Liebeslyrik - Miniaturen

Gedichte und Gedicht-Zitate (Stichwort: untreu, Untreue)
 


Franz Marc (1880-1916)
Liebespaar


 




Stichwort: untreu, Untreue

16./17. Jh.      18. Jh.      19/20. Jh.

 

16./17. Jh.
 

  • Georg Greflinger (um 1620-1677)

    Der
    Untreu gemeynte/ aber nichts achtende

    Es ist nicht neu/
    Daß Weiber Treu
    Nicht hält und bald zersteubet/
    Sie hält so steiff
    Als Tau und Reiff
    Wann Phoebus umbher treibet/
    Es kan kein klein
    Exempel seyn
    Die jene/ die ich liebte/
    Die mier viel Treu/
    Und mehr dabey
    Versprach/ und
    Untreu übte.

    O Blut! wie gut
    Ließ sich ihr Muht
    Und Sinn vor mir vermercken/
    Ich dachte frey/
    Sie ist die Treu
    Mit allen jhren Wercken/
    Was Treu/ was Zier/
    Wie seh' ich mier
    Mein Hertze groß bestrahlen!
    Ich hielt es gantz
    Für wahren Glantz/
    Doch es war nur gemahlen.

    Sie hielt so steiff
    Als Schnee und Reiff
    Bey Phoebus güldnen Boltzen/
    Sie hielt so lang
    Biß sie der Zwang
    Des Goldes hat zerschmoltzen.
    Die gantze Welt
    Ist nun für Geld/
    Warumb nicht auch das lieben?
    Doch mercket auff
    Wo die zu kauff
    Da folget ein betrüben.

    Ich habe viel
    Von solchem Spiel
    Gehöret und gelesen/
    Weiß aber nicht/
    Daß die Geschicht
    Dem Thäter nutz gewesen.
    Die
    Untreu trifft
    Den/ der sie stifft/
    Hier kan es auch geschehen.
    Wirds schon nicht nun
    Bald Zeichen thun/
    So kan mans nachmahls sehen.

    Die niemahls nicht
    Die Treu und Pflicht
    Hat in die acht genommen/
    Die hat fortan
    Diß mehr gethan/
    Hier kan es auch so kommen.
    Das ist nicht neu
    Daß Weiber Treu
    Nicht hält und bald zersteubet/
    Mir ists gethan
    Wiewol fortan
    Die Schmach an ihr bekleibet.

    Fahr immer hin
    Du falscher Sinn/
    Ich bin sehr wol zufrieden.
    Es kränckt mich nicht
    Noch dein Gesicht
    Mit Farben unterschieden/
    Noch deine List/
    Noch was du bist/
    Soll mier ein Lieb auff Erden/
    Das treu vor mich/
    Das schön an sich/
    So kanstu das nicht werden.

    So du gedenckst/
    Daß du mich kränckst/
    Weil du dich mier entschlägest/
    Und einen Mann
    Der klappern kan/
    In deinem Munde trägest.
    So bistu nicht
    Recht unterricht/
    Du bist mir aus dem Hertzen/
    Was du gethan
    Soll dir fortan/
    Nicht mier/ das Hertze schmertzen.

    Und du mein Freund
    Mit Ihr vereint
    Durch mich an Sie gekommen/
    So dier ihr Hertz/
    Versteh' im Schertz/
    Einmahl wird abgenommen/
    (Das ist nicht neu/
    Das Weiber Treu
    Dem Unbestand' ergeben/)
    So denck in Reu/
    Das heisset frey/
    Wurst wieder Wurst gegeben.
    _____


    Der mit
    Untreu bezahlete Celadon

    Wer ist der mit bleichen Wangen?
    Ach der treue Celadon
    Der so ungetreuen Lohn
    Von der Liebsten hat empfangen/
    Die er doch so hoch geliebt/
    Wie jhm dessen Zeugnuss giebt/
    Unsre Weyxel/ auch am Reyhne/
    Nennte man sie nur die Seine.

    So man einen Treu beschriebe/
    Nennte man ihn Celadon/
    Märcke meiner Liebe Lohn/
    Hatt' ein andrer eine Liebe/
    Eine Treue/ voll von Zier/
    Nennt' er solche bald nach dier/
    Kurtz/ wir musten jhrer Erden
    Treuer Liebe Muster werden.

