Das Liebes-Poetische Manuskript N° 5

Liebeshymnen von der Schönheit der Geliebten


 

 


LIEBESHYMNE

Sie ist schlank wie ein biegsamer Zweig.
Ihr Blick macht trunken wie Wein; trunken
macht der Nektar ihres Mundes.

Sie ist ein Mond, der aufgeht über dem Horizont
meines Herzens.
Sie ist eine Gazelle und durchfliegt die Ebene,
meiner Augen.

Die vollendete Schönheit erkennt sie als Herrin an.
Alle Schönheiten schlafen in ihren Gliedern.
Ihre Bewegungen sind geschmeidig, zum Anbeten.

Mein Herz ward ihr Gefangener, und meine
Tränen fließen, aus Liebe.

Auf ihrem Nacken wächst ein zarter Flaum.
Karminrot glänzen ihre Lippen, wie alter Wein.

Auf ihren Wangen leuchtet der Abglanz eines
Feuers der Liebe;
Dieses Feuer der Liebe wütet in meinem Herzen.

Ihr Antlitz gleicht dem Monde am Firmament;
Die Menschen nennen die beiden Zwillingsgestirne.

Der Liebende findet es süß, sich ganz zu opfern für sie.
Er spürt keine Scham; um ihretwillen verleugnet
er seine Geliebte.

O mein Herz, wie bist du keusch,
Während meine Augen ihr Bild einsaugen, voller
Entzücken.

Der allein kennt das Glück dieser Welt,
Der sich tränkt von der Nässe ihres Mundes am
Morgen und am Abend.

IL HAGYRI (13. Jh)
Nachdichtung: Hans Bethge

Mit freundlicher Genehmigung
des
YinYang Media Verlages, Kelkheim


Gedicht aus: Hans Bethge Arabische Nächte.
Nachdichtungen arabischer Lyrik Leipzig Insel Verlag 1920
(Neuausgabe 2004  http://www.yinyang-verlag.de/)
 

 

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