Mose Bianchi (1840-1904)
Cleopatra
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Wie oft bei Nacht kredenzten wir den Wein
uns unter Kosen
Und unser Plaudern glich dem Wehn des Windes
über Rosen.
Ein süßer Wohlgeruch entquoll dem Becher,
blank und golden,
Doch süßer als sein Duften war mein Tändeln
mit der Holden.
Von ihren Lippen nippt' ich dann zur Nachkost
frische Küsse,
Von ihres Halses Lilie und ihres Aug's Narzisse,
Bis Schläfrigkeit und sanfter Rausch
hinschlich durch ihre Glieder;
Zu meinem Arme dann neigte sich
die Vielgeliebte nieder;
Mir ward vergönnt, daß ich die Glut,
die ich im Herzen fühlte,
Die brennend heiße, an dem Thau
des lieben Mundes kühlte;
Als dann ihr das Gewand entglitt,
das zierliche, gestickte,
Erschien sie wie das blanke Schwert,
das aus dem Heft gezückte,
Und glänzte gleich poliertem Stahl;
ich aber hielt den jungen,
Den sanftgebogenen schlanken Leib,
die weiche Brust umschlungen
Und kos'te mit dem schwanken Zweig,
und küßte voll Verlangen
Der Sonne Angesicht,
die mir zum Segen aufgegangen
Und wenn sie nicht die Sonne war,
doch ihre Schwester war sie,
Wie Zwillinge sich gleichen,
so glich jener auf ein Haar sie.
Mit beiden Händen tastet' ich
am Bau des zarten Leibes,
Befühlte nun die Hüften, nun die Brust
des schönen Weibes;
In ihrer Weichen Thalgrund bald
stieg meine Rechte nieder,
Zum Bergland ihres Busens klomm
dann empor sie wieder.
Ungenannt
Nachdichtung: Adolf Friedrich von Schack
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