Das Liebes-Poetische Manuskript N° 32

 Mit den schmachtend liebefeuchten Blüten...

Aus den Hundert Liebesstrophen des Amaru (6. - 8. Jh.)
 

 

(c) Maren Beßler / Pixelio.de
(c) Maren Beßler / Pixelio.de

 

Mit den schmachtend liebefeuchten Blüten, die sich knospig schließen,
Halb anblickend auf sich tun, sich schamschwank wenden ab mit Nicken,
Mit den Augen, die der herzverwahrten Regung Sinn ergießen,
Sprich, o Mädchen, welchen Sel'gen du damit heut an wirst blicken?

 












 
(c) Irene Iten / Pixelio.de
(c) Irene Iten / Pixelio.de

 

Da was das liebende Paar in der Nacht sprach, immer am Morgen
Plaudert der Hauspapagei, wirft die sich schämende Braut
Einen Rubin, als sei es ein rötlicher Kern der Limone
Ihm in den Schnabel und stopft also dem Schwätzer den Mund.
 

 












 
(c) S. Hainz / Pixelio.de
(c) S. Hainz / Pixelio.de

 

"Du Frohaugige hast herzraubende Reize genug auch
Ohne Korsett" – da der Freund also die Schleifen ergriff,
Jetzt von der lächelnd am Bette gesessenen freundlich gegrüßt ging
Leise die dienende Schar, Listiges flüsternd, hinaus.
 

 












 
(c) H. La. / Pixelio.de
(c) H. La. / Pixelio.de

 

"Er schläft; geht schlafen!" sprach ich, und hinaus ging Dirn um Dirne.
Da drückt' ich liebewallend noch den Mund auf seine Stirne;
Bis ich des Schelms erlognen Schlaf am Schaur der Haut bemerkte;
Da kam mir Scham, die nahm er dann durch zeitgemäße Werke.
 

 













 
(c) Kirstin Rödel / Pixelio.de
(c) Kirstin Rödel / Pixelio.de

 

Mit von Umarmungsdruck ausbrechendem Schauer der Brüste,
Mit von Wonnegewalt wogendem Lendengewand;
"Laß mich, laß mich, genug!" so Töne gebrochene stammelnd,
Schläft oder stirbt sie, vergeht oder vergehet in mir?
 

 












 
(c) Betty / Pixelio.de
(c) Betty / Pixelio.de

 

Wie er ans Gewand sich schmieget, neigt sie willig ihr Genick;
Wie er zur Umarmung drängt, enthüllt bescheiden sie den Leib,
Schweigend auf die Mägde, welche lachen, wendet sie den Blick.
Hold vor Scham verstummt beim ersten Minnescherz das junge Weib.
 

 












 
(c) Stefan Erfurt / Pixelio.de
(c) Stefan Erfurt / Pixelio.de

 

Zwei Langgetrennte, sehnsuchtsweh-gewelkte Glieder habend,
Sich nun begrüßend, wie an neu gewordner Welt sich labend,
Antretend endlich ihre Nacht an langen Tages Ziele;
So süß wie ihr Gespräch vergehn kaum ihre Minnespiele.
 

 












 
(c) Ruth Rudolph / Pixelio.de
(c) Ruth Rudolph / Pixelio.de

 

Diese weitgeaugt-blicklüstige,
Vollgewölbet-schwellebrüstige,
Breitgelendet träge Gängerin,
Meine liebste Herzempfängerin.
 

 












 
(c) Hans-Christian Hein / Pixelio.de
(c) Hans-Christian Hein / Pixelio.de

 

Ein mit Lack belegter, frühlingssprossenlinder,
Ein bespangter Fuß, ein schwer wollüstig träger;
Wo ein Tritt von ihm trifft einen Liebessünder,
Der ist dein, o sel'ger Delphinfahnenträger!

Delphinfahnenträger: ein Titel Kamas, des indischen Liebesgottes
 

 












 
(c) Petplei / Pixelio.de
(c) Petplei / Pixelio.de

 
Die ringsum in des Himmels Antlitz streuen
Den hochentführten schneegeflockgepaarten
Jasminenblütenstaub, den zarten
Wohlduftigen, dessen sich die Bienen freuen;
Die gleichsam aus dem Liebespochen
Safrangesalbter Busen-Auen
Hervorgebrochen,
Frosteswonneschauer von dem Munde
Eintrinken rehgeaugter Frauen,
Die winterlichen Winde wehn zur Stunde.
 
 












 
(c) Friedrich Frühling / Pixelio.de
(c) Friedrich Frühling / Pixelio.de

 
Sie hört in stiller Nacht der ersten Wolke Dröhnen,
Und mit erschlafften Gliedern fällt
Aufs Bett sie, an den Boden hin mit Stöhnen,
Wo stützend sie die Hand betrübter Mägde hält.
Aus voller Kehle, wehgeschwellt,
Zuletzt ein Tränenstrom zerschellt
Am harten Busenpochen,
So weinet süß gebrochen,
Gedenkend an den holden Leib
Des fernen Freundes, das verlassne Wandrerweib.
 
 












 
(c) H. La. / Pixelio.de
(c) H. La. / Pixelio.de

 

Dessen Namen nur vernehmend, wolkenschaurig stehn die Glieder,
Dessen Antlitzmond erblickend, wird der Leib mondperlenfarb,
Wann doch wird von dem genahten halserfassungsungestümen
Lebensherrn der Stolz gebrochen meiner, die an Blitzen starb!
 

