Leonardo da Vinci
(1452-1519)
Frauen-Kopf |
Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
-
Dante Alighieri (1256-1321)
- Fünfzehntes Sonett
italienischer Dichter
Mit solcher Huld und
Anmuth ist geschmücket
-
Dante
Alighieri (1256-1321) -
Elftes Sonett
italienischer Dichter
Amor bewohnt Madonna's Augenlicht
-
Dante
Alighieri (1256-1321) -
Achtzehntes Sonett
italienischer Dichter
Im Angedenken war mir aufgegangen
-
Dante
Alighieri (1256-1321) -
Einundzwanzigstes Sonett
italienischer
Dichter
Das bittre Weinen, das ihr offenbartet
-
Dante
Alighieri (1256-1321) -
Dreiundzwanzigstes Sonett
italienischer
Dichter
Weh mir! Solch eine Schar von Seufzern schicket
-
Dante
Alighieri (1256-1321) -
Erstes Sonett
italienischer Dichter
Madonnas schönes Augenpaar verklären
-
Cino da
Pistoja (um 1270-1336/37) -
Madrigal
italienischer Dichter
Madonna, das Erbarmen
-
Cino da
Pistoja (um 1270-1336/37) -
Madrigal
italienischer Dichter
Es werden nimmer meine Augen müde
-
Francesco Petrarca
(1304-1374) - Sonett 128
italienischer Dichter
Glücksel'ge Blumen ihr, die oftemahlen
-
Percy
Bysshe Shelley (1792-1822) -
An E - V -
englischer Dichter
Madonna, warum hast du mir geschickt
-
Alexander
Puschkin (1799-1837) -
Die Madonna
russischer Dichter
Mit einer Galerie von Meisterwerken nicht
-
Ferdinando
Russo (1866-1927) -
Die Madonna mit den
Mandarinen
italienischer
Dichter
Führt ein Engelchen im Himmel
-
Kurd Adler (1892-1916) - Das
Porträt
Aus deines Haares
Widerspenstigkeit
-
Hans Bethge (1876-1946) - Auf
Rositas Hände
Deine weissen
Hände liebe ich so
-
Otto Julius Bierbaum
(1865-1910) -
Adoration
Ich strecke meine
Hände aus nach dir
-
Georg Busse-Palma (1876-1915)
- Mädchen im Frühling
Er nannte mich:
"Du Heilig-Reine"
-
Julius Grosse (1828-1902) -
Begegnung
Du holde
Traumgestalt
-
Julius Grosse (1828-1902) -
Ob du mich je geliebt, ich weiß es nicht
Ob du mich je
geliebt, ich weiß es nicht
-
Karl Herloßsohn (1804-1849) -
An Sie
Wie ich Dich
liebe, wie Du meine Wonne
-
Karl Herloßsohn (1804-1849) -
Anna
Sie hat mich so
heiß geliebt
-
Georg Herwegh (1817-1873) -
Der Maler
Stille Freuden
meiner Jugend
-
Friedrich von Heyden
(1789-1851) - Glücklicher Zufall
Auf dem Altar
fand ich Madonna stehen
-
Wolf Graf von Kalckreuth
(1887-1906) - Begabung
Ich wünschte, ich
wäre ein Dichtergenie
-
Eduard Kauffer (1824-1874) -
Blauäugelein
Du bist im
Strahlenkleide
-
Eduard Kauffer (1824-1874) -
Dein Aug' was will es sagen? -
Dein Aug' was
will es sagen? -
-
Eduard Kauffer (1824-1874) -
Schlaftrunken küßt der Sonnenstrahl
Schlaftrunken
küßt der Sonnenstrahl
-
Gustav Kühne (1806-1888) -
Mit dem Bild der Madonna
O liebste Nuß,
Du machst mir vieles Weh
-
Detlev von Liliencron
(1844-1909) - Liebeslied
Dem Fremden gilt
dein Evoë
-
Ferdinand von Saar
(1833-1906) - Lydia
Noch ist dein
Antlitz hell und mild
-
Hugo Salus (1866-1929) -
Madonna
Den Säugling
ihrer Schwester hielt mein Mädchen
-
Ernst Schulze (1789-1817) -
Abschied
Ich liebte dich,
und ach, ich muß entsagen!
-
Reinhard Johannes Sorge
(1892-1916) - Der Abend flog schon nieder
Der Abend flog
schon nieder in die Täler
-
Ernst Stadler (1883-1914) -
Tage
Ich stammle irre
Beichte über deinem Schoß
-
Emanuel von Bodman
(1874-1946) - Ohne Maske
Nun ist die zarte
Maske abgefallen
-
Emanuel von Bodman
(1874-1946) - Der zersprungene Spiegel
Daß ich dich nun
verlor, soll ich's noch klagen?
-
Emanuel von Bodman
(1874-1946) - Junge Madonne
In deinem süße
Anblick schweigt die Wunde
-
Emanuel von Bodman
(1874-1946) - Süsser Verzicht
Ich saß einmal
ganz in mein Schaun versunken
-
Peter Cornelius (1824-1874) -
Schöne Meßnerin
Schöne Meßnerin!
-
Nikolaus Lenau (1802-1850) -
Stumme Liebe
Ließe doch ein
hold Geschick
-
Friedrich Marc (1819-?) -
Minneblüthen / Huldigung
Wie auf erhabnem
Bilde der Madonne
-
Moritz Saphir (1795-1858) -
Viel Gedanken steh'n verworren
Viel Gedanken
steh'n verworren
Dante
Alighieri (1256-1321)
italienischer Dichter
Fünfzehntes Sonett
Mit solcher Huld und Anmuth ist geschmücket
Madonna, daß, wem Sie sich grüßend neigt,
Deß Zunge plötzlich stockt und zitternd schweigt,
Und kaum empor zu Ihr sein Auge blicket.
Vernimmt Sie Lobeswort' Ihr nachgeschicket,
So flieht Sie, der an Demuth keine gleicht.
Wol scheint's, daß Sie vom Himmel niedersteigt
Ein Wunder, das die Seligen entzücket.
So zauberisch ist Ihrer Augen Licht,
Daß in das Herz draus eine Süße quillet,
Die nicht begreifet, wer sie nicht erlebet.
Herab von Ihrem Antlitz, scheint es, schwebet
Ein milder Geist, von Amors Huld erfüllet,
Der: Seufze! zu der Seel' im Weggehn spricht.
übersetzt von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)
und Karl Witte (1800-1883)
Aus: Dante Alighier's lyrische Gedichte
Übersetzt und erläutert von
Karl Ludwig Kannegießer und Karl Witte
Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage
Erster Theil: Text Leipzig F. A. Brockhaus 1842 (S. 29)
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Dante
Alighieri (1256-1321)
italienischer Dichter
Elftes Sonett
Amor bewohnt Madonna's Augenlicht,
Da Alles, was Sie anschaut, sich verkläret,
Und, wo Sie geht, sich jeder zu Ihr kehret,
Und jedes Herz erbebt, zu dem Sie spricht,
Daß All' erblassen neigend das Gesicht,
Und seufzen ob dem Fehl, der sie beschweret;
Es flieht vor Ihr, was zorn- und stolzbethöret.
Helft mir, Sie preisen, Fraun, ich kann es nicht.
All' Huld und alle Demuthsfüll' erquillt
Im Herzen dessen, dem Sie Rede schenket;
Drum, wer Sie sahe, dem hat Heil begonnen.
Doch, lächelt Sie ein wenig, diese Wonnen
Wer ist, der sie ansagt, der sie nur denket?
