Liebessonette deutscher Dichter und Dichterinnen

 



Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)





 




Kathinka Zitz-Halein
(1801-1877)



Tiefes Gefühl

I.
Der Frühling grüßt die neubegrünten Auen,
Im dunkeln Laube blüht das Veilchen wieder,
Bald tönen Philomelens süße Lieder,
Bald werden wir die stolze Rose schauen.

An deiner Seite wandl' ich auf und nieder,
Umfange dich mit schweigendem Vertrauen;
Vor böser Zukunft wird mir nimmer grauen,
Nur Freude netzet mir die Augenlieder.

Wie ist's seit kurzem anders doch geworden,
Die Lyra hallte nur von Klagakkorden
Und jetzo singet sie der Liebe Glück.

Mir ist ein neues Leben aufgegangen,
Und mit des Herzens seligstem Verlangen
Häng' ich beglückt an deinem Feuerblick.


II.
O! könntest du's nur einmal so recht denken,
Begreifen ganz mein seliges Empfinden -
Ich möchte dich mit ew'gen Ketten binden
Und gleich dem Pelikan mit Blute tränken.

O! könnt' ich für mein Sehnen Worte finden,
Und diese tief dir in die Seele senken;
Ich möchte dir mein Leben freudig schenken,
Kann nur mein Arm im Todte dich umwinden.

Nur dich trag' ich im innersten Gemüthe,
Nur dein bin ich, bin dir auf immer eigen,
Dich tauscht' ich selbst um einen Himmel nicht.

Wie treu ich liebe soll die Zukunft zeigen,
Mich hält die starke Fessel deiner Güte,
Bis einst die Parze meinen Faden bricht.

Aus: Herbstrosen in Poesie und Prosa von Kathinka Zitz
Mainz 1846 (S. 164-165)
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