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Walther
von der Vogelweide
(1170-1230)
Die
verschwiegene Nachtigall
Unter der
Linden,
An der Heide,
Wo ich mit meinem Trauten saß,
Da mögt ihr finden,
Wie wir beide
Die Blumen brachen und das Gras.
Vor dem Wald mit süßem Schall
Tandaradei!
Sang im Tal die Nachtigall.
Ich kam gegangen
Zu der Aue,
Da fand ich meinen Liebsten schon:
Ich ward empfangen,
Heil'ge Fraue!
Daß ich noch selig bin davon.
Ob er mir auch Küsse bot?
Tandaradei!
Seht, wie ist mein Mund so rot!
Da ging er machen
Uns ein Bette
Aus süßen Blumen mancherlei,
Des wird man lachen
Noch, ich wette,
So Jemand wandelt dort vorbei.
Bei den Rosen er wohl mag,
Tandaradei!
Merken wo das Haupt mir lag.
Wie ich da ruhte,
Wüßt es Einer,
Behüte Gott, ich schämte mich.
Wie mich der Gute
Herzte, Keiner
Erfahre das als er und ich.
Und ein kleines Vögelein,
Tandaradei!
Das wird wohl verschwiegen sein.
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