Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)
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Gottlieb
Stolle (Leander aus Schlesien)
(1673-1744)
Als ihn Albanie mit einem schneeball geworffen
Sonnet
Ich weiß nicht, wie ich mich nächsthin verleiten ließ,
Es mit Albanien auf schnee-bäll anzunehmen.
Ich muste mich mit ihr an einen ort beqvemen,
Da uns die einsamkeit aus aller augen riß.
Es muste sich der schnee, der mehr als perlen gließ,
Vor der entblösten haut der zarten hände schämen.
Allein ich hob kaum an, die waffen vorzunehmen,
Als mich Albanie schon auf das herze schmieß.
Sie lacht', und ich erschrack; sie lief, und ich blieb stehen.
Es wolte mir der schnee in meiner faust zergehen.
Ich fühlt', ich weiß nicht, was vor feuer in der brust.
Denn daß Albanie den Cypripor agiret,
Und in den kalten ball, den sie so wohl geführet,
Der liebe glut versteckt, das hatt' ich nicht gewust.
(Theil 5 S. 521)
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Von Melindens
munde
Allzugeringe faust! unwürdiges papier!
Ich weiß Melindens mund nicht lebhafft abzuschildern:
Es schickt mein pinsel sich nicht zu dergleichen bildern,
Und ein nur blasses blat faßt keine solche zier.
Es starrt, o schönster mund! so mund als hand vor dir,
Denn meine poesie will allbereits verwildern;
Doch dein gelinder kuß kan alle härte mildern:
Und wen dein othem rührt, der tritt getrost herfür.
Wohlan! so sey es denn: Die farbe deiner lippen
Steigt höher, als die pracht von den corallen-klippen,
Und wer im tode liegt, den macht ihr feuer frisch.
Zwar andern schlägt die brust weit eine süßre wunde;
Allein ich bin vergnügt, hab ich auf deinem munde,
Du andre Helena! nur einen freyen tisch.
(Theil 5 S. 526)
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Aus dem welschen des Petrarca
Dis ist die wüsteney, die sich mein fuß erkiest,
Wenn ich des herzens qvaal mit stillen lippen klage,
Ich, der ich voller furcht noch wol den augen sage,
Sich fleißig umzusehn, ob alles einsam ist.
Denn wo du, einsamkeit! mir deinen schutz entziehst,
So sieht die ganze welt, was ich im herzen trage;
Weil man den klaren grund der tief-verborgnen plage
Leicht aus der nassen schrifft der trüben augen liest.
Wiewol, ob meine pein gleich keine menschen schauen,
So kennet ihr sie doch, ihr felsen, püsch' und auen!
Zum minsten hab ich noch kein so gar einsam feld,
Wie sehr ich mich bemüht, in dieser wüst' ergründet,
Da sich die liebe nicht an meiner seite findet,
Und unveränderlich mit mir gespräche hält.
(Theil 5 S. 529-530)
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Sonnet
Aus dem frantzösischen des Voiture
Es ließ sich Florida, der schönheit ebendbild,
Bey kühler abend-zeit in rosen-tracht erblicken,
Sie wußte sich so licht und glänzend auszuschmücken,
Daß sie die ganze welt vor die Aurora hielt.
Es war die linde lufft mit süßem schall erfüllt,
Die erde grüßte sie mit tausend blumen-stücken,
Man sah' die sternen sich auf ihren abschied schicken,
Wie, wenn Aurorens thau der muscheln sehnsucht stillt.
Die sonne ließ die schoos der holden Thetis fahren,
Bließ ihre flammen auf, die schon verloschen waren,
Und ließ die deichsel sich zu unsrer Schönen drehn.
Die Thetis hatte selbst der vorzug eingenommen;
Doch war ihr Florida kaum unter augen kommen,
So kroch sie in das meer und ließ sich nicht mehr sehn.
(Theil 5 S. 543-544)
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Aus eben
demselben,
Als ihm die Floris gerathen, der Phyllis
seine liebe zu entdecken
Ach, Floris! meine lieb' ist noch ein junges kind.
Wie? soll das arme ding schon mutter sprechen können?
Du sprichst: Sie solle sich der Phyllis sclavin nennen,
Und sagen: daß ihr glanz der Venus abgewinnt.
Sie soll der augen nacht, den schnee der zarten brust,
Der wangen lilgen-feld, bis zu der sonne führen,
Den anmuth-vollen mund mit frischen rosen zieren,
Und ruffen: Phillis ist das paradieß der lust.
Doch meine liebe schwimmt noch in den ersten thränen;
Wer kan ein windel-kind so zeitlich abgewehnen?
Nein, Schöne Freundin! nein, dein vorschlag geht nicht an.
Ich weiß wohl, daß ein kind von anderthalben tagen
Noch ach und thränen muß in mund und augen tragen;
Nicht aber, daß es lacht und worte machen kan.
(Theil 5 S. 548)
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Auf die sich mit
blumen nährende Florette
Aus dem Pays. Sonnet
Florette! dein geschmack ist ziemlich ungemein:
Du wilst, man solle dir sonst nichts als blumen geben,
Man sieht die lilien offt an den perlen kleben,
Wo deine zähne nicht noch mehr als perlen seyn.
Der rosen-lichte mund nimmt lauter rosen ein:
Der schönsten nelcke tod ist deiner zunge leben:
Die veilge kan sich kaum aus ihrer wurtzel heben,
So legt dein hunger ihr schon einen leichen-stein.
Allein bedenckst du auch, was dir der winter dräuet,
Der aller gärten pracht in seinem grimm zerstreuet,
Biß auf den blumen-schmuck, den deine schönheit weist?
Florett‘! entwehne dich dergleichen lecker-bissen;
Sonst wirst du, wenn die zeit dir diese kost entreist,
Aus harter hungers-noth dich selbst verzehren müssen.
(Theil 6 S. 360-361)
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Aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer
Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)
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