke,
Du bist nicht Du mehr, schaust Du mir in's Herz,
Und ach! in diesem süßen Wechselglücke
Zerfliegt die stille Seele himmelwärts.
Im Rausch der Liebe zähl' ich keine Stunden,
Im Rausch der Seele giebt es keinen Raum.
Vergangenheit und Zukunft sind verbunden,
Und Alles, selbst die Gegenwart, ist
Traum.
Und ist es aus mit unsrem
Traumesleben,
Auch jenseits finden wir nicht Raum noch Zeit,
Kein Ich, kein Du, - in Gottes Schooß entschweben
Wir alle still in alle Ewigkeit.
Dort werden wir uns bald zurechte finden:
Wir wissen hier schon wie das All zerfließt,
Und wie die Leuchten dieser Welt erblinden,
Wenn sich das Herz dem Herzen tief erschließt.
_____
Thekla Lingen
(1866-1931)
Rosen
Ach, gestern hat er mir Rosen gebracht,
Sie haben geduftet die ganze Nacht,
Für ihn geworben, der meiner denkt -
Da hab' ich den
Traum der Nacht ihm geschenkt.
Und heute geh' ich und lächle stumm,
Trag' seine Rosen mit mir herum
Und warte und lausche, und geht die Thür,
So zittert mein Herz: ach, käm er zu mir!
Und küsse die Rosen, die er gebracht,
Und gehe und suche den
Traum der Nacht ...
_____
Hermann von Loeper
(1820-1884)
Klage
Wo bist du, süßer
Traum?
Wo bist du, goldner Stern?
Bist du's, am dunkeln Wolkensaum
Du Licht, so bleich und fern?
Ich stehe starr und stumm,
Ich kann's, ich kann's nicht fassen -
O sage, sprich, warum,
Geliebte, hast du mich verlassen?
Du warst so sanft und hold,
Du warst so mild und gut,
Hast meiner Liebe nicht gegrollt,
Das gab mir frohen Muth.
Jetzt klag' und wein' ich drum,
Ich kann's, ich kann's nicht fassen -
O sage, sprich, warum,
Geliebte, hast du mich verlassen?
Es blieb ein matter Schein
Noch aus vergangner Zeit -
O könnt' ich ganz vergessen dein,
Du liebe süße Maid!
Mir geht's im Haupt herum
So wild, ich kann's nicht fassen -
O sage, sprich, warum,
Geliebte, hast du mich verlassen!
Verronnen ist der
Traum,
Erblichen ist der Stern,
Und doch am dunkeln Wolkensaum
Seh' ich ihn noch so gern.
Ich kehre seufzend um
Zu dir, ich kann's nicht fassen -
O sage, sprich, warum,
Geliebte, hast du mich verlassen?
_____
Hermann Löns
(1866-1914)
Mary
In den alten Platanen flüstert der Wind
Mit müdem, nachlässigem Wehen –
Ich denke an dich, du totes Kind,
Und daß ich dich gestern gesehen.
Du schautest mich an so bittend und scheu,
Erflehend ein Zeichen der Liebe,
Ich aber ging höflich grüßend vorbei
Durch das wogende Sonntagsgetriebe.
Es war ein
Traum, so wonnig und bang,
Ich werde ihn niemals vergessen,
Den kurzen
Traum, wo mein Arm dich umschlang,
Wo ich deine Liebe besessen.
Ich lieb’ dich noch heut wie an jenem Tag,
Doch will ich es dir nicht mehr sagen,
Seitdem du mit lächelnd kokettem Schlag
Meinen Glauben an dich hast erschlagen.
Und blickst du auch noch so schmerzlich und lieb,
Zertreten ist einmal der Samen,
In das Album meiner Erinnerung schrieb
Ich ein Kreuz dir hinter den Namen.
Ich hätte geträumt ein schönes Gedicht:
Dich als ehelich Weib zu umschließen,
Doch um Liebe betteln, das tue ich nicht,
Nicht einmal zu deinen Füßen.
_____
Claire
Wie ein Hauch hast du mein Leben gestreift,
Wie ein leiser, lauer Wind,
Eine Liebe, die man kaum begreift,
Die wie ein
Traum uns umspinnt.
Wie Samt deine Wange, wie Seide dein Haar,
Die Augen vergißmeinnichtmild,
Wie Quellflut im Glase dein Denken so klar,
Ein allzu engelhaft Bild.
Ein Rosenschein überfloß dein Gesicht,
Mein Herz schlug ahnungsfroh,
Doch kam es zur Liebesbesinnung nicht,
Ach, damals empfand ich so roh.
Ich träumte hinter dem Hauche her!
Was war das, was ist mir geschehn,
Ich sah dich nicht, weißblonde Claire,
Mein rauhes Leben durchwehn ...
Eine Liebe war’s, die man kaum begreift,
Die wie ein
Traum uns entrinnt, -
Wie ein Hauch hast du mein Leben gestreift,
Wie ein leiser, lauer Wind.
_____
Friedrich Marc (1819-?)
Ich nenne dich die Liebste,
Und, ach, du kennst mich kaum.
Mein Glück ist nur ein leerer,
Ein allzuschöner
Traum.
Ich nenne dich die Liebste
Von allen holden Frau'n
Und sollt' ich auch die schönsten
Im Erdenrunde schau'n.
Ich nenne dich die Liebste
Im Herzen ganz geheim,
Den Lippen still verschwiegen,
Verborgen auch im Reim.
Ich nenne dich die Liebste,
Und hoffen darf ich kaum,
Daß sich erfüllen werde
Des Herzens süßer
Traum.
_____
Marie Madeleine
(1881-1944)
Und doch!
Und hat er auch eine Minute kaum,
Nur eine Minute gewährt,
Du hast ihn doch geträumt, den
Traum:
Du hast mich doch begehrt!
Und ob Du leugnest mit aller Kraft,
Ob Trotz und Stolz Dich umfängt, -
Es hat meine glimmende Leidenschaft
Dir doch die Lippen versengt!
Und wenn Dein hochgeschwungener Mund
Sich jetzt auch zürnend regt, -
Er hat ja doch in süßester Stund'
Sich weich auf den meinen gelegt.
Und hat auch eine Minute kaum
Dir Liebe im Herzen geschäumt, -
Du wirst ihn nicht vergessen, den
Traum,
Den wir nicht zu Ende geträumt!
_____
Angelika von Marquardt
(1849-1893)
Mein
Traum
Schon weht ein frischer Herbstwind übers Land,
Das hundertfarb'ge Laub sinkt von den Bäumen -
Und dennoch wagt mein Herz vom Lenz zu träumen,
Von einem Lenz, wie's keinen noch gekannt?
Des Winterschlafes harrt schon die Natur,
Und ich fühl' Sommerglut, seh' Frühlingsblüten!
O möchte Gott mir diesen
Traum behüten,
Der so unsagbar süß, ob Wahn auch nur!
_____
Alfred Meißner
(1822-1885)
Ein
Traum
Ich war ertrunken in des Todes Wogen
Und wieder auferwacht im ew'gen Lichte,
Rings um uns stand die Wahrheit der Gedichte -
Ich sah mit dir herab vom Himmelsbogen.
Da in der Tiefe kam ein Stern gezogen,
Ein Stern, zertrümmert bei dem Weltgerichte;
Du sah'st ihn nah'n mit irrem Angesichte,
Von des Entsetzens Blässe überflogen.
Ich sah, wie dir die blasse Rosen-Wange
Zwei helle Thränen still herniederglitten,
Und leise sprachst du, aber todesschaurig:
Siehst du den Irrstern dort auf seinem Gange?
Die Erde ist's, wo wir so viel gelitten -
Sie macht mein Herz selbst hier im Himmel traurig.
_____
Christian Morgenstern
(1871-1914)
Der
Traum
Es war ein süßer
Traum
von Dir, -
was, weiß ich kaum.