Solch Wunder ist es, neu und hulderfüllt.
übersetzt von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)
und Karl Witte (1800-1883)
Aus: Dante Alighier's lyrische Gedichte
Übersetzt und erläutert von
Karl Ludwig Kannegießer und Karl Witte
Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage
Erster Theil: Text Leipzig F. A. Brockhaus 1842 (S. 21)
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Dante
Alighieri (1256-1321)
italienischer Dichter
Achtzehntes Sonett
Im Angedenken war mir aufgegangen
Madonna, deren Hulderhabenheit,
Also gebot's der Herr der Herrlichkeit,
Marias Demuthshimmel hat empfangen.
Im Angedenken war mir aufgegangen
Die holde Frau, der Amor Thränen weiht
Im Augenblick', als seine Mächtigkeit
Euch trieb zu schauen, was ich angefangen.
Amor, bemerkend, daß ich Sie empfangen,
Erwacht' im Herzen, wo nichts wohnt als Leid,
Und sagte zu den Seufzern: "Fliehet weit!"
Und sie erfüllten klagend sein Verlangen.
Sie weinten, als sie sich hinwegbegaben,
Mit einem Ton, bei dem schon oft die Thräne
Des Schmerzes meinem bangen Aug' entbebet.
Die aber, die mit kläglichstem Gestöhne
Davonflohn, riefen: "Geist, hoch und erhaben,
Heut' ist's ein Jahr, da du emporgeschwebet."
übersetzt von Karl
Ludwig Kannegießer (1781-1861)
und Karl Witte (1800-1883)
Aus: Dante Alighier's lyrische Gedichte
Übersetzt und erläutert von
Karl Ludwig Kannegießer und Karl Witte
Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage
Erster Theil: Text Leipzig F. A. Brockhaus 1842 (S. 37)
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Dante
Alighieri (1256-1321)
italienischer Dichter
Einundzwanzigstes Sonett
"Das bittre Weinen, das ihr offenbartet
So manchen langen Tag, ihr Augen mein,
Es flößte oft des Mitleids Thränen ein
Auch fremden Menschen, wie ihr es gewahrtet.
Jetzt scheinet mir's, daß ihr nicht Treu bewahrtet,
Könnt' ich so ruchlos und so schändlich sein,
Und nicht an Die euch mahnen mit Bedräun,
Für Die ihr eure Thränen sonst nicht spartet.
Die Eitelkeit, von der ihr seid besessen,
Flößt mir Besorgniß ein und Furcht und Beben
Vor einer Jungfrau Blick, die euch beschaut.
Ihr solltet nie, so lang' ihr seid im Leben,
Madonna, die gestorben ist, vergessen."
So spricht mein Herz in mir; dann seufzt es laut.
übersetzt von Karl
Ludwig Kannegießer (1781-1861)
und Karl Witte (1800-1883)
Aus: Dante Alighier's lyrische Gedichte
Übersetzt und erläutert von
Karl Ludwig Kannegießer und Karl Witte
Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage
Erster Theil: Text Leipzig F. A. Brockhaus 1842 (S. 40)
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Dante
Alighieri (1256-1321)
italienischer Dichter
Dreiundzwanzigstes Sonett
Weh mir! Solch eine Schar von Seufzern schicket
Das Herz hervor aus der Gedanken Heer,
Daß meine Augen matt sind und nicht mehr
Den anschaun können, welcher sie anblicket,
Und nur ein Doppelwunsch sich drinn ausdrücket,
Zu weinen und zu äußern die Beschwer;
Und gar nicht selten weinen sie so sehr,
Daß Amor mit dem Marterkranz sie schmücket.
Und die Gedanken dann und Seufzer üben
So quälende Gewalt in meinem Herzen,
Daß Amor dort erstarrt von Qualgefühl;
Denn in sich tragen jene, voller Schmerzen,
Madonna's süßen Namenszug geschrieben,
Und Jammerwort' um Ihr Verscheiden viel.
übersetzt von Karl
Ludwig Kannegießer (1781-1861)
und Karl Witte (1800-1883)
Aus: Dante Alighier's lyrische Gedichte
Übersetzt und erläutert von
Karl Ludwig Kannegießer und Karl Witte
Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage
Erster Theil: Text Leipzig F. A. Brockhaus 1842 (S. 42)
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Dante
Alighieri (1256-1321)
italienischer Dichter
Erstes Sonett
Madonnas schönes Augenpaar verklären
Von Amor so durchdrungene Gewalten,
Daß Alle, die sie treffen, innehalten,
Und Andres nicht, als Sie, zu schaun begehren.
Wenn Sitt' und Schönheit Sie als Göttin ehren,
Thun sie's mit Recht, so werth ist Sie zu halten.
Sie gleicht nur Himmels-, keinen Erdgestalten,
Und ewig, ewig soll Ihr Ruhm sich mehren.
Wol wird, wer Sie nach Kräften lieb hat, selig,
Im Anschaun Ihrer Preise, die so viel sind;
Und sagst du mir: "Wie weißt du's?" - Weil ich's fühle. -
Erkundigst du dich nun und sprichst: Wie viel sind?
So weiß ich's, denn nicht nur hundert zähl' ich,
Unendlich mehr als noch einmal so viele.
übersetzt von Karl Ludwig Kannegießer (1781-1861)
und Karl Witte (1800-1883)
Aus: Dante Alighier's lyrische Gedichte
Übersetzt und erläutert von
Karl Ludwig Kannegießer und Karl Witte
Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage
Erster Theil: Text
Leipzig F. A. Brockhaus 1842 (S. 139)
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Cino da
Pistoja (um 1270-1336/37)
italienischer Dichter
Madrigal
Madonna, das Erbarmen
Um das Euch alle meine Seufzer flehen,
Verlangt Erlaubniß nur, Euch anzusehen.
Ich fühle so Eu'r Mißbehagen
Wenn unverwandt an Euch mein Blick muß hangen,
Daß Euch zu sehn ich nicht mag wagen.
Und sterbe vor vergeblichem Verlangen.
Erbarmet Euch um Gottes willen,
Nur sehn will ich, das wird mein Sehnen stillen,
Laßt, Hohe, das mit Zorn Euch nicht erfüllen.
Aus: Handbuch der
Geschichte der
Italiänischen Litteratur
Erläutert durch eine
Sammlung übersetzter Musterstücke
Herausgegeben von Dr. Fr. W. Genthe
Zweite Abtheilung: Die Italiänischen Dichter
Magdeburg Verlag von Ferdinand Rubach 1834
[Übersetzer sind nicht explizit genannt] (S. 97)
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Cino da
Pistoja (um 1270-1336/37)
italienischer Dichter
Madrigal
Es werden nimmer meine Augen müde
Zu schau'n Madonna's holdes Angesicht;
Sie wenden eh'r sich nicht,
Bis im Betrachten ich mein Glück gefunden. -
Nach Engel-Art, die höher durch Natur
Als Menschen-Creatur
In Gottes bloßem Anschau'n selig werden,
Könnt' ich auf ird'scher Flur,
Betracht' ich die anmuthigen Geberden
Der Dame, die mein Herz gewonnen,
Schon hier empfinden sel'ge Wonnen,
So groß ist ihre Macht, daß aus sie gehet
Und Andere erfüllt, was nur verstehet
Wen zu sehnsüchtiger Verehrung sie verbunden.