    Ach wie manchem treuen Hertzen
    Hab ich deines vorgesetzt/
    Wo der Mayn zwo Städte netzt/
    Ich verließ sie in den Schmertzen/
    Und verfügte mich nach dier/
    Da ich zwar die alte Zier/
    In den Wangen/ Haar und Munde/
    Aber nicht im Hertzen funde.

    Sag/ wen hastu nun umwunden/
    O du Goldgemängtes Haar/
    Das mich in so manches Jahr
    Hielt/ und nochmahls hält gebunden/
    Und ihr schönen Augen ihr/
    Die so manchen Tag nach mier
    Hin und wieder sind gegangen/
    Ey wen habt jhr nun gefangen?

    Ach wen hastu nun gefangen
    O du süsser Rosen Mund/
    Dessen Kuß mich so verwundt/
    Und auch ihr/ ihr Rosen Wangen/
    Und auch du o Lilgen Brust/
    Wer ist jetzo deine Lust?
    Vormals/ lasset euch bescheiden/
    War ich euch vor allen Freunden.

    Haben euch so wenig Tage
    Meinen Namen ausgescharrt/
    Die ihr vormahls habt beharrt.
    So viel Jahr' in grosser Plage/
    Der ich euch in Lust und Noht/
    Ja ihr sagtet/ in den Todt'
    Euer Liebster solte bleiben/
    Ach/ wem ist nunmehr zu gläuben?

    Find ich mich nicht recht betrogen/
    Nun ich wieder bin bey dier/
    Zu gemessen deiner Zier/
    Wird ein andrer vorgezogen/
    Nu ich habe dich geliebt/
    Du hast mich dafür betrübt.
    Nu so sollstu dieser Erden
    Aller
    Untreu Muster werden.
    _____

     

  • Christian Friedrich Hunold (Menantes) (1681-1721)

    Uber ihre
    Untreue

    Immer hin/
    Falsches Hertze/ leichter Sinn!
    Lesche nur die starcken Kertzen
    In den sonst entflammten Hertzen/
    Weil ich es zu frieden bin.
    Immer hin/
    Falsches Hertze/ leichter Sinn!

    Schwur und Treu
    Sind Betrug und Heucheley.
    Auch die allerschönsten Decken
    Sind gar selten ohne Flecken/
    Und die Damen einerley.
    Schwur und Treu
    Sind Betrug und Heucheley.

    Doch wie schön
    Wissen sie sich vorzusehn.
    Wenn die Muschel ist gebrochen/
    Und die Perle draus gestochen/
    Soll sie erst verschlossen stehn.
    Doch wie schön
    Wissen sie sich vorzusehn.

    Drüm mein Geist/
    Suche was unsterblich heist/
    Liebe wo die schöne Jugend
    Dich durch Klugheit und durch Tugend
    Ewig mit Vergnügung speist.
    Drüm mein Geist
    Suche was unsterblich heist.
    _____

     


18. Jh.
 

  • Gottfried August Bürger (1747-1794)

    Untreue über alles

    Ich ruhte mit Liebchen tief zwischen dem Korn,
    Umduftet vom blühenden Hagebuttdorn.
    Wir hatten's so heimlich, so still und bequem
    Und koseten traulich von diesem und dem.

    Wir hatten's so heimlich, so still und bequem;
    Kein Seelchen vernahm was von diesem und dem;
    Kein Lüftchen belauscht' uns von hinten und vorn;
    Die spielten mit Kornblum' und Klappros' im Korn.

    Wir herzten und drückten, wie innig, wie warm!
    Und wiegten uns eia popeia! im Arm.
    Wie Beeren zu Beeren an Trauben des Weins,
    So reihten wir Küsse zu Küssen in eins.

    Und zwischen die Trauben von Küssen hin schlang
    Sich, ähnlich den Reben, Gespräch und Gesang.
    Kein Weinstock auf Erden verdient so viel Ruf,
    Als der, den die Liebe beim Hagedorn schuf.