Doch seine Süßigkeit
blieb mir
den ganzen Tag, -
daß, als mein Schlittengleis
zur Abendzeit
die Straße lief,
da deine Wohnung lag,
der Heide, ich,
ein leis
>Gott segne dich<
als jenes süßen
Traumes letztes Grüßen
rief.
_____
Winternacht
Flockendichte Winternacht ...
Heimkehr von der Schenke ...
Stilles Einsamwandern macht,
daß ich deiner denke.
Schau dich fern im dunklen Raum
ruhn in bleichen Linnen...
Leb ich wohl in deinem
Traum
ganz geheim tiefinnen? ...
Stilles Einsamwandern macht,
daß ich nach dir leide...
Eine weiße Flockennacht
flüstert um uns beide...
_____
Zwiegesang
Glühend zwischen dir und mir
Julinächte brüten;
gleiche Sterne dort und hier
unsern Schlaf behüten.
Wähl das schönste Sternelein,
will das gleiche tuen; -
morgen droben Stelldichein
auf geheimen Schuhen.
Gibst du nur nichts anderm Raum,
als mich dort zu finden,
wird ein gleicher süßer
Traum
dich und mich verbinden.
_____
Eduard Mörike
(1804-1875)
An die Geliebte
Wenn ich, von deinem Anschaun tief gestillt,
Mich stumm an deinem heilgen Wert vergnüge,
Dann hör ich recht die leisen Atemzüge
Des Engels, welcher sich in dir verhüllt.
Und ein erstaunt, ein fragend Lächeln quillt
Auf meinem Mund, ob mich kein
Traum betrüge,
Daß nun in dir, zu ewiger Genüge,
Mein kühnster Wunsch, mein einzger, sich erfüllt?
Von Tiefe dann zu Tiefen stürzt mein Sinn,
Ich höre aus der Gottheit nächtger Ferne
Die Quellen des Geschicks melodisch rauschen.
Betäubt kehr ich den Blick nach oben hin,
Zum Himmel auf - da lächeln alle Sterne;
Ich kniee, ihrem Lichtgesang zu lauschen.
_____
Wolfgang Müller von
Königswinter (1816-1873)
Ich liebe dich noch immer
Ich liebe dich noch immer
Wie einen hellen
Traum,
Wie duft'gen Abendschimmer
Am fernen Himmelssaum.
Dein Bild in meinem Herzen
Der Wolke gleicht es dort,
Die lauen Winde scherzen
Sie leis im Aether fort.
Dein denken ist mir labend
Wie süßer Rosenduft,
Der voll am Sommerabend
Durchweht die warme Luft.
Von dir zu reden, klinget
Mir wie ein süßes Lied,
Das durch die Thäler singet
Und fern am Wald verzieht.
Ich liebe dich noch immer
Wie einen hellen
Traum,
Wie duft'gen Abendschimmer
Am fernen Himmelssaum.
_____
Am Lindenbaum
In den lauen Maiennächten
Steh' ich oft am Lindenbaume,
Und ich schaue nach dem Fenster,
Wo du ruhst in süßem
Traume.
Durch den tiefen Himmel gleitet
Leis der Mond im Silberglanze,
Goldne Sterne glühn unzählig
Nah und fern in hellem Kranze.
Durch die Lüfte geht ein Wehen
Still auf unsichtbaren Schwingen,
Ruhig ziehn des Rheines Wellen,
Die im
Traume heimlich klingen.
Aus der Stadt entfernten Gassen
Wehn Gesänge hin und wieder,
Gärten senden mit den Düften
Weiche Nachtigallenlieder.
All dies Leben ist Begleitung
Zu dem holden schönen
Traume,
Den ich träum' vor deinem Hause,
Hingelehnt am Lindenbaume.
Und der holde
Traum, er heißet:
Daß ich dein bin alle Zeiten,
So wie gestern und wie heute,
So in alle Ewigkeiten!
_____
Friedrich Konrad Müller
von der Werra (1823-1881)
Bitte
St. Gallen,
1855. Tonsatz von F. B. Hamma
Ich denke dein mit Milde,
Was tief mein Herz erwärmt!
Hab' mich mit deinem Bilde
Im
Traum oft abgehärmt!
Hab' dir mein Herz erschlossen,
Weiß nicht, was deines spricht!
Und hat es dich verdrossen,
So zürn' mir länger nicht!
Träumst du von mir im Leben,
So träum' wie man vergibt,
Dann wirst du mir vergeben,
Daß ich dich je geliebt!
_____
Du schönes Aug'!
Ruti bei
Rapperswyl, 1853. Tonsatz von Ernst Mascheck
Du schönes Aug' so wundermild,
Wie lieb' ich dich so sehr!
Auf Erden gibt's kein schönres Bild,
Kein süßres Lächeln mehr!
Es fesselt mich dein Wonneblick,
So oft du bist mir nah;
Mir ward durch dich ein Liebesblick,
Weiß nicht, wie mir geschah!
Ich habe dich im
Traum geküßt,
Von Liebe angefacht,
Und denk', da es verträumet ist,
O wär' ich nie erwacht!
_____
Traumerinnerung
Zürich, 1849.
Tonsatz von A. Zöllner
Die Jugendzeit möcht ich vergessen,
Die mir von Fernen zu noch spricht,
Möcht' des verlornen Glücks nicht denken,
Ach! wär' nur die Erinnrung nicht!
Dein Bild, du Holde, wollt' ich bannen
Aus meinem Herzen immerdar,
Wehmüthig macht mich ja das Schauen
In deine Augen hell und klar!
Doch sieh! es kommt die Nacht, im
Traume
Grüßt mich dein mildes Angesicht,
Und wachend denk' ich liebetrauernd:
Ach, wären doch die Träume nicht!
_____
Hermann Oelschläger
(1839-1908)
Noch ist mir's wie ein
Traum;
Ich stand betäubt, zerschlagen,
Wie blitzumloht ein Baum
Hinsinkt in jungen Tagen:
Mir war, ich müßt' zur Stund'
Auf immer von dir gehen
Und dennoch sprach mein Mund:
Lebwohl auf Wiedersehen.
O liebgewohnter Gruß,
Wenn du dich zu mir neigtest
Und mir die Stirn zum Kuß,
Zum Abschiedskusse reichtest.
Du schlangst um mich den Arm
Mit einem Blick voll Flehen
Und sprachst so treu und warm:
Lebwohl auf Wiedersehen.
Und nun? Gewiß, ich soll,
Ich muß dich ewig meiden -
Und doch, da ohne Groll
Ich konnte von dir scheiden,
Möcht' aus der Götter Schooß
Ein Zeichen drin ich sehen,
Daß ich sprach willenlos:
Lebwohl auf Wiedersehen.
So möcht' ich fort und fort
Stets neuem Wahn mich fügen;
Doch nein, es sei dieß Wort
Mein letztes Selbstbetrügen.
Es soll gleich deinem Schwur
Wie Staub im Winde wehen -
Ich sprach's im
Traume nur:
Lebwohl auf Wiedersehen.
_____
Ein
Traum von dir
Denk' ich so recht aus Herzensgrund
An dich, mein Lieb, zu mancher Stund',
Ist mir, als wogt ein Blüthenmeer
Rings um mich her.
Ein wundersamer, holder Duft
Durchweht und wallt die blaue Luft,
Da neigt mein Haupt sich wie im
Traum,
Ich acht' es kaum.
Und Worte wohlbekannt durchzieh'n
Mein Herz wie süße Melodien,
Ich höre deiner Stimme Laut
So lieb und traut.
Und deine Schönheit, deine Pracht
Steht hell vor mir - doch hab' ich Acht
Daß Nichts den
Traum mir scheuchen will,
Und lächle still.
