Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)
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Minna von
Mädler
(1804-1891)
Sonett XXXI.
Die Mondnacht hüllt mit feierlichem Schweigen
In ihren Silberschleier Flur und Hain,
Und tausend Elfen schlingen zart und klein
Um Gräser ihren bunten Zauberreigen.
Ein grüner Baum mit seinen Blüthenzweigen
Schaut süß durchschauert in die Nacht hinein,
Er scheint von Düften ganz berauscht zu sein,
Die ihm, vermischt mit Harmonie'n, entsteigen.
Und kann er auch den holden Wechsel fassen?
In Nordes Weh'n, bedeckt mit Eis und Schnee,
Stand einsam er, entblättert und verlassen:
Da ziehen Monde spielend auf und nieder,
Da küßt ihm Zephyr ab das starre Weh,
Und sein sind wieder Blätter, Düft' und Lieder. –
(S. 289)
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Sonett XXX.
Ich grüße dich, du Schönster unter Schönen,
Ich grüße dich in deinen Feierhallen!
Umringt von deinen jubelnden Vasallen,
Will ich, dich preisend, meinem Drange fröhnen.
Du lachst in Blüthen und du sprichst in Tönen,
Dein Seufzen ist Gesang der Nachtigallen,
Dein Athem Duft, und deiner Locken Wallen
Ein Halmenmeer, das Diamanten krönen.
Wie lieblich ist es, nach den Stürmen allen
An deinen milden Scepter sich gewöhnen,
Von dessen Lobe laut die Fluren schallen.
Du Herrlichster von allen Göttersöhnen,
Laß dir die bunte Huldigung gefallen
Von Blumen, Vögeln, Quellen und Kamönen! –
(S. 288)
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Aus: Gedichte von Minna von Mädler geb. Witte
Leipzig und Mitau
G. A. Reyher's Verlagsbuchhandlung 1848
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