    "Lieb Liebchen", so sprach ich, so sang ich zu ihr,
    "Lieb Herzchen, was küssest, was liebst du an mir?
    Sprich! Ist es nur Leibes- und Liebesgestalt?
    Sprich! Oder das Herz, das im Busen mir wallt?" -

    "O Lieber", so sprach sie, so sang sie zu mir,
    "O Süßer, was sollt' ich nicht lieben an dir?
    Bist süß mir an Leibes- und Liebesgestalt;
    Doch teuer durchs Herz, das im Busen dir wallt." -

    "Lieb Liebchen, was thätest du, hätte die Not
    Dir eines fürs andre zu missen gedroht?
    Sprich! Bliebe mein liebendes Herz dein Gewinn,
    Sprich! Gäbst du für Treue das andre dahin?" -

    "Ein goldener Becher gibt lieblichen Schein;
    Doch süßeres Labsal gewähret der Wein.
    Ach! Bliebe dein liebendes Herz mein Gewinn,
    So gäb' ich für Treue das andre dahin." -

    "O Liebchen, lieb Herzchen, wie wär' es bestellt,
    Durchstrichen noch üppige Feen die Welt,
    Die Schönste der Schönsten entbrennte zu mir
    Und legte mir Schlingen und raubte mich dir;

    "Und führte mich in ihr bezaubertes Schloß
    Und ließe nicht anders mich ledig und los,
    Als bis ich in Liebe mich zu ihr gesellt?
    Wie wär's es um deine Verzeihung bestellt?" -

    "Ach! Fragtest du vor der so schmählichen That
    Dein ängstlich bekümmertes Mädchen um Rat,
    So riet' ich: Bedenke, mein Kleinod, mein Glück!
    Komm' nimmer mir oder mit Treue zurück!" -

    "Wie wenn sie nun spräche: 'Komm', buhle mit mir!
    Sonst kostet's dir Jugend und Schönheit dafür!
    Zum häßlichsten Zwerge verschafft dich mein Wort;
    Dann schickt mit dem Korb auch dein Mädchen dich fort." -

    "O Lieber, das glaub' der Verräterin nicht!
    Entstelle sie dich und dein holdes Gesicht!
    Erfülle sie alles, was Böses sie droht!
    So hat's mit dem Korbe doch nimmermehr not." -

    "Wie, wenn sie nun spräche: 'Komm', buhle mit mir!
    Sonst werde zur Schlange dein Mädchen dafür!'
    O Liebchen, lieb Herzchen, was rietest du nun?
    Was sollt' ich wohl wählen, was sollt' ich wohl thun?" -

    "O Lieber, du stellst mich zu ängstlicher Wahl!
    Leicht wäre mir zwar der Bezauberung Qual;
    Doch jetzt bin ich süß dir wie Honig und Wein,
    Dann würd' ich ein Scheuel und Greuel dir sein." -

    "Doch setze: du würdest kein Greuel darum,
    Ich trüge dich sorglich im Busen herum;
    Da hörtest du immer bei Nacht und bei Tag
    Für dich nur des Herzens entzückenden Schlag;

    "Und immer noch bliebe dein zärtlicher Kuß
    Dem durstigen Munde des Himmels Genuß:
    O Liebchen, lieb Herzchen, was rietest du nun?
    Was sollt' ich wohl wählen, was sollt' ich wohl thun?" -

    "O Lieber, o Süßer, dann weißt du die Wahl!
    Was hätt' ich für Sorge, was hätt' ich für Qual?
    Dann hülle mich lieber die Schlangenhaut ein,
    Als daß mir mein Trauter soll ungetreu sein." -

    "Doch wenn sie nun spräche: 'Komm', buhle mit mir!
    Sonst werde zur Rache des Todes dafür"'
    O Liebchen, lieb Herzchen, was rietest du nun?
    Was sollt' ich wohl wählen, was sollt' ich wohl thun?" -

    "O Lieber, du stellst mich zur schrecklichsten Wahl!
    Zur Rechten ist Jammer, zur Linken ist Qual.
    Bewahre mich Gott vor so ängstlicher Not!
    Denn was ich auch wähle, so wähl' ich mir Tod.

    "Doch wenn er zur Rechten und Linken mir droht,
    So wähl' ich doch lieber den süßeren Tod.
    Ach, Süßer! So stirb dann und bleibe nur mein!
    Bald folgt dir dein Mädchen und holet dich ein.