Aus: Handbuch der
Geschichte der
Italiänischen Litteratur
Erläutert durch eine
Sammlung übersetzter Musterstücke
Herausgegeben von Dr. Fr. W. Genthe
Zweite Abtheilung: Die Italiänischen Dichter
Magdeburg Verlag von Ferdinand Rubach 1834
[Übersetzer sind nicht explizit genannt] (S. 97-98)
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Francesco Petrarca (1304-1374)
italienischer
Dichter
Sonett 128
Lieti fiori e
felici, e ben nate erbe
Glücksel'ge Blumen ihr, die oftemahlen
Madonna sinnend drückt, o lichte Sprossen!
Ihr Höh'n, wo sich ihr süßes Wort ergossen
Und schönen Fußes Spuren noch sich mahlen!
Geschlanke Bäum' und junge Zweig' in Thalen!
Violen, lieblich ihr und bleich erschlossen!
Du Schattenwald, von Sonnenlicht durchflossen,
Das hehr und stolz dich macht mit seinen Strahlen!
O freundlich Ländchen du! o Stromes Reine!
Badend die Wang' ihr und die klaren Sterne,
Die du dich nährst von dem lebend'gen Scheine;
Wie neidet' ich so holde Näh' euch gerne!
In eurem Kreise ragt kein Felsgesteine,
Das nicht mit meinen Flammen glühen lerne.
übersetzt von Karl
August Förster (1784-1841)
Aus: Francesco Petrarca: Italienische
Gedichte.
3 Bände in einem, übers. v. Carl Förster, Wien: Chr. Fr. Schade, 1827
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Percy Bysshe
Shelley (1792-1822)
englischer Dichter
An E - V -
Madonna, warum hast du mir geschickt
Basilien und Vergißmeinnicht?
Bild der Gesundheit und der Lieb', erblickt
Von mir in einem Kranz noch nicht.
Ach, feucht bethaut sie sind!
Sind's deine Küsse, deine Thränen glüh?
Denn Thau noch Regen nie
So süßen Duft gewinnt
Von Pflanz' und Blum' - schon daß ich deß gedenke,
Macht meinen immerneuen
Schmerz theurer mir, die Seufzer, die ich schenke,
Die Thränen, die ich um dich wein'.
übersetzt von Julius Seybt (gest. 1871)
Aus: Percy Bysshe Shelley's poetische Werke
in einem Bande
Aus dem Englischen übertragen von Julius Seybt
Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann 1844 (S. 347)
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Alexander
Puschkin (1799-1837)
russischer Dichter
Die Madonna
Mit einer Galerie von Meisterwerken nicht
Der alten Malerkunst drängt's mich, mein Heim zu schmücken,
Daß abergläubisch schwelgt der Gast im Hochentzücken,
Nachbetend, was der Mund der stolzen Kenner spricht.
Ein Bild im schlichten Eck nur könnte das Gesicht,
Die Seele und den Geist mir ewiglich beglücken:
Wenn von der Leinewand, gleichwie aus Wolkenschicht,
Die heilige Jungfrau würd und Christus niederblicken -
Sie – hoheitsvoll und mild, er – sinnend, unschuldrein,
Von Himmelsglanz umstrahlt und hehrem Glorienschein,
Von Engeln nicht umschwebt, in Zions Palmenhorte …
Nun hat den heißen Wunsch der Schöpfer mir erfüllt:
Genaht, Madonna, bist du meinem Andachtsorte,
Vollkommner Schönheit du vollkommnes Ebenbild!
übersetzt von
Friedrich Fiedler (1859-1917)
Aus: Gedichte von Alexander Puschkin
Im Versmaß der Urschrift von Friedrich Fiedler
Philipp Reclam jun. Verlag Leipzig 1907 (S. 102)
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Ferdinando
Russo (1866-1927)
italienischer Dichter
Die Madonna mit den Mandarinen
Führt ein Engelchen im Himmel
Sich nicht auf, wie sich's gebührt,
Wird es auf Befehl des Herren
In ein dunkles Loch geführt.
Und der Herr spricht zu 'nem andern:
Ruf mir gleich Sanct Peter her!
Und Sanct Peter kommt gelaufen:
Was giebt's Neues, lieber Herr?
- Einen kleinen Engel sperrt' ich
In ein dunkles Zellchen ein.
Setz ihn mir auf Brod und Wasser,
Denn er ist ein Sünderlein. -
Und Sanct Peter senkt die Stirne,
Murmelt: Ja, Herr! vor sich hin,
Und der Herrgott: Vierundzwanzig
Stunden - hörst du - bleibt er drin.
Doch das Englein in der Zelle
Lamentiert und jammert sehr.
Lieber Herrgott, sagt Sanct Peter,
Nehmt's für diesmal nicht so schwer.
- Nein, so ist mein fester Wille,
Sagt der liebe Gott. Schweig still!
Drüber ging' es sonst und drunter;
Hier geschieht nur, was ich will. -
Und Sanct Peter schleicht von hinnen.
In dem dunklen Kämmerlein
Hört man den gefangnen Kleinen
Weinen und um Gnade schrei'n.
Aber die Madonna, wiegt die
Nachts das Paradies in Ruh,
Steckt ihm heimlich und verstohlen
Ein paar Mandarinen zu.
übersetzt von Paul
Heyse (1830-1914)
Aus: Paul Heyse Italienische Dichter in Übersetzungen
Lyriker und Volksgesang Neue Folge
Gesammelte Werke (Gesamtausgabe) Reihe V Band 5
George Olms Verlag Hildesheim Zürich Neu York 2002
(Nachdruck der Ausgabe Stuttgart Berlin 1905) (S. 388-389)
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Kurd Adler (1892-1916)
Das Porträt
Aus deines Haares Widerspenstigkeit
biegt sich in schmalen Runden dein Gesicht
empor. Wie wenn am Abendhorizont ein Licht
Vertrauen bringt. Spukhafter Dunkelheit
gebücktes Lauern lächelnd übereilt.
Und deine Stirne ist wie ein Gebet,
ganz eingeschlossen, so wie Liebe geht
zu einem Kummer, den kein Mensch geheilt.
Selbst deine Wangen sind davon umfaßt,
und zeigen noch die überirdische Spur,
gleich Sternen auf der künstlichen Glasur
von alten Kirchefenstern. Nur ein Gast
sind deine Lippen. So von Erde voll
- weinrauschender - die Worte sind Musik
auf ihnen blühend. Jedes ist ein Stück,
das tönend aus gereiftem Halse quoll.
Denn so ist alles Sprechen stark an Kraft,
die in der Adern Gänge quillt und treibt.
So baut es Türme; unvergessen bleibt
es so, als habe es der Gott geschafft.
Und dieses alles ist ein kleines Nichts
vor deiner Augen weitgeöffnet Tor,
und wie ein junger Frater knie ich vor
diesen Juwelen deines Angesichts.
Sie sind so wie ein Garten, tief im Land,
und wie der Menschen Güte vor dem Tod,
und wie der blonden Kinder guter Gott,
und wie ein reiner Tor, der Sehnsucht fand,
wohin er kam. Nun fand ich eine Ruh,
die alles Leben dir zu Händen legt,
Rauhes und Mildes duldend jetzt erträgt
um deine Augen, du, Madonna, du.
Aus: Die Aktion
Zeitschrift für freiheitliche Politik und Literatur
Herausgegeben von Franz Pfemfert 5. Jahrgang 6. Nov. 1915 (S. 570)
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Hans Bethge (1876-1946)
Auf Rositas Hände
Deine weissen Hände liebe ich so,
Wenn sie müde Dir im Schosse ruhn
Und der volle Mond durch die Gardinen
Sie mit seinem milden Glanz umfliesst.
