Das
Liebes-Poetische Manuskript N° 53
Ibn al-Farid
(1181-1235)
Das Arabische Hohe Lied der Liebe
das ist
Ibnol Faridh's Taijet
(Ausschnitte)
Was mir auch widerfährt von
Dir an Qual und Plagen, Ich werde danken Dir statt je mich zu beklagen, Und wenn die Qualen auch die Gnaden übersteigen, So werd' ich dankbar mich für Deine Lieb' erzeigen. Was mir von Dir zukömmt an Unglück und an Peinen, Wird statt Verzweifelung als Kleid der Huld erscheinen. Was Gutes ich erfuhr, ward mir von Ewigkeit, Das Böse ist ein Werk des Sklaven in der Zeit. |
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Ich habe keine Kraft die
Unbild zu ertragen, Ich kann dafür nur Lob und Dank der Liebe sagen, Doch Deine Schönheit gab mir Stärke zu erdulden Was Du aufladest mir ohn' eigenes Verschulden, Ich sah die Schönheit nur, mit der Du bist geschmückt, Vollkommenheit, die mich vor anderen entzückt; Du überliessest mich dem Unglück und dem Druck, Doch dieses ward für mich der allerschönste Schmuck. |
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Wo wär' für Liebende die
stille Ruh! Hei! Hei! Und Eden wird erreicht durch Mühen mancherlei. Wird freie Seele auch mit jedem Trost verköstet, So wird sie nimmer doch nach ihrem Wunsch getröstet, Und wird sie auch entfernt durch Trennung und durch Flucht, So bleibet sie doch treu dem Ziel, das sie gesucht. Mein Ritus ist es nicht, zu gehen hier davon, Verläugnen würde ich dadurch die Religion. |
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Wenn anderer Gedank' als Du
mir wäre werth, So wäre ich dadurch abtrünnig schon erklärt. Denn mir ist dies Befehl: thu' was Du willst mit mir, Denn ich verlange nur nach Dir und Nichts von Dir. Der letzte Schwur ist der: bei unserer festen Liebe! Nichts mischet und Nichts trübt die gegenseit'gen Triebe. Ich schwor bei unsrem Bund, ich kann es nie erklären, Wie in dem Kleid des Thons der Geist sich kann verklären. |
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Wenn, Liebchen, du nicht
stirbst, so stirbst du nach Verlauf', Wenn du nicht stirbst aus Lieb', so gib das Lieben auf! Ich sprach: mein Geist ist Dein, nimm selben in Empfang, Was wäre denn nicht Dein, was mein ist von Belang! Den Tod aus Liebe ich fürwahr nicht fürcht' und scheue, Ich suche meinen Ruhm in der Natur der Treue; Ich wäre stolz, spräch' man: er ist aus Lieb' gegangen, Der Tod aus Liebe ist mein einziges Verlangen. |
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Die süsseste Beruhigung der
Lieb' ist die Von Ihr gewollte und alsdann vergess'ne Müh. |
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Wenn ich durch Mund und Ohr
Ihr falle nur zu Last, Sie mit Barmherzigkeit mein ganzes Thun umfasst, Wenn nicht von Ihr allein das Lob die Zunge spricht, So höret andres Lob das Ohr, das taube, nicht. Und führt mein Ohr ein Wort in's Herzensheiligthum, Dem es gehorchet nicht, so bleibt die Zunge stumm. Ich bin durch ihre Lieb' von Eifersucht verzehrt, Doch läugn' ich Eifersucht, erkennend meinen Werth. |
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Die Liebe wurde mir
geschenkt von Ewigkeit, |
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Der Wind der Liebe stürmt
vorbei den reichen Mann, Jedoch den Armen weht derselbe fächelnd an. |
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Ich liebte sie zuvor nach
meinem eignen Willen; Seit aber ich bereit, nur ihren zu erfüllen, Bin ihr Geliebter ich, der Liebste ihrer Seele. Vorbei ist's mit dem Wort, dass meine Lust ich wähle. |
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Lass freien Lauf dem Sinn
für das, was ewig schön, Bleib nicht gebunden bei dem falschen Schmucke steh'n. Des Liebeswürd'gen Reiz nur aus der Schönheit stammt, Der eignen nicht, aus der die ausgelieh'ne flammt. Es liebten Koseir, Medschnun und früher Kais, Die Afet, Leila und die Lobna glühend heiss. Die Liebe Jedes war an Eigenschaft gebunden, An ewige, die er im Liebchen nur gefunden. Was war dies anders als der Schönheit Ideal, Das ihnen sich verklärt in ihrem Liebesstrahl. |
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So hat die Liebe sich
versteckt und offenbart. |
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O Herzensblut, das schmelzt