    "Dann ist es geschehen, dann sind wir entflohn,
    Dann krönet die Treue unsterblicher Lohn!
    So stirb dann, du Süßer, und bleibe nur mein!
    Bald holet dein Mädchen im Himmel dich ein." -

    Wir schwiegen und drückten, wie innig, wie warm!
    Und wiegten uns eia popeia! im Arm.
    Wie Beeren zu Beeren an Trauben des Weins,
    So reihten wir Küsse zu Küssen in eins.

    Wir wankten und schwankten, berauscht von Gefühl,
    Und küßten der herrlichen Trauben noch viel.
    Dann schwuren wir herzlich bei ja und bei nein,
    Im Leben und Tode getreu uns zu sein.
    _____


     

19./20. Jh.
 

  • Jeanne Marie von Gayette-Georgens (1817-1895)

    Der
    Ungetreue

    Er schwur es einst beim Mondenlicht,
    Er wollt' die Treu mir brechen nicht.
    Ich seh' den Mond jetzt fragend an:
    Warum er dennoch es getan?

    Er schwur es einst beim Sonnenschein:
    Er wollte ewig treu mir sein!
    Die Sonne scheinet immerdar
    Auf ihn, der dennoch treulos war. -

    Und bei den Bergen schwur er mir:
    Sie wanken eh'r, als ich von dir!
    Die Berge stehn noch hoch und hehr,
    Doch er, er liebt mich nimmermehr.

    Er schwur's bei einem Ring von Gold:
    Daß er mich nimmer lassen wollt'.
    Der Ring hält fest an meiner Hand,
    Sein Herz ist aber abgewandt. -

    Bei einem Kreuze schwur er mir,
    In Leid und Freud' gehör' ich dir.
    Das Kreuz, es steht auf festem Grund,
    Doch nichts thut sein Gelöbniß kund.

    Er schwur's bei einem Blumenkranz:
    Dies sei der Liebe Sinnbild ganz!
    Ohn' End' und Anfang wär' er mein -
    Und konnte dennoch treulos sein?

    So tausend Schwüre gab er mir
    Und alle sagten: gebt mich ihr!
    In meines Herzens Heil'genschrein
    Grub ich die heißen Schwüre ein.

    An Sonn' und Mond, an Berg und Ring
    Die Seele gläubig hoffend hing;
    Das Kreuz umschlang der Blumenkranz
    Mit duft'gem Farbenspiel und Glanz.

    Wie thöricht war dies all' von mir,
    Wie konnt' an Treu' ich glauben hier,
    Wo Alles sterblich, Alles Staub,
    Und Lieb' fällt heim dem Zeitenraub? -

    Drum scheine Sonne, Mondenlicht,
    Ihr Berge steht, ich klage nicht;
    Drum brich nicht, Ring, und dufte, Kranz,
    Und leuchte Kreuz in ew'gem Glanz.

    Drum welke Liebe immerhin,
    Du trübtest nimmer meinen Sinn;
    Denn Glaub' und Liebe, Treu und Schwur,
    Sie sind ja Erdenkinder nur.

    Dort wo der Mond, die Sonne gehn
    Und Sternenkränze glühend stehn,
    Dort ist vielleicht das sel'ge Land,
    Wo Lieb' und Treu' die Heimath fand.
    _____


     

  • Hermann von Loeper (1820-1884)

    Nichts will ich missen

    Nichts will ich missen. Nein, ich gebe hin
    Auch nicht die schmerzlichste Erinnerung;
    Um zu verbergen, ist zu stolz mein Sinn,
    Um zu vergessen, bin ich noch zu jung.

    Nichts will ich missen - denn es ward ein Theil
    Von meinem Sein der tiefempfundne Schmerz,
    Auch nicht den giftgetränkten Todespfeil,
    Den mir
    Untreue senkte in das Herz.
    _____


     

  • Julius Mosen (1803-1867)

    An die
    Ungetreue

    Hatt' in's Auge dir geschaut,
    Bis mir aller Sinn verging,
    Auf dein Herz hatt' ich gebaut,
    Schönes Weib, an dem ich hing!
    War ich doch so sehr bezwungen,
    Wie ein Kind von dir umschlungen.