Niederknieen möchte ich vor Dir,
Reizende Madonna, und das Haupt
Tief auf Deinen Schoss herniederbeugen
Und die feinen, blassen Hände küssen.
O mein Gott, was würden Deine Augen
Staunen da, und in dem zarten Brüstchen
Das erregte Herz vor Schrecken pochen.
Denn Du bist noch ganz ein Kind, dem Leben
Weit entfernt, und kennst Dich selbst noch nicht.
Darf ich Deine Hände drum nicht küssen,
Deine Hände, die ich lächelnd liebe,
Will ich doch davon den Blick nicht wenden,
Wenn sie müde Dir im Schosse ruhn
Und der volle Mond durch die Gardinen
Sie mit seinem milden Glanz umfliesst.
Aus: Hans Bethge Die Feste der Jugend
Ein Gedichtbuch mit Zeichnungen
von J. M. Olbrich und einem Bildnis
Verlegt bei Schuster und Loeffler in Berlin 1901 (S. 104)
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Otto Julius Bierbaum (1865-1910)
Adoration
Ich strecke meine Hände aus nach dir,
Wie Beterhände sich zum Antlitz strecken
Der gnadenreichen Mutter, die im Arm
Das liebevolle ernste Kind umfängt.
So, o Madonna, möcht ich, daß mein Herz
Umfangen wär von deinem Herzen; so,
So, o Madonna, möcht ich, daß dein Blick
Der heitere mich überstrahlte. Sieh,
Madonna, sieh, wie ich voll Glaubens bin,
Versunken ganz in deine Güte, ganz,
Ganz fromm und selig, wie ein armes Herz,
Das schon gestorben war in Graus und Gram
Und zur Madonna seine Zuflucht nahm
Und stark in Liebe ward, neu lebend, frei,
Daß es vor Glücke zuckt und bebt und bangt
Und nichts mehr, nichts von dieser Welt verlangt,
Als daß es stets im Glanz Mariens sei.
Aus: Der neubestellte
Irrgarten der Liebe.
Um etliche Gaenge und Lauben vermehrt.
Verliebte, launenhafte, moralische und andere Lieder,
Gedichte und Sprüche aus den Jahren 1885 bis 1905
von Otto Julius Bierbaum Insel Verlag Leipzig im Herbst 1906 (S. 52-53)
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Georg Busse-Palma
(1876-1915)
Mädchen im Frühling
3.
Er nannte mich: "Du
Heilig-Reine",
Doch war nicht reinlich, was er tat.
Er bog die Knie und küßte meine,
So bang ich um Erbarmen bat.
Er rief von Leidenschaft gerötet:
"Madonna du, wie bist du schön!" –
Doch wie er mich dann angebetet,
Das kann kein Mädchenmund gestehn!
Ich ward entheiligt und erhoben.
Mir schwand die Welt in Weh und Lust.
Ich fiel und stieg dann doch nach oben
Und nahm ihn mit an meiner Brust. –
Aus: Zwischen Himmel
und Hölle
Neue Balladen und Schwänke Sprüche und Lieder
von Georg Busse-Palma
Berlin 1913 (S. 136-139)
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Julius Grosse (1828-1902)
Begegnung
Du holde Traumgestalt,
Wie aus verschwundnen Zeiten,
Wie kommt's, daß du so kalt
Mir kannst vorüberschreiten?
Und doch - dein Aug', das klare,
Nachleuchtet gnadenmild,
Als blickte vom Altare
Ein sanft Madonnenbild.
Und kommt ein andrer Tag,
Am selben öden Orte
Zähl' ich der Stunden Schlag
Und harr' an dunkler Pforte,
Und zähl' des Herzens Schläge,
Das dein, du Liebste, denkt,
Ob heut auch auf dem Wege
Dein Auge scheu sich senkt.
Doch flammt ein innres Glühn
Auf Wangen dir, den blassen,
Wer fände Muth, sich kühn
Ein ganzes Herz zu fassen!
Du gehst, und wieder nüchtern
Und öde ist der Ort -
Wer lehrt die Lippen schüchtern
Das erste Liebeswort!
Aus: Gedichte von
Julius Grosse
In neuer, durchgesehener und vermehrter Auswahl
mit einer Zuschrift von Paul Heyse
Berlin G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung 1882 (S. 5-6)
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Julius Grosse (1828-1902)
Ob du mich je geliebt, ich weiß es nicht
Ob du mich je geliebt, ich weiß es nicht,
Ob Lästerzungen deine Gunst mir stahlen,
Ob du mir je gezürnt, ich weiß es nicht,
Das weiß ich nur, daß hoffnungslos die Qualen.
Ob ich den Keim zertreten unbewacht
Der leisen Neigung, die mir schüchtern blühte,
Ob du mich haßtest wie den Geist der Nacht,
Wie einen Dämon, den die Höll' umglühte,
Ich weiß es nicht. Das Eine weiß ich klar:
Daß du mir tausendmal im Traum erschienen,
Daß du mein Sein, mein Denken Jahr um Jahr
Beherrschtest, als ein Sclave dir zu dienen,
Zu dir zu beten, wie ein Kranker, wund
An Leib und Seele, betet zur Madonnen,
Daß sie ihn fröhlich mache und gesund,
So reich an Wundern wie die Frühlingssonne.
Das Eine weiß ich, daß ich nie gewagt,
Mich gegen deine Schönheitsmacht zu wehren,
Noch wie ein Mann verlangend, unverzagt
In derber Liebesglut dich zu begehren.
So löst der Zweifel sich in Trauer auf,
Daß nun die Zukunft ew'ge Trennung fodert.
Du bleibst, was du mir warst, im Lebenslauf,
So lang ein Athem diese Brust durchlodert:
Ein holdes Bild dereinst'ger Seligkeit,
Ein unerreichbar Ziel für kühnes Streben
Und eine Bürgschaft, daß im Erdenstreit
Ein Götterstrahl durchleuchte dieses Leben.
Aus: Gedichte von Julius Grosse
In neuer, durchgesehener und vermehrter Auswahl
mit einer Zuschrift von Paul Heyse
Berlin G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung 1882 (S. 98-99)
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Karl Herloßsohn (1804-1849)
An Sie
Wie ich Dich liebe, wie Du meine Wonne,
Daß ich dieß laut hier auszusprechen wage! -
So betet ja der Pilger zur Madonne,
Und ohne Zürnen hört sie seine Klage.
Die Klage ist ein freies Lied des Seele,
Wer sie nicht stillt, der muß sie doch vernehmen,
Was süß erquillt im Klang der Philomele,
Ist ja nur Schmachten, Klagen, Sehnen, Grämen.
Doch bei dem Dichter, bei der Philomele,
Da wird zur holden Melodie die Klage,
Und darum lauscht ergriffen ihr die Seele
Und weiß nicht, ob sie jauchze, ob sie zage.
Aus: K. Herloßsohn's Gesammelte Schriften
Erste Gesammtausgabe
Band XI. Buch der Lieder
Band XII. Reliquien in Liedern
Prag Verlag von J. L. Kober 1868 (Band XI. S. 196)
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Karl Herloßsohn (1804-1849)
Anna
Sie hat mich so heiß geliebt,
Sie hat mich nie betrübt.
Sie war so gut, so engelmild,
So fromm wie ein Madonnenbild;
Und sie legten sie dennoch in's Grab. -
O senkt auch bald zu ihr mich hinab!
Ich hab' es schon längst bestellt. -
Denn, mein armes Herz,
Außer deinem Schmerz
Hast du weiter nichts auf dieser Welt.
