August Riedel (1802-1883)
Judith
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Alexander Puschkin
(1799-1837)
Der Talisman
Wo das Meer mit ewigen Wogen
Sich an öden Riffen bricht,
Wo vom nächtigen Himmelsbogen
Wärmer strahlt das Mondenlicht,
Wo des Harems Hochgenüssen
Schwelgend frönt der Muselmann -
Eine Zauberin unter Küssen
Gab mir einen Talisman.
Und sie sprach: "Mein Glück, mein Leben!
Hüte diesen Talisman -
Wunderkraft ist ihm gegeben,
Liebe giebt ihn, denke dran!
Nicht vor Krankheit und vor Sterben,
Vor Gewitter und Orkan,
Nicht vor Elend und Verderben
Beut dir Schutz mein Talisman.
Sind auch Schätze dir vonnöten,
Frönt er nicht der Goldesgier,
Und die Jünger des Propheten
Unterwirft er nimmer dir.
Ist dein Herz voll Sehnsucht worden
Nach des Freundes Brust, sodann
Trägt zur Heimat dich nach Norden
Nicht vom Süd mein Talisman.
Aber wenn in nächtiger Stunde
Augen locken voll Gelüst,
Wenn du dann von falschem Munde
Ohne Liebe wirst geküßt;
Vor Verbrechen dann und Reue
Und vor neuem Liebeswahn,
Vor Verrat an deiner Treue -
Schützt dich stets mein Talisman!"
Übersetzt von Friedrich Fiedler (1859-1917)
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