    Und ich hätt' dich treu gepflegt
    Wohl in Sonn- und Mondenschein,
    Wie ein Küchlein dich gehegt,
    Meine Seele war ja dein!
    Einen Ring hatt' ich gegeben,
    Meine Treue und mein Leben!

    Und den Ring hast du versä't,
    Und er fiel hinein in's Meer,
    Und der Wind hat dort geweht,
    Kenn' die Stelle auch nicht mehr,
    Hast du mich berauscht mit Küssen, -
    Gott behüte dein Gewissen!
    _____


     

  • Friedrich Konrad Müller von der Werra (1823-1881)

    Untreue
    Richterswyl bei Zürich, 1851. Tonsatz von G. Rabe

    Zu Pfingsten vor drei Jahren
    War ich, mein Schatz, bei dir!
    Du wolltest treu bewahren
    Mir, deine Liebe, mir!

    Was jenesmal versprochen
    Du mir mit Hand und Mund,
    Das hat nach wenig Wochen
    Gemacht das Herz mir wund!

    Du ließest von der Treue,
    Und von der Liebe mein,
    Daß ich in bittrer Reue
    Nun traurig steh' allein!

    Drei Jahre sind vergangen,
    Drei Jahr' gar ernst und schwer, -
    Es glüht auf meinen Wangen
    Das Jugendroth nicht mehr!
    _____

     

  • Leopold Schefer (1784-1862)

    An die
    Ungetreue

    Ach, wer hilft es mir ertragen,
    Daß ich, Schönste, dich verlor!
    Ich muß weinen, ich muß klagen —
    Und du lebst so hin wie vor.

    So entfliegt des Stellers Händen
    Seine holde Nachtigall;
    Hinter Busch und Blüthenwänden
    Folgt er bang ihr überall.

    Und er sieht sie, hört sie schlagen,
    Schöner nun er sie verlor!
    In des Frühlings reinsten Tagen
    Gießt sie Leiden in sein Ohr.
    _____


     

  • Georg Scheurlin (1802-1872)

    Untreue

    Du küßtest mich, und eine Ros' entsprang,
    Ein Harfenton voll Sehnsucht grüßt' und klang,
    Ein Ton, der bebend durch die Saiten schlug,
    Wohl hell genug,
    Daß durch die Himmel all sein Jauchzen drang.

    Mein Herz die Harfe, du des Windes Hauch;
    Der Frühling du, mein Herz der Rosenstrauch; -
    Du küßtest mich, das war der Wetterstrahl,
    Der tief im Thal
    Die Blume trifft, doch sie vernichtet auch.

    Ein kurzer Traum, und alles zog vorbei,
    Der Ton, die Rose und ihr süßer Mai;
    Du küßtest mich; o sprich: ob mich allein! -
    Mein Herz war dein;
    Nun brach sein schöner Glaube ihm entzwei.
    _____


     

  • Paul Wertheimer (1874-1937)

    Untreu

    Geschah es wirklich gestern erst,
    Dass ich in deinen Armen war,
    Gehüllt in dein mattblondes Haar? -

    Dazwischen lebt' ich eine Nacht,
    Die war von mildem, halben Schein -
    Ganz wie dein Dämmer-lichtes Sein.

    Sie hatte Augen, feucht und blau
    Und trug den feinen Nacken bloss,
    Und schritt wie du so still und gross.

    Sie lächelte, die Augen zu.
    Die Haare fielen schwer und licht
    Um ein beschattet Angesicht.

    Sie küsste tief und bang wie du.
    Sie nahm mich leise bei der Hand
    Und führte mich zum selben Strand -

    Zum schmalen Pfad rings um den See;
    Dort, weisst du, wo die Erle weint,
    Da lagen wir so stumm vereint.

    Dort trank ich diese Sommernacht
    Und trank sie ohne Qual beglückt,
    Da ward ich deinem Kreis entrückt.

    So sehr vergass ich meiner Treu',
    Dass du mir heute seltsam bist,
    Als hätt' ich niemals dich geküsst - -

    Geschah es wirklich gestern erst,
    Dass ich in deinen Armen war,
    Gehüllt in dein mattblondes Haar? - -
    _____


     


 

 

 

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