 












 
(c) Claudia Hautumm / Pixelio.de
(c) Claudia Hautumm / Pixelio.de

 

Feucht von schöner schweißbeperlter Anlitzmonde Tropfenraub,
Schwanke Lockenfülle schüttelnd, rüttelnd Lendenhülle lind,
Früh im Frühling mit erblühter Wasserlilien Düftestaub,
Fächelnd, nächtger Lust Erschöpfung nehmend, weht der Morgenwind.
 

 












 
(c) Hans-Christian Hein / Pixelio.de
(c) Hans-Christian Hein / Pixelio.de

 

Den Leib in Liebeswehn verzehrt der ungeschickte Kama,
Und Tag' und Stunden zählt geschickt der mitleidlose Yama.
Du selber, doch ein Mann, erliegst der Krankheit im Gemüte,
Bedenke, wie soll leben erst ich zarte Frauenblüte!

Kama ist der Liebesgott, Yama der Todesgott.

 












 
(c) Fischer-e / Pixelio.de
(c) Fischer-e / Pixelio.de

 

"Törin, was willst du verbringen in törichter Trauer die Tage?
Fasse nur Mut! Tu ab Treu, und Beständigkeit laß!"
So von der Freundin ermuntert, erwidert die Schüchterne leis': "O
Wird mich nicht hören der Freund, welcher im Herzen mir wohnt?"
 

 












 
(c) Claudia Hautumm / Pixelio.de
(c) Claudia Hautumm / Pixelio.de

 

Je mehr ich trinke liebetrinkbegierlich,
Von der Geliebten reichem Lippensaft
Wird immer mehr mein Durst gereizt, natürlich,
Es ist darin Gewürzes Kraft.
 

 












 
(c) Manuel Gäck / Pixelio.de
(c) Manuel Gäck / Pixelio.de

 



"Wo in der wolkigen Nacht, Rehfüßige, trägt dich der Weg hin?" -
"Wo der Geliebteste wohnt, welcher mein Leben beherrscht." -
"Sprich, so einsam allein, wie fürchtest du nicht dich, o Mädchen?" -
"Ist mein Geleitsmann doch Kama gefiederten Pfeils."
 

 

 












 
(c) Kirstin Rödel / Pixelio.de
(c) Kirstin Rödel / Pixelio.de

 

"Siehe, das Bett von der Last in Umarmung zerriebenen Sandels
Ward hier, Zarte, zu hart!" Also empor an der Brust
Hob er mich rasch, die vom Schmerz eng pressenden Kusses verwirrt,
Und aufschürzend den Saum, tat was ihm ziemte der Schalk.
 

 












 
(c) Jürgen Nießen / Pixelio.de
(c) Jürgen Nießen / Pixelio.de

 

Angekommen war der Freund, der Tag in lauter Wünschen schwand,
Doch ein täppisch Fraungesinde dehnte das Gespräch der Nacht.
"Jemand sieht uns!" rief sie plötzlich, schüttelte das Florgewand;
Von der Lustbewegten ward die Lampe so zur Ruh gebracht.
 

 












 
(c) Betty / Pixelio.de
(c) Betty / Pixelio.de

 

Stille war alles im Hause, vom Lager erhob sie sich leise,
Schlich, und betrachtete lang' ihn, der den Schlummer nur log;
Küßt' ihn vertraut; da bemerkt sie die schauernde Haut auf der Wange;
Schnell das sich schämende Kind küßte der wachende Freund.
 

 












 
(c) Sassi / Pixelio.de
(c) Sassi / Pixelio.de

 

Ihr Schenkelpaar zwei Stämme der Kadalen,
Ihr Wuchs ein Strom, die Brüste lustgeschwellt,
Mit Anmutstau gefüllt zwei goldne Schalen,
Zu König Kama's Krönungsfest bestellt.

Kadala: ein Baum

 












 
(c) Adel / Pixelio.de
(c) Adel / Pixelio.de

 

Dem ein frischer Kranz, ein feuchtes Kleid, ein Wasserlilienstrauß
Und Frosttropfen sprühnde Mondenstrahlen allenthalben
Nur zum Brennstoff dienen und die kühlen Sandelsalben;
Kama's Feuer, kann es jemals in dem Herzen gehen aus?
 

 












 
(c) Hans-Christian Hein / Pixelio.de
(c) Hans-Christian Hein / Pixelio.de

 

Um rehgeaugter Schönen Busen dehnen
Sich des Geschmeids geschmeidige Geflechte.
Fühllose Perlen selber fühlen Sehnen;
Was wir denn, Kama's willenlose Knechte!
 

 

Alle Texte in der Übersetzung von Friedrich Rückert (1788-1866)
Aus: Indische Liebeslyrik
In deutscher Sprache nachgebildet von Friedrich Rückert
Eingeleitet, herausgegeben und erläutert
von Helmuth von Glasenapp
Verlag Hans Bühler jr. Baden-Baden 1948

Alle Bilder: www.pixelio.de



Alle Hundert Liebesstrophen des Amaru:
www.deutsche-liebeslyrik.de/orient/orient_amaru.htm

 

 


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