Das Liebes-Poetische Manuskript N° 6

Amor persönlich
Gedichte über Amor

Denis-Antoine Chaudet (1763-1810) - Cupido

 


Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau
(1616-1679)

Auff die abbildung des Cupido /
wie er die pfeile wetzte.

Cupido / der dich mehr als seinen köcher liebt /
Will seinen schleiffer-zeug in deine kammer tragen /
Ich weiß / daß er dir schon im geiste küsse giebt /
Und dir manch schlüpffrig wort wird in die ohren sagen.
Er stellt sich nackt und bloß für deinen augen ein /
Sein weisser attlaß ist der schnee von brust und lenden;
Denn wahre liebe soll recht offenherzig seyn /
Und unsre augen nicht durch schminck und schmuck verblenden.
Er lehrt dich / wie man recht vertraulich lieben kan /
Wie heisse liebe sich nicht leichtlich läst verdecken /
Die paradieß-tracht steht ihm mehr als zierlich an /
Denn reiner liebe zeug ist rein von staub und flecken.
Beyneben tröstet mich die gute zuversicht /
Er werde gegen dich auch meiner treu gedencken /
Und sagen / wie mir offt mein mattes herze bricht /
Mein herz / das sich allein will nach Ambretten lencken.
Ich weiß / er wird nicht weit von deiner lager-statt /
(Sein schleiffen wird dir ja nicht deine ruh verstören /)
Nach seiner kühnen art / bewegen stahl und rad /
Und was hier ferner folgt dich deutlich lassen hören:
Ambrette / wo dein geist nicht meinen rath veracht /
So laß beständigkeit und Liebe sich vermählen.
Wer auff veränderung und neue funcken tracht /
Dem wird es nimmermehr an wermuths-körner fehlen.
Ich lobe / was bißher dein treuer geist verübt /
Ich will ein kostbar oel in deine flammen giessen /
Wo deine seele nicht die neben-züge liebt /
So will ich deine gunst / so gut ich kan / versüssen.
Ich weiß / wie redlich dir Cretin sein herze schenckt /
Wie willig sich sein geist nach deinem willen beuget /
Und wie er mehr auff dein als seine wohlfahrt denckt /
Ja wo es dir gefällt / zu seinem grabe steiget.
Ich hab ihn neulich noch mit wehmuth angeschaut /
Als du aus zeitvertreib von ihm dich weggerissen /
Wie er aus trauer-sucht ihm hatt' ein haus gebaut /
Und er in einsamkeit sich dachte zu verschliessen.
Die armen macht er ihm zum spiegel seiner noth /
Ambrett' / Ambrette / rieff er aus dem bleichen munde /
Dein aussenbleiben wär ihm herber als der tod /
Und deine wiederkunfft bezuckert' ihm die stunde.
Es hat Cupido mir auch ferner zugesagt /
Ein mehrers wegen mein bey ihr noch anzubringen /
Eh' als er mich verließ / so hat er mich gefragt /
Wie tieff mein auge dörfft in deine gegend dringen?
Ich hoffe / weil er so beweglich bitten kan /
Er werd' / Ambrette / dich noch endlich wohl erweichen.
Ach freundin! hör ihn doch mit offnem herzen an /
Und laß mein freyes aug in berg und thäler streichen.
Cupido mag itzund verschleissen tag und nacht /
Du wirst ihm ja bey dir den engen raum vergönnen /
Es hat der kleinste gott die allergröste macht /
Wer wird / was ihm beliebt / doch wohl verwehren können?
Doch wenn er einmahl dich entblöst im bette schaut /
Und an der zarten haut sein auge kan ergetzen /
So schleifft er ferner nicht / und ruffet überlaut:
Ambrette soll allein hier stumpffe pfeile wetzen.


 

Gedicht aus: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen
auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte:
Benjamin Neukirchs Anthologie
Tübingen : Niemeyer, 1961 (Neudrucke deutscher Literaturwerke)
 

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