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Wie schön ist sie
O Gott, wie wunderschön ist sie,
Sie, die ich ewig lieben werde!
Des großen Aug's Melancholie -
Nichts gleiches giebt's auf dieser Erde!
Ihr Wuchs, ihr Gang, so herrlich, schön!
Und ich - so häßlich anzusehn!
O Gott, wie wunderschön ist sie!
Sie zählet jetzt kaum zwanzig Jahre.
Nie blühten schön're Lippen, nie;
Und blond und lockig sind die Haare.
Sie nicht den eignen Werth bekennt,
Übt sie gleich jegliches Talent.
Dazu ist sie so sanft, so schön!
Und ich - so häßlich anzusehn!
O Gott, wie wunderschön ist sie!
Wie kam es nur, daß sie mich liebte?
Voll Neid stand ich oft spät und früh,
Wenn Männerschönheit Wunder übte.
Ach, Amor floh vor meinem Bild -
Jetzt hat sein Zauber mich umhüllt.
Sieg ohne Gleichen! sie so schön!
Und ich - so häßlich anzusehn!
O Gott, wie wunderschön ist sie!
Die mich so treu, so zärtlich küsset.
Die Stirn kränzt sie, voll Sympathie,
Die jung schon viele Haare misset.
Geheimniß berge noch mein Loos,
Denn ach, mein Glück ist allzugroß!
Sie mein! so hold, so wunderschön!
Und ich - so häßlich anzusehn!
Pierre-Jean Beranger (1780-1857)
(Übersetzt von Philippine Engelhard)
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