Das Liebes-Poetische Manuskript N° 28

Wie nenn' ich dich? ...

 Sandor Petöfi Liebesgedichte  -  Bilder ungarischer Maler 19./20. Jh.
 


Jozsef Rippl-Ronai (1861-1927)
Dame in schwarzen Handschuhen


 
 

Sandor Petöfi
(1823-1849)



Wer sah den Riesen je …


Wer sah den Riesen je,
Der mir an Stärke gleich?
Im Schoße halt' ich da
Das ganze Himmelreich!
O neige, neige dich,
Mein süßes Eden du,
Mein wolkenloses Blau,
Mein Sonnenstrahl, mir zu!

Warum, o du mein Gott,
Warum mußt' es so sein,
Daß du erschufst die Brust
Des Menschen gar so klein?
Mein Glück, es hat nicht Raum
In meiner Brust, ich muß
Verschwenden es zum Teil
In einem Tränenguß.

Stets hab' ich's prophezeit:
Ich werde glücklich sein,
Und Kummer kehre nur
Durchreisend bei mir ein.
So kam's auch: längst dahin
Sind Gram und Ungemach -
Geht immer zu! Ich blick'
Mit keinem Aug euch nach.

Geliebte, sieh, die Sonn',
Noch ging sie unter nicht,
In süßen Tönen doch
Die Nachtigall schon spricht.
Doch nein, das ist ja nicht
Der Sang der Nachtigall,
Von deinen Küssen ist's
Der süße Widerhall.

Wie Frühlingsregen mild
Hernieder auf die Au,
So träuft auf Mund und Wang'
Mir deiner Küsse Tau,
Aus jedem Tropfen sprießt
Hervor ein Blütentrieb -
O küssefeuchter Lenz! …
O blumenreiche Lieb! …

 

 

zurück weiter
Übersicht


Gedicht aus: Gedichte von Alexander Petöfi
Aus dem Ungarischen von Ladislaus von Neugebauer
Dritte, verbesserte und vermehrte Auflage
Leipzig Max Hesses Verlag 1910


weitere Gedichte unter:
www.deutsche-liebeslyrik.de/europaische_liebeslyrik/petofi.htm





 


zur Startseite