Denn schöner, schöner mag Nichts sein,
Als solch ein
Traum voll Sonnenschein,
Ein Frühlingszauber ist er mir,
Ein
Traum von dir.
_____
Betty Paoli (1814-1894)
Lebewohl
Deine Liebe zu erstreben,
Dir zu weih'n mein innerst Leben,
Dein zu sein im Erdenraum
Und im seligen Verderben
Einst an deinem Kuß zu sterben -
O es war ein süßer
Traum.
Bald entfloh der ros'ge Schimmer;
Feindlich trennt uns und auf immer
Strengen Schicksals herber Schluß!
Doch es folgt dir allerwegen
Meines Dichterherzens Segen,
Meines Liedes Seelengruß.
_____
Hermione von Preuschen
(1854-1918)
In einem Garten voll bunter Flammen
Im
Traum - da hab ich dich wiedergesehn
in einem Garten voll bunter Flammen,
ich schritt am Arm dir, - in stillem Verstehn
schmolzen in einen Wunsch wir zusammen.
- - Doch dann verschwandst du - ich sah dich ziehn,
in der häßlichen, gaffenden, spöttischen Menge;
ich fühlte mir Jugend und Schönheit entfliehn
und stand allein in dem wirren Gedränge.
Nun wart ich umsonst im Gassenstaub -
meine rufende Stimme verhallt im Getose -
- ich warte - wilder Verzweiflung Raub
- - ewig die suchende - friedelose!
_____
Laß ab
Laß ab von mir - es ist ein
Traum
und das Erwachen bringt den Tod,
laß ab von mir - am Wüstensaum
erglomm purpurn das Abendrot.
Ein Rot in Götterdämmrungsglanz,
als berg es letzte Nacht im Schoß,
wie allen Lebens Totentanz,
wie Ewigkeiten tief und groß.
Ich weiß ja, daß dein Blick mich zwingt,
so oft du willst, in Qual und Brand -.
Laß ab - laß ab - die Geißel schwingt
zu hart in deiner harten Hand!
_____
Mein Dämon - weißt du noch - der wilde
Traum?
Mein Dämon - weißt du noch - der wilde
Traum?
Millionensternig strahlt der Himmelsraum.
Wir saßen einsam, hoch auf dem Balkon,
er war wie unsres Glückes erzener Thron.
Blauschillerseide floß um meine Glieder
auf die den Mund du preßtest immer wieder.
Dann klang »Sakuntala« dir von den Lippen,
den süßen, brennenden Korallenklippen,
an denen langsam die Vernunft versank
und tief vom Taumelkelch der Sinne trank.
In fieberschwangern Dschungelfinsternissen,
die Krallen tief ins wilde Herz gerissen,
wie Tiger eines mit dem anderen rang -
und dann zu seliger Einheit sich umschlang. -
In Dschungelnacht - Tiger am Wüstensaum -
ich weiß nichts weiter - alles war ein
Traum!
_____
Traum und Leben
Oft fahr' ich, oft, aus tiefem Schlafe auf,
Geweckt von seltsam geisterhaftem Rauschen.
Noch traumverworren, richt' ich mich empor
In dämmernd silberweisser Sommernacht
Und schau' mich um, in einer fremden Welt.
Im mondhellen, engen Kämmerlein,
Vor mir ein grosser Strauss von wilden Blüthen,
Lieg' ich im Himmelbett. Zur Fensteröffnung
Strömt es herein, wie stärkend salz'ger Hauch,
Und brandend, unermüdlich wogt und fluthet
Vor meinem Blick das Weltenmeer.
Da weiss ich's, einsam in der Juninacht:
Es war nur
Traum mein ganzes früh'res Leben,
Und hier am fernen, fremden Strande soll ich
All' seine Süsse, seine Qual verwinden.
Dann, in der grossen, wundergrossen Liebe,
In Deiner Liebe, mein Geliebter, wach' ich
Zum Leben auf, zum wahren, höchsten Leben!
_____
Rainer Maria Rilke
(1875-1926)
Ob auch die Stunden uns wieder entfernen:
wir sind immer beisammen im
Traum
wie unter einem aufblühenden Baum.
Wir werden die Worte, die laut sind, verlernen
und von uns reden wie Sterne von Sternen, -
alle lauten Worte verlernen:
wie unter einem aufblühenden Baum.
_____
Weisst du, ich will mich schleichen
leise aus lautem Kreis,
wenn ich erst die bleichen
Sterne über den Eichen
blühen weiß.
Wege will ich erkiesen,
die selten wer betritt
in blassen Abendwiesen -
und keinen
Traum, als diesen:
Du gehst mit.
_____
Joachim Ringelnatz
(1883-1934)
Ein
Traum
Es war nur ein
Traum, doch es war eine Pracht!
Ich glaubte in mondscheinsilberner Nacht
Auf schwellendem Rasen zu liegen.
Ein glänzendes Schloß erhob sich kühn,
Und ich sah aus dem Fenster epheugrün
Ein Märchenkind lauschend sich biegen.
Ein Mädchengesicht, so lieb, so traut,
Wie ich es nimmer zuvor geschaut.
Gleich flüssigem Golde erglänzte ihr Haar,
Und ich las in dem dunklen Augenpaar
Ein wehmütig banges Erwarten.
Ein leiser Wind erquickte die Luft
Und trug einen süßen, berauschenden Duft
Vom Holunderbusch durch den Garten.
Dort saß an des Springbrunns Sprudelquell
Geigend ein müder Wandergesell.
Und als dann – und das war so schön in dem
Traum –
Eine Nachtigall hoch im Lindenbaum
Mit einstimmte in seine Lieder
Und schluchzend sang, wie von Schmerz und Lust,
Da war es, als fiele auf meine Brust
Das Glück wie ein Morgentau nieder. – –
Die alten Linden seufzten im Wind.
Im Schlosse weinte das Märchenkind.
Da flog aus dem Schatten gespenstig vom Dach
Eine Fledermaus auf. Da wurde ich wach,
Und alles war plötzlich verschwunden.
Ödes Erwachen. Wie leerer Schaum
Zerronnen war alles, was ich im
Traum
So selig geschaut und empfunden. – –
Doch wie ein Trost kam's über mich dann:
O glücklich, wer noch so träumen kann!
_____
Über meinen gestrigen
Traum
Wie kam ich gerade auf ein Gestirn?
Du sagst: Ich stöhnte träumend ganz laut.
Vielleicht steigt die Phantasie ins Hirn,
Wenn der Magen verdaut.
Man sollte kurz vorm Schlafengehen
Nichts essen. Auch war ich gestern bezecht.
Doch warum träume ich immer nur schlecht,
Nie gut. Das kann ich nicht verstehen.
Ob auf der Seite, ob auf dem Rücken
Oder auch auf dem Bauch – –
Immer nur Schlimmes. »Alpdrücken.«
Aber Name ist Schall und Rauch.
Meist von der Schule und vom Militär – –
Als ob ich schuldbeladen wär – –
Und wenn ich aufwache, schwitze ich,
Und manchmal kniee ich oder sitze ich,
Du weißt ja, wie neulich!
O, es ist greulich.
Warum man das überhaupt weitererzählt?
Hat doch niemand Vergnügen daran,
Weil man da frei heraus lügen kann. –
Aber so ein
Traum quält.
Gestern hab ich noch anders geträumt:
Da waren etwa hundert Personen.
Die haben die Dachwohnung ausgeräumt,
Wo die Buchbinders wohnen.
Dann haben wir auf dem Dachsims getanzt.
Dann hast du mich, sagst du, aufgeweckt,
Und ich, sagst du, sagte noch träumend erschreckt:
»Ich habe ein Sternschnüppchen gepflanzt.«
Ich weiß nur noch: Ich war vom Dach
Plötzlich fort und bei dir und war wach.