Aus: K. Herloßsohn's
Gesammelte Schriften
Erste Gesammtausgabe
Band XI. Buch der Lieder
Band XII. Reliquien in Liedern
Prag Verlag von J. L. Kober 1868 (Band XII. S. 108)
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Georg Herwegh (1817-1873)
Der Maler
Stille Freuden meiner Jugend,
Ach! wo seyd ihr hin,
Seit ich nicht mehr in die Tugend,
Nein, in mehr verzaubert bin!
I.
Solche kummerbleiche Wangen,
Solch' ein schmerzvoll Angesicht,
Solchen liebebraunen Nacken,
All' das trägt die Tugend nicht.
Die verbuhlten Augen haben
Manchen Andern schon gegrüßt,
Und Du bist wohl nicht der Erste,
Der den hübschen Mund geküßt.
Also haben sie gescholten,
Und zu lästern Dich gewagt,
Und ich hab' mich hart gerächet,
Daß so Schlimmes sie gesagt.
Kinder, Männer, Frauen, Greise,
Sieht man zur Kapelle gehn,
Eine neue Mutter Gottes
Ist in der Kapell zu sehn.
Und in Andacht liegen Alle
Vor Madonna auf den Knien;
Kinder, Männer, Frauen, Greise
Knien vor meiner Sünderin.
II.
Wundre Dich nicht, liebes Kind,
Laß Dich's nicht betrüben,
Daß man nicht vier Menschen find't,
Die einander lieben.
Amor hat zum Eigenthum
Uns sich ganz gegeben,
Alle Andern müssen drum
Ohne Liebe leben.
Aus: Georg Herwegh
Werke und Briefe
Kritische und kommentierte Gesamtausgabe
Herausgegeben von Ingrid Pepperle
Band 1 Gedichte 1835-1848
Bearbeitet von Volker Giel Aisthesis Verlag 2006 (S. 172-173)
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Friedrich von Heyden (1789-1851)
Glücklicher Zufall
Madrigal
Auf dem Altar fand ich Madonna stehen.
An ihren Arm ich legte
Den meinigen. - Verzeihung wollt' ich flehen,
Wenn ihr der Druck Beleidigung erregte.
Süß sprach sie diese Worte:
"Nicht hat gekränkt mich Eures Armes Drücken,
Doch sein Zurückzieh'n hat mich kränken müssen."
O Rede der Entzückten!
Ihr rührend holden vielgeliebten Worte!
Wenn Wahrheit ist in dieses Ausspruchs Grüßen,
Schwer will ich dann solch' neue Kränkung büßen.
Daher, mein süßes Leben! -
Deß stete Näh' mein Sehnen möcht' erstreben,
Wo Kränkung fehlt laß keine Strafe sehen.
Aus: Dichtungen von
Friedrich von Heyden
Königsberg bei August Wilhelm Unzer 1820 (S. 234)
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Wolf Graf von Kalckreuth (1887-1906)
Begabung
Ich wünschte, ich wäre ein Dichtergenie,
Dann erhüb' ich zu einer Madonna sie,
Trotz allem Protest und Spotte.
Dann wär' ich für ihre Fehler blind,
Dann macht ich unsterblich das schöne Kind -
Eine Göttin aus einer Kokotte.
Ich wünscht', ich hätte den Leierklang,
Mit dem Petrarca Laura besang,
Deren Loblied niemals vergehn kann,
Und den Zauber des quellenden Silbertons
Der Laute des süßen Anacreons,
Den kein Wind der Zeiten verwehn kann.
Doch sie weiß von solchen Gesängen nichts,
Und der Schimmer eines hübschen Gesichts
Ist das einz'ge, was mich verrückt macht,
Was weiß sie von Sehnsucht? Zu guter Letzt
Liebt sie reizendes, leeres Kindergeschwätz,
Das stets uns von neuem entzückt macht.
Und so lebe die Torheit närrisch und hold,
Das Schicksal hat es nicht anders gewollt,
Und ich will seine Fügung begrüßen -
Ob der Dichter des hehrsten Liebesgebets,
Ob ein einfacher Reimschmidt, ich bleibe stets
Ein Sklave zu ihren Füßen!
(Stuttgart, 30.
Januar 1905)
Aus: Wolf Graf Kalckreuth Gedichte
Erweiterte Ausgabe 1921
Leipzig Insel Verlag (S. 302-303)
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Eduard Kauffer (1824-1874)
Blauäugelein
Du bist im Strahlenkleide
Die Sonne lieb und mild,
Du bist auf grüner Haide
Ein schön Madonnenbild.
Der lichte Schein des Goldes
Erglänzt in deinem Haar ...
Blauäugelein, du holdes,
O schütz mich immerdar!
Ich sinke vor dir nieder
Voll sehnender Begier
Und jedes meiner Lieder
Ist ein Gebet zu dir,
Ein Flehen nur, ein scheues,
Um Rettung aus Gefahr ...
Blauäugelein, du treues,
O schütz mich immerdar!
O diese Augen, beide
So mild, so fromm, so gut,
Darüber das Geschmeide
Der zarten Wimper ruht,
Sie sind voll lieben Scheines
Das schönste Sternenpaar -
Blauäugelein, du reines,
O schütz mich immerdar!
Aus: Gedichte von Eduard Kauffer
Leipzig Theodor Thomas 1850 (S. 5-6)
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Eduard Kauffer (1824-1874)
Dein Aug' was will es sagen? -
Dein Aug' was will es sagen? -
In seinem Heilgenschein
Dringt wie mit tausend Fragen
Auf meine Brust es ein.
Das ist ein Streiten, Streben,
Getheilt in Lust und Leid,
Ein Zürnen und Vergeben
In ew'gem Wechselstreit.
Dein Aug' was will es sagen?
Der Blick so mild und weich,
Will er mich liebend tragen
Hinauf in's Himmelreich?
Will er ein Glück mir spenden,
Das jeden Wunsch umfängt
Und ohne je zu enden
Uns Seel' in Seele drängt?
Ich steh vor dir, ich schaue
Durchloht vom Altarwein
Der Liebe dir in's blaue
Madonnenaug' hinein.
In wildem Aufruhr schlagen
Fühl' ich das Herz in mir -
Dein Aug' was will es sagen?
Was sagt das meine dir?
Aus: Gedichte von Eduard Kauffer
Leipzig Theodor Thomas 1850 (S. 67-68)
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Eduard Kauffer (1824-1874)
Schlaftrunken küßt der Sonnenstrahl -
Schlaftrunken küßt der Sonnenstrahl
Den Thau von Blättern und Ranken -
Treuliebchen, dir den ersten Gruß,
Am Morgen die ersten Gedanken!
Die Seele nimmt zu dir den Flug
In unaufhaltsamer Eile,
Daß deiner Augen Madonnenblick
Die letzten Wunden ihr heile.
Und mahnt die Glocke, daß sich das Herz
Zur Andacht gläubig wende,
O zweifle nicht, daß mir sogleich
Im Gebet sich schließen die Hände.
Den frommen Brauch hab' ich bewahrt
Getreu bis zu dieser Stunde,
Und wenn ich bete, bet' ich zu dir
Mit überströmendem Munde.
Aus: Gedichte von Eduard Kauffer
Leipzig Theodor Thomas 1850 (S. 107-108)
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Gustav Kühne (1806-1888)
Mit dem Bild der Madonna
O liebste Nuß, Du machst mir vieles Weh,
Ja wohl, Du bist Frau Venus mir geworden,
Du nymphenhafte, leichtbeschwingte Fee
Mit Deiner Liebe heitern Lustaccorden.
