Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)
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Carl
Sternheim
(1878-1942)
Wir haben
nun in dreimal sieben Tagen
Auf stiller Insel unser Glück empfunden
Und haben einen Blumenstrauß gebunden
Von schönen Seufzern und entzückten Klagen.
Nun muß ich scheu dir ein Bedenken sagen:
Mich schmerzen meine tiefen Liebeswunden,
Sie woll'n so schnell wie deine nicht gesunden,
Mir ist sogar, ich müßt' den Doktor fragen.
Ein Schleier legt sich leicht um mein Genießen,
Und in den Ohren schmerzt ein dumpfer Ton,
Ich möchte manchmal beide Augen schließen.
Dann winkt mir deine Hand den süß'sten Lohn,
Ich folge, und ich weiß, ich muß es büßen.
In meinen Wonnen grinst ein böser Hohn.
(S. 80)
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Und plötzlich halten jetzt die strengsten Pflichten
Mein übervolles Selbst in hartem Bann,
Und will mein Herz sich bäumen dann und wann,
Bald schweigt's und kehrt zurück zu stillem Dichten.
Auf meinen Knabenmut mußt' ich verzichten,
Und alles, was ich jetzt noch will und kann,
Ist, daß der Friede, den ich um dich spann,
Dich schütze bis nach glücklichem Verrichten.
Für deine schlimmen Ungezogenheiten
Hab' ich die gleiche, stete milde Güte.
Ich lächle über deine Albernheiten
Und bring' von draußen dir des Frühlings Blüte.
Um deinen Körper lass' den Blick ich gleiten
Und bete jeden Abend: Gott behüte.
(S. 81)
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Aus: Carl Sternheim
Gesamtwerk
Band 9: Unveröffentlichtes Frühwerk II
Lyrik Dramenfragmente Prosa
Herausgegeben von Wilhelm Emrich
Hermann Luchterhand Verlag Neuwied am Rhein, Berlin 41 1970
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