Und du streicheltest mich wie ein Püppchen
Und fragtest mich – ach, so rührend war das –
Fragtest mich immer wieder: »Was
Hast du gepflanzt!? Ein Sternschnüppchen?«
_____
Anna Ritter (1865-1921)
Erinnerung
Ist dies ein
Traum, der meinen Sinn umschmeichelt,
Der mit dem Mondstrahl in das Fenster kam,
Den schweren Druck von meiner Stirne nahm,
Mit Blüthenzweigen nun mein Antlitz streichelt,
Und zu mir spricht in jenen altvertrauten,
In Sturm und Trübsal nie vergeßnen Lauten?
Noch einmal steigt der Frühling mir herauf,
Noch einmal an den übersonnten Wegen
Seh ich den Flieder seine Trauben regen,
Narzissen schauen leuchtend zu mir auf,
Und durch den Garten kommt ein Schritt gegangen,
Der treibt das Blut in meine jungen Wangen.
Vor lauter Sehnsucht ist das Herz mir schwer.
Mit meinen Locken spielen Morgenwinde,
Und an der Mauer wiegt die alte Linde
Breitästig ihre Blüthen hin und her.
Darunter wartet er, daß meine Seele
In langem Kuß der seinen sich vermähle.
Erinnerung, wie gingst du all die Zeit
So farblos neben mir, so altbedächtig,
Wie trittst du heute gar so übermächtig,
So frühlingsfrisch in meine Einsamkeit
Und lockst aus stillen, grün umwachsnen Tiefen
Sehnsucht und Thränen, die so lange schliefen.
_____
Fata morgana
Mir ist, wir stünden Hand in Hand
Noch einmal an der lieben Stelle,
Da jener
Traum uns aufgeblüht.
Vom Abendsonnenschein umglüht,
Liegt gar so still die Wiese dort,
In Blüthen steht die alte Linde,
Und grüßend wandert mit dem Winde
Ein ungesprochnes, süßes Wort.
Es sickert immer noch die Quelle
Leis raunend übern Brunnenstein -
Der alte Zauber spinnt mich ein …
Und wie die Pilger an der Schwelle
Des Heiligsten fromm niederknien,
So neig' ich mich in stillem Beten,
Denn dieses Stückchen Erdenland
Hat einst des Glückes Fuß betreten,
Und heilig, heilig ist der Ort!
_____
Traumglück
Und wenn du schläfst und träumst von mir
Dann komm ich still gegangen
Und leg' mein weinendes Gesicht
An deine braunen Wangen.
Und nehme scheu dein schlafend Haupt
In meine beiden Hände
Und denk, wir wären beide todt,
Und Alles wär' zu Ende.
Die Ahnung meiner Nähe hebt
Dir wohl die trunk'nen Lider,
Ich aber küsse sie dir zu
Und gehe heimlich wieder.
Und wenn du morgens dann erwachst,
Liegt wohl ein blasser Schimmer
Von
Traumglück und verweinter Luft
Noch über deinem Zimmer.
_____
Hermann Rollett
(1819-1904)
Du einzige Freude
Du einzige Freude in meinem Schmerz!
Du Licht, das mir leuchtet allerwärts!
Du seliger
Traum, der oft mich umlacht
Im Dunkel der Trauer, im Dunkel der Nacht!
Im Dunkel der Trauer, die bang mich umfängt,
Wenn Frühlings, wo alles die Knospen sprengt
Das Herz der Menschheit nicht blühen mag,
Verträumend der Freiheit Frühlingstag!
Im Dunkel der Nacht, die, unbesiegt,
Noch lang auf dem Auge der Menschheit liegt; -
Im Dunkel der Trauer, im Dunkel der Nacht
Deiner Liebe seliger
Traum mich umlacht!
_____
Erblühen
Du lagst in stillem Raume,
Von Traumesflug umrauscht,
Da hab' ich dich im
Traume,
Geliebtes Kind, belauscht. -
O was dich da bewegte,
Als in des
Traumes Ruh'
Sich hold dein Antlitz regte,
Als lachtest du mir zu?
Und was dich mocht' durchbeben,
Als deiner Lippen Gluth
Durchzuckte flammend Leben
Indeß dein Leib geruht?
Und was dich mocht' erfassen,
Als du die zarte Hand
Nicht wolltest ruhen lassen,
Bis sie die meine fand? -
Ich schaute mit Verlangen
Auf deinen süßen
Traum;
Ich küßt' dir Mund und Wangen,
Und konnt' es lassen kaum.
Ich sah, wie leis' du lachtest -
Ich sank an deine Brust, -
Und als du drauf erwachtest,
Da hast du's kaum gewußt.
Doch deines Blickes Glühen
Drang in das Herz mir heiß,
Das von der Ros' Erblühen
Ein schönes Märchen weiß.
_____
In strahlender Früh'
Gott grüß' dich, mein Lieb', in strahlender Früh'!
Wie hast du geruht die vergangene Nacht?
O höre, mir war's, als ob hell mich umglüh'
Ein
Traum mit unendlicher Zaubermacht!
Mir war es, als ruhte ein Auge auf mir -
Ein Aug' mit unsäglich liebendem Blick,
Und der Blick, o der war, als wär' er von dir,
Verkündend mein überselig Geschick.
Mir war es, als läg' meine zitternde Hand
An einem erbebenden Herzen fest,
Und es war mir im
Traum, als ob deine Hand
Die meine dir zitternd an's Herz gepreßt.
Mir war es, als ging' ein seliger Hauch
Aus in rosiger Reinheit erglühendem Mund,
Und es war mir, als wär's dein Athem auch
Der ein Wort mir geflüstert aus Herzensgrund.
Mir war's, als durchzuckte die Lippen mir
Ein Strahl, von ewiger Lieb' entzückt,
Und mir war es im
Traum, als ob ich dir
Den Kuß der Lieb' auf die Lippen gedrückt.
Es war mir, als ob eine Rose erblüh' -!
Ich weiß nicht, ob ich geträumt, ob gewacht; -
Gott grüß' dich, mein Lieb', in strahlender Früh' -
Wie hast du geruht die vergangene Nacht?!
_____
Im Himmel
Mein Herz hat sich erhoben
Mit treuer Liebe Flügelschlag,
Nun ist's im Himmel droben -
Im ew'gen Freudentag.
Nun ist's in ew'gen Lebens,
In ew'ger Liebe tiefem Schooß -
Es rang sich nicht vergebens
Aus dunklen Banden los.
Da wogt ein Schwall von Klängen
Mit wunderbarem Jubelton -
Als ob die Engel sängen
Um Gottes lichten Thron.
Da ist ein Glanz ergossen
Als leuchte Gottes Angesicht -
Von ew'ger Lieb' umflossen -
Mich an mit ew'gem Licht.
Da zieht ein duftig Wehen,
Mit Rosenglanz durch heil'gen Raum, -
Es möcht' das Herz vergehen
In diesem sel'gen
Traum.
_____
Friedrich Rückert
(1788-1866)
Ich lag von sanftem
Traum umflossen,
Und fühlte selig mich in dir.
Als ich die Augen aufgeschlossen,
Da hingst du lächelnd über mir.
Wie gerne mag dein
Traum zerstieben,
Von deinem Kuß hinweg geflößt,
Wie hast du schön dich selbst vertrieben,
Wie schön dich selbst hier abgelöst!
_____
Ferdinand von Saar
(1833-1906)
Im
Traum nur lieb' ich dich . . .
Im
Traum nur lieb' ich dich!
Wie könnt' in wachen Tagen
Ich mich so nah dir wagen -
Im
Traum nur lieb' ich dich!
Im
Traum nur lieb' ich dich!
Da schwindet alles Zagen -
Da darf dein Mund mir sagen:
Im
Traum auch lieb' ich dich!
