Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)
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Franz
Hessel
(1880-1941)
Nach Petrarca
Wenn ich mich ganz in jene Helle wende,
Darin mich blendet meiner Herrin lichtes
Angesicht, und ich fühle wie des Lichtes
Zehrende Glut mir schmilzt des Herzens Wände,
Bangt mir, daß sich das Leben von mir wende,
Ich sehe nah das Glimmen meines Lichtes
Und geh wie wer beraubt des Augenlichtes
Nicht weiß, woher, wohin sein Fuß sich wende,
Und fliehe immer vor der Hand des Todes
Dahin, jedoch zu zag als daß mein Sehnen
Nicht zöge mit - das ließ noch nie mich einsam. -
Stumm zieh ich hin, daß nicht das Wort des Todes
Die Menschen weinen mache. All mein Sehnen
Ist: zu vergießen meine Tränen einsam.
(S. 50)
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O daß die Liebe mich auf Flügeln trüge
Zu jenen Gründen, wo die ewigstillen
Meerquellen heimwärts in das Urbett quillen,
Heim gleiten in des Ursprungs Felsenkrüge,
O daß die Liebe schützend um mich schlüge
Die Meeresdunklen Falten, die verhüllen,
Mit großem Wogen alles Draußen füllen,
Umbettend mich wie weite Wolkenzüge,
Daß ich entränne diesem dumpfen Grauen
Vor meinen armen Stunden, blassen Tagen,
Um einmal das Unsagbare zu schauen,
Dem eignen Ohr verstummen in dem rauhen
Geräusch des Tages die verhaltnen Klagen,
Und kann doch nicht erkennen und entsagen.
(S. 52)
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Aus: Franz Hessel
Sämtliche Werke in fünf Bänden
Band IV: Lyrik und Dramatik
Herausgegeben von Hartmut Vollmer und Bernd Witte
Igel Verlag Oldenburg 1999
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