Johann von Besser
(1654-1729)
Nicht schäme dich / du saubere Melinde
/
Daß deine zarte reinligkeit
Der feuchte mond verweist in eine binde /
Und dir den bunten einfluß dräut.
Der grosse belt hegt ebb' und flut /
Was wunder / wenns der mensch der kleine thut.
Die röthligleit bei deiner bunten
sachen
Hat niemahls deinen schooß versehrt.
Wie muscheln sich durch purpur theuer machen /
So macht dein schnecken-blut dich werth.
Wer liebt ein dinten-meer wohl nicht /
Weil man daraus corallen-zincken bricht?
Nur einmahl bringt das ganze jahr uns
nelcken /
Dein blumen-busch bringts monatlich /
Dein rosen-strauch mag nicht verwelcken /
Sein dorn der hält bey dir nicht stich /
Denn was die sanfften blätter macht /
Das ist ein thau von der johannis-nacht.
Kanst du gleich nicht die lenden hurtig
rühren /
Lobt man dich doch im stille stehn /
Der augenblau wird leichtlich sich verlieren /
Denn wirst du seyn noch eins so schön.
Man sammlet / spricht die ganze welt /
Viel besser frucht / wenn starcke blüte fällt.
Laß mich darum doch keine fasten halten
/
Ein könig nimmt den schranck zwar ein /
Doch muß er fort / wann sich die wasser spalten /
Der geist muß ausgestossen seyn.
Man geht / wie iedermann bekandt /
Durch rothe meer in das gelobte land.
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