_____
Hugo Salus (1866-1929)
Glühende Wogen
Meine Verse kommen wie rollende Wogen
Aus der brandenden Flut meiner Leidenschaft
An den weißen Strand meiner Liebe gezogen.
Zeile nach Zeile in schäumender Kraft
Rollen sie her, du Venus am Strande,
Durch deine Nähe emporgestrafft,
Donnern sie her zum dröhnenden Lande
Und verschäumen schmeichelnden Schaums
Vor deinem Knöchel im durstigen Sande,
Göttin du meines glühenden
Traums ...
_____
Traumengel
Heut hat
Traumkönigin die lichten
Traumenglein in die Nacht geschickt,
Die wissen Träume zu erdichten,
Vom Baum der Wünsche abgepflückt.
Nun flattern sie durch alle Gassen.
"Wo fliegst du hin?" - "Zu einem Kind."
"Und du?" - "Ich darf mich niederlassen,
Wo ich ein willig Ohr mir find'!"
Husch hier, husch dort! An tausend Ohren
Erklingt der holde, süße Trug.
Ein Engel nur fliegt noch verloren,
Ihm scheint kein Schläfer wert genug.
Da, wie er durch den Mondschein gleitet,
Bannt ihn an einem Giebelhaus
Ein dunkles Fenster. Weh, da breitet
Ein andrer schon die Flügel aus.
"Laß mich hier meinen Träumer finden!"
Doch Amor lacht: "Den schirme ich!
Dem mußt du keine Märchen künden!
Er liebt! Der träumt auch ohne dich!"
_____
Max Schaffrath
(1813-1877)
Selige Wandlung
Du bist mein
Traum am Tage,
Mein süßer
Traum bei Nacht;
Du hast aus mir, du Zaub'rin,
Den seligsten Träumer gemacht!
Die lang erloschnen Gefühle
Sind plötzlich neu erwacht:
Im Herzen stürmt die Liebe
Mit nie empfundner Macht.
Ein Mai ist mir gekommen:
O wie es grünt und lacht!
Hochrothe Rosen sprossen
In meiner Seele Schacht.
Die alten Dichtergluten
Sind jugendfrisch entfacht:
Ich möchte dir Lieder singen
Voll ungeahnter Pracht.
Ich bin so reich und glücklich,
Wie ich es nie gedacht!
Du bist mein
Traum am Tage,
Mein süßer
Traum bei Nacht!
_____
Ein
Traum
Zu meinem Todtenbett mit schwanken Schritten
Tratst du heran - ich sah's im nächt'gen
Traume -
Du warst allein im matterhellten Raume,
Ein bleiches Bild der Qual, die du gelitten.
"Zieh' bald mich nach!" - so hört' ich leis dich bitten -
"Wer schützt die Ranke, losgelöst vom Baume?"
Du bogst dich vor, und von der Wimpern Saume
Mild auf mein Herz viel warme Tropfen glitten.
Und wie dein Mund nun auf dem meinen ruhte
In langem Kuß, begann mein Herz zu schlagen
So ungestüm, daß ich darob erwachte.
Da war so seltsam traurig mir zu Muthe:
Mein eignes Leben wollt' ich schier verklagen,
Das diesen
Traum zur kurzen Täuschung machte.
_____
Georg Scherer
(1828-1909)
Tief dein Bild im Herzen geh' ich
Einsam hin durch Flur und Wald,
Und des nachts im
Traume seh' ich
Wieder deine Lichtgestalt.
Und wenn dämmernde Gedanken
Locken mich in ihre Nacht,
Daß mir alle Sinne schwanken -
Wieder hab' ich dein gedacht.
Und ich muß die Augen senken
Und gesteh' mir selber kaum:
Zauberin! mein Thun und Denken
Wandelst du in lichten
Traum.
_____
O laß den schönen
Traum mich träumen,
Der einmal nur auf dieser Welt,
Wie ein Geschenk aus Himmelsräumen,
In eine Menschenseele fällt!
Den
Traum, da unser ganzes Wesen
Ans Herz der ew'gen Liebe sinkt
Und dort, vom Irdischen genesen,
Unsterbliches Genügen trinkt.
Und kannst du hier ihn nicht gestalten
Zur Wirklichkeit - laß ihn die Nacht
Des kurzen Lebens um mich walten,
Bis dort im Licht mein Geist erwacht!
Er wird noch in den ew'gen Kreisen
Verklären mich; es wird die Schar
Der Seligkeit mich glücklich preisen,
Daß er mir einst beschieden war.
_____
Georg Scheurlin
(1802-1872)
Im
Traume selig
Nun kannst du fröhlich fort ins Weite,
Nun Herz ist alles wohl und gut;
Hat doch die Liebste mir zur Seite,
An meiner Brust hat sie geruht.
Ihr Sternlein schlaft nur - müd' und trübe,
Mir leuchtet andrer Sonnen Schein:
Ich trank den Himmel ihrer Liebe,
Denn ach, sie war im
Traume mein.
Und wenn ich wandre heut und morgen,
Mich trübet nimmer ein Verlust,
Mir ruht das schönste Glück geborgen
Erinnrungs-selig in der Brust;
Bis wieder mich die Sterne grüßen,
Bis mich die Dämmrung säuselt ein;
Dann lächelt mir das Bild der Süßen,
Und dann im
Traume wird sie mein.
Nur träumend geht mein Herz zu minnen,
Doch treuer als das Leben gibt;
Ist alles Trug und schwebt von hinnen:
Mir bleibt was ich im
Traum geliebt.
Am Tage sehnend dich vermissen,
Um Abends selig dein zu sein: -
Und bliebst du ewig mir entrissen,
In
Träumen ewig bist du mein.
_____
Hans Schiebelhuth
(1895-1944)
Traum
Mit goldnen Bienen war dein Kleid bestickt, Ich sann,
Wieviele Süße sie an deine Glieder trügen,
Wieviel Musik ihr sickerndes Gesumm.
Du schwiegst. Es war ein Singen in den Simsen,
Als klängen alle Gläser noch einmal
So hell, wie wir sie einst in Lust geleert.
Ich war bei dir und in erregtem Stammeln
Ein Mund voll Gott, und dieses würgte mich:
Ich war bei dir und hatte nach dir Heimweh,
Dies Heimweh, das der ausgeweinte Himmel
Ins Fenster hing, das aus dem Duft der blassen,
Der überblühten Blust die Flucht befiehlt.
Der Mond ward feindlich. Blank vor Eifersucht.
Wie einer Frau, die abends Staat abtut, entglitt
Gewölk, das ihn zuvor verbarg. Er drohte,
Da lösten sich die vielverflochtnen Finger fremd.
Ich neigte tief mich, letzten Kuß und Träne trinken.
Ich schmückte deine Stirn mit einem Stern. Entlassen
Dann, ja entlastet, gingst du in die Nacht.
Ich blieb. O, daß ich blieb. Nun stumpft sich meine Stunde,
Wenn ich im Dunkelraum den Hänfling pfeifen lehre . . .
Ich send ihn früh dir nach als einen Gruß.
_____
Auf Wolken komm ich ein Träumender -
Liebste ich komm im
Traum
Ein sich glühend-selig Versäumender
Wahnwandler in diesem Raum.
Du Wunschbild und Wahrheit ich streichle dich
Umarm dich - du bist mir gewährt
Umatme umflüstre umschmeichle mich
Vom Verlangen verklärt.
Ich ahne was Lächelnde Lauschende -
Dich froh macht dir frommt
Da blühfüllig nun der berauschende
Frühling der Heimat kommt.
Mai der kühn im liebkosenden
Kundewind Künfte verspricht
So jäh daß Herz in dem tosenden
Schwall der Entfaltung bricht.
