Das Liebes-Poetische Manuskript N° 5

Liebeshymnen von der Schönheit der Geliebten


 

 


Djemileh

O meine Freunde! Kennt ihr Djemileh,
Die Nelke, den Türkis, das schönste Mädchen,
Das Bagdad sah? Sagt, Freunde, kennt ihr sie?

O meine Freunde! Wie der Mond erglänzt
Ihr süßes Antlitz. Eine Sonne scheint
In jedem ihrer Augen, meine Freunde.

O meine Freunde! Ihre Brust ist herrlich
Und hält sich aufrecht gleich zwei Pfirsichen,
Die fest und noch nicht reif sind, meine Freunde.

O meine Freunde! Wie zwei Festungstürme,
Die schlank gebaut und uneinnehmbar sind,
So ragen ihre Marmorschenkel auf.

Seht, meine lieben Freunde! Diemileh
Schreitet vorüber, golden wie ein Kuchen
Der Festzeit, sie entzündet jedes Herz.

Sie schreitet von den Bergen, liebe Freunde,
Und in den Armen trägt sie kleine Blumen,
Die sie gepflückt hat und die nie verwelken.

Seht, liebe Freunde, wie der Wind ihr Kleid,
Das rosaschimmernde, mit aller Macht
An ihren Leib preßt und sie schlanker macht.

Seht, liebe Freunde: Djemileh kommt zu uns,
Um uns die kleinen Blüten zu verkaufen,
Die nie verwelkenden, aus dem Gebirg.

Und während sie die Blüten feilhält, - seht,
Wie sie umschwärmt wird von den jungen Burschen,
Die sie begehren mit verzücktem Aug.

Gar viele Hände streicheln sie und kosen,
Sie lächelt, und es leuchten ihre Zähne,
Da sie den Schleier von dem Antlitz zieht.

Jetzt hat sie alle Blüten aus den Bergen
Verkauft, und ihre Mitgift ist gewachsen, -
Wem wird sie einst gehören, liebe Freunde?

aus KURDISTAN
Nachdichtung: Hans Bethge

Mit freundlicher Genehmigung
des
YinYang Media Verlages, Kelkheim


Gedicht aus: Hans Bethge Der asiatische Liebestempel
Liebeslieder asiatischer Völker in Nachdichtungen Berlin 1941
(Neuausgabe 2004 http://www.yinyang-verlag.de)

 

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