Die dunkle Donna geb' ich Dir zurück
Mit ihrer Andacht feierlichen Gluthen;
Dann mischen, wie zu süßem Harm und Glück,
In Ernst und Scherz sich uns'res Lebens Fluthen.
Dann zittert nicht das bange Erdenherz,
Es weint und lacht und hat im Kampf doch Frieden,
Dann steigen Engel auf- und niederwärts,
Den Himmel birgt die Erde schon hienieden.
Frau Venus lacht mit hellem Lerchenschlag,
Madonna weint in dunkeln Dämmerungen;
Doch einst am Weltenauferstehungstag,
Da halten Beide sich versöhnt umschlungen.
Aus: Gustav Kühne's
Gesammelte Schriften
Erster Band Gedichte
Leipzig Ludwig Denicke 1862 (S. 234)
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Detlev von Liliencron (1844-1909)
Liebeslied
Dem Fremden gilt dein Evoë,
Du möchtest ihn tausendmal segnen.
Deine Augen sind ein gefrorner See,
Wenn sie den meinen begegnen.
Der fremde Mann ist kein Don Juan,
Er liebt dich sentimentalisch.
Und weil er dich nicht heiraten kann,
So denkt er sehr moralisch.
Mein schönes Kind, du tust mir leid,
Doch das soll anders werden.
Ich liebe dich, und es kommt eine Zeit,
Dann vergessen wir Himmel und Erden.
Glaubst du, ich will wie ein junger Fant
Stumm und kläglich verzichten?
Ich bin deiner Hoheit kein Trabant,
Mit nichten, Madonna, mit nichten.
Ob kühn, ob bedachtsam, ich weiß es noch nicht,
Wie den Angriff ich soll planen.
Doch ehe der Herbststurm die Zweige bricht,
Verneigen sich tief deine Fahnen.
Dann schwenkt ich die Mütze hoch um die Stirn,
Zeigt sich der Rauch deines Herdes.
Du horchst; dir entfallen Nadel und Zwirn,
Hörst du den Huf meines Pferdes.
Und klappert vor deiner Tür mein Gaul,
Du wartest schon an der Treppe.
In der Eile haben sich Faden und Knaul
Verwickelt in deine Schleppe.
Vor Wonne jauchzt deine junge Brust,
Vor Wonne dein Herz, das ich raubte.
Unsre Küsse geben süßere Lust
Als trauscheinlich erlaubte.
Du weißt nicht, Mädchen, was Leidenschaft ist,
Sie klingt nicht aus Engelchören.
Nicht allzulange lass ich dir Frist,
Du sollst, du wirst mich erhören.
Heut hat noch der Fremde dein Herz in Pacht,
Mich behandelst du recht eintönig.
Doch ehe die Sichel sirrt, nimm dich in Acht,
Bin ich dein Herr und König.
Aus: Detlev von
Liliencron:
Gesammelte Werke. Band 2 und 3
Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart Berlin Leipzig 1923 (Band 2 S. 124-125)
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Ferdinand von Saar (1833-1906)
Lydia
Noch ist dein Antlitz hell und mild
Und sanft sind deine Augen;
Du könntest zum Madonnenbild,
Mit himmlischem Genügen
In jungfräulichen Zügen,
Dem frömmsten Maler taugen.
Noch könnt' ein starkes, schlichtes Herz,
Nicht achtend deines Falles,
Mit stumm zurückgewies'nem Schmerz
Bekränzen, früh Verirrte,
Dein Haupt mit weißer Myrte -
Verzeiht doch Liebe alles!
Noch könntest du so treu, so gut -
Wenn du mit reu'ger Träne
In jenes Herzens milder Hut
Gebüßt die Schuld der Erden -
Zum reinsten Weibe werden,
Wie einstens Magdalene.
Das könntest du! - Doch büßen bleibt
Ja fremd der raschen Jugend;
Das Leben zum Genusse treibt -
Wer möcht' es ihr verargen,
Daß sie verlacht den kargen
Und matten Lohn der Tugend?
Wohlan denn - so genieße, Kind!
Laß deine jungen Sinne -
Wie Wölkchen oft vom Frühlingswind
Zu heimlichen Gewittern
Herangefächelt - zittern
Im heißen Strahl der Minne.
Doch wenn die Stunde kommen muß -
O dann beglücke jenen,
Der längst nach deinem Feuerkuß,
Nach deines Gürtels Sinken
Und deiner Glieder Blinken
Gelechzt mit trunknem Sehnen.
Der längst erkannt, daß deinem Haupt,
Dem schwer zurückgebog'nen,
Der Unschuld erster Kranz geraubt -
Daß mit bewußtem Trachten
Schon diese Augen schmachten,
Die bläulich leicht umzog'nen.
Und was du hast an Glut und Blut,
Das lasse glüh'n und wallen -
Und laß, umwogt von hoher Flut,
Wenn sich die Lippen pressen
In seligem Vergessen
Den letzten Schleier fallen!
Das könntest du. - Doch matt und schwach
Schlägt in der Brust das Herz dir -
Und sorglos trägst du deine Schmach:
Denn jener Tag vor allen,
An welchem du gefallen,
Bracht' weder Lust noch Schmerz dir.
Aus: Ferdinand von Saars Sämmtliche Werke in zwölf Bänden
Zweiter Band: Gedichte Erster Teil
Herausgegeben von Jakob Minor
Leipzig Max Hesses Verlag o. J. [1908] (S. 94-95)
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Hugo Salus (1866-1929)
Madonna
Den Säugling ihrer Schwester hielt mein Mädchen,
Als wären ihre Mutterfreuden echt,
In ihren zärtlichen, besorgten Armen.
Ihr großes Auge war so voll der Liebe,
Und ihres Herzens Schlag so mütterlich,
Die Neigung ihres Hauptes so vertraut,
Daß des betrog'nen Säuglings Mund sich spitzte,
Und daß sein Blick, wie auf der Mutter Brust,
Auf meines Mädchens reinem Busen ruhte,
Als wär's der Hügel seines süßen Brünnleins.
Sein Händchen griff danach aus seinem Kissen,
Sein Zünglein schlürfte.
Und ich stand dabei,
Gerührt auf mein verwirrtes Mädchen blickend;
Und fromm und andachtsvoll und wundergläubig
Und wie die Könige in Bethlehem ....
Aus: Hugo Salus
Reigen
Albert Langen Verlag für Litteratur und Kunst
München 1900 (S. 45)
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Ernst Schulze (1789-1817)
Abschied
An S.
1.
Ich liebte dich, und
ach, ich muß entsagen!
Nicht zürn' ich dir, ich zürne dem Geschick.
Wirst du mich je um meine Thränen fragen,
So gieb nur selbst die Antwort dir zurück!
Ich liebte dich, ich will es nicht verhehlen,
War auch nur Schmerz der langen Sehnsucht Ziel;
Ist Liebe nicht ein Antheil schönrer Seelen,
Und lohnet sich Gefühl nicht durch Gefühl?
Ich liebte dich mit jenem zarten Triebe,
Dem nicht Genuß, dem Liebe nur genügt;
Ach, du begannst und schlossest meine Liebe!
Wer mich besiegt, hat ewig mich besiegt.
Ich liebe dich und kann dich nie vergessen;
Doch schweigen will ich mit verhaltnem Schmerz,
Will allen Gram in eine Thräne pressen,
In einen Seufzer mein zerdrücktes Herz.