_____
Ich stelle einen Engel an dein Bett
Um dir zu sagen wenn du heut erwachst
Daß ich dich liebe über alles Maß
Und daß in dir mir - nur in dir - das eine
Ewige Antlitz fest und faßbar wird
Das große Bild vor dem ich dienend knie
Drin Welt und Tod und Leben und mein
Traum
Von diesen sich allgöttlich menschlich heiter
Und sonderlich versammelt hat: ein Licht
Das ich nur vielfach wissend widerscheine.
Daß du dies bist dazu wünsch ich dir Glück
Und dank dirs still mit jedem Atemzug.
Zwar wünsch ich Glück zum Glück trag Dank zum Dank
Denn Dank ist alles was wir heilig denken
Und Glück scheint mir vor allem andern doch:
Mehr als der Zufall einer Füllestunde
Und Lust am eignen sternbestimmten Los.
_____
Emil Prinz von
Schönaich-Carolath (1852-1908)
Es liegt ein
Traum auf der Haide,
Es weht im Walde ein Duft,
Ein Lied schwebt über dem Wasser,
Ein Klingen ruht in der Luft.
Ich möchte vor Wonne mich schwingen
Empor in ein Meer von Licht,
Ich möchte weinen und singen,
Bis mir das Herz zerbricht.
Mein Herz ist wie eine Lerche
Und jubelt im Sonnenschein:
Mein Stern, mein
Traum, meine Rose,
Du liebst mich, - bist mein, bist mein!
_____
Ich habe die ferne Geliebte
In tiefem
Traume geseh'n,
Und weinen habe ich müssen,
Als sollte mein Herz vergeh'n.
Nicht bebten die süßen Lippen,
Nicht war ihre Wange blaß,
Nicht war von Thränen der Trauer
Ihr dunkles Auge naß.
Es lag voll endloser Liebe,
Voll Glück und voll Sonnenglanz,
Und in den wehenden Locken
Trug sie einen Myrthenkranz.
_____
Nun schwellen die roten Rosen,
Nun hab' ich im Lenzgelüst,
In Jubel und Windestosen
Mein schauerndes Lieb geküßt.
Es liegt ein
Traum auf der Heide,
Am Rain webt Sommerduft,
Es rauscht aus goldnem Getreide
Die Lerche hoch in die Luft.
O nimm auf deinen Schwingen,
Glückzitternde Pilgerin,
Mein Herz voll Jubel und Singen
Mit dir zum Himmel hin.
_____
Maria Scholz (Ps. Maria
Stona) (1861-1944)
Die Bäume meiner Gärten
Die Bäume meiner Gärten
Rauschen in Melodie,
Sie tragen auf grünen Armen
Viel goldene Poesie.
Und ihre Wurzeln trinken
Den dunklen Erdengrund,
Sie trinken und sie sinken
Tiefer mit jeder Stund.
So sinkt in deine Seele
Meiner Liebe rauschender Baum,
Und deine stillen Augen
Umspielt mein singender
Traum.
_____
Johann Gabriel Seidl
(1804-1875)
Traum und Liebe
Wer so bei Nacht des Schlummers harrend liegt,
Wo Bilder und Gedanken bunt sich treiben,
Nimmt oft sich vor, sich klar bewußt zu bleiben,
Bis der Moment des Schlafes ihn besiegt.
Festhalten möcht' er gern den Augenblick,
Wo
Traum und Wachen magisch sich berühren,
Und einmahl klar den Übergang verspüren,
Der einwiegt in der Träume stilles Glück.
Noch schaut er wach in's Ampellicht hinein;
Doch eh' er's denkt, eh' er das Kissen richtet,
Ist er den dunklen Mächten schon verpflichtet,
Anheimgefallen einem andern Seyn. -
Dem Schläfer, der so harret, gleicht, wer liebt
Und wer in Liebe wähnt sein Selbst zu retten;
Er spottet lächelnd noch der Zauberketten,
Der dunklen Macht, die lauernd ihn umgibt.
Beachten will er klar den Augenblick,
Der seine Seele magisch könnt' umstricken. -
"So weit, nicht weiter, soll's der Liebe glücken,
Eh' sie mich meistert, zieh' ich mich zurück!"
O eitler Vorsatz! Er versieht sich's kaum,
Er wähnt noch, wach, sie standhaft zu bekriegen,
Und schläft schon ein und läßt sich schon besiegen,
Und träumt besiegt schon ihren schwersten
Traum.
_____
Karl Siebel (1836-1868)
Es ist ein holder
Traum die Liebe,
Ein
Traum, den Phantasie gewebt;
Ein
Traum, der gleich dem Schmetterlinge
Auf mancher schönen Blüthe schwebt.
Ein
Traum, der allzubald verflieget,
Ein
Traum, der allzubald vergeht, -
Der wie ein Duft, wie Lerchensingen
Im weiten Himmelsblau verweht.
Und dennoch reden heil'ge Bücher
Von einer Lieb' in Noth und Tod;
Von einer ew'gen heil'gen Liebe,
Die ew'ge Liebe: - sie ist Gott.
Versenke dich in diese Liebe,
Versenk' dich ganz und gar hinein,
Und ist auch Alles Trug und Thränen,
Du wirst in lichter Wahrheit sein.
_____
Thekla Skorra
(1866-1943)
Traum
Ich hab' im
Traum das Glück gesehn. Nicht kam's
Auf goldner Kugel, trug kein flatternd Band,
Nicht Rosenschleier seinen Leib umwogte,
Auch hielt's kein blühend Füllhorn in der Hand.
Ich sah's in einem Mannesaug'
In einem blauen Himmel stehn,
Von einer kraftgeschwellten Brust
Mit Enden blonden Bartes wehn.
Noch stand ich zögernd; traute nicht dem Schein:
Da reisst's am Lockenhaar mein Haupt zurück
Und hält die trotz'gen Hände ringend fest.
Da rief ich jauchzend: "Ja, du bist das Glück!"
_____
Meine Seele
Meine Seele schläft vor dir;
Weck' sie nicht mit rauhem Schrei'n.
Von dem deinen nie begehrt,
Schlief mein Wesen ein.
Wie ein dunkler Fittich schwebt
Über ihr dein kalter Hohn -
Und doch lacht sie, - denn sie träumt,
Träumt vom Glück so lange schon.
Kling, kling, es zittern die Saiten
Wieder vom Lebensspiel.
Sie klingen und klagen noch immer,
Immer das alte Lied.
Das Lied von Liebe und Sehnsucht,
Von ungelebter Lust,
Das meine gefrorene Seele
Belauscht in erstarrter Brust.
Ihr ungeküssten Lippen,
Euch schloss keine Liebe zu;
Noch immer verlangend geöffnet,
Küsst nur ein
Traum euch wund.
Im
Traum nur, ihr suchenden Hände,
Umschliessen euch Finger warm,
Im
Traum nur halt' ich die Liebe,
Das jauchzende Glück im Arm.
Du hast dein Leben gelebt,
Ich hab's geträumt.
Dir hat das Herz in Stürmen gebebt,
In Wonnen die Lippe geschäumt.
Dich trägt dein Gott auf zur Höh',
Vom Festmahl des Lebens einst müde und satt,
Wenn Winde mich wehen in Grabesnäh',
Vom Baume des Lebens ein welkendes Blatt.
_____
Ernst Stadler
(1883-1914)
Betörung
Nun bist du, Seele, wieder deinem
Traum
Und deiner Sehnsucht selig hingegeben.
In holdem Feuer glühend fühlst du kaum,
Daß Schatten alle Bilder sind, die um dich leben.
Denn nächtelang war deine Kammer leer.
Nun grüßen dich, wie über Nacht die Zeichen
Des jungen Frühlings durch die Fenster her,
Die neuen Schauer, die durch deine Seele streichen.
Und weißt doch: niemals wird Erfüllung sein
Den Schwachen, die ihr Blut dem
Traum verpfänden,
Und höhnend schlägt das Schicksal Krug und Wein
Den ewig Dürstenden aus hochgehobnen Händen.