durch Sehnsucht und durch Liebe, O Seelenbrand, der fliesst in Gluthen meiner Triebe! Die Gluth des Inneren hat aufrecht mich gezogen, Die Rippe ward gerad', die eh'mals war gebogen. O schön ist die Geduld, Ergebung in dem Leide, Wend' ab dich von der Welt und ihrer Schadenfreude! |
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Von Allem faste ich, nur
nicht von Gott allein. Gereinigt wird durch Ihn die Seele, die schon rein. |
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Das Seltsamste, was ich
gesehen, war der Hauch |
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Wenn Sie am Festtag reist, zu Ihr die Menschen drängen, Es schauen Ihre Schönheit an der Stämme Mengen, Die Geister steh'n verliebt auf Ihrer Schönheit Warten, Von Ihrer Schönheit sind die Blicke all' ein Garten. Ich seh' an jedem Tag das schöne Angesicht, Denn jeder Tag ist Fest, an welchem frisch die Sicht. Und alle Nächte sind mir heilig, wann Sie naht; Der Tag, wo ich Sie treff', ist mir des Freitags statt. Zu Ihr zu pilgern nur mein Streben stets begehrt, Und jeder Stillstand ist dem an der Ka'ba werth. Ein jedes Land, worin mein Auge Sie erblickt, Erscheint als Mekka mir, gezieret und geschmückt. Ein jedes Haus von Ihr bewohnt, ist mir Harem, Als Haus der Trennung mir Ihr Vaterland bequem. Das Haus, von Ihr bewohnt, ist mein Jerusalem, Erfrischung meinem Herz, die ihm nur angenehm. Des Kleides Schlepp' ist mir des Tempels Majestät, Der Staub, der duftendste der Erd', auf der Sie geht. Der Ort, den Sie bewohnt, ist mir ein sichrer Ort, Die Sinai thun mir Noth, sie sind mein fester Hort Als Stationen, wo die Welt uns nicht entzweit, Wo uns nicht trennen kann die böse List der Zeit. Die Tage suchen nicht Vereintes zu zerwühlen, Die Nächte streben nicht uns rauher anzufühlen. Zufälle können uns nur selbst entfremden nicht, Unglücke stossen nicht der Seele Gleichgewicht. Kein Zwischenträger kann bei Ihr den Ruf mir schänden, Kein Niederer vermag von mir Sie abzuwenden. Des Nebenbuhlers Aug', es ist im Schlaf befangen, Des Nebenbuhlers Aug', es stört nicht mein Verlangen. Ich kenne keine Zeit als Zeiten der Genüsse, Und alle sind für mich nur Jahreszeiten, süsse. Mein Tag ist Abend ganz, an dem es milde weht, Wenn ich erwiedere das Wehen mit Gebet. Die Nacht ist Zauberei, wann in derselben gehen Die sanften Düfte, die im Abendwinde wehen; Und wach' ich eine Nacht, so ist der ganze Mond Für mich des Schicksals Nacht, weil Ihr Besuch mich lohnt; Und nah' ich meinem Haus, so finde ich selbes ganz In Frühlingsmässigung, in frischem Blüthenglanz. So bin zufrieden ich hindurch mein ganzes Leben, Mit guter Morgenzeit, die fliesset rein und eben. Gesammelt habe ich die Schönheit jeder Form, Dass sie bezeuge mir des tiefsten Sinnes Norm. In meinem Inneren [ist] gesammelt alle Liebe, Dass sie verkünde dir von jeder Gluth die Triebe. Soll ich mich rühmen, nicht wie Andere, die lieben: In dem Vergnügen ist mein Ruhm ganz eingeschrieben. Ich habe mehr von ihr als ich gehofft, erreicht, Die nächste Nähe, die nicht andrer Nähe gleicht. Der Trennung stosse ich die Nase auf die Erde, Auf dass nur immer mehr mein Wunsch erfüllet werde. So wie ich schlafen ging, wach' ich in Liebe auf, Und was ich Morgens that, ist meines Abends Lauf. Wenn Sie von ihrem Reiz den Menschen allen gäbe, Nur Jusuf nicht, er sich vor Andren nicht erhöbe. Ich pries die Schönheit zwar in der Beschreibung Fluss, Doch Sie gewährte mir den doppelten Genuss. Von Ihrer Schönheit zeugt ein jeder Sonnenstaub, Desshalb ist allerseits Sie aller Blicke Raub. Die Anmuth preiset Sie in jedem Platz und Orte, Die Zunge lobet Sie in jedem Gruss und Worte, Die Nase riechet Sie in jeder feinen Luft, In Wohlgerüche Sie einathmet und im Duft. In Allem was ich hör', vernehm' ich Ihren Laut, Mit Ihr ist das Gehör der Hörer all' vertraut. Und jeder Kuss von mir ist Ihr geweihter Kuss, Der Kuss der ganzen Welt ist nur für mich Genuss. Wenn Sie den Leib zerlegt, so wird darin sie sehen Das Herz der Liebe ganz, der ganzen Welt Bestehen. |
Aus: Das Arabische Hohe Lied der Liebe
das ist Ibnol Faridh's Taijet
Text und Übersetzung
von Joseph von Hammer-Purgstall
Wien Aus der Kaiserl. Königl. Hof- und Staatsdruckerei 1854