Jetzt mag das Schicksal jedes Glück mir rauben -
Der giebt sein Alles, wer sein Bestes giebt -
O laß mir nur den letzten süßen Glauben,
Daß du mich nicht gehaßt, weil ich geliebt!
Laß mir die Lust, dich geistig zu verehren,
Im süßen Traum dein Bildniß zu umfahn,
Laß mir den Trost der stillen Wehmuthszähren,
Der Geisternähe wundersüßen Wahn!
Ach, jede Lust wird doppelt mich entzücken,
Denn deine Lust zu fühlen wähnt mein Herz;
Und jeder Schmerz, er wird mich minder drücken,
Denn tröstend ruft's: Sie fühlet deinen Schmerz.
Als Ideal sollst du jetzt vor mir schweben:
Was ich gedacht, gefühlt, dir will ich's weihn,
Du sollst die Gluth der Phantasie beleben,
Du sollst mein Lied und meine Muse seyn.
Empor aus dieses Lebens Dämmerungen
Soll mich dein Bild zum reinern Licht erhöhn,
Und ist mir je ein schönes Werk gelungen,
Es soll nur dir als ew'ges Denkmahl stehn.
In der Madonna seelenvollen Zügen,
Im zarten Bild der jüngsten Huldgöttin,
In jedem Reiz, dem sich die Herzen schmiegen,
Erblick' ich dich und sinke vor dir hin.
Als Heilige wird dich mein Herz verehren,
Der sich zu nahn der Pilger nicht erkühnt,
Der er von fern nur mit der Inbrunst Zähren,
Nur mit dem Opfer frommer Seufzer dient.
Gieb mir den Kuß der schwesterlichen Treue,
Nur Freundschaft sey der Herzen neues Band!
Gieb mir den Kuß! keusch ist der Freundschaft Weihe,
Entsagung ist der Reinheit Unterpfand.
O lebe wohl! nie wird dein Bild mich fliehen,
Wenn auch dein Herz das meine bald vergißt;
Ich habe dir und dem Geschick verziehen
Und bin beglückt, wenn du nur glücklich bist.
(S. 178-180)
2.
Wohlan, du hast den
großen Schwur vollbracht -
Hoch schwingt der Geist der Freundschaft sein Gefieder,
Und weinend senkt ins öde Reich der Nacht
Der Genius der Liebe sich hernieder.
Ach, alle seine Blumen sind verblüht,
Der Hoffnung Bild entflieht in dunkle Fernen,
Todt ist der Strahl, der sonst in ihm geglüht,
Und sehnend schaut er auf zu bessern Sternen.
Dort wird die Gluth der heißen Brust gedämpft,
Kein Blick wird dort mehr Sehnsuchtsthränen weinen,
Verbunden ruht, was feindlich hier gekämpft,
Und Liebe wird mit Freundschaft sich vereinen.
Zu einem Punct steigt jeder Wunsch empor,
In einem Punct verwebt sich alles Sehnen,
Zerrissen ist der Sinne trüber Flor,
Und frei gesellt das Schöne sich dem Schönen.
Ach, durch der Erde dunkles Schattenthal
Ist Freundschaft wohl ein traulicher Begleiter;
Doch kaum erwacht der schönern Sonne Strahl,
Schwebt sie verklärt als Liebe mit uns weiter.
Triumph! die Erdennebel sind verbannt,
Mit Rosen kränzt sich schon die goldne Schwelle,
Die Kette reißt, die trennend uns umwand,
Und jedes Leid entflieht auf Lethes Welle.
Tod ist des Lebens schönster Augenblick,
Und aus der Nacht wird heitres Licht geboren;
Raubt dir auch oft dein Liebstes das Geschick,
Nicht ewig bleibt, was ewig ist, verloren.
(S. 181-182)
Aus: Vermischte Gedichte von Ernst Schulze
Zweite Auflage
Leipzig F. A. Brockhaus 1841
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Reinhard Johannes Sorge (1892-1916)
Der Abend flog schon nieder in die Täler.
Des Tages Gold und Glut starb ohne Trauer
In blaß Umdämmern hin. Wir ruhten schweigend,
Mein Haupt in deinem Schoß.
Als dann der ersten Sterne Blau erwachte,
Ward dir ein neu Gesicht aus frommen Küssen.
Nannt ich dich Mutter? Nanntest du mich Kind?
Des Dunkels zarter Rausch umfing uns ganz,
Unsere Liebe säumten zage Sterne.
Aus tiefen Bronnen stieg die Heiligkeit
Und lohte durch uns. Und dein Antlitz wuchs
Und wuchs in hohe Himmel wie gesegnet.
Ich stammelte: Madonna, und ich kniete!
Aus: Reinhard
Johannes Sorge Werke in drei Bänden
Eingeleitet und herausgegeben von Hans Gerd Rötzer
Glock und Lutz Nürnberg
Band 1 1962 / Band 2 1964 (Band 1 S. 380-381)
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Ernst Stadler (1883-1914)
Tage
3.
Ich stammle irre
Beichte über deinem Schoß:
Madonna, mach' mich meiner Qualen los.
Du, deren Weh die Liebe nie verließ,
In deren Leib man sieben Schwerter stieß,
Die lächelnd man zur Marterbank gezerrt -
O sieh, noch bin ich ganz nicht aufgesperrt,
Noch fühl' ich, wie mir Haß zur Kehle steigt,
Und vielem bin ich fern und ungeneigt.
O laß die Härte, die mich engt, zergehn,
Nur Tor mich sein, durch das die Bilder gehn,
Nur Spiegel, der die tausend Dinge trägt,
Allseiend, wie dein Atemzug sich über Welten regt.
Aus: Ernst Stadler
Der Aufbruch Gedichte
Kurt Wolff Verlag München 1920 (S. 13-16)
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Emanuel von Bodman (1874-1946)
Ohne Maske
Nun ist die zarte Maske abgefallen,
Die meine Liebe auf dein Antlitz drückte,
Und was mein Herz im Innersten beglückte,
Hör ich aus deinem nimmer widerhallen.
Wenn früher uns ein süßer Rausch entzückte,
Ich mußte immer wieder zu dir wallen
Wie vor ein Bild, fast in die Kniee fallen,
Bis dich ein frecher Ruf zur Lust berückte.
Einst warst du mir Geliebte und Madonne,
Ich durfte dankbar meine Stirne neigen.
Dann wollt ich mit dir in die klare Sonne
Der hohen Welt, wo Geister kämpfen, steigen.
Du nahmst die Maske weg und meine Wonne,
Und vor der Maskenlosen muß ich schweigen.
Aus: Emanuel von
Bodman
Die Gesamten Werke Band 3
Im Auftrage von Clara von Bodman
Herausgegeben von Karl Preisendanz
Philipp Reclam jun. Stuttgart 1960 (S. 41)
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Emanuel von Bodman (1874-1946)
Der zersprungene Spiegel
Daß ich dich nun verlor, soll ich's noch klagen?
Die ich in dir geliebt, hast du verlassen,
Dein trübes Herz im Rausche zu verprassen,
Anstatt mit mir das Leid des Glücks zu tragen.
Die ich geliebt, die hast du fallen lassen.
Nicht kann ich mehr zu dir Madonne sagen,
Wie einst an unsern blauen Sommertagen.
Nur die, die ich gehaßt, kann ich noch hassen.
Nicht kann ich mehr in deinen Armen singen,
Von Sonn und Regentropfen und vom Winde.
Nicht kann ich mehr in froher Liebe klingen.
Furcht hab ich, daß mir Lust am Leben schwinde.