_____
Karl Stieler
(1842-1885)
Ein
Traum
Vom Busen hast du Veilchen mir gegeben,
Sie waren heiß von seinem heißen Leben.
Ob sie die Freiheit wohl auch gern gewonnen,
Die solchem holden Kerker sind entronnen?
Ich aber barg sie in mein nächtig Kissen,
Nicht lange sollt' ich ihren Zauber missen. -
Mein Sinn war glühend und so schwül die Luft,
Auf meine Wimper fiel der Veilchenduft.
Ihr Duft und deiner – wie von Wonne trunken,
Bin ich in
Traum – bin ich in Schlaf gesunken.
Es war kein Schlaf, der unser Aug' umschattet,
In dem des Herzens Glut und Drang ermattet.
Ein Schaffen war's – nicht stumme, dumpfe Ruh' -
Und dieses
Traumes Glück und Glanz warst du!
Ich müßt' ein Wort aus "Hohem Lied" erlesen,
Wollt' ich dir sagen, wie du schön gewesen.
Ich müßte singen wie Hafis fürwahr,
Wollt' ich dir sagen, wie selig ich war!
Das hat zur Nacht der Veilchenduft getan;
Klag' ihn, - nicht mich – und deine Schönheit an!
Doch ich ward wach – und goß den Duft in Lieder,
Als Lied kehrt er zu deinem Busen wieder,
Von dem er kam, o leih' ihm gern dein Ohr
Und gönn' ihm Einlaß in dies holde Tor!
_____
Nachtlied
Die müden Augen
Sie tragen's kaum!
Der Tag ist zergangen,
Nun kommt der
Traum.
Da kommt dein Bildnis
Und spricht zu mir:
"Ich lass' auch im
Traume
Nicht los von dir!
Ich leg' mich nieder
An deiner Seit',
Du bist mein eigen
Für alle Zeit!"
Der Nachtwind rauschet,
Ich lösch' das Licht -
Ich möchte schlafen
Und kann es nicht.
Du bist mein Leben,
Du bist mein Tod -
Vom Abendrote
Ins Morgenrot!
_____
Theodor Storm
(1817-1888)
Liegst wohl noch im
Traum befangen
Liegst wohl noch im
Traum befangen,
Hast im
Traume mein gedacht.
Denn so früh ist noch die Stunde,
Kaum entwich die lange Nacht.
Um mich her noch in der Kammer
Webt ein nächtlich Dämmergrau -
Oh, wie muß ich dein gedenken,
Süße, heißgeliebte Frau!
_____
Traumliebchen
Nachts auf des
Traumes Wogen
Kommt in mein Kämmerlein
Traumliebchen eingezogen,
Luftig wie Mondenschein.
Sie ruht auf meinem Kissen,
Sie stört mich auf mit Küssen
Und lullt mich wieder ein.
Glühend um meine Glieder
Flutet ihr dunkles Haar,
Auf meine Augenlider
Neigt sie der Lippen Paar.
"So küß mich, du blöder Schäfer!
Dein bin ich, du süßer Schläfer,
Dein heut und immerdar!"
"Fort, fort aus meinem Stübchen,
Gaukelndes Nachtgesicht!
Ich hab ein eigen Liebchen,
Ein andres küß ich nicht!"
Umsonst, ich blieb gefangen,
Bis auf des Morgens Wangen
Brannte das rosige Licht.
Da ist sie fortgezogen,
Schwindend wie Mondesschein,
Singend auf
Traumeswogen
Schelmische Melodein:
"Traum,
Traum ist alles Lieben!
Wann bist du treu geblieben?
Wie lang wohl wirst du's sein?"
_____
Nachts
Schon Mitternacht! Mein Kopf ist wüst -
Zu Bett! Ich habe lang gewacht;
Doch ob das Aug sich müde schließt,
Wann kennt das Herz wohl Tag und Nacht?
Das Herz, das Herz hat nimmer Ruh,
Das fliegt zu dir durch Zeit und Raum,
Im
Traum mein süßes Leben du,
Im Leben du mein süßer
Traum!
_____
Moritz Graf von
Strachwitz (1822-1847)
Vorüber
Im Dorfe gellt des Wächters Ruf,
Ich fahre durch die schwüle Nacht,
Den sprühenden Kiesel haut der Huf,
Die dampfende Achse stöhnt und kracht.
Ich fahr' an meiner Dame Schloß
Vorüber in die Weite trüb.
Ich darf nicht sagen: "Steh, mein Roß!"
Und nicht: "Gut Nacht, mein süßes Lieb!"
Du träumst, o Herrin! - träume süß
Und träume uns ein beß'res Glück!
Ein
Traum nur ist das Paradies
Und jeder sel'ge Augenblick.
Du träumst, o Herrin, - träume hold!
Und breche nicht des Schlummers Kraft
Der Wagen, der vorüberrollt
Mit mir und meiner Leidenschaft!
Nicht störe dich mein Auge wild,
Das brennend durch die Nächte sprüht!
Nicht fließe in dein
Traumgebild
Das wohllautlose Klagelied!
Nicht störe dich mein tobend Herz,
Das ich im Busen halte kaum:
Nicht würdig ist des Sünders Schmerz,
Zu stören einen
Engelstraum.
_____
Viktor von Strauß und
Torney (1809-1899)
Am Hochzeittage
Im
Traum sah ich dich am Rädchen,
Mir ist als wär's erst heut',
Ein kleines süßes Mädchen,
Erröthend vor Lebensfreud'.
Die Augen, aufgeschlagen,
Blickten so groß und still,
Als wollt'st du das Leben fragen:
Was das wohl noch bringen will?
Im
Traum lag ich dir am Herzen
Und brachte mein Leben dir;
Die Freuden wie die Schmerzen,
Sie wurden es dir wie mir.
Dir war das Schönste gegeben,
Was Menschen zugedacht:
Du hast ein finsteres Leben
Zum glücklich hellsten gemacht.
Im
Traum hört' ich am Altare
Das Ja von deinem Mund;
Das liebliche, ewigwahre,
Wie drang es aus Herzensgrund!
Dann klangen freudige Grüße,
In Bechern perlte der Wein;
Du Treue, Gute, du Süße,
Vor Allen nun warest du mein.
Nun sitzest du selber zur Lust dir
Wie ein Bild aus alter Zeit,
Ein holder Knab' an der Brust dir,
Ein anderer dir zur Seit';
Ich aber knie' dir zu Füßen
Und fühle mich innig gestillt,
Ich möchte dich betend grüßen
Wie ein Muttergottesbild.
Die Jahre, sie werden vergehen,
Ihr Schreiten, wir hören es kaum,
Und einst, wenn wir rückwärts sehen,
Dünkt uns auch Heute ein
Traum.
Dann werd' ich die Hand dir geben,
Und ein Greis ist, der zu dir spricht:
Ein
Traum war das ganze Leben,
Nur, daß wir uns liebten, nicht.
_____
Frank Wedekind
(1864-1918)
An Elka
Elka, länger kann ich mich nicht halten,
Meine Sinne toben allzu wild;
Und in allen weiblichen Gestalten
Seh ich schon dein Götterbild!
Auch im
Traum bist du mir schon erschienen,
Dich entkleidend; o, wie ward mir da!
Schwindlig ward mir hinter den Gardinen,
Als ich deinen Busen sah.
Meine beiden Knie wurden brüchig,
Von der Stirne triefte mir das Fett.
Als das Hemd du abgetan, da schlich ich
Wonneschaudernd an dein Bett.
Mach, daß dieser
Traum sich bald erfülle;
Mach, erhabne Königin,
Daß bei dir ich vor Behagen brülle,
Nicht vor Wut, weil ich dir ferne bin.
_____
Maria Luise Weissmann
(1899-1929)
Dann, wenn Du gehst...
