Liebessonette deutscher Dichter und Dichterinnen

 



Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)





 




Christian Hölmann
(1677-1744)



An eine liebenswürdige Schlesierin

Ich will den Rübezahl aus Schlesien verjagen:
Ich will dir seinen Schatz zum leibgedinge weihn:
Ich will sein zauber-schloß biß auff den grund zerstreun:
Ich will den zoten-berg von seiner stellen tragen:

Ich will mich gar biß auff die riesen-koppe wagen:
Ich will ins ganze land von deiner schönheit schrein:
Ich will / wo du's verlangst / ein glaubens-eifrer seyn /
Und da des Schwenckfelds schwarm biß auff daß haubt erschlagen:

Ich will den Oderstrom in andre gänge bringen:
Ich will zu deiner lust sein Ufer schöner baun:
Ich will den Oder-wald der erde gleiche haun:

Ich will viel Arien zu deinem lobe singen:
Wenn ich nur kan dadurch dir den gefallen thun /
Daß du mich läst auff deinem schooße ruhn.
(Theil 4 S. 75)
_____


Als er sie im sommer-hause schlaffen fand

Den rosen-stöcken hat die zeit den schmuck entführt;
Die lilien sind auch gefallen und verblichen;
Den tulipanen ist die bunte zier entwichen;
Und die narcissen hat der blumen-tod gerührt;

Die nelcke / die vorher den garten so geziehrt /
Und unsre brust erquickt durch ein gewürztes riechen /
Ist ebenfals als wie die andern schon verstrichen /
Und kurz: von blumen wird itzund nichts mehr verspürt.

Doch hier bey Clelien sind alle plätzgen voll /
Hier blühen rosen auff / dort zeigen sich narcissen /
Ja alles blumwerck liegt auff diesem jungfer-küssen /

Ich weiß nicht was ich recht hierüber sagen soll:
Vielleicht will mich ein trieb mit blumen-hunger straffen /
Drum liegt der frühling hier im sommer-hause schlaffen.
(Theil 4 S. 75-76)
_____



An seine Träume

Ihr früchte meiner ruh und kinder stiller nacht!
Euch träume muß ich mehr als Lesbien erheben /
Denn ihr versüsset mir doch wiederum das leben /
Wenn sie es bittrer noch als galle hat gemacht.

Ihr habt mir manchen blick von ihr zu wege bracht /
Durch euch hat sie mir offt die zarte hand gegeben /
Durch euch kont' offt mein mund an ihrem munde kleben /
In euch hat sie mich auch sehr freundlich angelacht.

Ihr seyd barmherzigkeit als ihre steiffe sinnen:
Doch wolt ich euren ruhm noch zehnmahl mehr erhöhn /
Wenn ich durch euch dies könt auch wachende gewinnen /

Was ich im schlaffe seh so offte vor mir stehn /
Dann stürben augenblicks die schweren trauer-bürden /
Wenn eure nächte nur einmal zu tage würden.
(Theil 4 S. 76)
_______



Als sie mit zu grabe gieng

Es gieng die Lesbia nechst hinter einer leiche /
Aus ihrem auge fiel ein strahl der traurigkeit /
Um ihre schultern lag ein weisses schleyer-kleid /
Nur auff den wangen sah' ich frische rosen-sträuche /

Ich dachte: diese tracht ist ja selbst nicht gleiche /
Es hat den ganzen leib die wehmut überschneit /
Wie daß die rosen denn hier auch nicht abgemeit /
Ist das nicht wieder der begräbnisse gebräuche?

Vielleicht wird's schon allhier so gewohnheit seyn /
Daß bey der leiche man auch kan geblüme führen /
So solte mich fast bald die seele selbst nicht reun /

Wenn ihren leich-proceß dein blum-werck wolte zieren /
Ich stürbe heute noch auff dir / als blosser erden /
Wenn deine blumen nur gefährten wolten werden.
(Theil 4 S. 76-77)
_______



Clelie sucht die einsamkeit in einem Garten

Im paradiese war wohl erst die einsamkeit:
Allein ietzt wird man wohl in solchen wollust-gründen
Nicht mehr den auffenthalt der stillen ruhe finden /
Weil blume / laub und gras von lauter liebe schreit /

Und gleichsam diese ruh durch solchen ruff entweiht.
Der thau / der früh sich pflegt ums rosen-haubt zu winden /
Ist nicht ein thau / es sind die nassen liebes-sünden /
Die thränen nenn‘ ich so / die dies vor liebe streut;

Ja sein geruch der ist nur seiner seuffzer wind /
Durch dessen sprach‘ es offt die gegen-liebe findt /
Ach blume! dieses feld das rufft dir gleichsam zu /

Wilstu der einsamkeit und ihrem stillen leben
Den garten deiner brust / und dich der ruh ergeben /
So such‘ im lieben das kleinod wahrer ruh.
(Theil 4 S. 87)
_______



Als sie verreisen wolte

Was treibt dich, Clelie! zu solchen harten schlüssen?
Was hat dir dieser ort, was diese brust gethan?
Daß dich dein herze nicht zu frieden geben kan,
Und deinen schönen leib von mir entfernt will wissen?

Ach schönste! wo du ja wilst fremde lüffte küssen,
Tritt dann dein zarter fuß auf die verwehrte bahn?
So fang ich allbereit vor angst zu sterben an,
Und werde bald mein hauß und grab bestellen müssen.

Doch will ich dich noch hier zu halten mich bemühn:
Mein seuffzen soll den wind dir ganz zuwider fachen,
Mein wünschen soll das rad des wagens rückwärts ziehn,

Den pferden will ich was an ihre füsse machen;
Ja ich will eher nicht alsdenn zu frieden seyn,
Biß dich, o Clelie! dein abschied wird gereun.
(Theil 6 S. 80)
_______


Aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer
Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)


 

 

zurück zum Liebessonette-Verzeichnis

zurück zur Startseite