Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)
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Jaroslav Vrchlicky
(1853-1912)
(In der Übersetzung
von Friedrich Adler)
Im Regen
Und wieder regnet's! Strömend, seit fünf Tagen!
Du nähst, ich lese – so umspinnt uns leise
Die Einsamkeit, zwei Blätter, die die Reise
Im Windesflug an einen Ort verschlagen.
Zuweilen blitzt in meines Traums Behagen
Dein goldnes Haar, bald singst du eine Weise,
Der Biene gleich, die summend irrt im Kreise
Und ein Asyl sucht vor des Sturmes Jagen.
Und würde ganz der Sonne Strahl zunichte,
Glaub mir, ich würde nichts verloren wähnen,
Dein Auge leuchtet mir mit hellerm Lichte.
Des Maien Blüte weckt es hold mir innen,
Und nachts hab ich im Aug' mehr Freudentränen,
Als Regentropfen aus den Wipfeln rinnen.
(S. 109)
Aus: Gedichte von
Jaroslav Vrchlicky
Ausgewählt und übersetzt von Friedrich Adler [1857-1938]
Verlag von Philipp Reclam jun. Leipzig 1924
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