Dann, wenn Du gehst, scheinst Du mir nie gewesen.
Ich finde mich, wie der vom
Traum erwacht,
Versehnt nach einer nächsten tiefern Nacht,
Zur alten Lüge lächelnd zu genesen.
Dann, wenn Du kommst, weiß ich mich nicht erhalten
Je ohne Dich, Du Herz der toten Welt:
Du Brand, vor dessen Glut mich das Erkalten,
Dem ich entrann, erinnernd überfällt -
So schwank ich, willig immer zu verlachen
Der frühern Stunde Armut; find ich mich
Zwischen Phantomen taumelnd; in den Rachen
Gleit ich der Zeit, unwissend: liebt ich Dich
Eben im
Traum, eben im
Traum-Erwachen?
Dies nur: ich tats, blieb unabänderlich.
_____
Paul Wertheimer
(1874-1937)
Ständchen
Vernimmst du meiner Geige sehnsuchtstollen
Aufschrei der nachtgebor'nen Melodien?
Ich will mit Liedern wie mit wundervollen
Blumenguirlanden deine Stirn umziehen.
Du meine Welt, du mein geheimes Wissen!
Was ist mir der Erkenntnis Sternenklarheit!
In Nachtviolen, Rosen und Narzissen,
In meinem
Traum von dir ist meine Wahrheit!
_____
Der Kranz
Im
Traume sprach ich viel zu dir
Mit grossen Worten, voller Pracht -
Dem Himmel nahm ich jede Zier
Und alles Licht und Gold der Nacht.
Und was ich auch zusammentrug
An funkelndem und mattem Schein,
Hielt ich noch immer nicht genug,
Dir morgen Diadem zu sein.
Doch als der Morgen silbern kam
Und du hervorschrittst, fein und schlicht,
Befiel mich eine leichte Scham;
Da bot ich dir die Krone nicht.
Und bot dir einen tiefern Glanz -
Wegblüten eines bunte Schar,
Und leise nahmst du diesen Kranz
Und drücktest leise ihn ins Haar.
_____
Sehnsucht
Sehnsucht ist Glück.
Ich sehnte mich nach deinen Lippen hin,
Du meines
Traums rotblonde Königin -
Sehnsucht war Glück.
Ich träumte dich mit weit gelöstem Haar,
Ich gab dir meiner Nächte Purpurschein,
Und dein Gespräch strömte wie starker Wein,
O wie im
Traum dein Atem glühend war.
Nun bin ich bei dir - und ist dies das Glück?
All was wir reden ist so laut und schwer.
Und unser Schweigen ist von Wünschen leer.
Nach meiner Sehnsucht sehn' ich mich zurück. - -
Ist die Erfüllung immer kalt und bleich?
Dann bleibt Gestalten stumm in mich gebannt!
Ich küsse, Abschied suchend, deine Hand.
Nun bin ich wieder Herr in meinem Reich.
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Bruno Wille (1860-1928)
Traum von heimlicher Hochzeit
So heimlich süß war unsre Hochzeitsfeier:
Wir lagen dicht
Beisammen, überwallt von einem Schleier;
Man sah uns nicht.
Wir hörten, wie die Leute nach uns fragten
Im gleichen Raum.
Wir unterm Flore blieben reglos, wagten
Zu atmen kaum.
Nur unsre Hände durften sacht sich drücken,
Wie küssend fand
Sich Hauch zu Hauch, mein Knie war mit Entzücken
An deins gebannt.
Mein glühend Auge, das im Dunkeln schaute,
Versank in deins;
Ich war in dir, du warst in mir, uns traute
Die heilige Eins.
Wohlan, was Edens Glut zusammenglühte,
Trennt keine Welt.
Hinweg denn, Angst, da uns die Hand der Güte
Geborgen hält.
Wir ruhn verhüllt; zum Baldachin, zum Himmel
Ward unser Flor.
Uns singt von Flügelköpfchen ein Gewimmel
Den Minnechor.
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Der frühe Tag
Tag mit deinen kalten Blicken,
Wie so frühe bist du da!
Meinen
Traum hast du vertrieben,
Ach den lieben
Traum, darin ich Liebchen sah.
Grämlich bleich wie eine Greisin
Blickt in mein Gemach die Welt.
Weib, du wirst mit öden Händen
Nimmer spenden,
Was der
Traum mir lieb gesellt.
Schließe, Tag, dein kaltes Auge,
Schleich ein Weilchen noch zurück!
Träume, laßt mein Lieb, mein Leben
Mich umschweben!
Hab ich doch kein ander Glück.
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August Wolf (1816-1861)
Im
Traum
Im
Traume kommst Du noch zu mir,
Dich hold und liebend an mich schmiegen,
Ganz ungestört und unverstellt,
Nur offne Lieb' in allen Zügen.
Und Alles, was uns sonst getrennt,
Ist fremd und ferne Dir geblieben,
Da bist Du ganz, so wie ich Dich gewollt,
So kann ich doch im
Traume noch Dich lieben.
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Kathinka Zitz-Halein
(1801-1877)
Alles ist
Traum
Einst träumte mir von süßen Rosenbanden,
Von einem ewig wandellosen Stern;
An ew'gen Frühlingsufern wollt' ich landen,
Dort, wähnt' ich froh, sei Schmerz und Klage fern.
Der Labungsbecher schwand von meinen Lippen,
Der Anker brach, mein Schiff zerschellt' an Klippen,
Der Donner rollt, es zischt des Meeres Schaum,
Die Hoffnung lügt, sie ist ein eitler
Traum.
Die Liebe lockte mich mit Schmeicheltönen,
Sie zeigte mir ein schönes Paradies,
Und wollte mich mit ew'gen Myrthen krönen,
So war die Zukunft, die sie mir verhieß.
Die Myrthe welkt', die süßen Tön' verhallten,
Und Nacht umfängt die täuschenden Gestalten;
Ich steh' im weiten schrankenlosen Raum,
Und klag: die Lieb' ist nur ein flücht'ger
Traum.
Doch eine Thräne macht den Unmuth milder,
In Wehmuth lößt sich das gekränkte Herz;
So sind des Lebens hehre Götterbilder
Nur Träume? und nur
Traum ist auch der Schmerz?
Des Lebens Stunden haben rasche Flügel,
Die Wahrheit deckt allein des Grabes Hügel,
Wir fassen nichts auf Erden, ahnen kaum,
Das Leben selbst ist nur ein langer
Traum.
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Stefan Zweig
(1881-1942)
Junge Glut
Tiefe Nacht. -
Aus sinneheißem
Traum bin ich erwacht.
Ich träumte von schimmernder Glieder Pracht
Von Frauen, die mit liebesfrohen und verständnisstillen
Verschwiegnen Blicken Wunsch und Sucht erfüllen,
Ich träumte von glühenden brennenden Küssen
Von trunkener Geigen laut jubelndem Klang,
Von wilden, berauschenden Glutgenüssen
Von Mädchen, die ich als Sieger bezwang ...
Und jede Sehnsucht fand im
Traum ihr Ende
Doch nun bin ich erwacht!
Allein! . . . . . . Allein!! . . . . .
... Und sinnetrunken tappen meine Hände
In schweigende Dunkelheiten hinein
Hinein in die leere, nichtssagende Nacht! ...
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Nun weiß ich ...
Mich hat ein süßer
Traum bewegt,
Durch Wochen, Nacht für Nacht.
Ich hatte seines Glücks nicht acht;
Doch wie mir heut der Morgen sacht
Den Schlummer von den Lidern trägt,
Hab' ich an Dich gedacht.
Nun weiß ich, wer das frohe Licht
In meine Nächte spinnt.
Denn ihr verklärtes
Traumgesicht
Ist nur Dein liebes Angesicht.
Das heiligt sie so tief und schlicht,
Daß sie voll Sonne sind ...
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