Das
Liebes-Poetische Manuskript N° 41
Das Süße in der Liebe
in Gedichten deutscher Dichterinnen
Entfernt von Dir, bin ich Dir stets
zur Seite; |
Das ganze Gedicht:
Meine Wahl
An ***
Du gehst dahin? O, mein Geliebter, weile!
Nur einen Augenblick noch bleib zurück!
Vielleicht schon warten Dein des Todes Pfeile,
In blut'ger Schlacht, erfüllend Dein Geschick!
Wo ich mit Dir denselben Aether theile,
Verläng're noch den seel'gen Augenblick!
Vielleicht, daß nimmer wir uns sehn hienieden,
Leb wohl! Dir folget meines Herzens Frieden!
Doch Nein! nicht Kummer ist's, was ich empfinde!
In Einklang löset sich der herbe Streit!
Wer wehrt es mir, daß da mein Glück ich finde,
Wo Thränen nur ein streng Verhängniß beut?
Daß Seele sich mit Seele fest verbinde?
Daß ewig Dir dies treue Herz sich weiht?
Hielt Dich ein streng, ein heilig Band umfangen,
Mir gnügt es, Dir, anbetend, anzuhangen!
Mir gnügt es, wenn der Reine, Gottgeweihte,
Getrennt von mir, erfüllt die ernste Pflicht,
Daß ihn mein Geist mit Sehnsuchtsflug begleite,
Daß einst mein Auge mit dem seinen bricht!
Entfernt von Dir, bin ich Dir stets zur Seite;
Dein süßes Bild macht meine Nächte licht!
O glücklich, könnt' auch ich Dich strenges Leben
Mit einem sanften Rosenflor umweben.
Du dürftest nicht um meine Liebe werben?
Versagt sei Dir das Ziel der Erdenlust?
Ein beßres Glück werd' ich auf Erden erben? -
- - O, wo ist Glück, als an der Liebe Brust?
Als Deine Braut, Geliebter, laß mich sterben!
Mir ist kein andres, schönres Loos bewußt!
Kein Sterblicher soll mich als Gattin grüßen! -
Dein bin ich, dort wo ew'ge Myrthen sprießen!
Hienieden wird der Musen heil'ges Streben
Zur Thätigkeit die junge Kraft mir weihn!
Du wirst zu schönern Träumen mich erheben,
Wirst meinen Tönen süßen Klang verleihn!
In meinen Liedern wird Dein Bildniß leben,
So bin ich ganz mit Seel' und Kräften Dein.
Ist Deiner Sängerin ein Lied gelungen,
Dein ist der Preis, Du, der ihr Herz durchdrungen!
Wohl schmücke denn des Ordens ernstes Zeichen,
Das Kreuz der Christen, die geliebte Brust!
Ich darf nicht mehr vor seinem Glanz erbleichen,
Mir ist sein schönrer, tiefrer Sinn bewußt! -
Das Leben flieht! Der Erde Schatten weichen!
Bald nimmt uns auf des seel'gen Himmels Lust!
Die Hochzeitfackeln seh' ich jenseits blinken; -
O, mein Geliebter, unsre Myrthen winken!!
aus: Auserlesene Dichtungen von Louise Brachmann
Herausgegeben und mit einer Biographie
und Charakteristik der Dichterin begleitet vom Professor Schütz zu Halle
Erster Band neue wohlfeile Ausgabe Leipzig 1834