Liebessonette ausländischer Dichter und Dichterinnen
(in deutscher Übersetzung)

 



Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)





 




Garcilaso de la Vega (1503-1536)

(In der Übersetzung von Friedrich Wilhelm Hoffmann und Sebastian Mutzl)

 

Sonett

O süsse Pfänder, mir zur Qual erfunden,
Ja, süss und froh, als Gott es wollte gönnen!
Nicht kann von euch sich die Erinnrung trennen,
Mit der zu meinem Tod ihr seid verbunden.

Wem ahnte wohl, als in vergangnen Stunden
Es höchste Wonne mir, euch mein zu nennen,
Dass euer Anblick jemals sollte können
So schmerzlich tief mein Innerstes verwunden?

Da ihr in Einer Stunde ganz zerstöret
Habt all mein Glück, mir nach und nach gespendet:
Auch dem zurückgebliebnen Schmerz nun wehret.

Sonst wähn' ich, daß ihr habt mir zugewendet
Solch Glück allein, weil ihr zu sehr begehret,
Wie der Erinnrung Qual mein Leben endet.

Übersetzt von Friedrich Wilhelm Hoffmann (1785-1869)

Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857 (S. 94)
_______



Sonett

So lang' in Eurem Angesichte blühen
Die Farben noch der Lilien und Rosen,
Und Eures zücht'gen Auges Blick dem Tosen
Des Sturmes wehrt, die Wolken heisst entfliehen:

So lange jene Locken, die entliehen
Des Goldes Ader, noch, ein Spiel des losen
Und sanften Zephyrs, Euch mit art'gem Kosen
Den schönen, schlanken, weissen Hals umziehen:

Brecht ja die süsse Frucht Euch Eures frohen
Und heitern Lenzes, ehe, taub dem Flehen,
Die Zeit das schöne Haupt mit Reif beschütte!

Die Rose welkt, wenn kalte Lüfte wehen;
Der Jahre Flucht wird Allen Wandlung drohen,
Um nicht zu ändern die gewohnte Sitte.

Übersetzt von Friedrich Wilhelm Hoffmann (1785-1869)

Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857 (S. 96)
_____



Die treue Mutter, die der kranke Knabe
Mit Thränen anfleht, etwas ihm zu reichen,
Was, wie ihr klar, wenn sie sich läßt erweichen,
Sein Leiden mehren wird mit kurzer Labe:

Sie hält sich nimmer, daß Bedacht sie habe,
Die Klugheit muß der heißen Liebe weichen,
Sie läuft, und sollt' es ihm zum Tod gereichen!
Und stillt sein Weinen mit der gift'gen Gabe.

So des Gedankens thörichtem Begehren,
Der Dich von mir verlangt zu eig'nen Peinen,
Wollt' ich solch tödtend Labsal weislich wehren;

Doch er verlangt, und will nicht ruh'n zu weinen,
Daß ich ihm, was er will, wohl muß gewähren,
Vergessend seinen Tod und auch den meinen.

Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 97)
_____



Weil noch von zarten Lilien und Rosen
Die Farben dir auf junger Wange blühen;
Weil noch dein Blick, den Zucht und Ernst durchglühen,
Mit hellem Licht bezähmt des Sturmes Tosen;

Weil noch dein Haar, - im edlen Schooß erkosen
Der Mine, wo des Goldes Adern glühen, -
Am schönen Hals in spielendem Bemühen
Der West verwirrt und hebt mit sanftem Kosen:

Aernte die süße Frucht der heitern Tage
Des Lenzes, eh' die Zeit nach altem Brauche
Im Zorn den schönen Scheitel überschneiet,

Die Rose welkt im eis'gen Windeshauche,
Das flücht'ge Alter Freude kehrt in Plage,
Und dich und Alles seiner Laune weihet.

Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 98)
_____


 

 

zurück zum Liebessonnete-Verzeichnis

zurück zur Startseite