Dein Spiegelantlitz mußte so zerspringen,
Daß ich mich selber nimmer darin finde.
Aus: Emanuel von
Bodman
Die Gesamten Werke Band 3
Im Auftrage von Clara von Bodman
Herausgegeben von Karl Preisendanz
Philipp Reclam jun. Stuttgart 1960 (S. 55)
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Emanuel von Bodman (1874-1946)
Junge Madonne
In deinem süße Anblick schweigt die Wunde,
Die ich einmal vor langer Zeit empfangen.
Nach solchem Lächeln mußt ich heimverlangen
Und find es reiner nun auf deinem Munde.
Der Riß ist mir zutiefst ins Herz gegangen,
Daß ich bei aller Freude schwer gesunde.
Und immer wieder naht mir jene Stunde,
Wo Arme der Verzweiflung nach mir langen.
Nun ich zu deinem wundersamen Bilde
In Zeiten der Zerrissenheit hinfliehe,
Ist mir, als ob vor deiner frühen Milde
Mir endlich Ruhe in das Innre ziehe.
Vor deinem unbetretenen Gefilde
Naht mir das Heiligtum, vor dem ich kniee.
Aus: Emanuel von
Bodman
Die Gesamten Werke Band 3
Im Auftrage von Clara von Bodman
Herausgegeben von Karl Preisendanz
Philipp Reclam jun. Stuttgart 1960 (S. 99)
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Emanuel von Bodman (1874-1946)
Süsser Verzicht
Ich saß einmal ganz in mein Schaun versunken
Dir gegenüber selig vollgeronnen,
Als blickte ich in fernen Wunderbronnen,
Daraus mir widerglänzten lichte Funken.
Nie konnt ich auf gemeißelte Madonnen,
Nie auf gemalte meine Blicke tunken
So wie auf dich, von letzter Schönheit trunken,
Als hätt ich neu das Paradies gewonnen.
Da mußtest du das ziere Antlitz neigen
In süßer Wehmut, Liebe zu entbehren,
Die aufgekommen war im ersten Schweigen,
Und lächeltest so mild in deinen schweren
Goldflechten, und da fühlt ich Liebe steigen,
Zu rein, vor diesem Bild Glück zu begehren.
Aus: Emanuel von
Bodman
Die Gesamten Werke Band 3
Im Auftrage von Clara von Bodman
Herausgegeben von Karl Preisendanz
Philipp Reclam jun. Stuttgart 1960 (S. 102)
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Peter Cornelius (1824-1874)
Schöne Meßnerin
Schöne Meßnerin!
Holde Führerin
Durch die Kirche unsrer lieben Frauen!
Eh' von hier ich schied,
Will ich diesem Lied
Einen flücht'gen Gruß an dich vertrauen.
Mit beredtem Mund
Gabest du mir kund,
Wer die schönen Bilder all ersonnen,
Zogst mein Augenmerk
Auf manch Meisterwerk,
Auf viel hohe Heil'ge und Madonnen.
Doch die Ruhe, traun!
Fehlte mir zum Schau'n,
Seit so lieblich du vor mich getreten;
Sah mit halbem Sinn
Nach den Heil'gen hin,
All mein Schau'n war ein zerstreutes Beten.
Denn die Heil'gen dein
Sind von Holz und Stein,
Wie sie hoch die Seele auch erheben;
Deiner Stimme Klang,
Und dein Blick, dein Gang
War so voll von Reiz und regem Leben!
Stolz mein Silberstück
Wiesest du zurück,
Wolltest kaum der Gabe dich bequemen;
Aber Liedersold
Ist nicht Geld und Gold,
Wirst ihn dankend, wirst ihn lächelnd nehmen.
Schöne Meßnerin!
Wenn ich ferne bin,
Soll dein Angedenken nicht verfliegen;
Oft noch denk' ich dein
Und der Ringelein,
Die sich schelmisch an die Wange schmiegen.
Schöne Meßnerin!
Wenn ich ferne bin,
Mög'st auch du Erinn'rung noch mir schenken,
Wenn die Glocke klingt,
Hell ihr Ave singt,
Manchmal im Gebete mein gedenken.
Aus: Peter Cornelius
Literarische Werke
Erste Gesamtausgabe IV. Band: Gedichte
gesammelt und herausgegeben von Adolf Stern
Leipzig 1905 (S. 10-11)
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Nikolaus Lenau (1802-1850)
Stumme Liebe
Ließe doch ein hold Geschick
Mich in deinen Zaubernähen,
Mich in deinem Wonneblick
Still verglühen und vergehen;
Wie das fromme Lampenlicht
Sterbend glüht in stummer Wonne
Vor dem schönen Angesicht
Dieser himmlischen Madonne! -
Aus:
Nikolaus Lenau Werke und Briefe.
Historisch-kritische Gesamtausgabe.
Herausgegeben im Auftrag der Internationalen Lenau-Gesellschaft
Wien 1995 Deuticke Klett-Cotta
Band 1: Gedichte bis 1834 Herausgegeben von Herbert Zeman
und Michael Ritter in Zusammenarbeit mit Wolfgang Neuber und Xavier Vicat
(S. 312)
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Friedrich Marc (1819-?)
Minneblüthen
Huldigung
2.
Wie auf erhabnem
Bilde der Madonne
Besiegte Blicke starr gefesselt weilen,
Der Seele Schwingen zu der Himmelswonne,
Der reinsten, ungehemmten Fluges eilen:
So ruht mein Blick an ihren holden Brauen,
Um die der Unschuld heil'ge Strahlen spielen,
Gekettet, schwelgt verloren im Beschauen; -
Da nahst du, Sehnsucht, kaum gehofften Zielen.
O möchte sie mit meinem Leben schalten
Es pflanzen ganz in ihre milde Sfäre,
Daß Blüthen, ihrer würdig, sich entfalten,
Daß nicht, verschmäht, es welkend sich verzehre.
Aus: Gedichte von Friedrich Marc
London, Franz Thimm Deutsche Buchhandlung
Brook Street Grosvenor Square 1858 (S. 2)
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Moritz Saphir (1795-1858)
Viel Gedanken steh'n verworren,
Dicht in mir, gleich einer Wildniß,
Bauen sich zum dunklen Tempel
Um ihr heilig Götterbildniß!
Jeder Zweig von den Gedanken,
Jedes Blatt an diesen Zweigen,
Sie verschlingen sich in Demuth,
Zu dem Bildniß sich zu neigen.
Leises Rauschen, leises Flüstern
Geht durch die Gedanken-Bäume,
Lieder sind's begrab'ner Tage,
Lieder sind's begrab'ner Träume!
Nie durch die Gedanken-Wildniß
Fällt in mich ein Strahl der Sonne
All mein Licht empfang' ich einzig
Von dem Antlitz der Madonne!
Täglich werden die Gedanken
Immer dichter, immer wilder;
Täglich wird das Hertha-Bildniß
Immer sanfter, immer milder!
Täglich werden meine Klagen
Immer lauter, schmerzensreicher;
Täglich macht des Bildes Zauber
Meine Lieder wehmuthsreicher.
Und so lieg' ich vor dem Bilde,
In der Wildniß von Gedanken,
Knieend, seufzend, betend, weinend,
Ohne Weichen, ohne Wanken!
Aus: M. G. Saphir's Schriften
Cabinets-Ausgabe in zehn Bänden
Ausgewählte Schriften Neunte Auflage
Neunter Band: Wilde Rosen An Hertha
Brünn und Wien Verlag von Fr. Karafiat 1876 (S. 185-186)
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