Liebessonette ausländischer Dichter und Dichterinnen
(in deutscher Übersetzung)

 



Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)





 




Lupercio Leonardo de Argensola (1564-1613)

(In der Übersetzung von Friedrich Wilhelm Hoffmann und Edmund Dorer)



Sonett

Nicht war es Deines Götterauges Prangen,
Das, Anna, in das Liebesjoch mich beugte;
Nicht hat Dein Purpurmund, der nectarfeuchte,
Das süsse Nestchen Amor's, mich gefangen.

Nicht Deine mit Carmin behauchten Wangen,
Nicht Deine Locke, der das Gold sich neigte,
Die Hand nicht, die so Vielen Fesseln reichte,
Noch Deine Engelsstimme mich bezwangen.

Nur Deine Seele, der als Spiegel dienen
All Deine Reize, hat besiegt die meine,
Zu halten ewig sie in ihren Banden.

Darum, was ich gerühmt von allen ihnen,
Auf Jener Macht bezieht es sich alleine,
Weil all' im Dienste Jener sie gestanden.

Übersetzt von Friedrich Wilhelm Hoffmann (1785-1869)

Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857 (S. 336)
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An den Traum

Was störst du meines Friedens flücht'ge Dauer,
Hartherz'ger Traum, du Bild der Grabesschrecken?
Was willst du Todessehnsucht mir erwecken,
Da nie das Leben mildre meine Trauer?

Such' den Tyrannen hinter fester Mauer
Im Marmorsaal, geschmückt mit goldnen Decken!
Auf engem Bett den Geizhals magst du necken,
Bis ihn mit Angstschweiß aufschreckt nächt'ger Schauer.

Der eine träume, daß ihn hart bedränge
Der Aufruhr und die goldnen Thore sprenge,
Die Dolche falscher Sklaven ihn verwunden;

Der andere, daß Räuber oder Diebe
Sein Geld, das er verborgen hält, gefunden -
Doch ihren Hort der Wonnen laß der Liebe!

Übersetzt von Edmund Dorer (1831-1890)

Aus: Eine Blütenlese aus spanischen Dichtern aller Zeiten
In deutschen Übertragungen
Herausgegeben von Julius Hart
Stuttgart Verlag von W. Spemann o. J. [1883] (S. 135)
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Der Weg zum Glücke

Mag einer selbst der Fremde sich verdingen,
Die Heimat tauschen gegen Gold und Gut,
Oder, was doch ihm nie Genüge thut,
Die reichen Ernten Afrikas erringen;

Und mag ein andrer Meer und Land bezwingen,
Sich stolz verlassen auf den eignen Mut,
Und mit des Krieges Waffenlärm und Wut
Das Recht und das Gesetz zum Schweigen bringen.

Nie werden ihrer Wünsche Ziel sie schauen,
Stets neu nach Lust wird sich ihr Herz verzehren,
Von Ehrgeiz ruhelos umhergetrieben.

O glücklich, die dem ebnen Weg vertrauen
Und von dem Glück kein andres Glück begehren,
Kein bessres, als zu dienen und zu lieben.

Übersetzt von Edmund Dorer (1831-1890)

Aus: Eine Blütenlese aus spanischen Dichtern aller Zeiten
In deutschen Übertragungen
Herausgegeben von Julius Hart
Stuttgart Verlag von W. Spemann o. J. [1883] (S. 136)
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